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Das Hineinstrahlen des Evangeliums in Handel und Wandel des Menschen

2. September 2013 in Deutschland, keine Lesermeinung
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Prof. Lothar Roos beim Augsburgtreffen des „Forum Deutscher Katholiken“: Das neue Heidentum breite sich mitten in der Kirche aus. Selbst katholische Institutionen würden massive Werbung für die Kleinkinderkrippe machen. Von Barbara Wenz


Augsburg (kath.net) Hinter diesem Titel verbarg sich wohl einer der hellsichtigsten und analytischsten Vorträge des Augsburger Kongresses „Freude am Glauben“.

Prälat Prof. Dr. Roos’ Ausführungen dürften als die vorläufig dezidierteste Antwort einer Theologie auf drängende Themen der Zeit gelten, die es nicht nötig hat, sich an die Geläufigkeiten der leider modern gewordenen nouvelle vague anzupassen oder sich gar aus deren Werkzeugkasten zu bedienen.

Prof. Roos ging in seiner Einführung von der Freude aus und setzte sie sogleich in Bezug zum Titel seines Vortrages, indem er auf die erste moderne Sozialenzyklika „Rerum novarum“ vom 14. Mai zitierte, nach der die Kirche den Menschen die Liebe Gottes und das von Christus, seinem Sohn, gebrachte Heil zu verkünden habe und dadurch das „Licht des Evangeliums in ‚Handel und Wandel’ der Menschen“ hineinstrahle. Dieses Licht besitze eine ganz besondere Eigenart, so steht es in Lumen Fidei, nämlich diejenige, „das gesamte Sein des Menschen zu erleuchten“, folglich auch das Leben in der Gemeinschaft.

Zunächst müsse man sich jedoch fragen, wie denn „Handel und Wandel“ im Heute aussähen. Welches seien jene „Zeichen der Zeit“, von denen die Sozialverkündigung der Kirche heute ausgehen kann und ausgehen sollte?

Wir sehen uns, so diagnostiziert Roos, vor das Ende der Neuzeit gestellt, einer Zeit, in der nicht nur Nützliches und Gutes möglich sei, sondern ebenso Bedrohliches wie auch Tödliches, eine Zeit also, in der sich Wert- und Sinnfragen aus dem Konzept „öffentlicher Vernunft“ nicht mehr ausklammern ließen. Mit Verweis auf die Enzyklika Spe Salvi, in der Benedikt XVI. seinerseits ausgerechnet auf Kant referiere, der schon 1795 befürchtet habe, dass ein „verkehrtes Ende aller Dinge“ eintreten werde, und zwar dann, wenn „das Christentum aufhöre, das sittliche menschliche Handeln zu beeinflussen, konstatierte Roos, dass wir diesem „verkehrten Ende“ seit Kants Zeitalter doch ziemlich nahegekommen seien. Guardini wiederum zitierend „Wenn Gott seinen Ort in der Welt verliert, verliert ihn auch der Mensch, fragt sich Roos im weiteren, warum es nicht mehr möglich war, den Gottesbezug im vereinten Europa festzuhalten, zu verankern.

Anhand der beiden „Befreiungsschübe“, zunächst dem des Wirtschaftswunders, also auf dem technisch-ökonomischen Gebiet, gefolgt von einem moralisch-stilistischen „Befreiungsschub“ ist zu konstatieren, dass die bisher gesamte überkommene Moral, wie Roos ausführt, zur Disposition gestellt worden ist. Den Massenmedien komme hierbei die Rolle zu, vorgefertigte Denk- und Verhaltensstandards nicht nur auszudrücken, sondern auch mitursächlich zu befestigen. Roos ist auf der Höhe der aktuellen Debatte, wenn er auf die Argumentation des Politologen Andreas Püttmann eingeht, der dem Soziologen Hans Joas jüngst widersprach: Natürlich habe die „Gesellschaft ohne Gott“ einen Moralverfall und eine Destabilisierung des Ethos zur Folge gehabt; man müsse sich doch nur einmal umschauen. Wieder ein Rückgriff auf Ratzinger, diesmal aus dem Jahre 1958, und mit was für einer luziden Diagnose, die auch heute noch gilt: „Dieses dem Namen nach christliche Europa ist seit rund vierhundert Jahren zur Geburtsstätte eines neuen Heidentums geworden, das im Herzen der Kirche selbst unaufhaltsam wächst und sie von innen her auszuhöhlen droht ... Der Mensch von heute kann also im Normalfall den Unglauben seines Nachbarn voraussetzen.“


Roos führt nun weiter, wie dieses „neue Heidentum“ uns gleich eine dreifache Armut beschert habe:
1) Die Armut an Kindern – ein Topos, mit dem sich Soziologie und Sozialpolitik schon seit geraumer Zeit auseinandersetzen müssen. Diese Armut werde zum wichtigsten Problem werden.
2) Die Armut an Moral. Im Unterschied zum Tier könne der Mensch nur mit der Moral überleben. Je unmoralischer eine Gesellschaft werde, desto lauter rufe man nach dem Staat, desto teurer werde der Staat und desto weniger könne er für die Gesellschaft tun. Ein Staat ohne die Moral seiner Bürger ist unfinanzierbar. Die Polizei könne dieses Problem nicht lösen, denn entscheidend für die Qualität einer Gesellschaft sei die Zahl der Menschen, die sich vor Gott ein Gewissen machen – oder nicht.

Roos zitiert an dieser Stelle Heinrich Heines „Krähwinkelschreckenstage“, in dem an eine alte Monarchenweisheit erinnert wird, wonach „tausend Schwarze zehntausend Grüne ersetzen“. Mit den Schwarzen sind hier die – damals noch Soutane tragenden – Priester gemeint, mit den Grünen die Polizisten. Doch wo sind diese Pfarrer, fragt Roos im selben Atemzug und kommt damit zum dritten Unterpunkt: Armut an Glauben. Der soziale und der politische Katholizismus habe die Nachkriegsgesellschaft noch entscheidend mitgestaltet. Mit dem Rückgang aktiver Kirchlichkeit werde es auch immer schwieriger, gesellschaftlichen Ideologien wie gender mainstreaming oder der Kernschmelze des Familienmodells entgegen zu wirken. Es gebe deshalb keine wichtigere Aufgabe als die Neuevangelisierung.

Die Aufgaben der Zeit resultierten aus dieser dreifachen Armut. Zum einen, dies nennt Prälat Roos an erster Stelle, stünde da die Verkündigung des christlichen Gottesglaubens. Je säkularer eine Gesellschaft sei, desto wichtiger sei es, dass die Kirche den Gott der biblischen Offenbarung und das christliche Weltbild verkündige. Religiös bedeute in diesem Zusammenhang auch: zutiefst human.

Gleichzeitig sei ein Humanismus, der Gott ausschließe, ein unmenschlicher Humanismus: „Die Verfügbarkeit gegenüber Gott öffnet uns zur Verfügbarkeit gegenüber den Brüdern. (Caritas in veritate). Zum Aufbau einer guten Gesellschaft ist also das Christentum ein unverzichtbares Element, da es sich auf den echten, den ganzheitlichen Menschen bezieht.

Die soziale Frage sei dabei in der jüngsten Zeit in radikaler Weise zu einer anthropologischen Frage geworden, wie Benedikt XVI. festgestellt habe, angesichts der modernen wissenschaftlichen Möglichkeiten wie In-Vitro-Fertilisation, Klonen, Hybridisierung des Menschen. Die „Kultur des Todes“ schreite in Richtung einer systematischen eugenischen Geburtenplanung fort, einer „mens euthanatica“ werde so der Weg bereitet.

Dem ist der Schutz von Ehe und Familie entgegen zusetzen: Wir Christen geben das Leben weiter und schützen es vom Anfang bis zu seinem natürlichen Ende. Dabei ist jedoch festzustellen, dass das neue Heidentum sich bereits mitten in der Kirche ausbreite: Selbst katholische Institutionen würden massive Werbung für die Kleinkinderkrippe machen.

Was die Arbeit in der Familie betreffe, so bleibe festzustellen, dass der Begriff „Arbeit“ heutzutage auf die Erwerbsarbeit reduziert worden sei. Für das, was wir zum Leben bräuchten aber trage die Erwerbsarbeit nicht einmal die Hälfte bei. 35 Prozent dessen, was wir benötigten, werde in der Familie erledigt. Es wäre deshalb nur angemessen, wenn diese Tätigkeit sowohl in der Krankenversicherung als auch in der Sozialversicherung endlich in entsprechender Weise berücksichtigt werden würde.

Abschließende Überlegungen: Wie sollen wir Christen also angesichts dieser Entwicklungen das Evangelium in „Handel und Wandel“ der Menschen konkret hineintragen? Roos konstatiert zunächst, dass unsere heutige Gesellschaft in frappierender Weise der Gesellschaft ähnelt, die die Christen in den ersten drei Jahrhunderten nach Christus vorgefunden haben.

Im Brief an Diognet aus eben jener Zeit, dem 3. Jahrhundert, schreibt ein unbekannter Verfasser an seinen Freund namens Diognet über die Christen: „Die Christen sind weder durch Heimat noch durch Sprache noch durch äußerliche Bräuche von den Menschen unterschieden ... Sie heiraten wie alle, sie zeugen auch Kinder, aber - sie setzen die Erzeugten nicht aus. Ihren Tisch machen sie allen gemein, aber nicht ihr Ehebett.“

Wir sehen, die damaligen Christen lebten ganz selbstverständlich in der Welt, aber eben anders als die Heiden. Und sie seien davon überzeugt gewesen, dass sie gerade dadurch für alle Menschen wichtig gewesen seien, so wichtig, wie das die Seele für den Leib sei. Der Briefschreiber schließt dann auch wie folgt: „Um mich kurz zu fassen, was dem Körper die Seele, das sind in der Welt die Christen ... In eine solche Stellung hat Gott sie gesetzt.“
Nur die Kraft des gelebten Glaubens könne in einer unvollkommenen Welt standhalten ohne den Elan der Hoffnung zu verlieren (Spe salvi 31). Ohne glaubende, kirchlich engagierte Christen, ohne kirchliche Bewegungen, ohne den organisierten Zusammenschluss – wie hier auf dem Kongress des Forums der deutschen Katholiken – könne es keine Zeugen und Vermittler in die Welt hinein geben, denn nur die Freude am Glauben und die daraus hervorgehende Güte könne das Licht des Evangeliums in „Handel und Wandel der Menschen „hineinstrahlen“. Beten wir für die vielen, so Prälat Prof. Roos zum Schluss seines Vortrages, dass Gottes heiliger Geist möglichst vielen Menschen Freude am Glauben schenke und sie dadurch fähig werden, „hineinzustrahlen“.


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