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Frankreich beschließt Strafe für Leugnung des Armenier-Genozids

23. Dezember 2011 in Chronik, 8 Lesermeinungen
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Es ist eines der dunkelsten Kapitel aus der Zeit des Ersten Weltkriegs: der Völkermord an den Armeniern. Bis heute behauptet die türkische Regierung, es habe ihn nie gegeben. Von Christoph Arens (KNA)


Bonn (kath.net/KNA) Es ist eines der dunkelsten Kapitel aus der Zeit des Ersten Weltkriegs: der Völkermord an den Armeniern. Bis heute behauptet die türkische Regierung, es habe ihn nie gegeben. Mehr als 20 Länder und das Europaparlament allerdings haben das Geschehen offiziell als Genozid eingestuft, auch Frankreich, wo mehr als 500.000 Armenier leben. Am Donnerstag hat die Nationalversammlung in Paris auch die Leugnung des Verbrechens unter Strafe gestellt. Sie soll mit einem Jahr Gefängnis und 45.000 Euro Strafe geahndet werden.

Am 24. April 1915 begann der Völkermord mit der Verhaftung von 235 armenischen Intellektuellen in Istanbul. Zwischen 1915 und 1917 wurden nach Schätzungen zwischen 600.000 und 1,5 Millionen Armenier ermordet. Auch Zehntausende assyrische und andere Christen wurden während des Ersten Weltkriegs durch die damalige Osmanische Regierung umgebracht.

Im von Krisen geschüttelten Osmanischen Reich bildeten die Armenier um 1900 eine autonome Gemeinde mit eingeschränkten Rechten. Erfolge in Landwirtschaft, Handwerk und Finanzwesen weckten Neid. Für viele Türken waren die unter westlichem Schutz stehenden Christen Schuld am Siechtum und Auseinanderfallen des Reiches. Schon Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu ersten Pogromen. Allein die Massaker von 1894 bis 1896 hinterließen zwischen 50.000 und 300.000 Tote. Als zwischen 1909 und 1912 auch die Balkanvölker auf nationale Unabhängigkeit drängten oder von den Großmächten annektiert wurden, spitzte sich die Situation zu: Die 1908 an die Macht gekommenen Jungtürken zielten auf ein einheitliches türkisches Reich, wollten Türkisch als Einheitssprache und den Islam als alleinige kulturelle und religiöse Basis durchsetzen.


Der Erste Weltkrieg lieferte die Gelegenheit, dieses Konzept durchzusetzen. Auf Befehl des Innenministeriums wurde die Elite der Armenier zu Tausenden verhaftet und meist ohne Prozess hingerichtet. Zehntausende starben auf Todesmärschen in der mesopotamischen Wüste. Deutschland, damals Kriegsverbündeter der Türkei, schaute stillschweigend zu, war aber genau informiert. Der deutsche Vizekonsul in Erzurum hielt 1915 fest: «Die armenische Frage soll nun im gegenwärtigen Krieg gelöst werden», und zwar «in einer Form, die einer absoluten Ausrottung der Armenier» gleichkomme.

Der Widerstand einer kleinen Gruppe Armenier wurde weltweit bekannt und ging in die Literaturgeschichte ein: In seinem Erfolgsroman «Die vierzig Tage des Musa Dagh» schilderte Franz Werfel, wie sich im Herbst 1915 mehrere tausend Armenier am 1.700 Meter hohen Berg Musa Dagh verschanzten. Kurz bevor sie aufgeben mussten, wurden sie von einem französischen und einem britischen Kriegsschiff gerettet.

Die Gewalttaten hatten ein Nachspiel, das Rechtsgeschichte schrieb: Nach dem Weltkrieg drängten die westlichen Siegerstaaten erstmals auf Kriegsverbrecherprozesse. Ein türkisch besetztes Kriegsgericht in Istanbul stellte fest, dass die Verbrechen zentral vorbereitet wurden, und verurteilte 17 Angeklagte zum Tode, konnte aber nur drei Hinrichtungen vollziehen. Die Haupttäter flohen, wurden aber zum Teil von armenischen Attentätern ermordet.

Bis heute belasten diese Ereignisse die internationalen Beziehungen. Die Deportationen seien eine Kriegsnotwendigkeit gewesen, um die Armenier an der Unterstützung der russischen Truppen und an Aufständen zu hindern, behaupten türkische Historiker bis heute. Man solle Beweise für den Völkermord vorlegen, forderte Ministerpräsident Tayyip Erdogan mehrfach.

Auf den jüngsten Vorstoß Frankreichs reagierte die Türkei beleidigt und drohte kulturelle und wirtschaftliche Sanktionen an. Doch auch die Armenier in der Türkei sind nicht glücklich über den Beschluss: Die lange gemeinsame Geschichte von Türken und Armeniern dürfe nicht für immer im Schatten der schmerzlichen Ereignisse von damals bleiben, erklärte das armenische Patriarchat in der Türkei.

(C) 2011 KNA Katholische Nachrichten-Agentur GmbH. Alle Rechte vorbehalten.


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Lesermeinungen

 Charlene 25. Dezember 2011 

Wie gehen wir mit einem Präsidenten wie Erdolf um, dem Millionen Menschen in Deutschland und Österreich zujubeln und dem offenbar das grundlegende Gefühl für Anstand und Ehre fehlt? Was sagt das über die Menschen aus, die ihm zujubeln?


0
 
 Jose 23. Dezember 2011 
 

Die Türkei

befindet sich auf einem seltsamen Weg.Der Blick zurück in die Geschichte ist getrübt von dem Bemühen, das \"Türkentum\" keinerlei Verdacht auszusetzen.
Wie lächerlich, wie naiv und wie gefährlich für alle, die diesem Selbstbild die Gefolgschaft verweigern.


2
 
 Thomas71 23. Dezember 2011 
 

Erdogan sollte sich schämen!

Es ist unfassbar mit welcher Arroganz, Polemik und Heuchelei, Türkeis Ministerpräsident Erdogan mal wieder in Erscheinung tritt! Er geht sogar mittlerweile soweit, dass er das neue Gesetz als \"Beispiel für Rassismus und Diskriminierung von Muslimen in Frankreich und Europa...\" bezeichnet; ungeheuerlich!


2
 
 Froschmann 23. Dezember 2011 
 

@chorbisch

Verschwörungstheoretiker sind zwar im Internet sehr aktiv, die Öffentlichkeit weiß aber sehr genau, dass diese entweder Lügner oder aber Spinner sind. Wäre aber die Leugnung eines Völkermordes legal, so würde ein Großteil der Öffentlichkeit glauben, dass der Völkermord nicht stattgefunden hat. Daher bin ich für ein Verbot der Leugnung.


1
 
 dominique 23. Dezember 2011 
 

Es ist traurig, dass ein Staat zu solchen Maßnahmen greifen muss,

aber die Leugnung historischer Fakten hat nun mal eine politische Dimension. Es ließe sich viel darüber sagen, warum Erdogan, warum die Türkei den Genozid leugnen muss - das hat - grob gesprochen -vielleicht damit zu tun, dass der Islam (aus seinem Selbstverständnis heraus) keine Verbrechen begehen darf (schon gar nicht als Teil der Staatsräson), weder in der Türkei noch in einem anderen islamischen Land. Was die Türkei betreibt, ist also eine Schutz-Behauptung gegen die historische Wahrheit.
Dazu kann man sagen: dass das Selbstverständnis einer Religion Verbrecherisches ausschließt, scheint klar zu sein (und das möchte ich auch der Religion Islam zubilligen). Problematischer ist die Scharia-Schiene (die ja auch Gesellschaft und Staatsräson speist). Und da hat der Islam heute ernst Probleme: die Scharia ist kompromittiert. Nur genau das will man nicht wahrhaben.


2
 
 chorbisch 23. Dezember 2011 
 

@ Froschmann

Das mag sein, nur wenn es unter Strafe gestellt wird, argumentieren die Leugner eben mit Verschwörungen, die verhindern wollen, daß die \"Wahrheit\" aufgedeckt wird.

Ich bin kein Jurist, aber ich bleibe bei meiner Ansicht, daß es nicht Aufgabe des Staates ist, die Verleugnung von historischen Tatsachen, und sei es Völkermord, von sich aus strafrechtlich zu verfolgen. Klagen wegen der Verunglimpfung des Ansehens Verstorbener waren ja schon vor Einführung dieses Straftatbestands möglich

Jeden Tag werden so viele unsinnige
Behauptungen in die Welt gesetzt. Die Justiz hat Wichtigeres zu tun, als jedem Spinner und Verschwörungstheoretiker nachzulaufen.


1
 
 Veritas 23. Dezember 2011 
 

Verweigerung der Wahrheit

Die Türkei weigert sich nicht nur, die Wahrheit anzuerkennen, sie bekämpft sie auch. Das bis heute andauernde Leugnen des Völkermords an den Armeniern und die Reaktionen der Türkei auf den Beschluss Frankreichs, der historischen Wahrheit zu ihrem Recht zu verhelfen, zeigen eins ganz deutlich: Die Türkei gehört nicht zu Europa!
Politiker, die sich für einen EU-Beitritt der Türkei einsetzen, sollten endlich wach werden und aufhören, Wunschdenken und Realität zu verwechseln.


6
 
 chorbisch 23. Dezember 2011 
 

Nun ja!

Ich persönlich halte gar nichts davon, die Leugnung historischer Fakten unter Strafe zu stellen.

Die dann erfolgenden Prozesse geben den Leugnern ein zusätzliches Forum, ihre wirren Ansichten öffentlich zu verbreiten.

Das hat sich sehr deutlich im Prozess gegen den Holocaust-Leugner Ernst Zündel gezeigt, dessen Verfahren zu einem Treffen von Nazis aus aller Welt wurde, von denen man ohne das Verfahren vermutlich nie etwas gehört hätte.

Außerdem führt eine Debatte darüber, welche \"Leugnungen\" unter Strafe zu stellen sind zu unnötigen Diskussionen und Verschärfungen des politischen Klimas.

Und der geschichtspolitisch erhobene Zeigefinger, mit dem staatliche Stellen per Gesetz festlegen wollen, was ich für \"besonders abscheuliche\" geschichtliche Tatsachen zu halten habe, passt mir auch überhaupt nicht.


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