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Papst: Christen müssen die «Kultur des Todes» verwerfen

15. August 2014 in Weltkirche, keine Lesermeinung
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Papst kritisiert «unmenschliche Wirtschaftsmodelle» - Außerdem wies er darauf hin, dass in äußerlich wohlhabenden Gesellschaften der Geist der Hoffnungslosigkeit oft «wie ein Krebs zu wuchern» scheine. Die Predigt im Wortlaut + VIDEO


Seoul (kath.net/KNA) Papst Franziskus hat die Christen Koreas aufgerufen, sich gegen «unmenschliche Wirtschaftsmodelle» zu stellen und den «Geist des uneingeschränkten Wettbewerbs» zu bekämpfen. Sie müssten der Verlockung eines Materialismus widerstehen und «eine großherzige Kraft für die geistige Erneuerung in allen Gesellschaftsschichten» sein, sagte er bei einer Messe in der Millionenstadt Daejeon, einem wichtigen Forschungs- und Technologiestandort.

In äußerlich wohlhabenden Gesellschaften scheine der Geist der Hoffnungslosigkeit oft «wie ein Krebs zu wuchern», beklagte Franziskus. Vor allem Jugendliche litten unter innerer Traurigkeit und Leere. Als Gegenmittel empfahl er die christliche Hoffnung auf das Reich Gottes. Zugleich rief Franziskus zum Schutz des menschlichen Lebens auf. Christen müssten die «Kultur des Todes» verwerfen.

Katholiken weltweit begehen den 15. August als Hochfest der Aufnahme der Gottesmutter Maria in den Himmel. Dieses Fest zeige, dass die Menschen «Adoptivkinder Gottes» seien, sagte Franziskus in seiner Predigt. Wie Maria seien auch sie berufen, «vollkommen an dem Sieg des Herrn über Sünde und Tod teilzuhaben und mit ihm in seinem ewigen Königreich zu herrschen».

Der Papst ging zudem auf die besondere historische Bedeutung dieses Datums für die koreanische Geschichte ein. Sie feierten dieses Fest traditionell im Licht ihrer historischen Erfahrung, sagte Franziskus. Sie sähen in der Geschichte ihrer Nation und im Leben ihres Volkes die liebevolle Fürsprache der Jungfrau Maria. In Südkorea erinnert das Datum an die Befreiung von der japanischen Herrschaft 1945 und an die Ausrufung der Republik nach der Teilung des Landes 1948.

Vor dem Gottesdienst hatte sich Franziskus mit Angehörigen von Opfern des Fährunglücks vom 16. April getroffen. Beim Untergang der «Sewol» vor der Südküste Koreas ertranken 294 Menschen, vor allem Jugendliche, die auf dem Weg zu einer Ferieninsel waren; zehn weitere gelten als vermisst.



kath.net veröffentlicht die Predigt von Papst Franziskus bei der heiligen Messe am Hochfest Mariä Himmelfahrt im World Cup Stadion von Daejeon im Wortlaut:

Liebe Brüder und Schwestern in Christus,

in Gemeinschaft mit der ganzen Kirche feiern wir die Aufnahme der Gottesmutter mit Leib und Seele in die Herrlichkeit des Himmels. Die Himmelfahrt Marias zeigt uns unsere eigene Bestimmung als Adoptivkinder Gottes und Glieder des Leibes Christi. Wie Maria, unsere Mutter, sind wir berufen, vollkommen an dem Sieg des Herrn über Sünde und Tod teilzuhaben und mit ihm in seinem ewigen Königreich zu herrschen.

Das „große Zeichen“, das uns in der heutigen ersten Lesung vor Augen geführt wird – eine Frau, mit der Sonne bekleidet und mit Sternen gekrönt (vgl. Offb 12,1) – lädt uns ein, Maria zu betrachten, wie sie in Herrlichkeit neben ihrem göttlichen Sohn thront. Es lädt uns auch ein, die Zukunft zu erkennen, die der auferstandene Herr gerade jetzt vor uns auftut. Die Koreaner feiern dieses Fest traditionell im Licht ihrer historischen Erfahrung, indem sie in der Geschichte ihrer Nation und im Leben ihres Volkes die liebevolle Fürsprache der Jungfrau Maria sehen.

In der zweiten Lesung von heute hörten wir, wie der heilige Paulus uns sagt, dass Christus der neue Adam ist, dessen Gehorsam gegenüber dem Willen des Vaters das Reich der Sünde und der Knechtschaft umgestürzt und das Reich des Lebens und der Freiheit errichtet hat (vgl. 1 Kor 15,24-25). Wahre Freiheit finden wir, wenn wir den Willen des Vaters liebevoll annehmen. Von Maria, die von Gnade erfüllt ist, lernen wir, dass christliche Freiheit mehr ist als die Befreiung von der Sünde. Es ist die Freiheit zu einer neuen, geistlichen Weise, die irdischen Wirklichkeiten zu sehen. Es ist die Freiheit, Gott und unsere Brüder und Schwestern mit reinem Herzen zu lieben und ein Leben in freudiger Hoffnung auf das Kommen des Reiches Christi zu leben.

Heute wenden wir uns bei der Verehrung Marias, der Himmelskönigin, an sie auch als Mutter der Kirche in Korea. Wir bitten sie uns zu helfen, der königlichen Freiheit, die wir am Tag unserer Taufe empfingen, treu zu sein, unsere Bemühungen zu leiten, die Welt im Einklang mit Gottes Plan zu verwandeln, und die Kirche in diesem Land zu befähigen, immer vollkommener Sauerteig seines Reiches inmitten der koreanischen Gesellschaft zu sein. Mögen die Christen dieser Nation eine großherzige Kraft für die geistige Erneuerung in allen Gesellschaftsschichten sein. Mögen sie die Verlockung eines Materialismus, der echte geistige und kulturelle Werte erstickt, und den Geist des uneingeschränkten Wettbewerbs, der Egoismus und Unfrieden erzeugt, bekämpfen. Mögen sie auch unmenschliche Wirtschaftsmodelle, die neue Formen von Armut schaffen und Arbeiter an den Rand drängen, sowie die Kultur des Todes verwerfen, die das Bild Gottes, des Gottes des Lebens, entstellt und die Würde jedes Menschen – ob Mann, Frau oder Kind – verletzt.

Als koreanische Katholiken, Erben einer edlen Tradition, seid ihr berufen, diese Erbschaft zu pflegen und sie an die kommenden Generationen weiterzugeben. Das erfordert von jedem eine erneute Umkehr zum Wort Gottes und eine leidenschaftliche Sorge für die Armen, die Notleidenden und die Schutzlosen in unserer Gesellschaft.

In der Feier dieses Festes verbinden wir uns mit der Kirche auf der ganzen Welt im Blick auf Maria als unsere Mutter der Hoffnung. Ihr Lobgesang erinnert uns daran, dass Gott die Verheißungen seines Erbarmens niemals vergisst (vgl. Lk 1,54-55). Maria ist diejenige, die Segen empfängt, weil sie „geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen lieߓ (Lk 1,45). In ihr haben sich alle Verheißungen Gottes als vertrauenswürdig erwiesen. In der Herrlichkeit thronend, zeigt sie uns, dass unsere Hoffnung verlässlich ist; auch jetzt reicht sie als „sicherer und fester Anker der Seele“ (Hebr 6,19) dorthin, wo Jesus in der Herrlichkeit wohnt.

Diese Hoffnung, liebe Brüder und Schwestern, die Hoffnung, die aus dem Evangelium hervorgeht, ist das Gegenmittel gegen den Geist der Hoffnungslosigkeit, der wie ein Krebs zu wuchern scheint in Gesellschaften, die äußerlich wohlhabend sind, aber oft innere Traurigkeit und Leere erfahren. Von wie vielen unserer Jugendlichen hat diese Hoffnungslosigkeit ihren Tribut gefordert! Mögen sie, die jungen Menschen, die uns in diesen Tagen mit ihrer Freude und ihrem Vertrauen umgeben, niemals ihrer Hoffnung beraubt werden!

Wenden wir uns an die Jungfrau Maria und erflehen wir von ihr die Gnade, uns der Freiheit der Kinder Gottes zu erfreuen, diese Freiheit im Dienst für unsere Brüder und Schwestern sinnvoll zu nutzen und zu leben und zu arbeiten als Träger der Hoffnung, die ihre Erfüllung in jenem ewigen Reich finden wird, wo herrschen bedeutet zu dienen. Amen.

Hl. Messe in voller Länge als VIDEO



(C) 2014 KNA Katholische Nachrichten-Agentur GmbH. Alle Rechte vorbehalten.
Foto © SIR


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