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Das Konzil: Revolution oder Kontinuität?

31. August 2013 in Kommentar, 7 Lesermeinungen
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Beim Kongress „Freude am Glauben“ des Forums Deutscher Katholiken in Augsburg hielt der Fundamentaltheologe Josef Kreiml einen Vortrag zum rechten Verständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils. Von Barbara Wenz.


Augsburg (kath.net) Zwei kurze Aussagen zweier ganz verschiedener Personen zu verschiedenen Anlässen stellte Josef Kreiml, Professor für Fundamentaltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Pölten, als Schlaglichter an den Beginn seines Vortrages, den er vor mehr als 400 interessierten Besuchern am zweiten Tag des Kongresses „Freude am Glauben“ hielt.

Die erste Äußerung stammt von Papst Franziskus, der in einem Gespräch mit dem brasilianischen TV-Sender Globo in Rio gesagt hatte, dass das Konzil derzeit noch nicht vollkommen umgesetzt sei. Es inspiriere die Kirche weiterhin. Und ferner meinte er: Die Umsetzung eines Konzils benötige für gewöhnlich 100 Jahre. Wir haben gerade einmal die Hälfte dieser Zeitspanne hinsichtlich Vaticanum II herumgebracht.

Zweitens: Ein junger US-Theologe habe zum Thema Konzil festgestellt, dass sich die Kirche den Luxus der Polarisierung, die seither und somit entstanden ist, nicht mehr leisten könne, denn sie ersticke die Fähigkeit, authentisch zu verkündigen und missionarisch Kirche zu sein.

Diese Polarisierung, führte Kreiml aus, ist dem Durchschnittskatholiken nie so nahe gekommen wie bei der nachkonziliaren Liturgiereform. Auf deren Hintergrund habe sich zunächst die Unterscheidung zwischen „Alter“ und „Neuer“ Messe eingebürgert. Besonders auf dem Gebiet der Liturgie werde deswegen noch heute gestritten, was nicht weiter verwundern könne.

Die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium des Konzils hat das Ziel der Reform klar umschrieben: Die Überlieferung solle gewahrt bleiben und dennoch solle dem Fortschritt eine Tür aufgetan werden. Sacrosanctum Concilium beschreibt aber keine Anpassung an den Zeitgeist, sondern eine Erneuerung der Liturgie für den modernen Menschen. Das Zweite Vatikanische Konzil wollte aber nicht einfach Neues schaffen, sondern dem verbindlich Gestalt geben, was im Glaubensleben der Kirche organisch gewachsen und gereift war. Bleibende Kontinuität sollte gewahrt, Identität durfte nicht zerstört werden.

Die Hermeneutik der Diskontinuität und des Bruchs wurde demgegenüber aber vor allem im liturgischen Leben angewendet: Sie konkretisierte sich in „Kreativität“ und „freier Gestaltung“ der Liturgie.

Die konsequente und authentische Verwirklichung von Vaticanum II war eines der zentralen Anliegen des emeritierten Papstes gewesen, und zwar im Blick sowohl auf eine progressistische als auch eine traditionalistische Hermeneutik. Aus der Ansprache anlässlich des Weihnachtsempfangs vom 22.12. 2005 an der Kurie: >>Die Frage taucht auf, warum die Rezeption des Konzils in einem großen Teil der Kirche so schwierig gewesen ist. Nun ja, alles hängt ab von einer korrekten Auslegung des Konzils oder – wie wir heute sagen würden – von einer korrekten Hermeneutik, von seiner korrekten Deutung und Umsetzung.


Die Probleme der Rezeption entsprangen der Tatsache, dass zwei gegensätzliche Hermeneutiken miteinander konfrontiert wurden und im Streit lagen. Die eine hat Verwirrung gestiftet, die andere hat Früchte getragen, was in der Stille geschah, aber immer deutlicher sichtbar wurde, und sie trägt auch weiterhin Früchte.

Auf der einen Seite gibt es eine Auslegung, die ich »Hermeneutik der Diskontinuität und des Bruches« nennen möchte; sie hat sich nicht selten das Wohlwollen der Massenmedien und auch eines Teiles der modernen Theologie zunutze machen können. Auf der anderen Seite gibt es die »Hermeneutik der Reform«, der Erneuerung des einen Subjekts Kirche, die der Herr uns geschenkt hat, unter Wahrung der Kontinuität; die Kirche ist ein Subjekt, das mit der Zeit wächst und sich weiterentwickelt, dabei aber immer sie selbst bleibt, das Gottesvolk als das eine Subjekt auf seinem Weg.

Die Hermeneutik der Diskontinuität birgt das Risiko eines Bruches zwischen vorkonziliarer und nachkonziliarer Kirche in sich. Ihre Vertreter behaupten, dass die Konzilstexte als solche noch nicht wirklich den Konzilsgeist ausdrückten. Sie seien das Ergebnis von Kompromissen, die geschlossen wurden, um Einmütigkeit herzustellen, wobei viele alte und inzwischen nutzlos gewordene Dinge mitgeschleppt und wieder bestätigt werden mussten. Nicht in diesen Kompromissen komme jedoch der wahre Geist des Konzils zum Vorschein, sondern im Elan auf das Neue hin, das den Texten zugrunde liege: nur in diesem Elan liege der wahre Konzilsgeist, und hier müsse man ansetzen und dementsprechend fortfahren. Eben weil die Texte den wahren Konzilsgeist und seine Neuartigkeit nur unvollkommen zum Ausdruck brächten, sei es notwendig, mutig über die Texte hinauszugehen und dem Neuen Raum zu verschaffen, das die tiefere, wenn auch noch nicht scharf umrissene Absicht des Konzils zum Ausdruck bringe. Mit einem Wort, man solle nicht den Konzilstexten, sondern ihrem Geist folgen.

Unter diesen Umständen entsteht natürlich ein großer Spielraum für die Frage, wie dieser Geist denn zu umschreiben sei, und folglich schafft man Raum für Spekulationen. Damit missversteht man jedoch bereits im Ansatz die Natur eines Konzils als solchem. Es wird so als eine Art verfassunggebende Versammlung betrachtet, die eine alte Verfassung außer Kraft setzt und eine neue schafft. Eine verfassunggebende Versammlung braucht jedoch einen Auftraggeber und muss dann von diesem Auftraggeber, also vom Volk, dem die Verfassung dienen soll, ratifiziert werden.

Die Konzilsväter besaßen keinen derartigen Auftrag, und niemand hatte ihnen jemals einen solchen Auftrag gegeben; es konnte ihn auch niemand geben, weil die eigentliche Kirchenverfassung vom Herrn kommt, und sie uns gegeben wurde, damit wir das ewige Leben erlangen und aus dieser Perspektive heraus auch das Leben in der Zeit und die Zeit selbst erleuchten können. Die Bischöfe sind durch das Sakrament, das sie erhalten haben, Treuhänder der Gabe des Herrn.“

Papst Benedikt hatte damals auch noch aus der Eröffnungsrede von Johannes XXIII. zum Konzil zitiert: „Ich möchte hier nur die wohlbekannten Worte Johannes’ XXIII. zitieren, die diese Hermeneutik unmissverständlich zum Ausdruck bringen, wenn er sagt, dass das Konzil »die Lehre rein und vollständig übermitteln will, ohne Abschwächungen oder Entstellungen« und dann fortfährt: »Unsere Pflicht ist es nicht nur, dieses kostbare Gut zu hüten, so als interessierte uns nur das Altehrwürdige an ihm, sondern auch, uns mit eifrigem Willen und ohne Furcht dem Werk zu widmen, das unsere Zeit von uns verlangt… Es ist notwendig, die unumstößliche und unveränderliche Lehre, die treu geachtet werden muss, zu vertiefen und sie so zu formulieren, dass sie den Erfordernissen unserer Zeit entspricht. Eine Sache sind nämlich die Glaubensinhalte, also die in unserer ehrwürdigen Lehre enthaltenen Wahrheiten, eine andere Sache ist die Art, wie sie formuliert werden, wobei ihr Sinn und ihre Tragweite erhalten bleiben müssen«

Weiteres wichtiges Thema des Konzils war die Frage des Verhältnisses zwischen Kirche und modernem Staat. Der Staat sei neutral und übernehme die Verantwortung für ein geordnetes und friedliches Zusammenleben der Bürger. Eine weitere Fragestellung betraf das Verhältnis zwischen christlichem Glauben und anderen Religionen, Kirche und Israel, womit sich das Dokument „Nostra Aetate“ befasste.

In den Grundsätzen sei, so Benedikt in der obigen Ansprache weiter, die Kontinuität nie aufgegeben worden. Sondern ihre Art der Anwendung auf neue Zusammenhänge konnte geändert werden. In bestimmten Punkten hat das Konzil also die Standards der Moderne anerkannt. Beispiel dafür etwa ist die Anerkennung der Demokratie als moderne Staatsform.

In einem Exkurs, der hier zu weit führen würde, ging der Referent noch auf die Situation vor, während und nach des Ersten Vatikanischen Konzil ein, wo sich ebenfalls zwei Gruppen unversöhnlich gegenüber standen.

Es bliebe, letztlich, wieder mit Benedikt XVI. festzustellen, dass die Erneuerung der Kirche als eine geistliche Aufgabe anzusehen sei und nicht etwa durch eine Strukturreform zu bewältigen sei. Ein fruchtbarer Weg nach vorne setzte den Weg und den Rückgang zu den Quellen voraus.

Die Probleme, die tatsächlichen Probleme der Kirchenreform sind nämlich diese, wie von dem emeritierten Papst in der Generalaudienz vom 27.1. 2012 angesprochen: In weiten Teilen der Welt sei der Glaube in Gefahr zu erlöschen, wir stehen somit vor einer tiefen Glaubenskrise. Die Erneuerung des Glaubens muss daher in unseren Tagen den Vorrang haben.

Gott solle wieder in unser Blickfeld rücken. Wir müssen die Wahrnehmungsfähigkeit für Gott wieder neu entwickeln. Benedikt hatte immer an die Notwendigkeit erinnert, den Weg des Glaubens wiederzuentdecken und immer deutlicher zu Tage treten lassen. Oder, um es mit den Worten aus dem Apostolischen Schreiben „Porta Fidei“ zu sagen: „Wir müssen wieder Geschmack daran finden, uns vom Wort Gottes und vom Brot des Lebens zu nähren. Das Jahr des Glaubens ist Aufforderung zu einer echten Umkehr zum Herrn.“

Benedikt wünschte sich, dass dieses Jahr in allen Gläubigen die Überzeugung mehren solle, den Glauben wieder neu bekräftigt und voller Überzeugung zu bekennen.

Foto: kathpedia


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