Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. R.I.P. Papst Franziskus
  2. Kardinal Müller: „Es gibt legitim über 20 verschiedene Riten derselben katholischen Messe“
  3. Papa Francesco – ein Papst, der die Menschen liebte
  4. Initiative "Neuer Anfang" protestiert gegen Handreichung von DBK/ZDK "für die Praxis der Segnung"
  5. Franziskus war ein „Papst wie du und ich“
  6. Kardinäle aus weit entfernten Regionen kritisieren: Das Präkonklave beginnt „zu früh“
  7. „Kardinäle werden Papst mit ‚traditionellerer Sicht‘ der katholischen Lehre wählen“
  8. Kardinal Müller hofft, dass der zukünftige Papst den Islam-Dialog überdenkt
  9. Nicht genug Platz für die Kardinäle in Santa Marta
  10. "Es gibt nichts Schöneres, als Ihn zu kennen und anderen die Freundschaft mit Ihm zu schenken"
  11. Der Anker und der Mann mit dem hörenden Herzen
  12. Selenskyj: Gespräch mit Trump im Petersdom vielleicht historisch
  13. Kardinal Müller warnt vor Spaltungsgefahr der Kirche, falls kein rechtgläubiger Papst gewählt wird
  14. Kardinal Erdö ist bereits in Rom - "Franziskus war Papst der Völker"
  15. Bischof Hanke: „Als Christen und als Staatsbürger für das Lebensrecht der Schwächsten demonstrieren“

Woelki: Christen sind Lobbyisten für das Leben

11. März 2014 in Deutschland, 10 Lesermeinungen
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


Berliner Kardinal stellt sich gegen die Sterbehilfe. Er vertrat in seiner Predigt vor der Bischofskonferenz, es sei „unsere klare Botschaft an die Politik: Wir brauchen keine gesetzlich geregelte 'Erlaubnis' zur aktiven Sterbehilfe“


Münster (kath.net/dbk) „Deshalb ist unsere klare Botschaft an die Politik: Wir brauchen keine gesetzlich geregelte 'Erlaubnis' zur aktiven Sterbehilfe. Was wir dagegen brauchen, sind eine rechtliche und finanzielle Verbesserung der Rahmenbedingungen, damit durch menschliche, pflegerische und medizinische Zuwendung und Begleitung ein menschenwürdiges Sterben ermöglicht wird, – und zwar Zuhause, in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und Hospizen.“ Dies sagte der Berliner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki (Foto) bei seiner Predigt in der Morgenmesse der für die Frühjahrvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Münster zusammengekommen Bischöfe.


kath.net dokumentiert die Predigt von Rainer Maria Kardinal Woelki in der Eucharistiefeier am 11. März 2014 in Münster zur Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz

Liebe Schwestern und Brüder, „Der Herr hat mich all meinen Ängsten entrissen“, so haben wir gerade im Antwortpsalm gesungen. Dieser Psalm ist Ausdruck eines tiefen und aus Erfahrung gestärkten Gottvertrauens.

Der Beter lädt uns ein, Gott, den Herrn, zu verherrlichen, seinen Namen zu rühmen. In den vergangenen Wochen ist ein Bekenntnis zu diesem Herrn, „der mich all meinen Ängsten entrissen“ hat, ins Stocken geraten, ins Stocken geraten angesichts einer augenscheinlich ungeheuer großen Angst, in der Menschen darum bitten, ihnen beim Sterben zu helfen, sie zu töten. Diese Ängste müssen größer sein als die Angst vor dem Tod. Menschen haben Angst vor Schmerzen. Sie haben Angst vor Fremdbestimmung, vor dem Allein- und Unnützsein, und zwar nicht nur die, die sterbenskrank sind, sondern auch die, die sich eine solche Situation am Ende ihres Lebens vorstellen. Und ehrlich gesagt: Auch mir fällt es immer noch schwer, den Herrn zu verherrlichen, seinen Namen – wie es heute Morgen in dem Antwortpsalm heißt – zu rühmen, wenn ich mich daran erinnere, was ich selbst vor einigen Jahren erlebt habe: Ich hatte eine alleinerziehende Mutter mit ihrem Kind kennengelernt, das an einer tödlichen Krankheit und unerträglichen Schmerzen litt. Die Gewissheit des bevorstehenden Todes dieses achtjährigen Jungen hat auch mich damals im Innersten zutiefst erschüttert. Ich konnte und kann immer noch keinen Sinn darin erkennen, wenn auf einen jungen Menschen, der gerade erst das Leben kennenlernen sollte, unausweichlich das Sterben zukommt. Das ist schier unerträglich. Der kleine Junge ist gestorben. Sein Sterben hat mir auch meine eigene Hilflosigkeit vor Augen geführt. Dennoch: Wir wissen alle, dass solche Erfahrungen zu unserem Leben gehören.


Als Christen sind wir hier gerade mit Blick auf die aktuelle Debatte um Sterbehilfe zu einer klaren Position aus unserem Glauben heraus aufgefordert. Es kann an dieser Stelle für uns keine Kompromisse geben. Gott allein ist der Herr über Leben und Tod. Das steht außer Frage. Unsere christliche Antwort darf jedoch bei aller geforderten Klarheit weder vollmundig noch im hohen Ton der moralischen Empörung daherkommen. Denn wenn wir eine Kirche auf der Seite der Leidenden und Geknechteten sein wollen, müssen wir zunächst die „Schreie der Gerechten“ hören, von denen heute im Psalm die Rede ist, und von denen wir uns treffen lassen müssen. Wir sind hier nicht gefragt als Moralapostel, wohl aber als Lobbyisten für das Leben. Wir haben denen eine Stimme zu geben, deren Schreien nicht erhört wird, die sich eine Erlösung von ihren Schmerzen und ihrer inneren Einsamkeit wünschen und dafür sogar sterben wollen.

In den vergangenen Wochen ist hier häufiger davon die Rede gewesen, auch bei uns – wie in anderen europäischen Ländern – eine „aktive Sterbehilfe“ zu ermöglichen. Anders als dieser Begriff suggeriert, geht es dabei aber nicht darum, Menschen beim Sterben zu helfen. Vielmehr geht es ganz bewusst und gezielt darum, ihren Tod herbeizuführen. Für uns Christen ist deshalb nicht „aktive Sterbehilfe“ das Zauberwort, sondern „intensivste Sterbebegleitung“.

Und wir verstehen darunter den medizinischen, pflegerischen, sozialen und seelsorglichen Beistand, der gefordert ist, wenn die Zeit zum Sterben gekommen ist. Denn Sterben ist ein Stück unseres Lebens!

Sterbegleitung ist im Gegensatz zu „aktiver Sterbehilfe“ konkret erfahrbare Lebenshilfe. Denn sie hilft einem Sterbenden, sein noch verbleibendes Leben so menschenwürdig wie nur möglich zu gestalten.

„Aktive Sterbehilfe“ dagegen ist Tötung auf Verlangen bzw. Beihilfe zur Selbsttötung, eine „Hilfe“, die diesen Namen nicht verdient, weil sie nicht das Leben, sondern den Tod anstrebt. Schmerzmediziner bestätigen, dass das selbstbestimmte Sterben auch für einen jungen Menschen als die einzige Möglichkeit erscheinen kann, seine unerträglichen Schmerzen loszuwerden. Fachärzte für Schmerztherapie sprechen im Endstadium mancher Krankheit vom sogenannten „Vernichtungsschmerz“.

Einen Menschen, in einer solchen Situation ernst zu nehmen, kann aber nicht einfachhin bedeuten, genau das zu machen, was er sagt und als Wunsch äußert. Wäre es gesetzlich erlaubt, sich in solchen Lebenssituationen töten zu lassen, würde der innere und äußere Druck auf solche Schwerkranke und Pflegebedürftige noch mehr zunehmen. Sie fühlten sich dann nicht mehr von einer selbstverständlichen Solidarität und Hilfe ihrer Mitmenschen getragen, sondern empfänden sich wahrscheinlich noch mehr als Last und unnütz, wenn sie ihren Platz nicht räumten. Hier von freier Willensentscheidung zu sprechen, erscheint mehr als fragwürdig.

Wer die Humanität schützen will, wer die Freiheit des Sterbenden wahren will, muss einen Schutzraum eröffnen helfen, in dem menschliche Zuwendung, umfassende Schmerztherapie, Palliativpflege und helfende, liebende Annahme stattfinden – und zwar überall in Deutschland. Wir brauchen eine stärkere Sorge- und Annahmekultur auch für Menschen im Sterben und ihre Angehörigen sowie für diejenigen, die ihnen beistehen.

Der Prophet Jesaja schreibt über das Wort Gottes: „Es kehrt nicht leer (...) zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe.“ (Jes 55, 11) Ich erkenne die Gegenwart des Wortes Gottes gerade auch in denen, die leiden und sterben. Denn Gottes Wort, Jesus Christus, hat selbst gelitten und ist gestorben für uns! Wenn wir erreichen wollen, dass sein Wort bewirkt, was Gott will, müssen wir denen Gehör verschaffen, die Schmerzen leiden und Angst haben.

Als Christen wissen wir in diesem Zusammenhang aber auch um den Menschen als Geschöpf Gottes. Als solches haben wir uns das Leben nicht selbst gegeben. Vielmehr ist es uns geschenkt, und es entzieht sich uns auch wieder. Ich will nicht allein sein im Sterben, ich möchte eine Linderung meiner Schmerzen, ich will angenommen sein in meinem Leiden, das ist es, wofür wir uns stark machen müssen, wofür wir uns einsetzen müssen, soll das Wort Gottes nicht ungehört verhallen.

Als Kirche dürfen wir auf eine lange Tradition der Sorge um die Kranken zurückschauen. Sie ist schon im Evangelium grundgelegt. Mit unzähligen Ärzten und Pflegenden haben sich Christen durch die Jahrhunderte hindurch gerade auch der Schwerkranken und Sterbenden angenommen.

Mit ihnen sind wir dankbar für die Errungenschaften der modernen Medizin und Pflege, insbesondere der Schmerztherapie und der Palliativmedizin.

Deshalb ist unsere klare Botschaft an die Politik: Wir brauchen keine gesetzlich geregelte „Erlaubnis“ zur aktiven Sterbehilfe. Was wir dagegen brauchen, sind eine rechtliche und finanzielle Verbesserung der Rahmenbedingungen, damit durch menschliche, pflegerische und medizinische Zuwendung und Begleitung ein menschenwürdiges Sterben ermöglicht wird, – und zwar Zuhause, in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und Hospizen. Denn Sterben gehört zum Leben. Es ist Teil des Lebens. Es ist der Hinübergang aus diesem Leben in das unendliche, ewige Leben Gottes hinein, einem Gott entgegen, der sich in der Geschichte immer wieder als ein Gott der Lebenden und nicht der Toten geoffenbart hat. Amen.

Foto Kardinal Woelki (c) Erzbistum Berlin


Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu

Deutsche Bischofskon

  1. Kritik am Bericht der Deutschen Bischofskonferenz an die Weltsynode
  2. Augsburger Bischof Bertram Meier in Kiew zum mehrtägigen Besuch in der Ukraine
  3. "Auf dem Berg Golgota ist es nicht unsere Aufgabe, einen Stuhlkreis zu machen“
  4. Ablehnung der AfD? - „Eine wenig überzeugende Einstimmigkeit der Deutschen Bischofskonferenz“
  5. Gericht verbietet Falschbehauptung! - Müssen deutsche Bischöfe AfD-Papier zurückziehen?
  6. ‚Polithetze gegen die einzige Opposition’ – AfD kritisiert Grundsatzpaper der deutschen Bischöfe
  7. Wenn Jesus gar kein Thema mehr ist
  8. Suizidbeihilfe? – „Diese Sichtweise widerspricht der Position der katholischen Kirche“
  9. „Letztlich geht es um die neue Evangelisierung“
  10. Deutsche Bischofskonferenz kritisiert Entwicklung in der Hagia Sophia-Frage







Top-15

meist-gelesen

  1. R.I.P. Papst Franziskus
  2. Franziskus war ein „Papst wie du und ich“
  3. Vatikan veröffentlicht Testament von Papst Franziskus
  4. Kardinäle aus weit entfernten Regionen kritisieren: Das Präkonklave beginnt „zu früh“
  5. Papa Francesco – ein Papst, der die Menschen liebte
  6. Kardinal Müller: „Es gibt legitim über 20 verschiedene Riten derselben katholischen Messe“
  7. „Kardinäle werden Papst mit ‚traditionellerer Sicht‘ der katholischen Lehre wählen“
  8. Papst Franziskus wird am Samstag beigesetzt
  9. Initiative "Neuer Anfang" protestiert gegen Handreichung von DBK/ZDK "für die Praxis der Segnung"
  10. Kardinal Müller hofft, dass der zukünftige Papst den Islam-Dialog überdenkt
  11. Nicht genug Platz für die Kardinäle in Santa Marta
  12. Papst Franziskus starb an einem Schlaganfall und Herzversagen
  13. Der Volkspapst – Was bleibt vom Franziskus-Pontifikat?
  14. Papst Franziskus nach Überführung im Petersdom aufgebahrt
  15. Franziskus' letzte Stunden: Papst starb ohne sichtbare Leiden

© 2025 kath.net | Impressum | Datenschutz