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Dietrich von Hildebrands Kampf gegen den Nationalsozialismus

7. Juli 2007 in Österreich, keine Lesermeinung
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Von Bischof Andreas Laun.


Salzburg (www.kath.net)
Es ist historisch nicht zu bestreiten: Auch viele Katholiken durchschauten den letztlich teuflischen Geist des Nationalsozialismus nicht oder nicht rechtzeitig. Viele unterschätzten den Gegner in naiver Gutgläubigkeit, versuchten, mit den Nationalsozialisten ins Gespräch zu kommen oder wollten nur retten, was zu retten war.

Zwar nicht zustimmend gemeinte, aber ungeschickte Gesten wie der Handschlag Kardinal Innitzers mit Adolf Hitler und erst recht die bischöfliche Befürwortung des „Anschlusses“ taten ein übriges, und es kam, wie es kommen mußte: Heute stellen die Gegner der Kirche jene Katholiken, die in irgendeiner Weise versagten, als „typisch katholisch“ hin, die vielen anderen, die Opfer des braunen Terrors wurden, hingegen ignorieren sie ebenso wie die Vertreter des katholisch motivierten Widerstandes gegen Hitler.

Mehr noch: Um nur ja nicht den Eindruck zu erwecken, man wolle die Vergangenheit aus ideologischen Gründen beschönigen, übertreiben auch katholische Kreise das Versagen der eigenen Kirche und scheuen sich, die Verdienste von Katholiken in angemessener Weise zu würdigen.

Ein besonders bezeichnendes Beispiel dafür ist die Art und Weise, wie man im Jahr des Gedenkens an den „Anschluߓ Österreichs im Jahre 1938 den bewegenden und hochgefährlichen Kampf Dietrich von Hildebrands gegen den Nationalsozialismus fast gänzlich mit Schweigen überging.

Dies ist umso bedauerlicher, da es auch in der Kirche nicht viele Denker gab, die Hitler und seine Ideologie so klar und unbestechlich analysierten und so leidenschaftlich bekämpften, wie dies eben der katholische Philosoph von Hildebrand getan hat.

In Deutschland war durch die Machtergreifung Hitlers eine Situation entstanden, bei der es „mir absolut unmöglich (war), als Katholik gegen die grauenhafte Irrlehre nicht zu protestieren... Ja, ich fühlte mich als Katholik verpflichtet, einen aktiven Kampf gegen den Nationalsozialismus aufzunehmen.“

Der Mann, der diese programmatischen Zeilen schrieb, war Dietrich von Hildebrand, Sohn des bekannten, ironischerweise von Hitler besonders geschätzten Bildhauers Adolf von Hildebrand. Dietrich studierte bei E. Husserl Philosophie, mit 25 Jahren konvertierte er zur Katholischen Kirche und zur Zeit der Machtergreifung Hitlers war er 44 Jahre alt.

Sehr bald hatten sich seine religiöse Überzeugung und sein philosophischer Eros in besonderer Weise zu bewähren:

Während andere große und begabte Männer, gerade auch Philosophen, Künstler und Professoren, in einer heute unbegreiflichen Weise dem Gedankengut des Nationalsozialismus zum Opfer fielen (wie etwa Martin Heidegger oder Konrad Lorenz), erkannte Hildebrand den Ungeist der Bewegung: „Und ich sage Ihnen, die Nazis sind die reinsten Tiere“, sagte er zu einem seiner Doktoranten.

Wer so redete, war in höchster Gefahr. Daher floh Hildebrand 1933 von München und ging nach Wien: Österreich war das einzige Land, dessen Regierung sich bewußt gegen den Nationalsozialismus stellte.

Hier in Wien fand Hildebrand Gleichgesinnte wie den Franziskaner P. Cyrill Fischer, der im Auftrag Kardinal Innitzers die Nazi-Szene beobachtete, den katholischen Priester jüdischer Abstammung Johannes Österreicher, der viel später den Text des 2. Vatikanischen Konzils vorbereitete, den jüdischen Schriftsteller Josef Roth mit seinen glänzenden Analysen des Antisemitismus – und eine Reihe anderer bedeutender und klarsichtiger Leute.

1935 und 1936 empfing der Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., Dietrich von Hildebrand und bestärkte ihn in seinem Kampf.

Hildebrands Wohnung wurde bald zum Treffpunkt der anti-nationalsozialistischen Intelligenz, vor allem, aber nicht nur aus dem katholischen Lager kommend. Tatkräftig unterstützt von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß , gründete Hildebrand eine Zeitung (mit dem Titel „Der Christliche Ständestaat“), die nach dem erklärten Willen des Kanzlers nichts anderes sein sollte als ein Instrument des Kampfes gegen die Nazis : Von außen gesehen ein David, der dem Goliath des Hakenkreuzes hoffnungslos unterlegen war, in Wirklichkeit aber eben doch der zeitlose „David“, dessen „Stein“ die „Stirn des Riesen durchschlägt“.

Irgendwie hatte Hitler das begriffen: Er nannte Hildebrand einen „Volksschädling“ und forderte seine Liquidierung. Das war hoch gefährlich, denn in Sicherheit war Hildebrand auch in Österreich nicht. Die Nazis waren in Österreich zwar illegal, aber es gab sie und sie übten Terror in allen möglichen Formen: „Es kann sein, daß man sich damit begnügt, Ihnen die Augen auszustechen, statt Sie umzubringen“, warnte der Wiener Polizeipräsident den oft nicht sehr vorsichtigen Hildebrand.

Dieser ließ sich nicht beirren: Öffentlich nannte er den Nationalsozialismus eine „Pest“, einen „größenwahnsinnigen, blasphemischen Hochmut“ und die „Ausgeburt niedrigster, gefährlichster Instinkte“.

Damals, 1935, konnte man sich Auschwitz noch nicht vorstellen, aber man hatte Angst. Zudem gab es nicht wenige Katholiken, die meinten, man müsse „Brücken bauen“ und darauf vertrauen, dass sich die „guten Kräfte“ im National-Sozialismus durchsetzen würden. Hildebrand hielt dagegen: „Was Europa braucht, ist nicht eine Reform des Nationalsozialismus, sondern eine völlige Liquidierung desselben“, und erteilte allen Brückenbauern eine unmißverständliche Absage.

Als es 1938 dann trotz aller Bemühungen zum Anschluß kam, floh Hildebrand im letzten Augenblick über die Grenze und gelangte auf Umwegen in die Vereinigten Staaten, die seine endgültige Heimat wurden. Es folgten Jahre des Lehrens und Schreibens an der Fordham-University, verbunden mit langen Aufenthalten in Europa. 1977 starb Hildebrand in New-York.

Vor allem drei Gründe motivierten Hildebrand (und seine Freunde) in ihrem Kampf gegen den Nationalsozialismus:

Da ist erstens seine philosophische und christliche Überzeugung von der Würde der Person zu nennen: Die „Kirche ist angegriffen in dem Moment, in dem Gott beleidigt wird, in dem unschuldiges Blut vergossen wird, unabhängig davon, ob der Ermordete ein Jude oder ein Katholik, ein Rabbi oder ein Priester ist“. Der Nationalsozialismus aber leugnet die Personalität des Menschen und damit natürlich auch seine unabdingbaren Rechte.

Zweitens kämpften Hildebrand und seine Freunde gegen alle Spielarten des Antisemitismus, „wo immer sie ihn antrafen“. Ganz besonders geißelte Hildebrand den „pharisäischen Unfug“, die traditionelle Abneigung gegen die Juden religiös zu begründen.

Dabei wurde er allerdings immer wieder enttäuscht von der mangelnden Klarheit nicht weniger Priester und Bischöfe, denen „jene letzte, unerbittliche, ambrosianische Klarheit und Kraft“ fehlte, „die der Kampf gegen die braune Irrlehre erfordert hätte.“

Mit Johannes Österreicher, Josef Roth und anderen verstand auch Hildebrand den Antisemitismus als Gottes – und Christushass , eine Deutung, die Papst Benedikt XVI. 2006 bei seinem Besuch in Auschwitz bekräftigte:

„Im tiefsten wollten jene Gewalttäter mit dem Austilgen dieses Volkes den Gott töten, der Abraham berufen, der am Sinai gesprochen und dort die bleibend gültigen Maße des Menschseins aufgerichtet hat.

Wenn dieses Volk einfach durch sein Dasein Zeugnis von dem Gott ist, der zum Menschen gesprochen hat und ihn in Verantwortung nimmt, so sollte dieser Gott endlich tot sein und die Herrschaft nur noch dem Menschen gehören – ihnen selber, die sich für die Starken hielten, die es verstanden hatten, die Welt an sich zu reißen. Mit dem Zerstören Israels sollte im letzten auch die Wurzel ausgerissen werden, auf der der christliche Glaube beruht und endgültig durch den neuen, selbstgemachten Glauben an die Herrschaft des Menschen, des Starken, ersetzt werden.“

Dazu kam eine dritte Motivation: Hildebrand sah die große, religiöse und kulturelle Bedeutung des Judentums. Denn in seinen Augen ist Israel, wie er sich ausdrückte, das „klassische Menschheitsvolk“.

Und dies nicht nur in Hinblick auf den Glauben an die Offenbarung, sondern auch deswegen, weil Israel überhaupt „das religiöse Volk ‚kat exoche’' war und weil die religiöse Frage die Menschheitsfrage schlechtweg ist, weil Gott die allen gemeinsame, absolute Angelegenheit ist, von der es für jeden Menschen, wie immer er sonst geartet sei, heißt: Tua res agitur“.

Der Geist Israels aber prägte das Abendland: Über das Brevier wurde Jahrhunderte hindurch die intellektuelle Führungsschicht des Abendlandes von den Psalmen geformt, und es gab praktisch niemand, der nicht die biblischen Geschichten gekannt hätte. Daraus folgt: „In Wahrheit gehören die Juden zum christlichen Abendland.“

Hildebrand kommt zu dem Schluß: Der Antisemitismus ist eine Ideologie von „grenzenloser Oberflächlichkeit und Minderwertigkeit“, unvereinbar mit dem „Geist des christlichen Abendlandes“.

Und dieses vernichtende Urteil stimmt mit der authentischen Lehre der katholischen Kirche überein: „Der Apostolische Stuhl“, weiß Hildebrand zu zitieren, „verdammt auf das schärfste den Haß gegen das einst von Gott erwählte Volk, jenen Haß, den man heute gewöhnlich mit dem Wort Antisemitismus bezeichnet“.

Daraus folgert er: „Wenn ein Katholik heute noch Antisemit ist, so will er die Kirche und ihr Gebot nicht hören“. Antisemitismus ist damit als Häresie gebrandmarkt, und die positive Haltung zu den Juden wird zum Prüfstein wahrer Katholizität.

Vergleicht man dazu die Verwerfung des Antisemitismus durch das Zweite Vatikanische Konzil, erweist sich Hildebrand einmal mehr als prophetischer Geist, als ein Zeuge für die wahre Kultur des Abendlandes und für das, was wirklich katholisch ist.

Der Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich zwang Hildebrand zu einer überstürzten Flucht. Hätten ihn die Schergen Hitlers in seiner Wiener Wohnung (im 1. Bezirk, Habsburger 5, wo heute auch eine Gedenktafel an ihn erinnert) vorgefunden, sie hätten Hildebrand umgehend an die Wand gestellt und erschossen, wie es ihnen befohlen war. Nur einer glücklichen Fügung ist es zu danken, daß er seinen Einsatz nicht durch das Zeugnis des Blutes besiegeln musste. Aber das Gewicht seines Vermächtnisses ist deswegen um nichts geringer!

(Ursprünglicher Text in: Fragen der Moraltheologie heute. Wien 1992,212-215, für die englische Übersetzung 2006 überarbeitet.)

KATHPEDIA: Dietrich v. Hildebrand



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