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Der DOCAT, 'scharfe Pfefferkörner' und der Traum eines Papstes

16. August 2016 in Interview, 2 Lesermeinungen
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Papst Franziskus im Vorwort des DOCAT: „Mein Traum ist größer: Ich wünsche mir eine Million junger Christen, ja eine ganze Generation, die für ihre Zeitgenossen Soziallehre auf zwei Beinen sind“. kath.net-Interview mit Bernhard Meuser


Augsburg (kath.net/pl) 2011 schenkte Papst Benedikt XVI. den Jugendlichen in Madrid den YOUCAT. Papst Franziskus machte es ihm nach. Sein Geschenk in Krakau: der DOCAT. Der YOUCAT ist heute weltweit das wichtigste Glaubensbuch junger Menschen. Und es ist anzunehmen, dass auch der DOCAT ein Welterfolg wird. kath.net befragte den Mitinitiator des Projektes, Bernhard Meuser, nach den Hintergründen:

kath.net: Was verbirgt sich hinter dem Kürzel DOCAT?

Meuser: DOCAT kommt vom englischen „to do“ und „catechism“. Es handelt sich also um eine Art „How to do“ für junge Christen, eine Handlungsanweisung, eine Ethik. Die Idee für den Namen hatten übrigens junge Amerikaner, die den YOUCAT aus Madrid mit nachhause gebracht hatten und mailten: „Im YOUCAT steht, was man glauben sollen – jetzt wäre es wichtig, zu wissen, was man tun soll … Macht doch einen DOCAT!“

kath.net: Der YOUCAT bietet also die Theorie – und der DOCAT die Praxis?

Meuser: Das wäre etwas vereinfachend gesagt. Besser man schaut sich die beiden Päpste an. Papst Benedikt wird als der große Lehrer seiner Kirche in die Geschichte eingehen; ich wüsste keinen profunderen Theologen unter allen Päpsten als ihn. Sein Geschenk: der YOUCAT – ein großer Appell an die Vernunft: „Ihr müsst wissen, was Ihr glaubt!“.

Aber auch wenn Papa Francesco noch im Amt ist, so kann man schon heute sagen, dass sein Charisma das Soziale ist; die Leidenschaft mit der er sich für die Armen und Ausgegrenzten in die Konfliktzone begibt, ist atemberaubend. Ich würde mich nicht wundern, wenn man ihn eines Tages in einem Atemzug mit Nelson Mandela und Mahatma Gandhi nennt. Sein Geschenk: der DOCAT – ein großer Appell an das Herz: „Etwas anderes wird die Welt nicht verändern, als Menschen, die sich mit Jesus für sie hingeben, die mit ihm an die Ränder gehen und mitten in den Schmutz hinein!“

kath.net: Papst Franziskus nennt den DOCAT im Vorwort „die Gebrauchsanweisung, die uns hilft, mit dem Evangelium erst einmal uns selbst, dann unser nächstes Umfeld und am Ende die ganze Welt zu verändern“. Ist das nicht ein bisschen naiv gedacht?

Meuser: Das ist überhaupt nicht naiv gedacht. Der nächste Satz des Papstes ist entscheidend; da sagt er nämlich: „Denn wir können mit der Kraft des Evangeliums die Welt wirklich verändern!“ Ja, was denn nun – glauben wir das noch? Oder glauben wir das nicht mehr? Sind wir schon so degeneriert, dass wir die Worte Jesu für antikes Bla-Bla und das Evangelium für eine Denkschrift halten?


Ich liebe diesen Papst für seine Einfalt, seinen unbändigen Glauben daran, dass die Welt anders aussehen könnte, wenn die Christenheit nicht in weiten Teilen ein so angepasster, verbürgerlichter, verzagter Haufen wäre. Papst Franziskus: „So, wie es im Moment in der Welt zugeht, kann es nicht bleiben. Wenn ein Christ in dieser Zeit an der Not der Ärmsten der Armen vorbeischaut, dann ist er in Wirklichkeit kein Christ“.

Ja, und auch das ist O-Ton Franziskus: „Ein Christ, der in diesen Zeiten kein Revolutionär ist, ist kein Christ“. Der DOCAT ist an über 80 Stellen durchsetzt mit Franziskus-Zitaten – wie mit scharfen Pfefferkörnern.

kath.net: Klingt ziemlich links …

Meuser: Papst Franziskus wehrt sich immer gegen Etikettierungen. Mal ist er ein Liberaler, der das doktrinäre Tafelsilber verscherbelt, mal ist er Erzreaktionär, der den Teufel aus der Kiste holt, mal ist er ein verkappter Sozialist. „Ich fühle mich wie ein Insekt in der Insektensammlung“, hat er einmal gesagt. Ich finde, Papst Franziskus ist nichts von alledem; er ist radikal – und das ist sehr gut so, „radikal“ von radix (Wurzel). Er geht den Dingen an die Wurzeln, jeden Morgen in Santa Martha, wenn er das Evangelium des Tages meditiert und dann spricht, sei es gelegen oder ungelegen.

kath.net: Wenn man den DOCAT genauer betrachtet, so ist er eine Art niederschwelliges Lehrbuch der Katholischen Soziallehre …

Meuser: „Lehrbuch“ klingt ziemlich abtörnend. Aber wenn man all die Strichmännchen, bunten Bilder, pfiffigen Zitate von Marilyn Monroe bis Bruce Willis mal beiseitelässt, ist es das: Wenn man den DOCAT von vorne bis hinten studiert hat, hat man, etwas flapsig gesagt, die Soziallehre drauf. Und das ist sehr wichtig. Christen reden gerne von sozialer Veränderung, von Gerechtigkeit, Frieden, Liebe und Barmherzigkeit. Aber sie dilettieren darin; ihnen fehlt die Basis. Frei Hans Stapel OFM, der charismatische Gründer der Fazendas da Esperanza, sprach jüngst von einer „Fundamentalisierung der Barmherzigkeit“ – alle quatschen sie drüber und keiner hat einen Plan. Fakt ist: Wir haben einen Plan, nur kennt ihn keiner.

kath.net: Sie sprechen von der Soziallehre der Kirche?

Meuser: Genau. Die Katholische Soziallehre ist der große ungehobene Schatz der Kirche. Und gerade deutsche Wissenschaftler wie der unvergessene Oswald von Nell-Breuning SJ - er starb im August 1991 im Alter von 101 Jahren – haben dazu entscheidende Beiträge geleistet. Am DOCAT haben gewissermaßen die Enkel von Nell-Breuning mitgearbeitet, bekannte Sozialwissenschaftler wie Peter Schallenberg, Ursula Nothelle-Wildfeuer, Arnd Küppers …

kath.net: Wie wurden denn Jugendliche integriert? Das ist ja eines Ihrer erklärten Prinzipien …

Meuser: Auf verschiedene Weise. Einmal, indem wir junge Wissenschaftler für die Mitarbeit gewinnen konnten, sodann in dem wir (durch das verdienstvolle Sponsoring des KKV) einen mehrtägigen Workshop organisieren konnten. Sodann wurde der DOCAT wieder von Jugendlichen bebildert; es gab einen internationalen Fotocontest. Junge Leute waren es, die uns sagten: „He, das muss unbedingt auch eine APP werden …“. So waren in jeder Phase der Erarbeitung junge Leute mit Rat und Tat beteiligt. Erwähnen sollte man noch, dass alle Beteiligten – vom berühmten Professor bis zum jungen Fotografen - ehrenamtlich gearbeitet haben.

kath.net: Da sind wir an einem spannenden Punkt: Das Buch verdient ja gewiss Geld. Wer verdient sich denn da die berühmte Goldene Nase daran?

Meuser: Na, hoffentlich verdient das Buch in Europa und Amerika viel Geld, denn allein von Spenden können wir die gewaltigen Herausforderungen nicht bewältigen. Im Augenblick wird der DOCAT in 32 Sprachen übersetzt, allein in 15 indische Sprachen. Jemand muss das bezahlen. Glücklicherweise sind wir eine gemeinnützige Stiftung unter dem Dach von „ACN international“ - das ist eines von zwei Päpstlichen Hilfswerke („Cor unum“ ist das andere).

kath.net: Papst Benedikt schenkte den Jugendlichen ein Buch … wie altmodisch; Papst Franziskus eine APP …?

Meuser: Ja, das ist spannend. Als klar war, dass Papst Franziskus den DOCAT zum Geschenk machen wollten, berieten wir mit Sponsoren, wie man das finanzieren könne. Dabei erwähnten wir auch die jungen Leute mit ihrem Traum von der APP. „Dann macht das doch!“, meinte einer der Sponsoren – und er zuckte nicht mit der Wimper, als wir auf die Kosten hinwiesen. „Nehmt die Besten!“, meinte er. So kam es zur Zusammenarbeit mit Saatchi & Saatchi, einer der international größten Agenturen. Der Papst lud also die Jugendlichen in Krakau ein, sich die DOCAT-APP kostenlos herunterzuladen. Bis zum 10. August war der Download noch kostenlos. Zehntausende von Jugendlichen haben davon schon Gebrauch gemacht.

kath.net: Und was hat es nun auf sich mit dieser Aktion „One Million for the Pope“?

Meuser: Das ist eine weltweite Jugendkampagne. Sie basiert auf dem Traum des Papstes, den er im Vorwort des DOCAT äußert: „Wenn ich euch nun einlade die Soziallehre wirklich kennenzulernen, so träume ich nicht nur von Gruppen, die unter Bäumen sitzen …Mein Traum ist größer: Ich wünsche mir eine Million junger Christen, ja eine ganze Generation, die für ihre Zeitgenossen Soziallehre auf zwei Beinen sind“. Das ist ein Wort. Eine Million! Zusammen mit Jugendlichen aus Kroatien, Irland, Brasilien, Indonesien, den Philippinen, der Vereinigten Staaten und aus Indien haben wir uns gesagt: Die Million, die kriegen wir zusammen! kath.net hat ja schon darüber berichtet …

kath.net: Vielen Dank, Herr Meuser!

kath.net-Buchtipp
DOCAT. Was tun?
Von Bernhard Meuser
Illustriert von Alexander von Lengerke; Mitglied des Herausgebergremiums Bernhard Meuser
Taschenbuch, 304 Seiten
2016 Youcat Foundation
ISBN 978-3-945148-06-8
Preis 15.50 EUR

Bestellmöglichkeiten bei unseren Partnern:

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DOCAT - The Dream of Pope Francis




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Lesermeinungen

 SpatzInDerHand 17. August 2016 

Ein Klassebuch, dieser DOCAT!!


0
 
 Stefan Fleischer 16. August 2016 

Ich verstehe unsere Jugend nicht mehr

„Freiheit“ hat sie sich auf die Fahne geschrieben und Mündigkeit. Die Gebote und Vorschriften der Kirche, z .B. das Sonntagsgebot oder gewisse moralische Vorschriften, sind für die allermeisten nicht mehr als unverbindliche Empfehlungen. Doch wenn es dann um den Einsatz für Friede, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung geht, fordert man von der gleichen Kirche eine „Gebrauchsanweisung“. Dabei fällt gerade dieser Bereich – wenn ich die Konzilstexte richtig verstanden habe – in die Verantwortung der mündigen Laien. Die Kirche gibt uns dazu nur eine Richtschnur, die ein Aphoristiker einmal so formuliert hat: „Entscheidend ist nicht, was ich tue und wie, sondern weshalb.“ Er meint damit, dass ein Christ in allem aus dem Glauben, aus der Liebe zu Gott und aus dieser Gottesliebe heraus aus der Liebe zum Nächten, handelt und sich dabei immer seiner Verantwortung vor Gott dem Schöpfer und Herrn bewusst ist.


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