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Kommen Protestanten in den Medien zu wenig vor?

12. April 2013 in Kommentar, 8 Lesermeinungen
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Pro von Matthias Matussek: Die Menschen sind fasziniert von einem Ritual, das aus der Tiefe der Vergangenheit stammt - Kontra von Lars Tutt: Die evangelische Kirche tut gut daran, Persönlichkeiten mit Star-Potenzial zu fördern.


Berlin (kath.net/idea) Kein anderes kirchliches Thema beschäftigte die Medien in den letzten Wochen so stark wie die Wahl des neuen Papstes. TV-Sender unterbrachen ihr Programm, Tageszeitungen berichteten seitenlang. Der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD, Bischof i. R. Wolfgang Huber, kritisierte jetzt, die Medien seien zu „Papst-fixiert“. Kommen also Protestanten zu wenig vor?

PRO

Protestanten kommen in den Medien wenig vor, aber das zu Recht. Ich glaube nicht, dass es eine Präferenz der Medien insgesamt für die katholische Kirche gibt, es sei denn, man nimmt die ewig gleichen Talkshow-Tribunale als Zeichen einer besonderen Wertschätzung.

Dass allerdings die Nachfolge im Petrus-Amt, die ja gleichzeitig die Chefposition der weltgrößten Organisation überhaupt bedeutet, die Menschen in aller Welt interessiert, dass sie fasziniert sind von einem Ritual, das aus der Tiefe der Vergangenheit stammt, dass sie vom Charisma eines Amtes genauso wie vom Charisma seines Trägers gebannt sind, dass sie von den Worten der frohen Botschaft, die er bereithält, von der Frömmigkeit und der Hoffnung, die er vermittelt, angerührt sind, das alles geht wohl nicht auf ein positives Vorurteil der Medien zurück, sondern auf das Ereignis selber, das Millionen rund um den Globus fesselte.


Schade, dass unsere evangelischen Geschwister die reformierte katholische Kirche
verlassen haben

Es ist da, mitten in unserer Welt, eine machtvolle Gegenwelt zu besichtigen, in ihrem Geheimnis, in ihrer Tradition, die doch eine enorme Sogwirkung entfaltet. Schade, dass unsere evangelischen Schwestern und Brüder, die einst mit großem Recht die Schrift und den Glauben wieder ins Zentrum einer reformbedürftigen Kirche zurückgeholt haben, diese Kirche, die sich tatsächlich reformierte, verlassen haben. Sie haben sich selbst um die großartige Formensprache des Glaubens gebracht, um die Sakramente, um das Strahlen der Heiligkeit, und das schafft es auch im TV-Zeitalter, zu berühren.

Der Autor, Matthias Matussek (Hamburg), ist Kulturredakteur beim Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und Buchautor


KONTRA

Die Papstwahl war ein perfekt inszeniertes Medienereignis. Spannend, nachrichtenrelevant, geheimnisvoll, mit rotgewandeten Würdenträgern vor großartiger Kulisse. Es war eine Mischung aus Präsidentschaftswahl und königlicher Hochzeit. Hat Wolfgang Huber ernsthaft erwartet, dass sich Medienvertreter, das entgehen lassen?

Der Papst ist ein medialer Superstar und die Medien suchen Superstars. Das ist legitim, denn sie wollen ihr Publikum erreichen. Die Starbesetzung hält die Steigbügel dafür.

Wenn also Medien die Menschen in den Vordergrund stellen, die – wie der Papst oder Margot Käßmann – Fußballstadien füllen können, dann ist das konsequent. Kritikwürdig ist es nicht.

Hubers Beobachtung, dass die Medien nur wenige Personen auswählen und für „die Kirche“ sprechen lassen, mag auf Proporz trainierte Protestanten ärgern. Falsch ist aber, den Medien dies zum Vorwurf zu machen. Die Kritik geht schlicht an den falschen Adressaten.

Nicht die Medien haben ein Problem, sondern eine Kirche, der es nicht gelingt, ihr Personal so aufzubauen, dass es für die Medien interessant ist.

Die evangelische Kirche tut sich schwer mit „Stars“

Gerade die Evangelische Kirche tut sich schwer mit „Stars“. Das ist kein Wunder, wenn man sich aus guten Gründen das „Priestertum aller Gläubigen“ auf die Fahnen schreibt. Auch das muss kein Problem sein. Zu einem solchen wird es erst, wenn man gleichzeitig eine breite mediale Präsenz für sich beansprucht.

Wer in den Medien vorkommen will, muss deren Verlangen nach Stars nachgeben und die medialen Spielregeln akzeptieren. Käßman hat dies getan und Nikolaus Schneider auch. Jeder auf seine Weise und beide mit Erfolg.

Die evangelische Kirche tut gut daran, Persönlichkeiten mit Star-Potenzial zu fördern. Wenn wir wollen sind wir Papst - und das zigfach.

Der Autor, Lars Tutt (Düsseldorf), ist Geschäftsführer der Evangelischen Medienakademie und des Medienverbandes der Evangelischen Kirche im Rheinland


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