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19. Jänner 2009 in Spirituelles, keine Lesermeinung
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Über den Umgang mit den vielen Krisenzeichen und den zahlreichen Untergangsprophezeiungen - Von Urs Keusch


Wien (kath.net/Vision2000)
Krisenzeiten: Tritt jetzt ein, was viele vorhergesagt hatten - das Ende der Welt? Einschlägige Prophezeiungen haben in den letzten Jahren die Runde gemacht - und nichts geschah. Wird es wieder so sein? Im folgenden Gedanken über das Deuten der Zeichen der Zeit.

In einem Interview im Jahre 2007 mit dem polnischen Filmregisseur Krzysztof Zanussi sagte dieser auf die Frage, wie er die Zukunft sehe u.a.: “Vor kurzem sprach ich mit einem Physiker in Houston, der mir auf der Grundlage des Alten Testamentes erklärte, daß in absehbarer Zeit etwas Furchtbares geschehen wird, eine Epidemie, eine Naturkatstrophe oder sonst etwas. Einfach, weil Gott sich nicht ändert und die Menschheit ihn fast zu solchen Katastrophen zwingt. Etwas wird also kommen, und wir müssen uns darauf vorbereiten."

So denken und fühlen heute viele: einfache gläubige Menschen, aber auch große Denker. Für viele war der 11. September 2001 so etwas wie ein apokalyptischer Posaunenstoß für bevorstehende schwere weltgeschichtliche Ereignisse. Ich kannte und kenne viele gläubige Menschen, die schon vor 50 Jahren glaubten, die großen Strafgerichte Gottes stünden unmittelbar bevor. So sagte z.B. Schwester Lucia von Fatima im Mai 1958 - vor genau 50 Jahren - zu P. Agostino Fuentes: “Glauben Sie mir, Pater, der Herr und Gott wird sehr bald (!) die Welt bestrafen... Wir haben nur noch wenig Zeit, die Strafen des Himmels aufzuhalten."

Viele Menschen haben solche und ähnliche Warnungen sehr ernstgenommen, haben geglaubt, sie würden sich in den nächsten Monaten oder in wenigen Jahren erfüllen - und fühlten sich betrogen, als nichts geschah. Erst unlängst hat mir ein über 90jähriger Mann, kurz vor seinem Tode, gesagt: “Ich habe an diese Dinge immer geglaubt, ich wollte ja die Muttergottes ernstnehmen, wollte ein guter Christ sein, aber heute weiß ich nicht mehr, was ich von all dem halten soll. Vielleicht war alles doch nur Täuschung..."

Solchen enttäuschten Menschen bin ich in den letzten Jahren vielen begegnet. Eine Frau, Mitte 50 sagte mir: “Ach, Herr Pfarrer, meine Mutter hat dauernd von Weltuntergang geredet, von den Russen, die kommen und von dreitägiger Finsternis. Wir Kinder hatten immer Angst. Ich hatte eine schreckliche Kindheit. Ich mag von Kirche und Christentum nichts mehr hören, da ist mir der Buddhismus viel lieber."

Die Menschen, die glaubenden Menschen, jene, die das Gute lieben und es siegen sehen möchten - sie leiden heute oft über ihre Kräfte. Ihr Schmerz ist fast unerträglich, wenn sie seit Jahrzehnten dem Siegeszug des Bösen fast ohnmächtig zuschauen müssen: wie ganze Völker vom Glauben an Christus abfallen, ja, sich gegen Christus auflehnen, wie sich das Antichristentum in allen Lebensbereichen etabliert, wie die Kinder, die Jugendlichen vor allem über die elektronischen Medien in den reißenden Strom der seelischen Entwürdigung, des Gemeinen, des Dämonischen, ja, in die Verzweiflung hineingerissen werden, wie die alten Menschen immer mehr als “unerträgliche Last" für den Sozialstaat begriffen werden, wie auch der Leib Christi, die Kirche, in den letzten Jahrzehnten zerrissen und geschändet worden ist und selbst unter den Gläubigen sich oft kaum mehr ein echter Wille zur Einheit findet.


Ist es verwunderlich, wenn seit Jahrzehnten tief empfindende Menschen glauben, das Ende sei nahegekommen, Gott könne diesem gottlosen Aufstand seiner Menschen nicht länger zusehen? Nein, nichts liegt näher als das.

Kardinal John Henry Newman, der voraussichtlich im kommenden Frühling seliggesprochen wird - ein überaus besonnener Denker von großer theologischer Kompetenz -, schrieb in seinem Büchlein “Der Antichrist" (er selbst glaubte - vor 170 Jahren -, daß das Ende sehr nahe bevorstehe): “Wahr ist, daß zu vielen Zeiten die Christen sich täuschten, indem sie glaubten, Zeichen der Ankunft des Neuen wahrzunehmen; aber besser ist es, tausendmal zu glauben, Er komme, wenn Er nicht kommt, als einmal zu glauben, Er komme nicht, wenn Er kommt."

Wir Christen leben seit der Himmelfahrt des Herrn ständig im Advent. Seither schauen wir nach Seinem Kommen aus. Seither geschieht “Apokalypse". Seither versuchen Menschen und Seher, die Zeichen der Zeit zu deuten. Seither werden immer wieder Menschen vom Geist der Prophetie ergriffen. Seither erleben wir Dinge, auf die wir aufmerksam hören und die wir auch deuten sollen (z.B. die echten, von der Kirche anerkannten Marienerscheinungen). Doch auch dieser Hinweis ist notwendig:

1. Gehen Sie mit Endzeitprophezeiungen und Botschaften aller Art vorsichtig um, orientieren Sie sich an der Weisheit der Geschichte. “Bald" ist nicht schon in zwei, drei Wochen, das kann Jahrzehnte, Jahrhunderte, in der Sprache der Bibel sogar Jahrtausende bedeuten.

2. Seien Sie immer auf der Hut, denn heute - wie schon zu früheren Zeiten - gibt es viele falsche Botschaften. Ich erachte es als einen verhängnisvollen Zustand, daß heute jedermann seine “Offenbarungen" verbreiten kann ohne ein Imprimatur der Kirche zu haben. Das hat in den letzten Jahrzehnten zu einer heillosen und ungesunden Frömmigkeit bei vielen Menschen geführt, ja, bisweilen zu sektenhaften Auswüchsen.

3. Es ist meine Überzeugung und seelsorgerische Erfahrung, daß der Teufel als der große Durcheinanderbringer gerade auf diesem Wege versucht, der Kirche und vielen gläubigen Menschen und Familien schwere Wunden zuzufügen. Denn wenn Menschen zu viele solche “Botschaften" lesen, werden sie wie in einen Sog hineingenommen. Sie geben sich dann fast nur noch mit solchen Dingen ab und geraten unmerklich in einen gefährlichen geistigen Zustand des Pessimismus, der Schwermut hinein, die von den großen Lehrern als eine eigentliche geistliche Krankheit bezeichnet wird. Die Wüstenväter sprachen sogar von der Traurigkeit als achter Hauptsünde.

Der heilige Franz von Sales ging so weit, daß er in der Philothea schreibt: “Der böse Feind hat Freude an unserer Traurigkeit und Schwermut, weil er selbst traurig und schwermütig ist und es ewig bleiben wird. Deshalb will er, daß ihm darin alle gleichen."

Ich kenne Menschen, die auf diesem Wege psychisch schwer erkrankt sind, ja, solche, die sich das Leben genommen haben. “Die Traurigkeit tötet viele", sagt Jesus Sirach in 30,23. Und wo in den Familien eine solche Weltuntergangsstimmung gepflegt wird, wo Kinder in einem solchen geistigen Umfeld großgezogen werden, da ernten Eltern später in ihren Kindern fast nur geknickte Rohre - oder die Kinder entwickeln eine ungeahnte Aggression gegen sie.

Denn die Kinder haben ein Recht auf Leben und wollen, daß ihre Eltern ihnen ein Beispiel der Lebensbejahung und der Lebensfreude geben. Das schließt keineswegs aus, den Kindern behutsam die Augen für die Wirklichkeit dieser Welt zu öffnen, aber immer muß es im “Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit"(2 Tim 1,7) geschehen. Die Kinder müssen spüren, daß ihre Eltern selbstbewußte, starke, österliche Christen sind.

Was nun die aktuelle Situation der Welt betrifft, so ist es ganz natürlich, daß wir auch Angst haben, vor allem auch im Blick auf unsere Kinder und jungen Menschen. Wir erleben ja heute, abgesehen von den ökologischen und weltweiten gesundheitlichen Bedrohungen, mit der globalen Finanzkrise eine Situation, die in diesem Ausmaß einmalig ist und auch Angst macht. Niemand bleibt unberührt. Bereits zeichnen sich weltweit beängstigende wirtschaftliche Zusammenbrüche und menschliche Tragödien ab, doch das ganze Ausmaß ist gar nicht abzuschätzen.

Schlimmste Befürchtungen und Erinnerungen an frühere Weltwirtschaftskrisen und ihre “apokalyptischen" Folgen werden wieder wach. Arbeitslosigkeit und Hunger sind grauenvolle Gespenster für satte Völker, die ihr blindes Vertrauen weitgehend in den “Gott dieser Welt"(2 Kor 4,4) gesetzt haben: Mammon, Wirtschaftswachstum, Staatssicherheit, Fortschrittsglaube, soziale Absicherung, volle Konsumtempel etc.

Dann kommt hinzu, daß wir Menschen des 21. Jahrhunderts zu einem großen Teil in Städten leben, den Kontakt zum Erdboden verloren haben und beinah völlig abhängig geworden sind von denen, die über die Nahrungsmittel verfügen.

Doch auch in solchen Situationen sind wir Christen nicht ohne Hoffnung. Denn auf keiner Seite der Bibel verspricht uns Gott das Paradies auf Erden. Im Gegenteil, die Bibel spricht davon, daß wir in dieser Welt Angst haben werden (Joh 16,33), daß Bedrängnisse und Trübsal über uns kommen und Tage anbrechen werden, wo kein Mensch gerettet werden könnte, würde Gott in seiner Barmherzigkeit sie für uns nicht abkürzen (vgl Mt 24). Und daß wir wachsam sein und immer im Gebet bleiben sollen. In all diesen Bedrängnissen soll sich “die Standhaftigkeit und die Glaubenstreue der Heiligen bewähren" (Off 13,210). Und das alles ist uns vorausgesagt, damit wir nicht überrascht werden wie jene, die keinen Glauben haben. “Ihr aber, seht euch vor! Ich habe euch alles vorausgesagt!" (Mk 13,23)

Und noch ein Gedanke drängt sich hier auf: Haben wir bisher die guten Jahre und Jahrzehnte fast selbstverständlich angenommen, sollen wir nicht auch die bösen annehmen? (Ijob 2,10) Und immer sollen wir dessen eingedenk sein, daß wir eine große solidarische Völkerfamilie sind und daß wir alle an den Sünden und der Schuld der ganzen Welt mitbeteiligt sind.

So wollen wir auch miteinander annehmen und miteinander tragen an dem, was immer uns in Zukunft zu tragen auferlegt wird. Schwere Zeiten wollen die Menschen auch einander wieder näher bringen, und sie wollen uns wieder näher an den lebendigen Quell des Vertrauens und der Hoffnung heranführen: zu Jesus Christus. Hier empfangen wir im Gebet und im Empfang Seiner Sakramente jeden Tag den Trost, den Zuspruch, die Ermutigung und die Freude, die wir brauchen, um als hoffnungsstarke Menschen zu leben und auch schwere Erprobungen zu bestehen. Ja, Jesus geht unsere Wege mit.

Es ist auch meine feste Überzeugung, daß uns die Botschaft von der Barmherzigkeit Gottes und das Bild vom Barmherzigen Jesus gerade für die “letzten Tage" geschenkt sind. Denn zur Heiligen Faustyna sagte der Herr: “Du sollst meine zweite Ankunft vorbereiten." Jesus will als der Auferstandene in der Dunkelheit der Bedrängnis unsere Wege mitgehen und sie erhellen.

Darum ermutigt uns Christus, täglich unser Vertrauen zu Ihm zu erneuern mit dem Gebet: “Jesus, ich vertraue auf Dich!" Dieses Vertrauen hat ungezählte Menschen wunderbar gestärkt und gerettet. Es wird auch künftig viele vor der Verzweiflung bewahren und ihnen die Kraft geben, für andere ein Zeichen der Hoffnung und des Starkmuts zu sein.

Erneuern Sie täglich, wenn möglich zusammen mit Ihren Kindern, dieses Vertrauen. Stellen Sie sich vor das Gnadenbild und lassen Sie sich von den Strahlen der Barmherzigkeit Gottes durchfluten. Sprechen Sie immer wieder, wenn Sie nicht mehr weiter wissen oder Ängste erleben, voll Vertrauen: “Jesus, ich vertraue auf Dich!" Dieses Vertrauen ist unsere einzige wahre Lebensversicherung.

Aus Vision 2000 - 1-2009

Foto: (c) Paul Badde


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