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Dumm ist, wer Dummes tut

23. Mai 2018 in Kommentar, 7 Lesermeinungen
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„Vielleicht hat Pfarrer Sedlmeier in Aalen noch nichts von Vida Mohaved und den iranischen Frauen gehört, die geschlagen, gefoltert und in den Kerker geworfen werden, WEIL sie ihr Kopftuch ‚unrechtmäßig‘ abgelegt haben.“ Gastbeitrag von Barbara Wenz


Linz (kath.net/Barbara Wenz Blog) Die Buchautorin Barbara Wenz reagiert mit diesem Kommentar auf die Nachricht, dass Pfr. Sedlmeier/Diözese Rottenburg-Stuttgart, während der Pfingstsonntagsmesse ein Kopftuch aufsetzte, um sich mit kopftuchtragenden Muslimas zu solidarisieren, die von der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel kritisiert worden waren.

Ende der Achtziger Jahre wohnte ich in Damaskus. Mein damaliger Freund, ein Arabist, hatte ein Sprachenjahr dort zu absolvieren und wir hatten uns im Parterre eines mehrstöckigen Hauses eingemietet mit Zimmern, die, wie in üblicher Bauweise dort, nicht zur Straße, sondern in den Innenhof gingen.

Einen geliehenen Ehering sollte ich mitbringen, dazu ein Kopftuch und keine westliche Kleidung, sondern lieber knöchellange, weite Röcke und keine figurbetonenden T-Shirts oder Blusen. Den Ehering deswegen, damit die Leute dort schnell überzeugt werden konnten, dass ich keine „freie“ Frau war, sondern vergeben, was mir zu mehr Respektabilität verhelfen würde.

Kein Problem. Ich war in vielen Ländern in meinem Leben, habe mich dort selbstverständlich nach Regeln bewegt, die zwar nicht die meinen waren, aber denen ich mich aus Gründen der Achtung vor meinen Gastgebern zu unterwerfen bereit war.

Eines Tages wollten wir die hochberühmte Omajjadenmoschee besuchen. Ich traf dort an der Pforte – hinreichend islamisch gekleidet, wie ich fand, noch dazu mit zurückgebundenem Haar und Tuch darüber – ein.


Dem Pförtner reichte das aber nicht aus, er bat mich in die Garderobe für Frauen.

Dort musste ich mir einen bodenlangen schwarzen Kapuzenmantel ausleihen, dessen riesige Kapuze mir fast bis über die Nasenspitze fiel. In meinem ganzen Leben habe ich mich nicht mehr so entpersonalisiert gefühlt.

Ich taperte also halb blind über das Gelände der Moschee als eine Art Unperson, eine für niemanden mehr identifizierbare Gestalt und schleifte die Stoffbahnen dieses Umhangs durch den Vogelkot auf dem Pflaster hinter mir her.

Natürlich hat sich der Umstand gelohnt, die Omajjadenmoschee ist äußerst prachtvoll, ich bin ja als Frau es gewohnt, Strapazen auf mich zu nehmen, jedenfalls einmal im Monat oder so.

Was mich dann aber doch stutzen ließ, waren die hellen Scharen von jungen muslimischen Männern, die sich auf dem Areal, das mir nur mithilfe einer totalitären Vermummung gestattet wurde zu betreten, mit der man nichtmal Vogelscheuchen bekleiden würde, in 70er Jahre-Discoglitzer-hochschenkelig ausgeschnittenenen Fußballershorts bewegten und sich dazu noch in aller Moscheeheiligenöffentlichkeit behaglich am Gemächt kratzten.

Ich erzähle dies nicht aus Kritiksucht, sondern aus purer Verwunderung.

Es war ungefähr ab diesem Moment, an dem ich, interkulturell beschlagen und gewiss nicht mich anderen Kulturen und Religionen gegenüber verweigernd, befand, dass hier eine ordentliche Schieflage bestünde.

Diese Gewissheit hat mich seither nicht wieder verlassen.

Es ist nur eine sehr alte Anekdote und ich weiß nicht, wie syrische junge Männer heute diese Moschee besuchen.

Dafür aber bin ich mir sehr gewiss darüber – denn ich habe mich einstmals freiwillig bedeckt, weil frau in Ländern wie Aserbaidshan, Marokko und Syrien sonst schlicht nicht respektiert wird, aber einmal eben auch unfreiwillig und von einem Pförtner aufoktroyiert – dass ich es gewiss nicht respektieren werde, wenn ausgerechnet ein deutscher katholischer Priester meint, er müsse sich zum Zeichen von „Solidarität“ ein Kopftuch umbinden.

Am 12. September 1979 gewährte Khomeini der italienischen Journalistin und ehemaligen Widerstandskämpferin Oriana Fallaci ein berühmt gewordenes Interview, in dessen Verlauf sie sich den Tschador, den man sie gezwungen hatte anzulegen, vom Gesicht riss. Zuvor hatte die engagierte Italienerin beklagt, dass die iranischen Frauen sich in einer Apartheidssituation seit der Revolution befänden, sie könnten nicht mehr mit Männern gemeinsam studieren, arbeiten, oder einfach mit ihnen ein Schwimmbad besuchen. Khomeini gab daraufhin kühl zur Antwort, dass sie das nichts anginge, wenn sie den Tschador nicht anlegen wolle, müsse sie ihn auch nicht tragen. Denn: islamische Bekleidung sei nur etwas für gute und anständige Frauen.

Diese Äußerung war der Trigger für Fallaci, die während ihrer Partisanenjahre Seite an Seite mit kämpfenden Männern in den Schützengräben gelegen hatte, sich zunächst artig für den Hinweis zu bedanken und sich dann den Tschador – diesen „dummen, mittelalterlichen Lumpen“, wie sie anmerkte – herunterzureißen und dem Ayatollah im Wortsinne ins Angesicht zu widerstehen.

Es geht mir hier nicht um Alice Weidel und ihre „Kopftuchmädchen“ – auf diese Rhetorik muss man schon erst gar nicht einsteigen.

Es geht mir um eine extrem tumbe Sorte von gutmeinender Solidarität, die aus purer Selbstgewissheit, das Gute zu befördern, sich zu einem frauenfeindlichen (und noch dazu antisemitischen und homophoben) Narrenschiff mausert.

Vielleicht hat der Herr Pfarrer in Aalen ja noch nichts von Vida Mohaved und den iranischen Frauen gehört, die geschlagen, gefoltert und in den Kerker geworfen werden, WEIL sie ihr Kopftuch „unrechtmäßig“- was bedeutet: strafrechtlich belangbar – in der Öffentlichkeit abgelegt haben.

Ich würde mir wünschen, dass Vida Mohaved und allen Frauen, die in islamischen Staaten unterdrückt, geschlagen, missbraucht und in die Sexsklaverei verkauft werden, entweder, weil sie sich unbotmäßig verhalten haben oder einer anderen Religion als dem Islam angehören und deshalb vogelfrei sind, die Solidarität unserer westlichen katholischen Priester gehören würde – und zwar konkret und tatsächlich und über wohlfeile geschmacklose Gesten, die das Gegenteil konterkarieren, noch dazu hinaus.

Foto: Symbolbild


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Lesermeinungen

 Tonika 23. Mai 2018 
 

Dieser Mietling leidet unter Selbstdarstellungsucht und Profilneurose. Er hat seine 15 minuten Fame.


2
 
 Einsiedlerin 23. Mai 2018 
 

Kopftuch

Der Bericht von Frau Wenz ist sehr aufschlussreich, zumal auch ich schon in einigen Moscheen in Ägypten war, allerdings nicht vermummt. Es reichte immer, einfach nur die Schuhe auszuziehen. Als ich dies in der osmanischen Moschee in Rashid tat, blinkte mein goldenes Kruzifix um den Hals so schön in der Sonne, was einige herumlungernde Männer nicht so gerne sahen. Ich trug Jeans und T-Shirt. Allerdings war mein selbsternannter "Guide" der örtliche Polizeichef in zivil und der gab keine speziellen Benimm-Hinweise.
Ich habe eine islamische Freundin in Ägypten, die vor ihrer Heirat mit großer Begeisterung ihr Haare färbte. Nach ihrer Heirat trug sie Kopftuch und meinte, dass man das nie mehr ablegen dürfe, wenn man es einmal trage. Aha. Dann wurde sie geschieden und trug noch immer Kopftuch. Wie sehr überrascht war ich, als sie mir kürzlich nach vielen Jahren einige Fotos schickte, die sie in Jeans und mit Haarband zeigten! Keine Spur von Kopftuch mehr!


3
 
 Quid dormitis? 23. Mai 2018 
 

"Diese Gotteslehre eines unmoralischen Beduinen ist ein verwesender Kadaver, der unser Leben vergiftet.“
Kemal Atatürk


10
 
 wedlerg 23. Mai 2018 
 

Das wird Sedlmeier nicht kratzen

Pfarrer Sedlmeier geht es nicht um den Islam oder die Frauen im Islam.

Es geht ihm - wie so manchen Zeitgenossen - um das Hochhalten eines Narrativs, bzw. einer Utopie, die da lauten: bunt = gut = weltoffen = alle sind gleich = alle sollen machen, was sie wollen = wer dagegen ist, ist ein Nazi

Ich hab da jetzt in den letzten drei Jahren so oft erlebt, dass diese Ideologie das einzige ist, was viele Zeitgenossen glauben, leider auch in der Kirche.

Nimmt man ihnen diese Utopie weg, werden sie aggressiv, gewalttätig, bösartig.

Dabei ist die Utopie das Gegenteil dessen, was da Evangelium lehrt. Der Weinstock ist alles, alles andere darum wird verworfen. Allein dieses Bild im Joh.-Ev. zeigt, dass Christen alle zum Kreuz zeihen sollen, nicht das Kreuz der Beliebigkeit opfern.

In der bunten Beliebigkeit liegt werden Sinn, noch Glück, schon gar kein Heil. Darin liegt Unrecht, wie Frau Wenz zeigt, UNwissenheit, Hedonismus, Neid und Unglauben.


16
 
 lakota 23. Mai 2018 
 

Großartiger Bericht!

Mal abgesehen davon, daß solche Aktionen nicht in eine Hl. Messe gehören, hätte sich Pfarrer Sedlmeier erstmal genauer über kopftuchtragende Frauen informieren sollen.


13
 
 doda 23. Mai 2018 

Ja, das wünsche ich mir auch!


7
 
  23. Mai 2018 
 

Dumm ist, wer Dummes tut

Diese Überschrift erfasst den Tatbestand so vollständig, dass sich jeder Zusatz-Kommentar erübrigt!


11
 

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