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| Der neue Tugend-Terror14. Mai 2014 in Buchtipp, 8 Lesermeinungen Das vor wenigen Wochen erschienene Buch von Thilo Sarrazin gehört schon jetzt zu den Buch-Bestsellern 2014. Kath.net hat sich das Buch des einfachen SPD-Parteimitgliedes genauer angesehen. München (kath.net/pm/rn) Doch worum geht es in dem Buch? Es handelt vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit und von den Fakten, dass man im Alltag schnell so manchem Denk- und Redeverbot begegnet. Thilo Sarrazin analysiert in seinem neuen Buch den grassierenden Meinungskonformismus. Wer Dinge ausspricht, die nicht ins gerade vorherrschende Weltbild passen, der wird gerne als Provokateur oder Nestbeschmutzer ausgegrenzt. Mit gewohntem Scharfsinn prangert Thilo Sarrazin diesen Missstand an, zeigt auf, wo seine Ursachen liegen, und benennt die 14 vorherrschenden Denk- und Redeverbote unserer Zeit. Sarrazin zeigt in dem Buch schön auf, dass die meisten Menschen gerne im Konsens leben möchten, dass man den Druck der informellen Meinungskontrolle schnell heute spüre und man sich auch dem zu einem gewissen Grade beugen möchte. So schreibt Sarrazin: Da die meisten normalen Menschen lieber im Konsens als im Dissens leben und zudem sozial möglichst wenig anecken möchten, neigen sie dazu, auf allen Gebieten, auf denen sie keine Experten sind, jene Meinungen zu teilen, die sie als Mehrheitsmeinung in der Gesellschaft oder in der eigenen Bezugsgruppe wahrnehmen. So entstehen Moden des Denkens genauso wie Moden der Kleidung. Ausführlich geht der frühere SPD-Politiker in dem Buch auf die Rollen der Medien ein. Er weist darauf hin, dass die meisten Journalisten Politikwissenschaften, Germanistik und Geschichte studiert haben. Soweit sie Experten sind, sind sie Experten für Kritik und Sinngebung, nicht aber für Problemlösungen in der sozialen und physischen Wirklichkeit. Journalisten haben daher auch oft keinen ausgeprägten Sinn für Zahlen, Proportionen oder die Widerspenstigkeit realer Zusammenhänge. Laut Sarrazin folgen Journalisten oft herrschenden Moden, unterliegen einem Herdentrieb und üben als meinungsbildendes Kollektiv auch gerne Macht aus. Dort, wo die Bürger nicht beruflich bedingt selbst Experten sind, folgen sie nämlich unabhängig von ihrem Bildungsgrad zum größten Teil der Meinungen, die ihnen in den Medien angeboten werden, so Sarrazin. Er bringt dann einige Beispiele, wie in Medien aus Toleranz schnell Intoleranz wird. So wird bei Eltern, die ihre Kleinkinder nicht schon mit zwölf Monaten in eine Kinderkrippe abgeben wollen, schnell abqualifizierend von einer Herdprämie statt von Betreuungsgeld gesprochen. Ein weiteres Beispiel betrifft die Einstellung, dass eine Ehe eine Sache zwischen Mann und Frau ist. Denjenigen, die dies vertreten, wird sofort Diskriminierung und Schwulenfeindlichkeit unterstellt, Ausgrenzung sei die Folge. Die Einstellung von Toleranz schlägt auf diese Weise leicht um in Intoleranz gegenüber jenen, die zwar abweichende Meinungen tolerieren, sie aber deshalb noch nicht als gleichwertig akzeptieren, erklärt der Autor und zeigt sich äußerst kritisch über die Medienlandschaft, weil eben nicht die Bevölkerungsmehrheit darüber bestimmen, was zulässige Meinungsäußerungen sind, sondern die Sinn vermittelnde Medienklasse Allerdings wachse derzeit der Widerstand dagegen und die Medienklasse sei darüber nicht erfreut. Bei der Leserschaft und auch im Internet wachse der Gegenwind gegen die Meinungsvorgaben der Leitmedien. Zu den Thesen, die derzeit von der Medienklasse tabuisiert werden, gehört laut Sarrazin z. B. auch die These, dass der Islam eine Kultur des Friedens sei und dass alle islamophob seien, die Bedenken gegen muslimische Einwanderung haben. Sarrazin setzt dann seine Medienkritik fort: Wer sich außerhalb des Konsensus stellt, wird von den Medien abgestraft, und Meinungen, die von den Medien abgestraft werden, werden vom Mainstream der Politik schon gar nicht geäußert. Besonders interessant ist das Kapitel 3, in dem sich Sarrazin mit den Elementen der Meinungsbildung beschäftigt und dabei nochmals ausführlich mit der Medienlandschaft in Deutschland auseinandersetzt. Dabei erinnert das ehemalige Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank an die Meinungsforscherin Elisabeth Noelle-Neumann und ihre Erkenntnisse über die Schweigespirale im Zusammenhang mit öffentlicher Meinung. Dies habe mit sozialer Kontrolle zu tun. Die Isolationsfurcht des Einzelnen sei laut der bekannten Meinungsforscherin das treibende Motiv für Nachahmung Sarrazin schreibt dann: Die Summe der Medien wirkt auf den Zeitgeist, und der wahrgenommene Zeitgeist wirkt auf die Einstellungen des Einzelnen. Diese allgemeinen Erkenntnisse bilden die Grundlage für das Phänomen, das Noelle-Neumann im Rahmen der Meinungsforschung aufdeckt: Menschen haben einen Scheu, sich zu Meinungen zu bekennen, die sie nicht als Mehrheitsmeinungen wahrnehmen, und sie bekennen sich umso mutiger zu einer Meinung, je eher sie davon ausgehen können, dass sie damit die Meinung der Mehrheit reflektieren. Das einfach SPD-Parteimitglied ortet dann auch einen Rückkoppelungseffekt bei der Meinungsbildung: Die Vertreter der Mehrheitsmeinungen äußern sich offensive und häufiger, was wiederum die noch Zögernden beeindrucken und einen bestehenden Meinungsumschwung verstärken kann. Ihr natürliches Harmoniebedürfnis lässt die Mehrheit der Menschen gern auf der Seite der Mehrheit stehen, und das wiederum beeinflusst die Meinungsbildung, erklärt Sarrazin. Das Phänomen wurde von Noelle-Neumann seit Anfang der siebziger Jahre als die Schweigespirale bezeichnet. Sarrazin vertritt dann die Ansicht, dass die Medien eine Pseudorealität darstellen. Er verweist dabei auf das Buch Realkultur und Medienkultur von Hans Mathias Kepplinger und erklärt dazu: Das grundsätzlich wohl unaufhebbare Problem der durch die Medien hergestellten Pseudorealität nimmt aber noch zu, wenn die Werthaltungen und Einstellungen der Journalisten sich systematisch und erheblich von denen der Bevölkerung unterscheiden. Dies sei in Deutschland laut Sarrazin der Fall. Kepplinger habe dies mit seiner umfassenden Untersuchung bereits in den 70er-Jahren erforscht und festgestellt worden, dass Journalisten Einfluss auf Politik nehmen möchten und eher Gesinnungsethiker als Verantwortungsethiker seien. Die politischen Einstellungen der Journalisten bzw. der Medien, die sie vertreten, haben einen erheblichen Einfluss auf die Auswahl, Darbietung und Kommentierung von Nachrichten. Journalisten seien so Sarrazin auch in großer Mehrheit links von der Bevölkerung als auch links vom eigenen Publikum. Im großen Kapitel 6 am Buchenende untersucht der ehemalige SPD-Politiker dann die vierzehn Axiome des Tugendwahns im Deutschland der Gegenwart. Zu diesen gehören laut Sarrazin Thesen wie Ungleichheit ist schlecht, Gleichheit ist gut, Wer reich ist, soll sich schuldig fühlen, Unterschiede in den persönlichen Lebensverhältnissen liegen meist an den Umständen, kaum an den Menschen, Das klassische Familienbild hat sich überlebt. Kinder brauchen nicht Vater und Mutter, Männer und Frauen haben bis auf ihre physischen Geschlechtsmerkmale keine angeborenen Unterschiede und einige anderen Thesen. Fazit: Das Buch ist sehr umfangreich. Sarrazin belegt seine Thesen mit einer ungewöhnlichen Genauigkeit. Nicht allem wird man zustimmen können und müssen. Trotzdem ist das Buch eine große Bereicherung in der Medienlandschaft 2014. Kath.net-Tipp: Sehr lesenwert! LESEPROBEN: hier! 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