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Die wahre Heimat

3. Oktober 2017 in Kommentar, 7 Lesermeinungen
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Natürlich macht es auch mich etwas wehmütig, zu sehen, wie bestimmte Schätze und Kostbarkeiten der christlichen Kultur Westeuropas den geistigen Eigentümer wechseln, aber die wahre Heimat ist woanders - Diakrisis am Dienstag mit Stefan Meetschen


Linz (kath.net)
Neulich war ich mal wieder in Deutschland - in Mannheim und in Freiburg. Nicht für lange Zeit, aber doch so lang, um mir einen gewissen Eindruck zu machen. Mir fiel überraschend auf, dass im Zentrum beider Städte sehr viele Menschen zu sehen waren, die möglicherweise Deutsche sind, aber offensichtlich einen Migrationshintergrund besitzen. Bisher verband ich ein solch heterogenes Erscheinungsbild mit meiner Geburtsstadt Duisburg und mit Berlin, wo ich lange gelebt habe, aber mit Mannheim und Freiburg eher nicht.

Ich muss gestehen, dass ich mich allein durch den Anblick der Leute aus anderen Kulturkreisen etwas fremd gefühlt habe, obwohl gerade ich – objektiv gesehen – dazu wenig Anlass habe: Die niederrheinische Familie meines Vaters lässt sich dort zwar urkundlich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen, aber aufgrund seines eher „römischen“, wie er selbst sagte, Phänotyps, war mein Vater für mich nie die Verkörperung eines bestimmten Ortes oder einer bestimmten Region Westdeutschlands. Auch von meiner Mutter, die – wenn man so sagen darf – die germanischen Attribute (Haar- und Augenfarbe, Größe, Gesichtsphysiognomie) in Reinkultur aufwies, habe ich keine regionalbezogenen Heimatgefühle geerbt. Sie sprach zwar oft von Königsberg, dem Krieg und der Flucht, so oft aber, dass ich bis heute nicht in der Enklave war.


Ich habe Polen als meine Heimat gewählt; doch wenn mein Leben an der ein oder anderen Stelle anders verlaufen wäre, hätte ich auch nach Holland oder Großbritannien auswandern können, zumal mich diese Länder früh angezogen haben. Was ich sagen will: all die zum Teil verständlichen und nachvollziehbaren Wünsche und Versuche mancher Leute in Deutschland, das sogenannte „Eigene“ zu schützen und zu verteidigen, kann ich nur bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Demographisch ist es eh zu spät. Europa war stets ein offener Raum mit vielen unterschiedlichen kulturellen Einflüssen, mit viel Bewegung.

Wobei man andererseits schon sagen muss, und auch ein politisch unverdächtiger Beobachter wie Helmut Schmidt hat daran in seinen letzten Lebensjahren gelegentlich erinnert, dass es natürlich einen Unterschied macht, ob jemand innerhalb von Europa die Zelte neu aufschlägt oder ob jemand aus ferneren, anderen Kulturregionen kommt. Es gibt im letzteren Fall Beispiele für gelungene, aber eben auch für gescheiterte Integration, was man nicht pauschal den Gastgebern anlasten darf.

Wenn ich sehe, wie schwierig mitunter die interkulturelle Kommunikation zwischen den europäischen Staaten ist, warne ich jedoch vor einer Naivität beim Umgang mit entfernten Kulturen und Ländern. So gleich wir als Menschen in unseren biologischen und mentalen Anlagen und – nicht zu vergessen – in unserer Würde auch sind, die kulturellen und religiösen Prägungen sind nicht zu leugnen oder zu verwischen.

Ich habe im Übrigen, wenn es um die Zukunft Deutschlands oder Europas geht, auch nicht so sehr Angst vor einer Islamisierung oder – um ein unschönes, aber offenbar immer populärer werdendes Wort zu gebrauchen – vor einer „Überfremdung“; was mir mehr Sorge macht, wäre der Versuch, Europa zu einem weltanschaulich neutralen Gebiet zu formen, in dem nur noch Menschen leben dürften, die religiös und kulturell ihrer Identität entkernt sind. Ich glaube, dass es solche Visionen gibt, die in mancher Hinsicht sogar gut klingen, weil sie den Menschen und die Menschlichkeit fortschrittlich klingend in den Mittelpunkt stellen, doch verbunden mit solchen Visionen wäre bei der Umsetzung vermutlich eine radikale Nivellierung der Unterschiede und eine deutliche Beschneidung der Tradition, was leider wohl auch schnell tyrannische Züge annehmen könnte.

Insofern – seien wir realistisch: Warum nicht zukünftig mit einem christlich-slawischen Europa im Osten und einem islamischen Europa im Westen des Kontinents leben? Wenn das Christentum, wonach es aussieht, im Westen zu schwach geworden ist, sollte man diesem Verfalls- und Sterbeprozess nüchtern ins Auge sehen und ihn nicht mit nationalistischen oder transnationalistischen Kampagnen aufzuhalten versuchen. Das rettet nichts, sondern schafft nur Aggression und Feindschaft zwischen den Religionen.

Natürlich macht es auch mich etwas wehmütig, zu sehen, wie bestimmte Schätze und Kostbarkeiten der christlichen Kultur Westeuropas den geistigen Eigentümer wechseln und schon bald vermutlich nicht mehr im christlichen Geiste getragen werden, doch wenn der Allmächtige diese heils- und weltgeschichtliche Transformation zulässt, wonach es aussieht (und was in der geographischen Geschichte des Christentums kein Präzedenzfall wäre), dann sollte unser Herz nicht so sehr an diesen bestimmten Städten und Regionen hängen. Die wahre Heimat ist woanders. Und natürlich ist auch Osteuropa nur eine Etappe.



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Lesermeinungen

 Kleine Blume 4. Oktober 2017 
 

Zu "Aggression und Feindschaft zwischen den Religionen":

Bei einer Vesper im Regensburger Dom St. Peter anlässlich des 4. Jahrestages seiner Bischofsweihe predigte Bischof Voderholzer:

"Der Islam nun freilich, so viel Realismus müssen wir aufbringen, ist eine postchristliche Erscheinung, die mit dem Anspruch auftritt, die Kerngehalte des Christentums zu negieren: Den Glauben an den dreifaltigen Gott, die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und sein Erlösungswerk am Kreuz.

Nur wer seinen eigenen Glauben entweder nicht kennt oder nicht ernst nimmt, kann hier ein weit reichende Integration des Islam als Islam für möglich halten."

(http://www.kath.net/news/58336)

Dadurch, dass der Islam Kerngehalte des christlichen Glaubens wie Dreifaltigkeit, Menschwerdung und Erlösung am Kreuz ablehnt, steht er ohnehin schon in einem scharfen Kontrast zum Christentum!

Dazu braucht es nicht erst die von Meetschen angeführten "nationalistischen oder transnationalistischen Kampagnen" - die natürlich - das sei zugestanden -
verschärfend wirken können!


5
 
 Kleine Blume 4. Oktober 2017 
 

@Stefan Fleischer: "[J]eder von uns [hat] seine eigene Aufgabe in diesem Kampf"

Da stimme ich Ihnen gerne zu! :-)

Das haben Sie sehr gut mit Ihrem Beispiel bzgl. der Aufgabenverteilung in einer Armee beschrieben! :-)

Mit dem Satz "Warum nicht zukünftig mit einem christlich-slawischen Europa im Osten und einem islamischen Europa im Westen des Kontinents leben?" von Herrn Meetschen tu' ich mich sehr schwer!

Vielleicht wollte er uns damit provozieren bzw. aufrütteln?

Ich mag es nicht so einfach als gegeben hinnehmen, wenn der christliche Glaube in Westeuropa zu erlöschen droht ... :-(


1
 
 Stefan Fleischer 4. Oktober 2017 

@ Kleine Blume

Richtig. "Gleichermasen" ist nicht der richtige Ausdruck. Gemeint war, dass jeder von uns seine eigene Aufgabe in diesem Kampf hat. Ob ich an vorderster Front stehe oder "nur" in der Logistik weit hinten, dort wo mich der "General" braucht, da habe ich meinen Auftrag nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen. Dazu hat er mir meine Fähigkeiten und Kräfte geschenkt. Darüber bin ich ihm Rechenschaft schuldig. Ich hoffe, Sie verstehen was ich meine.


3
 
 Deo Gratias! 3. Oktober 2017 
 

Unsere Heimat ist im Himmel ...

... - und nicht woanders!


3
 
 Kleine Blume 3. Oktober 2017 
 

@Stefan Fleischer: Durch die Gnade der hl. Firmung "Streiter Jesu Christi"

Mit großen Teilen Ihres Kommentars stimme ich überein, jedoch nicht mit dem ersten Teil:

"Natürlich braucht es den Kampf. [...] Aber nicht alle sind gleichermassen dazu bestimmt."

Diesem letzten Satz würde ich widersprechen, denn das hl. Firmsakrament befähigt uns zum Glaubenskampf:

In KKK 1305 heißt es:
>"Der Gefirmte erhält „die Macht, öffentlich den Glauben an Christus wie von Amtes wegen [quasi ex officio] mit Worten zu bekennen" (Thomas v. A., s. th. 3,72,5, ad 2)."

Im Katechismus des hl. Papstes Pius X. heißt es unter Frage 577 (Was ist das Sakrament der Firmung?):
> "Die Firmung ist ein Sakrament, das [...] unserer Seele den Charakter eines Streiters Jesu Christi verleiht [...]."

Der Backenstreich, der im alten Firmritus üblich war, sollte die Bereitschaft zum Ausdruck bringen "für den Glauben Jesu Christi jede Schmach und jede Strafe zu erdulden." (Vgl. Frage 587).

Trotz allem:
Leicht ist es nicht! ;-)


3
 
 Stefan Fleischer 3. Oktober 2017 

@ Kleine Blume

Natürlich braucht es den Kampf. "Gott hasst die Feigheit jener, die er zum Kampf bestimmt hat!" sagt ein Kollege von mir öfters. Aber nicht alle sind gleichermassen dazu bestimmt. Was wir aber alle können und deshalb tun müssten ist, Gott wieder immer und überall ins Spiel bringen, ob man es hören will oder nicht. Die heutige Strategie Satans ist ja - nach meiner persönlichen Meinung - nicht mehr, Gott zu bekämpfen, sondern ihn unnötig erscheinen zu lassen, ihn zur Seite zu drängen, indem der dem Menschen das Heil in dieser Welt verspricht. In einer solchen Welt aber hat dieser Widersacher dann ein leichtes Spiel.


8
 
 Kleine Blume 3. Oktober 2017 
 

Hurra, wir kapitulieren! ;-)

Wenn das Christentum in Westeuropa erlischt, dann geht es immer um das Heil von Seelen, die Gefahr laufen, verloren zu gehen! (Nicht nur um Kultur, Architektur etc.)

Auch wenn unsere Heimat im Himmel ist (Phil 3,20), so ist doch ein christliches Umfeld bitter nötig, das uns auf diese Heimat hinweist!

Im Gegensatz zu den Nationalisten, die wenigstens für ihre Sache kämpfen, müssen wir als Christen uns fragen lassen, warum wir den interreligiösen Dialog derart kraftlos führen, dass wir unseren teuren christlichen Glauben relativieren? Warum ist uns unser missionarischer Eifer derart abhanden gekommen?

Viele christliche Missionare haben sich mit Blut, Schweiß und Tränen dafür eingesetzt, um uns in Europa das Licht des Glaubens zu bringen!

Werter Herr Meetschen - ich frage Sie:
Wollen Sie nicht - wie ein Mann - für unseren christlichen Glauben kämpfen? :-) Ein bisschen mehr Kampfgeist, bitte! ;-)


12
 

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