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Kein guter Tag für Menschen mit Down Syndrom

15. April 2019 in Prolife, 10 Lesermeinungen
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Bei Bundestagsdebatte mussten die zahlreichen Menschen mit Down-Syndrom auf der Besuchertribüne anhören, wie darüber diskutiert wurde, dass via Pränatest fast alle Kinder mit Down-Syndrom getötet werden. Gastkommentar von Hubert Hüppe


Berlin-Unna (kath.net/pl) Bei der Orientierungsdebatte zur Einführung der Kassenfinanzierung der sog. " Nichtinvasiven Pränaldiagnostik (NIPD)" im Deutschen Bundestag waren auf der Zuschauertribüne zahlreiche Menschen mit Down-Syndrom. Sie mussten dabei zuhören, wie im Plenarsaal darüber diskutiert wurde, ob es nicht Aufgabe der Gesundheitskassen sein müsse, einen Bluttest zu finanzieren, der dazu führt, dass in fast allen Fällen ungeborene Kinder, bei denen Down-Syndrom festgestellt wird, diese auch anschließend getötet werden. Sie mussten sich zur Kenntnis nehmen, dass "der hohe Erfassungsgrad" des Bluttestes als Vorteil angepriesen wurde. Sie waren offenbar weit genug entfernt, so dass viele Abgeordneten keine Skrupel hatten, so über die Selektion von behinderten Menschen zu sprechen.

Sehr viele Parlamentarier erklärten, die NIPD sei risikoarmer als die bisher von den Kassen finanzierten Fruchtwasser- und Chorionzottenbiopsie und jedes Jahr würden hunderte von ungeborenen Kindern – nichtbehinderte und behinderte – allein durch die Anwendung der Teste sterben. Das ist richtig. Ich frage mich aber, warum lässt man dann diese Pränataldiagnostik zu und finanziert sie noch darüber hinaus? Warum hat das nicht ein Abgeordneter in Frage gestellt? Müsste man nicht konsequenterweise dann fordern, dass alle Diagnoseverfahren, die keinen therapeutischen Zweck haben, verboten werden?

Dazu war bei der Debatte erschreckend, dass offensichtlich kein Redner erwähnte, dass rechtlich gesehen in Deutschland, eine Abtreibung auf Grund einer Behinderung gar nicht erlaubt ist. Die sog. "eugenische Indikation", nach der ungeborene Kinder wegen ihrer Behinderung getötet werden dürfen, gibt es seit dem Jahr 1995 nicht mehr.

Nur zur Erinnerung: Die eugenische Indikation ist 1933 von den Nationalsozialisten im Rahmen der sog. "Erbgesundheitsgesetze" eingeführt worden. Nach dem Krieg waren Abtreibungen von ungeborenen Kindern mit Behinderungen dann wieder verboten worden, bis 1976 die eugenische Indikation bei der Änderung der §§218ff wieder eingeführt wurde.


Die eugenischen Indikation wurde 1995 auch deswegen abgeschafft, weil ein Jahr zuvor das Gleichheitsgebot für Menschen mit Behinderungen in das Grundgesetz aufgenommen wurde. Die schärfste Form der Diskriminierung ist aber die Tötungserlaubnis eines Menschen.

Interessanterweise wurde häufig darauf hingewiesen, dass man schon aufpassen müsse, wenn demnächst noch weitere Teste auf den Markt kommen, die dann nur geringe Normabweichungen diagnostizieren würden. Da stellt sich sofort die Frage: Wenn Kinder mit Down-Syndrom getötet werden, dann ist das ja in Ordnung und da zahlt die Gemeinschaft gerne – bei anderen schauen wir dann noch einmal genauer hin. Wenn dann die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Frau Prof. Dr. Claudia Schmidtke (CDU), die als erste Rednerin massiv für die NIPD-Finanzierung auftrat, im Plenum erklärte, ein Kind mit Down-Syndrom sei ein wunderbares Geschenk, dann klingt dies perfide und heuchlerisch. Man fragt sich gleich, ob sie eigentlich Menschen mit Down-Syndrom auch als Patienten ansieht.

Noch schlimmer ist, dass die Patientenbeauftragte dann noch behauptete, nur die Kostenübernahme würde die Möglichkeit schaffen, eine verpflichtende Beratung für die werdenden Eltern einzuführen. Das ist schlicht weg falsch. Das Gendiagnostikgesetz (§15) schreibt schon heute eindeutig fest, dass bei jedem pränatalen Test vor und nach dem Test eine Beratung erfolgen muss. Das hat mit der Finanzierung überhaupt nichts zu tun. Es ist eigentlich schwer zu glauben, dass Frau Prof.Dr. Schmidtke, die bis vor kurzem leitende Oberärztin an der Uniklinik war, das nicht wusste.

Außerdem hat Debatte eigentlich selbst bewiesen, dass die Beratung bei der jetzt schon finanzierten Pränataldiagnostik offensichtlich, wenn überhaupt, nur sehr wenige trotz der schlimmen Nebenwirkungen von den Untersuchungen und der anschließenden Tötung des ungeborenen Kindes mit Behinderung abhält.

Aber selbst Abgeordnete, die selbst vorgeben, für den Lebensschutz zu sein, fallen offensichtlich auf solche Scheinargumente herein. So argumentierte der CSU-Abgeordnete Stephan Pilsinger auch mit dem geringeren Risiko und sagte – wie viele andere übrigens auch –, er sei aber nur für die Finanzierung, wenn es um "Risikoschwangerschaften" handeln würde. "Na ja", denken dann viele unbedarfte Beobachter, "dann können es ja nicht so viele sein". Tatsache ist, dass nach Auskunft des Bundesgesundheitsministeriums aus dem Jahr 2010 schon damals ca. 75% aller Schwangerschaften als Risikoschwangerschaften galten und es ist kein Geheimnis, dass, wenn man mit diesem Test Geld machen kann, fast jede Schwangerschaft zur Risikoschwangerschaft erklärt werden kann. Auch Herr Pilsinger ist Arzt und muss das eigentlich wissen.

Betroffen machte, dass die Behindertenbeauftragten der FDP- und der CDU/CSU-Fraktion (die Beauftragte der SPD hat erst überhaupt nicht gesprochen) nichts an der Selektionsfinanzierung auszusetzen hatten. Nur die Behindertenbeauftragte der Grünen, Frau Rüffer, kritisierte den Test ausdrücklich. Der Behindertenbeauftagte der Bundesregierung ist bisher nur dadurch aufgefallen, dass er für das Wahlrecht von Menschen mit Downsyndrom eintritt (was auch richtig ist), aber bisher nicht für ihr Lebensrecht.

Eigentlich müsste man doch davon ausgehen, dass die Beauftragten für Menschen mit Behinderungen auch für diese eintreten und nicht gegen sie reden. Klar ist, dass sie die Interessen von Menschen mit Down-Syndrom, die sich jetzt immer lauter selbst zu Wort melden, auf jeden Fall nicht vertreten.

Nicht fehlen durfte dann auch die angebliche Forderung nach sozialer Gerechtigkeit. So soll es Selektion und Eugenik für alle geben. Grotesk, wenn dieses angebliche Argument ausgerechnet von der FDP kommt.

Keinen Menschen scheint es im Bundestag zu interessieren, wenn zum Beispiel Menschen in Heimen von ihrem Taschengeld sich eine Brille zusammensparen müssen, weil selbst bei einer Sehbehinderung von 5 Dioptrien die Kassen nichts davon übernehmen. Vor allem Menschen mit Behinderungen müssen immer wieder um ihre Rechte kämpfen, gerade wenn es um Hilfs- und Heilmittel gibt.

Es ist zwar tröstlich, dass es aus jeder Fraktion auch Kritiker der Kostenübernahme von NIPD gab, wie zum Beispiel die Vorsitzende der Kinderkommission, Susann Rüthrich (SPD), und der Menschenrechtler Michael Brand (CDU/CSU), aber insgesamt bleibt der Eindruck, dass die Mehrheit im Bundestag weit davon entfernt ist, Menschen mit Behinderungen dieselben Rechte zuzugestehen wie den Menschen ohne Behinderungen.

Hubert Hüppe war von 2009 bis 2013 Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen und ist ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter (1991 bis 2009 und von 2012 bis 2017) für den Landkreis Unna/Nordrhein-Westfalen. Er ist stellvertretender Vorsitzender der „Christdemokraten für das Leben“ (CDL).

Hubert Hüppe beim Marsch für das Leben 2014


Foto Hubert Hüppe (c) privat


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Lesermeinungen

 Doose Rosa 16. April 2019 
 

An alle Abgeordneten senden

Vielen Dank Herr Hüppe für diesen sehr guten Kommentar! Kann der nicht an alle Abgeordneten persönlich gesandt werden?


0
 
 Stock 16. April 2019 
 

@Kirchental

Das ist keine verrückte Idee, sondern ein logisch hervorragender politischer Schluss, nein, ein Zwang!


0
 
 Stock 16. April 2019 
 

Für Eltern behinderter Kinder war es immer eine ungeheure Angst zu denken, was mit diesen nach ihrem Tod geschieht. Ein kleiner Trost war ihnen, dass die Gesellschaft sich institutionell mehr bemüht als recht dieser behinderten Mitmenschen annahm und ihr Leben achtete.
Jetzt müssten sie Klarheit haben.


0
 
 MariaMutterDerKirche 16. April 2019 
 

Wo sind Aktion Mensch e.V. und ähnliche Organisationen

bei dieser Thematik?


1
 
 Catherine 15. April 2019 
 

Wenn das Leben von Anfang bis Ende

nicht mehr unantastbar ist, dann brechen die Dämme. Das ist bei uns in vollem Gange, wir sehen es auch an der Organtransplantations-Lobby, hinter der auch die Pharma-Industrie steht.


5
 
  15. April 2019 
 

Quote

Mir kommt da eine verrückte Idee.

Wenn anscheinend nur Frauen in den Parlamenten die Interessen von Frauen vertreten können und man deshalb eine Quote anstrebt - dann bin ich jetzt wirklich im Ernst für eine Behindertenquote unter den Abgeordneten.

Würden die Parlamentarier einem Kollegen ins Gesicht sagen, dass er seiner Mutter nicht zumutbar ist?


7
 
 Rolando 15. April 2019 
 

Der Geist des Todes schläft nicht

Durch die unterlassene wahre Gottesverehrung haben lebensfeindliche und widergöttliche Ideologien regen zulauf. Es ist wie bei einer Rakete, durch Abnahme des Gewichtes steigt die Beschleunigung, man spricht von einer beschleunigten Beschleunigung. Man sieht das es immer lebensfeindlicher wird, sehr schnell.


6
 
 Bernhard Joseph 15. April 2019 
 

@Philipp Neri

Selektionsdenken ist immer eine Form des Rassismus und steht damit in einer Tradition, die man ansonsten zu recht, als die schlimmste Entartung menschlichen Geistes brandmarkt.

Mir scheint, unsere Politiker sind heute so ideologisch verblendet und vom Denken eingeschränkt, dass ihnen Widersprüch der eigenen Argumentation nicht mal auffallen.

Was da teils in der Diskussion geäußert wurde, hätte in der Zeit von 1933 bis 1945 vollste Zustimmung bei den damaligen Machthabern gefunden.

Wie tief ist doch dieses Land wieder gesunken!


8
 
 Philipp Neri 15. April 2019 

Verlogene und verharmlosende Politik!

Das ist es ja! Es wird zwar immer davon geredet, dass das, was bei den Nazis passiert ist, sich ja nicht wiederholen darf.
Wenn man aber das dann auf die heutige Zeit miteinander in Verbindung setzt, begeht man aber einen schweren Frevel und es wird gesagt, wie kann man das denn miteinander vergleichen!
Warum eigentlich nicht?
Gerade wenn man so redet, ist die Politik im Grunde mehr als verlogen und verharmlosend, da die Methoden doch die gleichen sind und somit auch der Geist!
Es resultiert in beiden Fällen aus einem gottlosen Geist!
Die Folgen sind nämlich damals wie heute gleich: Die Tötung von Kindern!
Vor allem die heutigen Begründungen für das Auslöschen menschlichen Lebens zeigen, dass man aus der Geschichte eben Null komma Null gelernt hat bzw. lernen will!
Die aggressive Reaktion auf Menschen, die das klar erkannt haben, ist deshalb, weil man sich dabei ertappt fühlt, den gottlosen Geist letztendlich genauso anzuwenden!
Man kann sich nur schämen!


9
 
 Bernhard Joseph 15. April 2019 
 

Aber wir sind ja strikt gegen Diskriminierung!

"Nur zur Erinnerung: Die eugenische Indikation ist 1933 von den Nationalsozialisten im Rahmen der sog. "Erbgesundheitsgesetze" eingeführt worden."

Ein Teil unserer Politiker, ja selbst Kirchenvertreter, sind eben von diesem "Geist" nicht weit entfernt.

Die Politik und ihre medialen Unterstützer sind schon heute in einem historisch einmaligen Maß verlogen!


12
 

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