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Hoffnung hinter Gittern. Über Gefängnis, Gerechtigkeit und Neubeginn

vor 14 Stunden in Aktuelles, 1 Lesermeinung
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Leo XIV.: Nicht Strafe, sondern Zukunft. Advent, Umkehr und Verantwortung im Licht des Jubiläums der Hoffnung. Gerechtigkeit als Weg der Wiedergutmachung und Versöhnung. Der Mensch jenseits seiner Schuld. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Heilige Messe in der Petersbasilika am dritten Advent, Heilig-Jahr-Feier der Gefangenen. Papst Leo XIV. eröffnete seine Predigt mit dem Hinweis, dass an diesem dritten Adventssonntag das Jubiläum der Hoffnung für alle Menschen im Strafvollzug gefeiert werde: für die Inhaftierten ebenso wie für alle, die in diesem Bereich Verantwortung tragen. Bewusst sei dieser Tag gewählt, den die Liturgie mit dem Ruf „Gaudete!“ beginne. Dieser Sonntag sei im Kirchenjahr der Sonntag der Freude und erinnere an die freudvolle Dimension der Erwartung, an das Vertrauen, „dass etwas Schönes, etwas Erfreuliches geschehen wird“.

Vor diesem liturgischen Hintergrund rief Papst Leo XIV. die Geste von Papst Franziskus in Erinnerung, der am 26. Dezember des vergangenen Jahres bei der Öffnung der Heiligen Pforte in der Kirche „Chiesa del Padre nostro“ im Gefängnis von Rebibbia eine Einladung an alle gerichtet habe. Franziskus habe dazu aufgefordert, „das Tau in der Hand zu halten, mit dem Anker der Hoffnung“, und zugleich die „Türen des Herzens weit zu öffnen“. Das Bild des Ankers, der über alle räumlichen und zeitlichen Begrenzungen hinaus „in die Ewigkeit ausgeworfen wird“ (vgl. Hebr 6,17–20), deutete Leo XIV. als Aufruf, den Glauben an das Leben, das den Menschen erwartet, wachzuhalten und an die Möglichkeit einer besseren Zukunft zu glauben. Zugleich sei dies mit der Mahnung verbunden, im eigenen Umfeld großherzig Gerechtigkeit und Nächstenliebe zu üben.

Mit Blick auf das sich dem Ende zuneigende Heilige Jahr stellte der Papst fest, dass trotz des Einsatzes vieler Menschen - auch im Strafvollzug - noch viel zu tun bleibe. Die Worte des Propheten Jesaja, „Die vom Herrn Befreiten kehren zurück und kommen zum Zion mit Frohlocken“ (Jes 35,10), erinnerten daran, dass Gott derjenige sei, der erlöse und befreie. Diese Verheißung wirke zugleich wie ein Auftrag an alle. Das Gefängnis sei ein schwieriges Umfeld, in dem selbst die besten Vorsätze auf Hindernisse stießen. Gerade deshalb dürfe man nicht müde werden, sich nicht entmutigen lassen und sich nicht zurückziehen. Erforderlich seien Beharrlichkeit, Mut und Teamgeist. Noch immer werde zu wenig verstanden, dass man nach jedem Sturz wieder aufstehen können müsse, dass kein Mensch auf das reduziert werden dürfe, was er getan habe, und dass Gerechtigkeit immer ein Prozess der Wiedergutmachung und der Versöhnung sei.


Leo XIV. hob hervor, dass dort, wo trotz schwieriger Umstände „die Schönheit der Gefühle, die Empfindsamkeit, die Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse anderer, der Respekt, die Fähigkeit zu Barmherzigkeit und Vergebung“ bewahrt würden, selbst auf dem harten Boden von Leid und Sünde „wunderbare Blumen“ wüchsen. Auch innerhalb von Gefängnismauern entstünden Gesten, Projekte und Begegnungen, „die in ihrer Menschlichkeit einzigartig“ seien. Diese Arbeit an den eigenen Gedanken und Gefühlen sei für Menschen, denen die Freiheit genommen wurde, notwendig, in noch größerem Maß aber für jene, die die Verantwortung trügen, Gerechtigkeit zu vertreten und zu vollziehen. Gerade darin zeige sich das Heilige Jahr als ein Ruf zur Umkehr und damit als Grund zu Hoffnung und Freude. In der Predigt lenkte der Papst den Blick dann auf Jesus selbst, auf seine Menschlichkeit und auf sein Reich, in dem Blinde wieder sehen, Lahme wieder gehen und den Armen das Evangelium verkündet werde (vgl. Mt 11,5). Solche Wunder geschähen zwar bisweilen durch außergewöhnliches Eingreifen Gottes, häufiger aber seien sie den Menschen anvertraut: ihrem Mitgefühl, ihrer Aufmerksamkeit, ihrer Weisheit und der Verantwortung von Gemeinschaften und Institutionen.

Daraus ergebe sich eine weitere Dimension der prophetischen Sendung, nämlich die Verpflichtung, in jedem Umfeld - „und heute in besonderer Weise in den Gefängnissen“ - eine Zivilisation zu fördern, die auf neuen Kriterien beruhe und letztlich auf der Liebe gründe. In diesem Zusammenhang erinnerte Leo XIV. an die Worte des heiligen Paul VI., der am Ende des Heiligen Jahres 1975 von einer „Kultur der Liebe“ gesprochen habe, die gerade für das öffentliche Leben „der Beginn einer neuen Stunde der Gnade und des guten Willens“ sein müsse. Der Papst griff zudem den Wunsch von Papst Franziskus auf, im Heiligen Jahr auch „Formen der Amnestie und des Straferlasses“ zu ermöglichen, um Menschen zu helfen, „das Vertrauen in sich selbst und in die Gesellschaft wiederzugewinnen“ (Bulle Spes non confundit, 10) und ihnen reale Chancen auf Wiedereingliederung zu eröffnen. Das Heilige Jahr sei in seinem biblischen Ursprung tatsächlich ein Jahr der Gnade gewesen, in dem jedem die Möglichkeit gegeben worden sei, neu anzufangen (vgl. Lev 25,8–10).

Auch das verkündete Evangelium spreche davon. Johannes der Täufer habe zur Umkehr aufgerufen und das Volk eingeladen, den Fluss gleichsam neu zu durchschreiten, wie zur Zeit Josuas, um zu einem mit Gott und den Brüdern und Schwestern versöhnten Herzen zu gelangen. Als Prophet sei Johannes aufrichtig und klar gewesen, „kein Schilfrohr, das im Wind schwankt“ (Mt 11,7). Er habe für seine Worte sogar die Haft auf sich genommen und zugleich große Barmherzigkeit gegenüber jenen gezeigt, die ehrlich bereuten und ihr Leben ändern wollten (vgl. Lk 3,10–14). In diesem Zusammenhang zitierte Leo XIV. den heiligen Augustinus, der in seinem Kommentar zur Vergebung der Ehebrecherin festhalte, dass nach dem Weggang der Ankläger „die Erbärmliche und das Erbarmen“ zurückblieben. Zu ihr habe der Herr gesprochen: „Geh und sündige nicht mehr“ (vgl. Joh 8,10–11; Sermo 302,14).

Die Aufgabe, die Gott den Inhaftierten und den Verantwortlichen des Strafvollzugs anvertraue, sei nicht einfach, betonte der Papst. Es gebe strukturelle Probleme wie Überbelegung, unzureichende Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten. Hinzu kämen auf persönlicher Ebene die Last der Vergangenheit, die Wunden des Körpers und des Herzens, Enttäuschungen, die notwendige Geduld mit sich selbst und anderen sowie die Versuchung, aufzugeben oder nicht mehr zu vergeben. Demgegenüber stehe jedoch die klare Zusage der Schrift, dass Gott wolle, „dass niemand zugrunde geht“ (vgl. Joh 6,39) und dass alle „gerettet werden“ (1 Tim 2,4

„Möge niemand verloren gehen! Mögen alle gerettet werden!“ - dieser Ruf fasse den Willen Gottes und das Ziel seines Wirkens in der Welt zusammen. Mit dem Näherrücken des Weihnachtsfestes gelte es, diesen göttlichen Traum noch tiefer zu verinnerlichen, geduldig im Bemühen (vgl. Jak 5,8) und voller Zuversicht. Denn selbst angesichts größter Herausforderungen bleibe die Gewissheit bestehen: „Der Herr ist nahe“ (vgl. Phil 4,5). Er begleite die Menschen, und mit ihm an ihrer Seite könne stets „etwas Schönes und Erfreuliches geschehen“.

 


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Lesermeinungen

 Stefan Fleischer vor 13 Stunden 

Zwei Schriftstellen

kamen mir bei diesem Text spontan in den Sinn:
«Kehrt um zu ihm, Israels Söhne, / zu ihm, von dem ihr euch so weit entfernt habt. (Jes 31,6) und «Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.» (Mt 6,33)
Ja, Umkehr ist nötig. Doch wohin soll diese gehen, wenn nicht zu Gott, unserem Herrn, zu ihm, von dem sich unsere Welt (inkl. moderne Theologie) immer weiter entfernt. Nur dann wird uns alle andere dazugegeben, nur dann rennen wir keinen Illusionen nach. «Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.» Joh 15,5


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