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Wie Gott mir, so ich dir

12. September 2005 in Spirituelles, keine Lesermeinung
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Die Vergebung im Sinne Christi "unterscheidet den christlichen Glauben von jeder anderen Religion", sagt der Prediger des päpstlichen Hauses, Kapuzinerpater Raniero Cantalamessa.


Rom (www.kath.net / zenit) Wir veröffentlichen den Kommentar von P. Raniero Cantalamessa OFM Cap., Prediger des päpstlichen Hauses, zum Evangelium vom 24. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A). Die Vergebung im Sinne Christi „unterscheidet den christlichen Glauben von jeder anderen Religion“, betont der Ordenspriester. Die Kraft für dieses menschlich geradezu unmögliche Unterfangen, aus ganzem Herzen zu vergeben, komme von Christus: „Er verleiht die Kraft, diesen Weg zu gehen. Er hält uns nicht nur an, etwas zu tun, sondern er wirkt mit uns. Das ist das Wesen der Gnade.“



In jener Zeit trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt? Siebenmal? Jesus sagte zu ihm: Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal. Mit dem Himmelreich ist es deshalb wie mit einem König, der beschloss, von seinen Dienern Rechenschaft zu verlangen. Als er nun mit der Abrechnung begann, brachte man einen zu ihm, der ihm zehntausend Talente schuldig war. Weil er aber das Geld nicht zurückzahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit Frau und Kindern und allem, was er besaß, zu verkaufen und so die Schuld zu begleichen (…).Matthäus 18,21-35

Aber wie sehr soll man vergeben?

Zu vergeben ist etwas sehr Ernstes und menschlich sehr schwierig, ja geradezu unmöglich. Von Vergebung darf man nicht einfach nur so daherreden, ohne sich wirklich bewusst zu sein, worum man den Menschen, der verletzt worden ist, eigentlich bittet, wenn man ihm sagt, er soll vergeben. Mit dem Gebot der Vergebung muss man ihm auch ein Motiv geben, damit er tatsächlich so handeln kann. Und genau das tut Jesus mit dem Gleichnis vom König und den beiden Dienern. Das Gleichnis macht klar, warum man vergeben soll: Weil Gott uns zuerst vergeben hat und weil er nicht aufhört, uns zu vergeben!

Er erlässt uns eine Schuld, die unendlich größer ist als jene, die ein Mitmensch uns gegenüber haben könnte. Die Differenz zwischen der Schuld gegenüber dem König (10.000 Talente) und der Schuld des Kollegen (100 Denare) entspricht heute dem Verhältnis von drei Millionen Euro zu einigen wenigen Cents!

Der heilige Paulus konnte sagen: „Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!“ (Kol 3,13). Das alttestamentarische Gesetz – „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ – ist überwunden. Das Kriterium ist jetzt nicht mehr: „Wie du mir, so ich dir“, sondern: „Wie Gott mir, so ich dir.“ Jesus hat sich nicht damit begnügt, uns Vergebung aufzutragen, sondern er hat als erster vorgezeigt, wie man vergibt. Als sie ihn kreuzigten, betete er: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lk 23,34). Das unterscheidet den christlichen Glauben von jeder anderen Religion.

Auch Buddha hinterließ den Seinigen die Maxime: „Denn Verbitterung wird durch Verbitterung nimmermehr gestillt; nur durch Nicht-Verbitterung wird Verbitterung besänftigt.“ Aber Christus will nicht nur den Weg der Vollkommenheit weisen; er verleiht die Kraft, diesen Weg zu gehen. Er hält uns nicht nur an, etwas zu tun, sondern er wirkt mit uns. Das ist das Wesen der Gnade. Die christliche Vergebung geht über die Nicht-Gewalttätigkeit oder die Nicht-Verbitterung hinaus.

Hier könnte jemand einwenden: Bedeutet siebenundsiebzigmal zu vergeben nicht, Ungerechtigkeit zu fördern und dem Missbrauch Tür und Tor zu öffnen? Nein. Die christliche Vergebung schließt nicht aus, dass man jemanden in bestimmten Fällen anzeigt und vor Gericht bringt, vor allem dann nicht, wenn die Interessen und das Wohl anderer Menschen auf dem Spiel stehen. Die christliche Vergebung hat beispielsweise die Witwen der Opfer eines Terroranschlags oder der Mafia nicht davon abgehalten, angesichts des Todes ihrer Ehemänner beharrlich nach Wahrheit und Gerechtigkeit zu suchen.

Aber es gibt ja nicht nur große Vergebungen. Es gibt auch die Vergebungen des Alltags: im Leben des Ehepaares, in der Arbeit, unter Verwandten, Freunden, Kollegen und Bekannten. Was tut man, wenn man draufkommt, dass man vom eigenen Ehepartner hintergangen worden ist? Vergibt man oder geht man auseinander? Das ist eine überaus heikle Frage; kein von außen auferlegtes Gesetz kann sie beantworten. Der Betroffene selbst muss erkennen, was zu tun ist.

Aber eine Sache kann ich sagen. Ich kenne Fälle, in denen jene Seite, die verletzt wurde, in ihrer Liebe für den anderen und in der Hilfe, die aus dem Gebet kommt, die nötige Kraft gefunden hat, um dem Ehepartner, der geirrt und diesen Fehler aufrichtig bereut hatte, vergeben zu können. Die Ehe konnte wie aus Schutt und Asche neu aufblühen; sie erfuhr so etwas wie einen Neuanfang. Sicherlich: Niemand kann verlangen, dass einem Ehepaar so etwas „siebenundsiebzigmal“ zustoßen kann.

Wir müssen auf der Hut sein, um nicht in eine Falle zu tappen. Auch beim Vergeben gibt es eine Gefahr. Sie besteht darin, sich die Mentalität dessen anzueignen, der glaubt, er müsse den anderen immer irgendetwas vergeben – die Gefahr zu glauben, man sei immer der Gläubige der Vergebung, niemals aber der Schuldner.

Wenn wir aber gut nachdenken, dann werden wir, wenn wir gerade „Ich vergebe dir“ sagen möchten, sicher oft unsere Haltung ändern und unsere Worte anders wählen und zum Menschen vor uns sagen: „Vergib mir!“ Dann werden wir uns eingestehen, dass es auch bei uns etwas gibt, was der andere vergeben muss. Wichtiger als zu vergeben ist nämlich, um Vergebung zu bitten.

ZENIT-Übersetzung des italienischen, von „Famiglia Cristiana“ veröffentlichten Originals

Foto: (c) Philipp Knapp



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