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Russisch-orthodoxer Misston im Bemühen um Ökumene

4. April 2013 in Weltkirche, 9 Lesermeinungen
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Bei kirchlichen Insidern gibt es schon lange den Eindruck, als würde sich die russische Politik auch nach dem Ende der Sowjetunion der orthodoxen Kirche zur Erreichung ihrer Hegemonie bedienen - Von Franz Schlegl


Wien (kath.net) Nach seiner Amtseinführung empfing Papst Franziskus den Metropoliten Hilarion (Alfejew) von Wolokolamsk, Chef des Außenamts des Moskauer Patriarchats, zu einem privaten Gespräch. Hilarion versicherte Papst Franziskus zwar, dass die russisch-orthodoxe Kirche weiter auf dem Weg zur Einheit voranschreiten wolle, wies aber gleichzeitig auch auf die Hindernisse hin, die einer persönlichen Begegnung zwischen Papst und Moskauer Patriarch im Weg stünden und nannte dabei insbesondere die Situation in der westlichen Ukraine, kath.net hat berichtet.

Seltsame Empfindlichkeit

Am 1. April überraschte Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel mit einer überaus positiven Stellungnahme zu den Beziehungen zwischen der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche. Zum ersten Mal hat ein ökumenischer Patriarch an der Amtseinführung eines neuen Papstes teilgenommen, ebenso, auf Einladung des neuen Papstes am Mittagessen mit den Kardinälen. Auch die Einladung zu einer gemeinsamen Wallfahrt des Papstes mit dem Patriarchen nach Jerusalem, im Gedenken an das Zusammentreffen zwischen Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras, vor 50 Jahren lässt positiv aufhorchen.

Hingegen wird der Auftritt des Leiters des Außenamtes des Moskauer Patriarchats, Erzbischof Hilarion, allerdings nur von eingeweihten Personen als der Misston angesehen, der er tatsächlich auch ist.

Mit schöner Regelmäßigkeit erklärt das Moskauer Patriarchat, leider auch unter Patriarch Kyrill, dass die Ukraine, immerhin ein selbstständiger Staat, zum kanonischen Territorium des Patriarchen von Moskau gehöre. Ähnliches sagte der Vorgänger von Kyrill, Patriarch Alexej, in Lettland und gegenüber Estland, was beträchtlichen politischen Staub aufgewirbelt hat. Immerhin hat sich die orthodoxe Kirche von Estland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und des Einflusses des KGB auf die Hierarchie der russisch orthodoxen Kirche, spontan dem Patriarchat von Konstantinopel unterstellt, worauf die Beziehungen zwischen Moskau und Konstantinopel auf dem Eispunkt angelangt waren. Bei kirchlichen Insidern gibt es schon lange den Eindruck, als würde sich die russische Politik auch nach dem Ende der Sowjetunion der orthodoxen Kirche zur Erreichung ihrer Hegemonie bedienen!


Seit 1595 hat sich die orthodoxe Kirche der Ukraine gemäß den Bestimmungen des Konzils von Ferrara Florenz (1439) mit Rom wiedervereinigt, unter Beibehaltung der byzantinischen Liturgie, sowie des Kirchenrechtes, welches auch die Weihe verheirateter Männer zu Priestern kennt. Sechs Millionen griechisch katholischer Gläubiger hat diese Kirche allein in der Westukraine, dazu noch weitere zwei Millionen im Ausland.

Sowohl unter den russischen Zaren als auch unter Stalin und dessen Nachfolgern wurde diese katholische Ostkirche auf brutalste Weise verfolgt und mit der vom dem Sowjetsystem abhängigen russisch orthodoxen Kirche zwangsvereinigt. 17 griechisch katholische Bischöfe, tausende Priester und Ordensleute, und noch mehr Gläubige wurden in Arbeitslagern umgebracht. Erst der Besuch von Ministerpräsident Gorbatschow bei Papst Johannes Paul II. brachte nach 1989 die offizielle Wiederzulassung der griechisch katholischen Kirche der Ukraine. In der Westukraine musste die orthodoxe Kirche praktisch ALLE von ihr annektierten Kirchengebäude, an die griechisch katholische Kirche zurückgegeben. Noch dazu ist die orthodoxe Kirche in der Ukraine derzeit in drei Gruppen gespalten!

Da ist die orthodoxe Kirche des Patriarchats von Moskau, dann gibt es die ukrainisch orthodoxe autokephale [selbstständige] Kirche und schließlich die orthodoxe Kirche des exkommunizierten Metropoliten Philaret Denisenko, dem man eine große Nähe zum KGB nachgesagt hat. Der ökumenische Patriarch Bartholomaios hat bei einem Besuch in der Ukraine, auf Einladung der Regierung, deutlich zum Ausdruck gebracht, es sei die Tradition der orthodoxen Kirche, dass ein unabhängiger Staat auch eine selbstständige orthodoxe Teilkirche habe. Nur in Moskau ist diese Feststellung des ökumenischen Patriarchen offensichtlich nicht angekommen!

Irgendwie haben die griechisch katholischen Gläubigen den Eindruck, die russisch orthodoxe Kirche sei wie die "Prinzessin auf der Erbse", der offenbar sechs Millionen katholischer Byzantiner den Schlaf rauben!

Auch gegenüber Papst Johannes Paul II., ebenso gegenüber seinem Nachfolger Benedikt XVI., hat Moskau die Forderung erhoben, Voraussetzung für ein Zusammentreffen mit dem russischen Patriarchen, sei die Auflösung der griechisch-katholischen Kirche in der Westukraine. Johannes Paul II. antwortete darauf mit einem offiziellen Besuch in der Ukraine, bei dem er die Märtyrer des Sowjetsystems seliggesprochen hat.

Auch bei den ökumenischen Gesprächen zwischen orthodoxen und katholischen Theologen musste die orthodoxe Kirche eben auch Vertreter der mit Rom verbundenen griechischkatholischen Kirche als Gesprächspartner akzeptieren, wie ich selbst in Wien erlebt habe.

Auch die russisch-orthodoxe Kirche wird nicht umhinkönnen, ihr Gedächtnis zu reinigen, das heißt, besonders ihre eigene Vergangenheit in der Sowjetzeit, nicht nur im Umgang mit ihren eigenen Gläubigen, sondern vor allem auch mit der ukrainisch griechisch katholischen Kirche schonungslos aufzuarbeiten. In Russland finden sich nämlich immer mehr Intellektuelle, welche den gegenwärtigen politischen Kurs des Moskauer Patriarchats sehr kritisch kommentieren. Oder weltlich gesagt, mit den Worten des letzten sowjetischen Ministerpräsidenten Gorbatschow: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben."

Monsignore Erzpriester Franz Schlegl (rit.lat./rit.byz.ukr.) ist Priester der Erzdiözese Wien

Weiterführender kathTube-Tipp: Msgr. Franz Schlegl - Das Blut der Märtyrer ist der Same der Christen



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Lesermeinungen

 Wischy 6. April 2013 
 

Erfrischend

Es ist erfrischend, Msgr. Schlegl, Sie in dem angehängten Video als Prediger zu erleben. Danke.


0
 
 SCHLEGL 5. April 2013 
 

@urserolu

Besser wäre zu sagen " einer autukephalen orthodoxen Nationalkirche",da haben Sie schon Recht! Msgr. Franz Schlegl


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 urserolu 5. April 2013 
 

@Schlegl

>Aber der Patriarch einer orth. Teilkirche ist <
Es muss natürlich heissen: einer orth. Kirche... nicht Teilkirche.
Aber das wissen Sie mit ihrem Background ja sicher selbst.


0
 
 SCHLEGL 5. April 2013 
 


0
 
 SCHLEGL 5. April 2013 
 

@M.Schn-Fl

Es gibt in der ru. orth. Kirche eine größere Bandbreite der Stellung orth. Bischöfe zum Dialog mit Rom. Ohne Zweifel ist Patriarch Kyrill für diesen Dialog, er hat als Bischof Papst Benedikt XVI. in Rom besucht. Aber der Patriarch einer orth. Teilkirche ist nur der "Primus inter pares", also der ERSTE unter GLEICHEN. Er hat nicht dieselbe Vollmacht, wie der Papst als Nachfolger des Petrus. Kiew ist die ältere Metropolie , Moskau wurde erst im 16. Jahrhundert Patriarchat. Nach dem Fall Konstantinopels (1453) fühlte sich Moskau als das 3. Rom, was nicht selten zu Konflikten mit Konstantinopel geführt hat. Dieser Konflikt ist aber (@ Antwort auf Gloria Olivae) ein innerorthodoxer Konflikt, auf den Rom keinen Einfluss hat. Ich weiß nur, dass die Einladung des ökumenischen Patriarchen Bartholomäus in die Ukraine auch aus dem Grund erfolgte, dem Patriarchat von Moskau den "Wind aus den Segeln" zu nehmen, was dessen Anspruch auf die Ukraine als "kan. Territorium" betriift!Msgr. Franz Schlegl


1
 
  5. April 2013 
 

Ja nisnaju

Es ist für die Moskowiter und ihrem Geschichtsverständnis schon schwierig. Denn die erste russische Kirche war diejenige von Kiew. Als offizieller Gründungstermin gilt die Taufe des Fürsten Wladimir im Jahre 988.

Es ist objektiv zudem immer noch fraglich, ob die Ukrainer/alle Ukrainer ein selbständiger Staat sein wollen oder gar sein können da viele von ihnen ehtnische Russen sind.
Aber das betrifft ja nicht die Gläubigen der griechisch-katholischen Kirche: sie sind definitiv keine Russen.
Ich meine, daß das Moskauer Patriarchat deswegen so uneinsichtig ist, weil es unbedingt auf derselben Ebene wie der Bischof von Rom, der Papst, stehen will. Aber der Papst hat offenkundig weit mehr "Divisionen". Das schmerzt diejenigen in der "orthodoxen" Kirche Rußlands, die sich offenkundig mehr als geborene Herrscher fühlen denn als Diener Christi.


1
 
  5. April 2013 
 

Wieso spielt man immer wieder die Patriarchate von Konstantinopel und Moskau gegeneinander aus? Gilt etwa der römische Grundsatz "Divide et impera"?


1
 
 M.Schn-Fl 5. April 2013 
 

Zustimmung

Ich stimme der hervorragenden Analyse von Monsignore Schlegl ganz zu.
Aber man hört und liest, dass das Moskauer Patriarchat eine große Schwierigkeit mit den eigenen Bischöfe hat und somit nicht kann, wie es will. Eine nicht geringe Zahl von Bischöfen steht der Kirche Roms grundsätzlich feindlich gegenüber und hält die Lateiner nach wie vor für Häretiker.
Mich würde hierzu die Meinung von Msgr.Schlegl interessieren.


3
 
 Richelius 5. April 2013 
 

Den Streit um die ukrainischen Gläubigen führt das moskauer Patriarchat jetzt seit bald 500 Jahren. Er begann schon vor der Union v. Brest. Die Schwierigkeit liegt darin, daß Moskau die gesamte Ukraine als Teil seines kanonischen Territoriums betrachtet.


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