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'Ohne Brüche und ohne Diskontinuität'

23. September 2015 in Familie, 2 Lesermeinungen
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Hirten „dürfen sich nicht vom Widerstreit der Meinungen beirren oder sich von säkularer Umwelt ihre Glaubenskategorien vorgeben lassen – mögen die Medien noch so drängen.“ Beitrag aus „11 Kardinäle zu Ehe und Familie“. Von Paul Josef Kardinal Cordes


Vatikan (kath.net/pl) Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ermahnte für Lehre und Pastoral die Hirten der Kirche zur „Gemeinschaft mit der ununterbrochenen kirchlichen Tradition, ohne Brüche oder Versuchungen einer Diskontinuität“ (16. März 2009).

Überall ist wahrzunehmen, dass die nächste Sitzung der Familien-Synode die geweihten Hirten, die theologischen Lehrer und auch viele Medien stark beschäftigt und beansprucht. Besonders die Zulassung der Wiederverheiratet-Geschiedenen zum Sakramenten-Empfang wird bedacht und thematisiert. Ihre Brisanz scheint bislang alle andern Fragen über Ehe und Familie in den Schatten zu stellen. Mehr noch: Studien und Lösungsvorschläge zu diesem Problem haben einen so erstaunlichen Grad an Aufmerksamkeit geweckt, dass jemand denken mag,, man sei eben erst auf die Frage nach der Zulassung von Wiederverheiratet-Geschiedenen zum Eucharistie-Empfang gestoßen. Doch solcher Eindruck täuscht. Die Gemeinschaft der Glaubenden leidet schon immer unter der Not von gescheiterten Ehen und ist seit Jahrhunderten auf der Suche nach vertretbaren Möglichkeiten, sie zum Empfang der heiligen Kommunion zuzulassen.

1. Ein Stachel im Fleisch katholischer Pastoral

So muss denn zunächst wohl zur Vorbereitung der nächsten Synodensitzung die allgemeine Erinnerung aufgefrischt werden. Für alle Disziplinen wird die Geschichte als Lehrmeisterin gerühmt. Welche Erkenntnisse über Theologie und Pastoral hält sie für Kirche bereit? Der Hausvater ist ja gut beraten, wenn er auch das „Alte“ nicht geringachtet (Mt 13,52).

1.1 Missglückte Lösungsversuche

Unser Rückblick kann verständlicherweise nur wenige Schlaglichter setzten. Sie machen sich allerdings nicht an unbedeutendem kirchlichem Randgeschehen fest, sondern an wichtigen Ereignissen, sind darum vielsagend und signifikant. Wohl tragen sie wenig zur Lösung der Problematik bei, sind aber unerlässlich; denn sie machen hellhörig.

• Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (1972 -1975)

Die Vollversammlungen der Würzburger Synode, die sich über mehrere Jahre hinzogen, befasste sich nachdrücklich mit der „Integration wiederverheirateter Geschiedener in die Gemeinden“. Sie drängte darauf, dass diese Katholiken unter bestimmten Bedingungen zum Empfang der Sakramente zugelassen würden. Die Synodenmitglieder baten nach langem Ringen die Deutsche Bischofskonferenz, ein entsprechendes Votum an den Apostolischen Stuhl zu richten. Man suchte – in der Terminologie der Synode - ein „Schlupfloch der Barmherzigkeit“. Eine Arbeitsgruppe von Bischöfen der Bundesrepublik, der Schweiz und Österreichs hatte dann einen Text vorzubereiten. Versierte Professoren der Theologischen Fakultäten wurden hinzu gebeten. (Anm. Vgl. Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland, Christlich gelebte Ehe und Familie. Einleitung, Freiburg u.a. 1976, 411 – 422, hier 421f.). Ich selbst war Sekretär der Gruppe, die sich mehrfach und an verschiedenen Orten traf. Es gelang allerdings dem Kreis trotz aller theologischen und kanonischen Akrobatik nicht, ein vertretbares Votum zu formulieren. Zudem ging uns auf, dass in den verschiedenen Versionen eine große pastorale Gefährdung steckte: Wie würden sich mögliche Lösungsvorschläge auswirken auf Ehen, die in einer Krise stecken? Könnte eine konzedierte Einräumung des Sakramenten-Empfangs für Wiederverheiratet-Geschiedene bei Spannungen zwischen Eheleuten nicht den Willen zur Treue schwächen?

• Vaticanum II (1962 -1965)

Auch während des Vaticanum II fehlte es nicht an Äußerungen, die den Schmerz der Wiederverheiratet-Geschiedenen den Konzilsvätern zu Gehör brachten. So hielt etwa am 29. September 1965 (5. Sitzungsperiode) Erzbischof Elias Zoghby, Patriarchalvikar des Melkitischen Patriarchen Maximos IV., eine viel beachtete Rede. In ihr legte er das Unglück von entzweiten Ehen dar und schlug für den Fall von Ehebruch und böswilligem Verlassen eine Auflösung des Ehebandes vor: „Wir wissen, wie stark die Kirchenväter der Ostkirchen den Witwern und Witwen von einer zweiten Ehe abrieten und so die Anweisung des Apostels befolgten. Aber sie haben das Recht der Wiederverheiratung nie den Bräuten vorenthalten, die zu Unrecht verlassen worden waren. Diese Tradition wurde im Osten beibehalten und während der Jahrhunderte der Union niemals missbilligt. Sie könnte erneut gutgeheißen und von den Katholiken angenommen werden. Genauere Kenntnis der Patristischen Studien hat in der Tat diese Lehre der Väter der Ostkirche erwiesen, die keine schlechteren Exegeten und Moraltheologen waren als die des Westens.“

Die Stellungnahme ist eindeutig. Allerdings ist auch zu beachten, dass sich Maximos IV. einen Monat später von seinem Vikar distanzierte. Dieser spreche wie alle Konzilsväter nämlich lediglich in seinem eigenen Namen und habe alle Freiheit zu sagen, was er denke. Dann fügte er hinzu: „Hinsichtlich des Problemkerns muss die Kirche an der Unauflöslichkeit der Ehe festhalten“

• Konzil von Trient ( 1545 – 1563)

Die Eheproblematik beschäftige gründlich auch die Beratungen des Konzils von Trient. Historische Untersuchungen haben herausgestellt, es sei ihre Absicht gewesen, in der Dogmatisierung der Unlösbarkeit des Ehebandes die Autorität der Kirche und damit die Verbindlichkeit ihrer Doktrin zu verteidigen. Das Konzil stelle fest, die eigene Lehre und Praxis über deren Unauflöslichkeit sei gemäß dem Evangelium in der göttlichen Offenbarung begründet. Diese Aussagen betreffen zunächst gewiss nicht unmittelbar die Zulassung von Wiederverheiratet-Geschiedenen zu den Sakramenten. Dennoch sprechen sie sich gegen die Möglichkeit einer Wiederheirat aus. Sie machen im Kontext unserer Frage nicht einmal minimale Andeutungen, die Hirten der Kirche könnten sich in eigener Vollmacht bei Problemfällen über Gottes Wort hinwegsetzen. (Anm. W. Molinski, Theologie der Ehe in der Geschichte, Aschaffenburg 1976, 152 – 158. Besonders gründlich und verlässlich ist Formulierung und Intention des Konzils nachgegangen A. Wollbold, Pastoral mit wiederverheirateten Geschiedenen – gordischer Knoten oder ungeahnte Möglichkeiten? Regensburg 2015, 107 - 118).

• Mittelalterliche Bußbücher

In der Mitte des 1. Jahrtausends wurden sehr zahlreiche Anweisungen für das Sakrament der Versöhnung aufgeschrieben. Sie hatten ihren Ursprung in irischen, angelsächsischen und schottischen Klöstern, und missionierende Mönche brachten sie zusammen mit der Ohrenbeichte aufs Festland. Vom 5. Jahrhundert ab waren sie in unterschiedlicher Aktualität ein zentraler pastoraler Leitfaden und nahmen Einfluss mindestens bis zum Decretum Gratiani (1140). (Anm.P Manns hat ihnen eine ausführliche Studie gewidmet in N. Wetzel, Die öffentlichen Sünder oder Soll die Kirche Ehen scheiden? Mainz 1970, 4 – 75). Sie signalisieren gleichfalls unser Problem. Aber man sucht in ihnen vergeblich dessen generell anerkannte Lösung.

• Patristik

Kaum aufzählbar sind schließlich die Autoren und die Weisungen, die die Patristik zur Materie der Ehelehre hinterlassen hat (Anm. Vgl. M.J.Rouet de Journel S.J. (Hg.) Enchiridion patristicum, Barcelona 1956). Hier seien nur erwähnt: Pastor Hermae (entstanden gegen 155), Clemens Alexandrinus (+ 215), Hilarius von Poitiers (+366), Basilius der Große (+379), Hieronymus (+389), Augustinus (+430), Papst Innozenz I. (+ 417), Papst Gregor der Große (+604). In allen läßt sich als Grundtenor der Aussagen immer eine Warnung vor Laxismus ausmachen. Die Unauflöslichkeit der Ehe wird eingeschärft; manchmal kommt es zu einer klaren lehrhaften Abwehr aller „milderen Praxis“. In der westlichen Kirche wird kein gangbarer Weg gefunden, eine eventuelle Wiederverheiratung zu billigen. Dieses Ergebnis belegen neben den Einzelzitaten der erwähnten Autoren auch gezielte systematische Studien (Anm. Etwa G. Pelland, S.J. La pratica della Cheisa antica relativa ai fedeli divorzialti risposati, in Congreagzione per la Dottrina della Fede ((Hg.)) Documenti, commenti e studi 17, Vaticano 1998, 99- 131) .

• Fazit

Dieser Rückblick auf die Geschichte der Kirche ermutigt nicht eben zu der Hoffnung, dass schließlich die jüngsten Versuche und Stellungnahmen nun den „Stein der Weisen“ gefunden hätten. Auch wenn deren Wortführer mit einem gerüttelten Maß an Sendungsbewusstsein auftreten und sich des Beifalls der Medien sicher sein können, bleibt der Sorgfältige und Nachdenkliche gegenüber ihren Vorschlägen skeptisch.

1.2 Abwegige Modelle

Die Daten der Kirchengeschichte vermindern ohne Frage unsere Zuversicht, einen Ausweg aus dem Dilemma zwischen gebotener Lehre und seelsorglicher Anteilnahme zu finden. Krass befremdlich wirken hingegen einige aktuelle Vorschläge, die das Problem zu lösen vorgeben. Man fragt sich, warum ihre Autoren dem wissenschaftlichen Ruf einer ganzen Disziplin riskieren.

• „Paradigmenwechsel“

Nach Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (24. 2. 2015) trat der Vorsitzende der Pastoralkommission dieser Konferenz, Bischof Bode, vor die Presse. Er ist einer der gewählte Delegaten für die nächste Sitzung der Bischofssynode. Seine Absicht war es, die moraltheologisch-pastorale Dimension des Problems zu hinterfragen und auf die Ebene systematischer Theologie zu heben. Pastoral und Dogmatik – so der promovierte Dogmatiker - müssten sich für diese Fall gegenseitig befruchten. Er verdichtet solche Spekulation zu einer „historische wichtigen“ Einsicht, die er gar einen „Paradigmenwechsel“ nennt. Dann bemüht er schweres Geschütz und verweist auf die Konzilskonstitution „Gaudium et spes“. Dort steht gleich in der Nummer 1, es gäbe „nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren (sc. der Jünger Christi) Herzen einen Widerhall fände“. Daraus folgert der Bischof nun: „Nicht nur die christliche Botschaft muss Resonanz in den Menschen finden, sondern die Menschen müssen Resonanz bei uns finden.“ Später erläutert er seine neue Sicht noch in einem Interview. Dort nennt er es eine theologische Grundfrage, „ in welchem Verhältnis steht die Lehre der Kirche heute noch zum Alltagsleben der Menschen? Beziehen wir die konkreten Erfahrungen der Menschen genügend in die Lehre ein? Es darf nicht sein, dass Lehre und Leben völlig auseinanderfallen.“ So feiert unter dem Stichwort „Paradigmenwechsel“ die alte Behauptung von der Abhängigkeit der Orthodoxie von der Orthopraxis fröhliche Urständ.

Denn der Versuch, aus der Lebenserfahrung des Menschen Glaubensinhalte abzuleiten, ist nicht so neu, wie hier behauptet wird. Bei der Erarbeitung der Konstitution „Die Kirche in der Welt von heute“ das Vaticanum II beschäftigte sie die Konzilsväter und wurde von ihnen gründlich geklärt (Anm. J. Ratzinger berichtet ausführlich, wie sich die Konzilsväter mit dieser Frage befassten: Kommentar zur Nr. 11 dieser Konstitution, in „Lexikon für Theologie und Kirche“ XIII, Freiburg 1968). Die Diskussion kreiste damals um die Glaubensrelevanz von gesellschaftlichen oder kirchlichen Phänomen und machte sich an dem biblischen Ausdruck der „Zeichen der Zeit“ fest: „Sehen oder hören wir in diesen Zeichen Gottes Weisung oder Stimme? Können wir sie als theologische Wahrheit deuten?“ Diese Frage wurde zu einem wichtigen Anknüpfungspunkt für das „Aggiornamento“, das dem Konzil bekanntlich oblag. In den Beratungen ergab sich, es wäre irrig, diese „Zeichen der Zeit“ im Leben der Menschen als eine „Quelle des Glaubens“ aufzuspüren – wie es in der Nummer 11 ursprünglich formuliert worden war. Vielmehr seien solche Zeichen zu unterscheiden (discernere). Auf diese Weise erklärten die Konzilsväter, neu aufgebrochene Ereignisse und Bedürfnisse der Christen dienten den kirchlichen Hirten als Anstoß, sie in das Licht des Glaubens zu stellen, sie zu prüfen und ihnen aus der Wahrheit der Offenbarung heraus eine Antwort zu geben. Sie schlossen ausdrücklichen den peinlichen Kurzschluss aus, ein die Kirche herausforderndes Phänomen wäre als solches schon eine Quelle des Glaubens (locus theologicus).

Im übrigen lässt die Vatikanische Konstitution über die „Göttliche Offenbarung“ selbst keinen Zweifel, dass sich der Glaube der katholische Kirche allein der Heiligen Schrift und der kirchlicher Lehre verdankt (Nr. 5). Schließlich wäre es über diese eindeutigen Weisungen hinaus vollends paradox, wollte man einer kleinen Gruppe von Gliedern der Kirche, die in einer geistlich bedauernswerten, aber doch objektiv irregulären Situation lebt, die Funktion einer Glaubensquelle zusprechen. Bischof Bodes Berufung auf einen Perspektivenwechsel ist darum weder originell noch hilfreich.

• Skurilitäten

Endlich muss noch auf zwei Stellungnahmen hingewiesen werden, die von so verblüffender theologischer „Logik“ sind, dass man sich nur noch vor Verwunderung die Augen reiben kann. Hinsichtlich der Zweitehe von Getauften schreibt der Ordinarius einer katholischen Fakultät einer deutschen Universität: „Ich gehe eher von einer generativen Sakramentalität aus, die das Ehesakrament entgrenzt. Die erste sakramentale Ehe bleibt bestehen, der faktische Bruch aber zerstört nicht den unzerstörbaren Charakter der Treuezusage Gottes, sondern aktiviert die Zusage Gottes von neuem…“ (Otmar Fuchs). Die „Zweitehe“ wird mit dieser Spekulation zu einer als spezifischen Gnadenquelle gedeutet!


Ein anderer interpretiert die Verse von 1 Kor 11,29ff., in denen der Apostel zur Selbstprüfung auffordert: „Denn wer davon (vom Leib und Blut des Herrn) isst und trinkt, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt. Deswegen sind unter euch viele schwach und krank, und nicht wenige sind schon entschlafen.“ Willibald Sandler nimmt diese Forderung des Paulus nicht als Warnung gegen den unwürdigen Empfang der Eucharistie, sondern unterstellt dem Apostel, er empfehle den unwürdigen Empfang, weil dieser „nicht auf Verdammnis, sondern auf Rettung zielt“. (Anm. Beide Zitate in G. Augustin/I. Proft ((Hg.)) , Ehe und Familie. Wege zum Gelingen aus katholischer Perspektive, Freiburg 2014, 391 ,bzw. 418).

2. Das Ehe-Fundament: Gottes Wort
Das Gewirr heutiger Stimmen, die zur Lösung des Problems beitragen wollen, nötigt dazu, die verbindliche Quelle für unser Glauben nochmals in den Blick zu nehmen. Jedenfalls kurz muß darum von den Anweisungen der Offenbarung Gottes zur Unauflöslichkeit der Ehe die Rede sein.

• Befund der Heiligen Schrift und frühe Kirche

In den drei synoptischen Evangelien (Mk 10,11-12; Mt 5,31f. und 19,9; Lk 16,18) erinnert der Herr an den ursprünglichen, reinen Willen Gottes und gebietet mit großer Klarheit die Singularität und Dauer jeglicher ehelichen Bindung. - Richten sich diese Worte vorzüglich an die Christen aus dem Judentum, so schärft der Völkerapostel sie im 1. Brief an die Korinther (7,10) den Gemeinden aus dem Heidentum ein. Er stellt sich bewusst unter die genannte Weisung des Herrn; die Möglichkeit einer zweiten Heirat wird nirgendwo erkennbar. Voreingenommene Exegese behauptet nun, dass aus dem entsprechenden Abschnitt des Briefes zu entnehmen wär, Paulus räume auch eine Trennung der Ehe ein; er schreibe ja, diesmal mit Berufung auf seine eigene Autorität: „Wenn aber der Ungläubige sich Fällen nicht wie ein Sklave gebunden“ (7,15). Doch solche Deutung gelingt nur, weil ausgeblendet wird, dass die von Paulus hier zugestandene Lösung des Ehebandes den Glauben der Christen sicherstellen will; sie will keineswegs mögliche Kompromisse bei generellen Schwierigkeiten zwischen den Partnern konzedieren. Insofern ist die für diesen Fall gebilligte Trennung, das sog. Privilegium Paulinum, eher eine Verschärfung des Herrenwortes: Der Christ soll seine eheliche Bindung nicht zu einer Formalität machen oder sie auf Kosten des Glaubens aufrecht erhalten; vorrangig ist eben der Glauben, der nach Christi Wort die Unauflöslichkeit der Ehe einschließt.

Wer endlich aus Pauli Anordnung das „Schlupfloch der Barmherzigkeit“ ableitet, muss sich der Frage stellen: Woher nimmt er den Anspruch, mit der Autorität des Apostels Jesu Weisung zu ergänzen?

Gelegentlich billigen Interpreten dem Worte Jesu lediglich den Charakter einer Provokation zu. Doch es ist nicht zu einer gütlichen Mahnung abzuschwächen. Sonst verkennt jemand das Verständnis der frühen Kirche. Die junge Gemeinde sieht die genannten Verse als Rechtssetzung. Sie hält fest: Wer die eheliche Einheit bricht und eine neue Vereinigung eingeht, handelt nicht nach Gottes Willen; er begeht Ehebruch. Schon im AT hatte sich Jahwe durch den Propheten Maleachi gegen die Scheidung ausgesprochen: „Wenn einer seine Frau aus Abneigung verstößt, dann befleckt er sich mit einer Gewalttat, spricht der Herr der Heere. Nehmt euch also um eures Lebens willen in Acht und handelt nicht treulos“ (2,16).

In apostolischer Zeit gilt das ausgesprochene Verbot der Wiederheirat zunächst für den Mann gegenüber allen Frauen. Seit dem 4. Jahrhundert wirkt sich dann auch die Tendenz aus, Mann und Frau kirchenrechtlich einander gleichzustellen: Mt 5,32 betrifft nicht länger nur den Mann. Wenn man im Gefolge der Gleichbehandlung von Mann und Frau dasselbe Verbot der Ehescheidung an die Frau adressiert, lässt sich aus ihm folgern: Keiner – weder Mann noch Frau – darf irgendwen heiraten, der geschieden ist. Das kommt dann praktisch, wenn auch nicht terminologisch, in die Nähe der Trennung von Bett, Tisch und Wohnung. Also steht keine kirchenrechtliche Lösung der matthäischen so nahe wie die katholische. Der protestantische Exeget Ulrich Lutz schreibt:

„Die katholische Position, welche die Möglichkeit einer Trennung von Tisch, Bett und Wohnung bei bleibendem vinculum der Ehe vorsieht, kommt m. E. der matthäischen Position besonders nahe. …Der entscheidende Punkt, worin Matthäus und die katholische Praxis konvergieren, liegt in dem Verbot, eine Geschiedene zu heiraten. Ihm entspricht das Nein zu einer zweiten Ehe, das die Kirchenväter im Ganzen mit großer Entschiedenheit durchgehalten haben; erst im 4. Jahrhundert bahnt sich im Osten ein Wandel an.“ (Anm. So in seinem Kommentar Das Evangelium nach Matthäus, in EKK I/1, Düsseldorf, 2002, 365f.).

• Bindende Eindeutigkeit

Gottes Offenbarung steht also gegen die oft angestrebte „mildere Praxis“; Hinweise auf Gottes Barmherzigkeit, auf Epikie oder auf eine Trennung zwischen Recht und Pastoral haben an Jesu Wort ihre Grenze. Die kirchliche Ordnung bleibt ja vom Evangelium abhängig und sie darf es nicht verdrehen. Wiederverheiratet–Geschiedene haben eben Jesu eindeutiges Gebot übertreten; sie leben in einer Situation, die dem Willen Gottes objektiv widerspricht und können deshalb zum Eucharistie-Empfang nicht hinzutreten. Eine gleichlautende Weisung gab die vatikanische Kongregation für die Glaubenslehre erst jüngst mit einem Brief vom 14. September 1994, der auch in der Synode schon aus Gründen der Kontinuität und der Verlässlichkeit kirchlicher Lehre nicht unbeachtet bleiben darf.

Ein kirchengeschichtlicher „Kassensturz“ zum Thema erweist sich nicht eben als ermutigend. Durch all die Jahrhunderte hin zeigt sich in aller Suche kein hoffnungsvoller Anknüpfungspunkt für eine „Lösung“, die die Offenbarung ernst nähme und ohne gefährliche Auswirkungen auf bestehende Ehen wär. Wer in den Gemeinden verbreitet, das lang gesuchte „Schlupfloch der Barmherzigkeit“ sei gefunden, verschließt wohl die Augen gegenüber den erwähnten kirchengeschichtlichen Sackgassen. Oder er kommt mit prätentiöser Selbstsicherheit: Als ob heute plötzlich eine so genialische theologische Kenntnis erwacht sei, dass sich ein 2000 Jahre lang blockierter Weg geöffnet hätte.

Wiederverheiratet-Geschiedene waren und sind ein fortdauernder Schmerz für die Kirche und ihre Pastoral. Ihn zu heilen steht jedoch offenbar nicht in ihrer Macht. Und wer dennoch konkrete Richtlinien für die Zulassung zu den Sakramenten zu formulieren versucht, trifft bald auf die Frage, ob für dieses Feld überhaupt „allgemeine Normen“ denkbar sind. Wie sich in der von der „Synode der deutschen Bistümer“ eingesetzte Kommission erwies, wäre schon das nicht nur eine Sisyphus- Arbeit. Solche Regeln wären vor allem nicht gegen ihren Mißbrauch gefeit: Der „Grenzfall“ verkäme leicht zum „Normalfall, “ und es wäre „mit dem Wesen von Christ und Kirche vorbei“ (Anm. H.U. von Balthasar, Christ auf Zeit, in Klarstellungen, Einsiedeln 1978, 176 – 183, 179).

3. Konstruktiver Zwischenruf

Dass das Problem des Sakramenten-Empfang der Wiederverheiratet-Geschiedenen einfühlsame Hirten zur Lösung nötigt, liegt auf der Hand. Und diese Zusicherung wird an dieser Stelle nicht als Schutzbehauptung gegeben; niemand sollte diskreditiert werden, wenn er Abhilfe schaffen will. Die Not der Betroffenen ist jedoch neuerdings mit einer solchen Heftigkeit in Umlauf gekommen, dass die kirchliche Öffentlichkeit von ihm traumatisiert, mindestens auf sie fixiert erscheint. Die Kühnheit, den gordischen Knoten durchzuschlagen, wird als das schlechthin wichtigste Gebot der Stunde verkündet

Ein kühler Kopf versucht Abstand zu gewinnen. Geweihten Hirten ist ja geboten, Diözesen und Gemeinden alle Widrigkeiten, Fallen und Chancen zu verkünden – auch das, was wegen der Identifizierung mit den Bedrängten vielleicht vergessen wird. Weil immer der Geist der Welt Glaubensdinge verdunkelt oder bestreitet.

Manchmal dient dann der Sache auch eine Wiederentdeckung und sie verändert die Sicht. Auch Altes mag in neuem Licht erscheinen. „Prüft alles, und behaltet das Gute“, erwartet der Apostel von den Thessalonichern (1 Tess 5,21). Beim Ringen um die Zulassung Wiederverheiratet-Geschiedener zum Eucharistie-Empfang tauchen dann konstruktive Aspekte auf, die sich in die gegebene kirchliche Ordnung integrieren lassen. Sie dürfen im Eifer nicht übersehen werden. Von zweien, die auch ohne theologische Purzelbäume möglich sind, soll hier die Rede sein.

3.1 Das Treueversprechen

Vor einigen Wochen wurde ich darum gebeten, mich der geistlichen Last von Geschiedenen von einer bislang wenig erwähnten Seite zu nähern. Ein deutscher Jurist, Rainer Beckmann, hatte ein ausführliches Zeugnis zu Papier gebracht, das einen oft vergessenen Aspekt der Trennungs-Problematik herausstellt. Er beabsichtigte eine Publikation zu den Überlegungen und Gründen, warum er nach dem Scheitern seiner Ehe keine neue Bindung eingegangen war. Er hatte sich entschieden, seinem bei der Eheschließung gegebenen Wort treu zu bleiben. Er bat mich um ein Vorwort.

• Ein Sonderfall?

Das mir dann zugesandte Manuskript liegt inzwischen gedruckt vor (Anm. R. Beckmann „Das Evangelium der ehelichen Treue“. Eine Antwort auf Kardinal Kasper, Fe-Medienverlag , Kisslegg 2015). Der Autor geht in vielen Passagen mit den beiden Referaten hart ins Gericht, durch die Kardinal Walter Kasper beim Konsistorium im Februar 2014 die Diskussion anstieß. Auch analysiert er kritisch manche Antworten der Deutschen Bischofskonferenz zur Umfrage des Römischen Sekretariats der Bischofssynode. Doch über den Scharfsinn, mit dem der Verfasser die umlaufenden Thesen und Ansichten durchleuchtet und sich von vielen absetzt, gewinnt er vor allem durch seine Aufrichtigkeit. Es ist bewegend dabei zu sein, wie er sich im Glauben dazu durchringt, seinem beim Sakramenten-Empfang gegebenen Wort treu zu bleiben. Auf diskrete Weise versteht er es, den Leser in seinen Kreuzweg einzubeziehen. Die nachfolgenden Bruchstücke vom Anfang seiner Aufzeichnungen wollen und können die persönliche Lektüre seines Zeugnisses nicht ersetzen.

Nach fast 25 Jahren ehelicher Gemeinschaft hatte sich die Gattin von Rainer Beckmann Anfang 2010 einem anderen Mann zugewandt. Im Sommer 2010 war sie ausgezogen, hat sich 2012 scheiden lassen und ihren neuen Partner Ende 2013 standesamtlich geheiratet. Die Ereignisse erlebte der Verlassene wie eine familiäre Tragödie. „Für mich war das Auseinanderbrechen unserer Familie die größte Katastrophe meines Lebens….Meine Frau und ich hatten viele Jahre lang eine Ehe geführt, die in unserem Umfeld als durchaus „vorbildlich“ und entschieden christlich wahrgenommen wurde.“ Beide nahmen aktiv am Gemeindeleben teil, und die christliche Erziehung unserer vier Kinder lag ihnen am Herzen.

Während sich seine Frau in eine neue Beziehung stürzte, sah der Autor des Buches für den Fortgang seines eigenen Lebens keinen Weg. Ihm stand vor Augen, dass er sich in seiner katholischen Eheschließung unauflöslich an seine Frau gebunden hatte. Nie hatte er ernsthaft erwogen, dass diese Ehe auch scheitern könnte. „Einen „Plan B“ gab es also nicht.“ Stattdessen rang er mit der Frage, ob und wie lange er um eine Versöhnung mit seiner Frau kämpfen sollte. Gleichzeitig erreichten ihn Beschwichtigungen anderer, die ihn trösten und aufzurichten sollten. Auch von katholischen Bekannten kam der Rat, das Vergangene doch zu vergessen und die Trennung zu akzeptieren. Warum er denn an keine neue Beziehung dächte? In ihr könnte er fraglos „neues Glück“ finden.

Eine Zeit lang haderte er mit seinem Glauben. Und er brauchte einige Wochen, bis er sich zu einer klaren Entscheidung durchringen konnte.

„Einer ‚Zweitehe‘ stand nicht ‚nur‘ die Weisung Christi und die Lehre der Kirche entgegen, sondern auch und vor allem mein eigenes Eheversprechen. Es war klar und eindeutig gewesen. Ich hatte meiner Frau feierlich und vor Gott versprochen, sie zu lieben, zu achten und zu ehren, ‚bis dass der Tod uns scheidet‘. Wenn das am Hochzeitstag ernst gemeint war, musste und wollte ich mich daran halten.“

Dann wendet sich der Zeuge wieder direkt an seine Leser. Viele Menschen würden seiner Sichtweise schon deshalb nicht folgen können, weil ihnen dafür die religiöse Grundlage fehle. Die Entscheidungen der Menschen richteten sich ja nach den Maßstäben der säkularen Gesellschaft. Für diese sei die Ehe ein bürgerlich-rechtlichen Vertrag mit Kündigungsmöglichkeit. Die katholische Kirche habe jedoch von ihr ein anderes Verständnis. Sie „sieht dagegen in der lebenslangen Verbindung von Mann und Frau ein Sakrament, das die Treue und Liebe Gottes zu seinem Volk und die liebende Hingabe Christi zu seiner Kirche widerspiegelt. Ich bin von der Richtigkeit dieser Auffassung überzeugt und habe in diesem Sinn auch bei der Eheschließung mein Ja-Wort gesprochen.“

Nicht leichten Herzens veröffentlicht der Autor sein Bekenntnis. Er ist sich bewusst, dass der Ehebund nur drei Personen, nämlich ihn selbst, seine Frau und Gott etwas angeht. Er zeigt weiter seine Wertschätzung der Gattin, indem er seine Sorge ausdrückt, sein Schritt an die Öffentlichkeit möchte sie verletzen. Dennoch entscheidet er sich zu einer Publikation. Denn er steht – gewiss zu Recht – auf dem Standpunkt, ohne sein Zeugnis fehle in der Debatte über die Wiederverheiratet-Geschiedenen eine wichtige Stimme. Er will den oft vergessenen „Dritten“ ins Spiel bringen. In Gott liegt auch der Grund, warum er sich dazu durchrang, keine neue Beziehung zu einer Frau aufzunehmen. Verkürzt und vereinfacht könnte man sagen, dass ihn sein Glaube auf die Treue festlegte; sein Leben auf Gott zu setzen und die Wahrheit von Gottes Wort ohne Abstriche anzunehmen.

• Erkenntnisse

Deshalb wehrt er sich in seinem Buch auch durchgehend, das Familienproblem auf Sekundärursachen zurückzuführen - etwa auf „kirchliche Sprachunfähigkeit“, auf den Pansexualismus oder die Rückständigkeit katholischer Morallehre. Es sei vielmehr der „Mangel an Glaubenssinn“ („das Problem hinter dem Problem“), dem entgegenzutreten er die geweihten Hirten nachdrücklich auffordert. Dies Problem sei jedoch mit „Erleichterungen“ nicht zu bewältigen.

Erleichterungen würden stattdessen zur weiteren Verwässerung der Gottesbeziehung verleiten. Die Studie führt solche Banalisierung dann auf: Abschied von der ehelichen Treue, Zweifel an der Richtigkeit der kirchlichen Ehelehre, Eucharistie-Empfang ohne Disposition, Entwertung des Bußsakraments, Förderung des religiösen Relativismus und die Verzerrung des Begriffs „Barmherzigkeit“. – Bei all dem bricht der Autor nicht den Stab über die, die ihre versprochene Treue nicht gehalten haben und nennt auch Optionen, die die Seelsorge an Wiederverheiratet-Geschiedenen einräumt.

• Belang

Der Verfasser dieser Publikation verdient zunächst besondere Aufmerksamkeit, weil er im Getöse der Synoden-Kommentare von Bischöfen und Medien eine wichtige Wahrheit festhält: Wiederverheiratung ist kein „Muss“ für Geschiedene. Diese Klarstellung wird wohl in der entfachten Auseinandersetzung nicht selten übertönt. Und sie ist vielleicht sogar denen missliebig, die sich für die eigentlich Barmherzigen halten (und „Barmherzigkeit“ in paradoxer Weise totalisieren). So macht diese Stimme, der Kirche und uns allen eine wichtige Wahrheit wieder bewusst. Deren Wichtigkeit dieses seines Beitrags wird von einer völlig unerwarteten Seite bestätigt und verstärkt.

Die Wissenssoziologie ist dem Entstehen und der Dauer von gedanklichen Vorstellungen und Verhaltensimpulsen unter Menschen gründlich nachgegangen. Als weltlicher Wissenschaft darf ihr kein verzerrendes Vorurteil nachgesagt werden. Ihre Einsichten können demnach auch im pastoralen Ehe-Disput zweifellos Gültigkeit für sich in Anspruch nehmen.

Die Forscher haben herausgefunden, dass unsere Überzeugungen und Handlungsweisen generell von andern abgeschaut sind. Sie werden im Umgang unserm Bewusstsein eingewurzelt, „internalisiert“ – wie es heißt. Neben ihrer Darlegung machen wir uns bei diesem Prozess die Lebensmodelle von Mitmenschen zu eigen. Dabei liegt zu Tage, dass bei solcher Übernahme nicht alle Leitbilder den gleichen Einfluss auf uns haben; dieser hängt vielmehr ab von der menschlichen und geistigen Größe der anderen. Begegnen wir freilich authentischen Personen, so vermitteln sie uns eine ausdrückliche und gefühlsgetragene Gewissheit für unser Urteilen und Handeln.

Fatal für uns alle: Würde weder in Botschaften noch in Zeugnissen herausgestellt, dass die Treue zum einmal gegebenen Versprechen auch nach dem Scheitern der Ehe möglich ist. Fatal für uns alle: Würden sich die geweihten Hirten nur noch mit den sog. „neuen Lösungen“ befassen und gäbe es keine Geschiedenen, die an dem einmal gegebenen Treue-Versprechen festhielten. Die Wissenssoziologie läßt keinen Zweifel: Was nicht mehr aufscheint in Wort und Tat, wird zunächst belanglos und dann vergessen(Anm. Vgl. P.L.Berger/Th. Luckmann, Die gesellschaftliche Konstrution der Wirklichkeit, Frankfurt 1970, 72ff.).

Der hier publizierten Stimme in der laufenden Diskussion besonderes Gehör zu geben, hat noch einen weiteren Grund: Wer sich erkennbar auf Gottes Willen eingelassen hat, dem kommt in der Kirche größere geistliche Autorität zu. Er hat nicht nur die psychologische Kraft des existenziellen Zeugnisses auf seiner Seite. Für ihn spricht gleichfalls – wenn auch in geringem Grad – was die Kirche den Großen ihrer Geschichte zutraut: dass sie der göttlichen Weisung für diese Kirche näher sind. Sie folgen dem ewigen Hirten; sie machen trotz des hohen Geräuschpegels seine Stimme aus, weil „sie sie kennen“ (Joh 10,4).

Der Autor summiert: „Es kommt deshalb darauf an, die Unauflöslichkeit der Ehe auch künftig glaubwürdig zu bezeugen: als Kirche in der Lehre, als katholischer Christ im persönlichen Leben. Ein Ehepartner, der sich trotz Trennung an die Unauflöslichkeit der Ehe hält, gibt ein Zeugnis seines persönlichen Glaubens und des Glaubens der ganzen Kirche. Noch wichtiger ist das Zeugnis derer, die ihre Ehe gemeinsam im Glauben leben und uns damit ein reales Abbild der Treue Christi zu seiner Kirche vor Augen halten. Nur auf dieser Grundlage ist es möglich, ‚die Berufung und Sendung der Familie in der Kirche und der Welt von heute‘ – so das Motto der kommenden Synodenversammlung – glaubwürdig zu bezeugen.“

3.2 Die geistige Kommunion

Auch wenn die kommende Versammlung des Weltepiskopats in Rom die ganze Breite der Familienthematik zu bewältigen hat, so war sie zunächst vorwiegend mit dem Eucharistie-Empfang der Wiederverheiratet-Geschiedenen befasst. Nicht zuletzt hatte der Duktus von Kardinal Kaspers Einleitungsreferaten mit diesem Problem alle Aufmerksamkeit absorbiert. Verschiedene Motivationen rückten es so bestimmend in den Vordergrund, dass es ohne genauere Nachfrage nach der Anzahl der Betroffenen und seiner Relevanz für alle Ortskirchen der Weltkirche in gleicher Weise als das dringlichste erschien.

Ferner wurde – was darüber hinaus problematisch ist – der Beachtung einer anderen personalen Begegnung mit dem Herrn, etwa der „geistigen Kommunion“, kein Raum gegeben. Als ich diese nach dem Eingangsreferat ins Spiel brachte, taugte sie in den Augen des Referenten nicht einmal als Aspekt an der zu lösenden Schwierigkeit. Sein Kommentar, den Wiederverheirateten Geschiedenen die geistige Kommunion zu empfehlen, lautete knapp und schlicht: Wer zum sakramental-zeichenhaften Empfang der Eucharistie nicht zuzulassen wäre, der sei auch nicht würdig für eine geistige Kommunion.

Widersetzte sich der Redner so kategorisch einer rein geistigen Begegnung mit dem Herrn, weil sie sein Haupt-Argument schwächen würde, für den Zugang zum Tisch des Herrn müsse die göttliche Barmherzigkeit den Ausschlag geben? Sollte durch das Umgehen einer Alternative schlicht verhindert werden, dass die Speerspitze im Kampf für das Essen der eucharistischen Speise stumpf würde? Oder war letztendlich Unkenntnis über den Akt der geistigen Kommunion im Spiel? Tatsache ist ja, dass sogar der „Katechismus der Katholischen Kirche“ von 1992 den Begriff nicht mehr enthält, geschweige denn, dass dies kirchliche Lehrbuch diese Form erläuterte oder den Gläubigen nahelegte.

Johannes Auer, ehemaliger Dogmatiker in Regensburg, war wohl einer der letzten, der ihre theologischen Wurzeln und ihren Gewinn für die Verinnerlichung der Christus Beziehung herausgestellt hat. Seine Untersuchung ist mit historischen Nachweisen reich belegt, und niemand, der sich verantwortlich mit der Problematik befaßt, darf sie übergehen. (Anm. Geistige Kommunion. Sinn und Praxis der communio spiritualis und ihre Bedeutung für unsere Zeit, in :Geist und Leben 24 ((1951)) 113 – 132; abrufbar auch im Internet; dort auch die Belegstellen. - Die Thematik der „Geistigen Kommunion“ habe ich behandelt in einer kleinen Publikation „Geistige Kommunion – befreit vom Staub der Jahrhunderte“, Kisslegg 2. Auflg. 2015).

• Das Sakrament

Der Theologe geht davon aus, dass die Feier des Herrenmahles mit seiner Frucht, der heiligen Eucharistie, das größte Sakrament des Neuen Bundes ist. Das Neue Testament begründet an unterschiedlichen Orten die Würde und den Wert des Brotes, das zum Leib Christi und uns zur Speise verwandelt ist. Diese Tatsache zu belegen, steht hier nicht an. Der Empfang der heiligen Kommunion ist Mittel zum Erhalten und zur Festigung unseres ewigen Lebens; er bezieht ferner den Gläubigen ein in das Opfer Christi selbst und macht die Getauften im Auferstandenen zu einem Leib.

Im Verlauf der Jahrhunderte tritt neben solchen theologischen Sachaussagen dann zunehmend der Gedanke hervor, dass die Eucharistie eine leibhaftige Begegnung mit der Person Jesu ist. Die Sicht des Geschehens kehrt dessen gnadenhaft-mystische Seite hervor.

Die griechischen Theologen Basilius (+379) und Gregor von Nazianz (+390) sehen darüber hinaus die Wirkung des Kommunionempfangs in der Begnadung mit dem Geist Gottes; Hilarius von Poitiers (+367) bezeichnet den eucharistischen Genuss Christi als Mitteilung des trinitarischen Lebens. Johannes Chrysostomus (+407) hinterfragt erkennbar die empirische Dimension des Kommunizierens. Er folgert aus Pauli Wort, den „Leib des Herrn zu unterscheiden“ (1 Kor 11,29), dass sakramentale Wirkung nicht notwendig mit dem leiblichen Tun zusammenfalle; die Speise müsse im Glauben vom gläubigen Menschen empfangen werden. So tritt zu Tage, dass das zeichenhafte Essen des Leibes Christi nicht in sich steht; es zielt vielmehr auf innere, gnadenhafte Früchte.

• Geistige Begegnung mit dem Herrn

Damit wird in der frühen Christenheit eine zweite theologische Linie aufgedeckt; die spirituelle Wirkung des leiblichen Genusses tritt hervor. Schon bei Tertullian (+ nach 220), Cyprian (+258) verwiesen auf die Grenzen des nur sakramental-zeichenhaften Essen des Herrenleibes und unterstrichen die geistliche Wirkung des Kommunizierens. Die griechischen Theologen Basilius und Gregor von Nazianz lehren ferner, dass die Eucharistie den Geist Christi schenkt. Andere Kirchenväter wie Ambrosius (+397), Gregor von Nyssa (+394) oder Johannes Chrysostomus (+407) betonen, bei diesem Sakrament handle es sich um eine Wirklichkeit, die mit den Sinnen überhaupt nicht zu erfassen sei; dies Sakrament müsse im Glauben, d. h. von pneumatischen Menschen aufgenommen werden. Besonders bezeichnend ist der große Augustinus (+430). Er betont einmal gegenüber den Neugetauften in seiner wunderbaren Spendeformel für den Eucharistie-Empfang die empirisch-greifbare Gemeinschaftsverwiesenheit des Herrenmahles: „Man sagt euch: der Leib Christi. Und ihr antwortet: Amen. Seid denn Glieder des Leibes Christi, auf dass euer ‚Amen“ wahr sei…Seid, was ihr seht, und empfangt, was ihr seid.“ Doch er ist es auch, der das sakramental-zeichenhafte Essen relativiert und die geistige Begegnung mit dem Herrn unterstreicht. In seiner prägnanten Sprache treibt er diese Wahrheit auf die Spitze. Seine Predigten zum Johannes-Evangelium enthalten den für unser Thema meistzitierten Satz: „Ut quid paras dentes et ventrem? Crede, et manducasti! – Warum bereitest du die Zähne und den Leib? Glaube, und du hast gegessen!“ Solcher Appell zur Vergeistigung des Eucharistie-Empfangs ist nicht mehr zu steigern und wird zu einem Angelpunkt „Geistiger Kommunion“ für eine lange und weittragende Wirkungsgeschichte.

Bis zum Toleranz-Edikt Kaiser Konstantins (312) hatten die Gläubigen die heilige Messe im engen Kreis derer gefeiert, die nach langem Katechumenat und oft in Zeiten der Christenverfolgung zu geistlicher Reife herangewachsen waren. Nun aber strömten wegen der neuen Freiheit und der staatlichen Anerkennung viele Menschen in die Gemeinden, deren persönliche Entscheidung für den Glauben weniger radikal war. Man begann, an der Eucharistie-Feier teilzunehmen, auch ohne den Leib des Herrn zu essen. Durch die Völkerwanderung und die Germanenmission nahm das Sprachverständnis für die Liturgie ab; die Gemeinde konnte den Gebeten und Handlungen der Priester schlechter folgen und deutete seine Zelebration zunehmend allegorisch und symbolisch. Aus all diesen Gründen verminderte sich die Zahl derer, die dem Herrn im Sakrament realiter begegneten; man begnügte sich damit, sich ihm in geistiger Weise zu nahen.

Im Mittelalter sah man dann den eucharistischen Jesus häufig als den Gast der Seele, als den König, dem man entgegengeht, an den man sich im persönlichen Gespräch wie an ein Du wendet. Bernhard von Clairvaux (+1153) mit der Brautmystik des „Hohen Liedes“, Bonaventura (+1274) und die Mystiker des 14. Jahrhunderts wie der deutsche Heinrich Seuse (+1366) etwa trugen viel zur Verbreitung eines individualisierten Eucharistie-Empfangs bei. Mit wachsender Anthropo- und Egozentrik in der Weltsicht in der Renaissance verkümmerten darauf der kommunionale und eschatologische Sinn des eucharistischen Geschehens mehr und mehr.

Solche Vereinseitigung auf das Innerlich-Intime wurde dem theologischen Reichtum des eucharistischen Geschehens nicht länger gerecht. Der Gedanke der Hineinnahme in das große Erlösungsopfer Christi ging ganz verloren. Der Gottesdienst büßte den Charakter des Festes mit der gemeinsamen Freude über Christi Sieg und seine Auferstehung ein. Was blieb, war eine „Geistige Kommunion“, in der sich der individuelle Aspekt der Christus-Begegnung gleichsam bündelte. Doch sie ließ die liturgische Fülle, die Zeichenhaftigkeit des Sakraments und seinen Gemeinschaftsbezug verkümmern.

• Abnehmender Kommunionempfang

Auch eine größere Sensibilität gegenüber der Sünde wirkte sich so aus, dass der Empfang der Eucharistie unter dem Zeichen des Brotes seltener wurde. Kriege, Pest und andere Seuchen quälten die Menschen und erscheinen ihnen oft als Strafe Gottes für ihre Vergehen. Man nahm sich die Worte des Völkerapostels an die Gemeinde in Korinth zu Herzen, Gott werde die unwürdige Teilnahme am eucharistischen Mahl nicht ungestraft lassen. Schwäche, Krankheit und Tod seien die Folge des unwürdigen Empfangs der Eucharistie: „Wer unwürdig isst und trinkt, der isst und trinkt sich das Gericht, da er den Leib des Herrn nicht unterschiedet. Darum sind unter euch viele Schwache und Kranke und so manche entschlafen“ (1 Kor 29f.). Für die „Geistige Kommunion“ jedoch entfiel der Aspekt der Unwürdigkeit. Wer sie begehrte, den betraf somit Pauli Drohung nicht. - Schließlich darf für das Fernbleiben vom Tisch des Herrn nicht die Glaubensentfremdung übersehen wird, die den „Gipfel des Tuns der Kirche“ (so das Vaticanum II) nur noch als lästige Pflicht empfinden ließ. In jedem Fall ist bezeichnend, was sich dann in einem Kirchengebote niederschlug: Die Katholiken mussten aufgefordert werden, wenigstens einmal im Jahr die heilige Kommunion zu empfangen.

Die hier sehr geraffte Entwicklungsgeschichte der „Geistigen Kommunion“ zeigt, dass ihre Verbreitung fraglos ihre Schattenseiten hat. Doch unverkennbar ist ihre Übung durchaus theologisch legitim, und ihre heilsame Wirkung durch die Jahrhunderte hin lässt sich nicht bestreiten. Die Dekrete des Konzils von Trient (1545 – 1563) und der Catechismus Romanus (1567) erwähnen sie darum und halten an ihr fest. Sie gibt durch Glaube, Sehnsucht und Liebe Anteil an Christi Opfer. Ihre spirituelle Frucht ist nach der Einschätzung kirchlicher Autorität der sakramentalen Kommunion annähernd gleich.

Natürlich darf beim Argumentieren zur Förderung einer geistigen Form der Christusbegegnung die irdischen Greifbarkeit des göttlichen Heilstuns nicht vergessen werden. Sowohl die Menschwerdung des Gottessohnes wie die sakramentale Struktur der Kirche nutzen für Gottes Erlösungswerk Elemente, die für unser Sinne wahrnehmbar sind: Worte, die man hören kann und Zeichen, die man sehen und berühren kann. Erlösung ist nicht in ein spirituelles Hinterzimmer zu verbannen; sie verflüchtigt sich nicht im mystischen Dunkel. Doch mit dieser Greifbarkeit ist keineswegs die undifferenzierte Gleichsetzung des „Außen“ mit dem „Innen“ des Menschen behauptet.

• Grenzen des Rechts

Hier liegt denn auch der eigentliche Pferdefuß von Kardinal Kaspers Verdikt. Er führt auf einen Holzweg, wenn er aus dem kirchenrechtlich gebotenen Verbot des Kommunion-Empfangs auf die Unwürdigkeit auch der „Geistigen Kommunion“ schließt. Denn kirchliches Recht, das in unserm Falle die Zulassung zur Kommunion verweigert, und andererseits die religiöse Verfasstheit des Herzens – das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Wie allgemein bekannt ist, kann das Recht auch in der Kirche nur empirisch-greifbares Tun und Lassen ordnen. Es kann nicht über die seelische Situation des Menschen befinden und nimmt dies auch nie in Anspruch. Deshalb trifft das Verbot des Eucharistieempfangs nach dem Recht der Kirche eben die sog. „öffentlichen“ Sünder. Die intime Sehnsucht eines Glaubenden, mit dem Herrn eins zu werden, entscheidet sich hingegen auf der Ebene der persönlichen Frömmigkeit, und die ist von außen letztlich nicht verlässlich zu beurteilen. Manche Wiederverheiratet-Geschiedene glauben sich subjektiv gerechtfertigt – und mögen es vor Gott auch sein; andere wissen sich schuldig und wollen gerade deshalb dem Herrn begegnen. Solch innere Haltung ist dem kanonischen Recht entzogen. Und kirchlichen Hirten ist es demnach auch verwehrt, die Herzensentscheidung der Betroffenen solchen Bedingungen zu unterwerfen, die gegebenenfalls kanonisch relevant sind. Wie der „Päpstliche Rat für Gesetzestexte“ ausdrücklich feststellt (Erklärung vom 24.6.2000; veröffentlicht in Communicationes 32 (2000) 159-162), beurteilt das kirchliche Recht in dieser Frage lediglich die äußere, sozial greifbare Situation der Betroffenen, nicht ihr subjektiv-inneres Streben. Diese Einschränkung ist schließlich zudem von kirchenrechtlicher Grundüberzeugung gedeckt: Ein altes kanonisches Axiom lautet: „De internis non iudicat Ecclesia – die Kirche urteilt nicht über die innere Verfasstheit des Menschen.“

• Die Tradition als Lehrer

Ähnlich dem früheren Ringen um pastorale Antworten auf die Not der Wiederverheiratet-Geschiedenen bringt auch ein knapper Rückblick auf die Tradition der „Geistigen Kommunion“ eine bemerkenswerte Einsicht: Sie war durch viele Jahrhunderte Nahen und Fernen eine wertvolle Annäherung an die Gemeinschaft mit dem lebendigen Herrn. Sie verdient eine Neuntdeckung.

Gewiss soll und kann mit ihrer Akzentuierung das Problem des Eucharistie-Empfangs der Wiederverheirateten Geschiedenen nicht gelöst werden; dies hochkomplexe Drama ist ohnehin nicht in einem raschen Schlag-Abtausch zu beenden. Doch keinesfalls kann die „Geistige Kommunion“ für solche Gläubige in Abrede gestellt werden, die sich in der kanonisch blockierten Situation nach einer personalen Begegnung mit Jesus Christus sehnen. Auch in der Pastoral ist unser Gedächtnis schlecht. Die Liturgie-Enzyklika „Mediator Dei“ Papst Pius XII. enthielt noch 1947 den Aufruf: „Es ist der dringende Wunsch der Kirche, dass die Christen, besonders wenn sie nicht leicht das eucharistische Mahl in Wirklichkeit empfangen können, es wenigstens durch Verlangen empfangen“.

Die Vermittlung der Wahrheit von der „Geistigen Kommunion“ ist zuerst ein Seelsorgedienst an denen, die nicht an der Liturgie selbst teilnehmen können. Sind sie alt oder krank, würde ihnen das Wissen um sie und die Anregung, die heilige Kommunion „geistig“ zu empfangen, gewiss oft zur Freude und zum Trost. Manche von ihnen suchen Christi Antlitz im privaten Gebet oder im Lesen der Heiligen Schrift; manche nutzen die sonntäglichen Messübertragungen, um die Auferstehungskraft des Herrn zu erbitten. Sollten sie von den Kommentatoren aus dem „Off“ nicht im Augenblick des Kommunion-Empfangs angeleitete werden, Christus geistig aufzunehmen? Unter den Gläubigen Italiens sind noch vorgeformte Gebete im Umlauf, die solche ersehnte Begegnung mit dem Herrn erbitten. Was weltweit vergessen zu sein scheint, sollte wieder einen Ort finden in Verkündigung und Katechese.

Unser Gottesbezug ist an das Innere des Menschen gebunden. Fromme Aktivität bleibt ohne die Resonanz des Herzens „tönendes Erz und klingende Schelle“ – wie der Völkerapostel es von unserer Liebe sagt. Darum betet der Priester nach seiner eigenen Kommunion seit dem 5. Jahrhundert (Sacramentarium Leonianum) in der Meßfeier mit gefalteten Händen still für sich: „Quod ore sumpsi, Domine, mente capiam – ich möchte im Herzen aufnehmen, was ich mit dem Munde empfangen habe.“

Für den Glaubenden ist es eben mit einem korrekten Vollzug sakramentaler Rubriken noch nicht getan. Äußerliche numerische Häufung bedroht sogar seine Tiefe und Ernsthaftigkeit. Das römische Sprichwort „Cottidiana vilescunt – etwas täglich zu tun, verleitet zur Oberflächlichkeit“ - gilt auch für das Allerheiligste. Das theologische Wissen von der „Geistigen Kommunion“ könnte demnach unserm individuellen Gang zum Tisch des Herrn neue Seriosität geben, damit wir der Anweisung des Apostels Paulus genügen und „den Leib (Christi) unterscheiden“. Wer sich von der Lehre der „Geistigen Kommunion“ formen lässt, ist gegen alle ritualistische Entleerung der Liturgie besser gewappnet.

Der getreue Verwalter (1 Kor 4,2)

Die Amtsträger der Kirche sind bestellt zum Seelsorgedienst in Pfarreien und Diözesen. Sie haben ihr Modell für ihre Sendung im Herrn selbst, der seiner Herde nahe ist, sie behutsam führt, sie kennt, sie einzeln beim Namen ruft und sogar sein Leben für sie gibt (vgl. Joh 10). Wie könnten die geweihten Hirten die Sorgen und Nöte kalt lassen, von denen ihre Gläubigen bewegt werden. Nur wer die Herde kennt und mitträgt, kommt dem Vorbild Jesu nah.

In solchem Dienst können sie freilich nicht nur auf ihr eigenes Mitgefühl vertrauen. Sie dürfen sich nicht vom Widerstreit der Meinungen beirren oder sich von säkularer Umwelt ihre Glaubenskategorien vorgeben lassen – mögen die Medien noch so drängen. Wieder gibt uns der Völkerapostel zuverlässige Orientierung. Im schon früher zitierten 1. Brief an die Korinther behandelt er kurz sein Selbstverständnis als „Verwalter der Geheimnisse Gottes“. Er ist „Diener Christi“, nicht sein unabhängiger Mitarbeiter. An den Herrn weiß sich Paulus radikal gebunden und ihm reservelos untergeordnet. Darum schließt er sogar aus, sich von Menschen überhaupt werten zu lassen. Mit Schroffheit und Härte lässt der Apostel sein treuhänderisches Hadeln von niemandem, außer vom Herrn selbst beurteilen. Das Sympathie-Barometer zählt nicht für ihn; er ist ihm gegenüber– welch beispielhaftes Hirten-Ideal – immun. „Mir ist es völlig gleichgültig, ob ich von euch oder von einem menschlichen Gerichtstag beurteilt werde“. (Anm. Vgl. 1 Kor 4,1-3; außerdem W. Schrage, Der erste Brief an die Korinther, Zürich 1991, 318ff.).

Möchte solcher Glaube den Geist der kommenden Synode bestimmen!

kath.net dankt S.E. Kardinal Cordes für die freundliche Erlaubnis, diesen Beitrag zu veröffentlichen. Der Beitrag stammt aus dem Buch der 11 Kardinäle, das bereits in italienischer und englischer Sprache erschienen ist.

Großer kath.net-Lesetipp! – Jetzt schon vorbestellen, das Buch kommt gemäß Verlagsangabe am 24.9. in den Handel
11 Kardinäle zu Ehe und Familie
Essays aus pastoraler Sicht
Von Winfried Aymans
Hardcover, 200 Seiten
2015 Herder, Freiburg
ISBN 978-3-451-30366-1
Preis 25.70 EUR

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"Im Herzen der Weltkirche“ - Kardinal Cordes im Gespräch mit Michael Ragg



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Lesermeinungen

 Credo44 28. September 2015 
 

Nicht-Antworten der deutschen Bischöfe

Zur bevorstehenden Bischofssynode zu Ehe und Familie habe ich dem Papst, vielen Kardinälen im Vatikan und den Vertretern der deutschen Bischöfe einen Brief als einfacher Gläubiger, treuer Ehemann und Vater geschrieben. Als erster antwortete der Papst bzw. sein Sekretariat, dann etliche Kardinäle wie Kardinal Sarah, Kardinal Cordes antwortete sogar handschriftlich (!). Nicht dagegen antworteten bis heute die Vertreter der deutschen Bischöfe wie Kardinal Marx oder Bischof Bode und Bischof Koch. Das sagt doch einiges über unsere Bischöfe, die vielleicht nur ungern die Wahrheit über Ehe und Familie hören wollen, sondern lieber im Sinne der Medien Änderungen an den sog. Zeitgeist herbeiführen wollen, die die Kirche noch mehr schwächen werden. Da bleibt uns nur das Gebet, insbesondere um den Heiligen Geist und um die Fürsprache bei der Mutter der Kirche.


2
 
 hofi 23. September 2015 

S.E. Kardinal CORDES.....

....hat mich auf meinem Weg als verheirateter Diakon vor der Weihe in Paderborn intensiv begleitet. Dafür bin ich unendlich dankbar. Es sah nach einem "Verlust" aus als er nach Rom "ging"! Aber welche Impulse hat er dann für die Weltkirche gegeben...... Gottes Segen sei mit ihm!


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