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Bulgarien: 'Kirche wagt sich an schwierige Themen'

1. Juni 2017 in Interview, keine Lesermeinung
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Die katholische Kirche steht in Bulgarien an der Seite derer, die nicht auswandern, sondern bleiben, und das, obwohl die Katholiken hier nur eine verschwindend kleine Minderheit sind. Von Tobias Lehner


München (kath.net/KIN) Das ehemals kommunistische Bulgarien ist seit zehn Jahren Mitglied der Europäischen Union. Dennoch ist das Wissen über die Situation in dem Land am Schwarzen Meer hierzulande gering. Arbeitslosigkeit, Armut, Drogen und organisierte Kriminalität zwingen viele Einwohner, ihr Glück im Ausland zu suchen. Die katholische Kirche steht an der Seite derer, die bleiben – und das, obwohl sie nur eine verschwindend kleine Minderheit ist. Florian Ripka, der stellvertretende Geschäftsführer von „Kirche in Not“ Deutschland, hat das Land kürzlich besucht. Mit Tobias Lehner hat er über seine Eindrücke gesprochen.

Kirche in Not: Wie haben Sie Bulgarien erlebt?

Florian Ripka: Ich habe das Land zusammen mit der Bulgarien-Referentin unserer internationalen Zentrale von „Kirche in Not“, Magda Kaczmarek, besucht. Ein wunderschönes Land mit reicher Kultur – aber großen Herausforderungen! Ich habe mich oft gefragt, ob manche Menschen in Deutschland ihre Vorwürfe gegenüber den bulgarischen Zuwanderern wiederholen würden, wenn sie einmal die schwierige Lage vor Ort erlebt hätten.

Noch heute sieht man als „Zeitzeugen“ der kommunistischen Vergangenheit verfallene Plattenbauten an den Stadträndern. Ein Anblick, der sich einem schwer aufs Gemüt legt! Der Durchschnittslohn liegt gerade einmal bei 400 Euro. Und das sind schon Verbesserungen gegenüber früheren Jahrzehnten! Aber die postkommunistische Ära hat noch weitere große Hindernisse mit sich gebracht: Drogen, Korruption, organisierte Kriminalität mit Mafia-Strukturen. Die Kirche wagt sich da an wirklich schwierige Themen heran.

Kirche in Not: Wie meinen Sie das?

Ripka: Die katholische Kirche kümmert sich zum Beispiel um drogenabhängige Jugendliche – und macht sich damit nicht nur Freunde. „Jede Familie hat mindestens ein abhängiges Mitglied“, sagte mir ein Priester in Rakovski, einer Kleinstadt rund 150 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Sofia. Ein Ansatz ist, in die Schulen zu gehen und dort Aufklärungsarbeit zu leisten. Die katholische Kirche in Bulgarien muss kreativ sein, um die Menschen zu erreichen, da sie in nur so geringem Maß in diesem Land vertreten ist. Weniger als ein Prozent der Bulgaren sind katholisch! Die Mehrheit gehört der bulgarisch-orthodoxen Kirche an. Die katholische Kirche hat auch politisch keinerlei Unterstützung und möchte sich auch selber gar nicht in die Politik einmischen, in der die Korruption auf allen Ebenen sichtbar ist.


Kirche in Not: Nicht nur das Verhältnis zur bulgarisch-orthodoxen Kirche scheint angespannt zu sein, sondern auch das zum Staat. Was konnten Sie darüber erfahren?

Ripka: Ein Zankapfel ist die Rückgabe von kirchlichem Eigentum, das in der Zeit des Kommunismus enteignet wurde. Mit der bulgarisch-orthodoxen Kirche scheint die Rückgabe von staatlicher Seite zu funktionieren. Aber wenn es sich um die katholische Kirche handelt, stockt der Prozess. Es gibt auch immer wieder Einschränkungen, wenn katholische Einrichtungen als „kirchlich“ anerkannt werden wollen. So können zum Beispiel Pfarreien keine Steuererleichterungen in Anspruch nehmen. Auch sagten mir meine Gesprächspartner, es seien sogar Gesetze geplant, die jede kirchliche Hilfe aus dem Ausland untersagen sollen, die nicht der bulgarisch-orthodoxen Kirche zugutekommt. Die katholische Kirche kämpft dagegen an und hofft auf Unterstützung durch die Europäische Union.

Kirche in Not: Sie haben die kommunistische Ära in Bulgarien angesprochen. Was ist davon heute noch zu spüren?

Ripka: Die Wunden der kommunistischen Christenverfolgung sind auch heute noch deutlich spürbar. Ich habe zum Beispiel in Sofia die Eucharistie-Schwestern getroffen, die in einer Baracke neben der Kirche ohne Toilette gehaust haben. Die Karmelitinnen mussten vierzig Jahre lang auf der Empore ihrer Kirche leben, weil ihr Kloster enteignet war. 40 Jahre! Die Erinnerung an die Märtyrer dieser Epoche ist sehr lebendig.

Darunter nimmt der selige Bischof Eugen Bosilikov einen besonderen Rang ein. Er war Passionisten-Pater und hatte im Zweiten Weltkrieg vielen bulgarischen Juden das Leben gerettet. Ab 1947 leitete er das Bistum Nikopolis, das den ganzen Norden Bulgariens umfasst. Die Kommunisten nahmen ihn 1952 wegen seines standhaften Einsatzes für den Glauben fest. Nach kurzem Prozess wurde er erschossen. Die Verfolgungszeit hat auch noch eine andere Auswirkung: Es gibt wenige Berufungen zum Priester- oder Ordensleben. Eine ganze Generation war während des Kommunismus praktisch vom Glauben abgeschnitten. Wo aber keine Wurzeln mehr sind, kann auch nur wenig wachsen.

Kirche in Not: Das klingt nach viel Niedergang …

Ripka: Ganz im Gegenteil! Ich habe in Bulgarien Priester, Ordensleute und Gläubige getroffen, die alles dafür geben, dass der Glaube lebt. Es herrscht dort eine Stärke und Glaubensfreude vor, die ich hierzulande sehr vermisse.

Kirche in Not: Die bulgarische Gesellschaft kämpft mit großen sozialen Herausforderungen. Die Hilfe für Drogenabhängige haben Sie genannt. Wo engagiert sich die Kirche noch?

Ripka: Gerade Ordensleute übernehmen viel Verantwortung für die Gesellschaft. Ich habe ein Kloster der Eucharistie-Schwestern in Sofia besucht, die eine Ambulanz betreiben, die seit vielen Jahren für alle – unabhängig von der Konfession – kostenlos offensteht, egal ob sozialschwache Menschen, Flüchtlinge oder Roma.

Ein riesiges Betätigungsfeld liegt in der Sorge für die Volksangehörigen der Roma. Sie gelten für viele Bulgaren als „Unantastbare“ und werden als „Zigeuner“ beschimpft. Sie leben vielerorts in abgetrennten Wohnvierteln. Der Weg vieler Roma ist vorgezeichnet, wie mir Pater Martin Jilek von den Salesianern Don Boscos aus Kasanlak in Zentralbulgarien berichtet hat: Die Kinder bekommen meist keinerlei schulische oder berufliche Ausbildung. Schon mit 14 Jahren werden sie verheiratet und bekommen meist viel Nachwuchs. Pro Kind zahlt der Staat umgerechnet rund zehn Euro „Kindergeld“ im Monat. Dieses wenige dient dann als Lebensunterhalt.

Pater Martin und seine Mitbrüder gehen in die Roma-Viertel und sprechen mit den Eltern. Zunächst bieten sie ihnen einfach an, dass die Kinder ihren Fußballplatz benutzen können. Dort erhalten sie auch eine erste Glaubensunterweisung. Ist das Vertrauen gewachsen, schließen sich weitere Schritte an: Die Salesianer sind dabei, ein großes Zentrum mit Schule, Kirche und Kloster, direkt gegenüber einer riesigen Roma-Siedlung aufzubauen. Hier sollen die Kinder den Weg aus dem Teufelskreis der Ausgrenzung schaffen. Dafür bitten sie die Wohltäter von „Kirche in Not“ um ihre Unterstützung.

Kirche in Not: Was sind die Schwerpunkte der Hilfe von „Kirche in Not“ in Bulgarien?

Ripka: Man kann wirklich sagen: Wir helfen der katholischen Kirche in Bulgarien, um zu überleben! Für die Erhaltung ihrer Strukturen reicht die Hilfe ihrer Gläubigen nicht aus. Daher sind unbedingt Hilfsmittel aus dem Ausland notwendig. Gerade die Unterstützung der pastoralen Arbeit ist wichtig.

So forderte uns zum Beispiel Bischof Georgi Iwanow Jowtschew aus Plowdiw auf: „,Kirche in Not' muss kirchlich bleiben!“ Er meinte, zu viele Hilfswerke würden im humanitären, aber nicht im pastoralen Bereich helfen, dem eigentlichen Kernauftrag der Kirche. Konkret hilft „Kirche in Not“ beim Bau und der Renovierung von kirchlichen Gebäuden, damit das Gemeindeleben wieder stattfinden kann. Wir sichern das Überleben von Ordensleuten und leisten Hilfe bei der Aus- und Weiterbildung von Priestern.

So habe ich zum Beispiel in Rakowski einen jungen Priester getroffen. Er konnte gerade mit Hilfe von „Kirche in Not“ ein Studium der Familienpastoral nach der Lehre des heiligen Papstes Johannes Paul II. abschließen. Er sagte mir: „Durch dieses Studium kann ich in unserem Land, in dem Ehe und Familie in einer tiefen Krise sind, viel bewirken. Ich danke ,Kirche in Not‘.“ Diesen Dank der kleinen katholischen Minderheit in Bulgarien gebe ich gerne weiter!

Um der katholischen Kirche Bulgariens weiterhin helfen zu können, bittet „Kirche in Not“ um Spenden:

Kirche in Not Deutschland

Kirche in Not Österreich

Kirche in Not Schweiz

Foto oben: Straßenszene in Belozem (c) Kirche in Not


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