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Die Kirche in Deutschland und in der Schweiz hat kapituliert

vor 10 Stunden in Kommentar, 2 Lesermeinungen
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Wer als Bischof die Gläubigen davon dispensiert, nach dem Glauben zu leben, hat das Christsein aufgegeben. Ein Gastkommentar von Martin Grichting.


Chur (kath.net)

Papst Leo d. Gr. hat es den Gläubigen seiner Zeit eindrücklich gesagt: «Christ, erkenne deine Würde! Du bist der göttlichen Natur teilhaftig geworden, kehre nicht zu der alten Erbärmlichkeit zurück und lebe nicht unter deiner Würde». Das geltende Kirchenrecht sagt das gleiche in CIC, can. 209: «Die Gläubigen sind verpflichtet, auch in ihrem eigenen Verhalten, immer die Gemeinschaft mit der Kirche zu wahren».

Kein Bischof hat das Recht, davon zu dispensieren. Auch der Papst kann es nicht, denn sonst löst er die Kirche auf. Die Bischöfe in Deutschland haben ihre Laienmitarbeiterinnen und Laienmitarbeiter gleichwohl davon dispensiert, gemäss dem zu leben, was sie sind. Dazu haben sie die «Grundordnung des kirchlichen Dienstes» vom 22. November 2022 geändert. Neu heisst es in Art. 7, Abs. 2 hinsichtlich der Laienmitarbeiter und betreffend die Relevanz ihres persönlichen Lebens für die Anstellung durch die Kirche: «Der Kernbereich privater Lebensgestaltung, insbesondere Beziehungsleben und Intimsphäre, bleibt rechtlichen Bewertungen entzogen». Man kann also vor- und ausserehelich zusammenleben, zivil wiederverheiratet, polyamor, polygam oder gleichgeschlechtlich: Es ist für Anstellung durch die Kirche unerheblich. Lehren und verkünden darf man trotzdem im Namen der Kirche. Alle deutschen Diözesen haben dies in ihr Eigenrecht übernommen. Die deutschen Bischöfe haben damit in schwerwiegender Weise gegen ihre Amtspflichten verstossen. Denn in CIC, can. 392 heisst es: «§ 1. Da er die Einheit der Gesamtkirche wahren muss, ist der Bischof gehalten, die gemeinsame Ordnung der ganzen Kirche zu fördern und deshalb auf die Befolgung aller kirchlichen Gesetze zu drängen. § 2. Er hat darauf zu achten, dass sich kein Missbrauch in die kirchliche Ordnung einschleicht, vor allem in Bezug auf den Dienst am Wort, die Feier der Sakramente und Sakramentalien, die Verehrung Gottes und der Heiligen sowie in Bezug auf die Vermögensverwaltung».

In der Schweiz sind die Diözesen in der Regel nicht die zivilrechtlichen Arbeitgeber, wie es in Deutschland der Fall ist. Diese Aufgabe übernehmen die so genannten «Kirchgemeinden» und «Landeskirchen» als vom Staat geschaffene Parallelstrukturen. Am 4. Dezember 2025 hat die Zürcher «Landeskirche», die finanziell potenteste in der Schweiz, ihre «Anstellungsordnung» angepasst. Sie lautet betreffend die Laienmitarbeiter zukünftig in § 4a: «Für die Anstellung im Verkündigungsdienst bleibt der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung unbeachtet. Das Beziehungsleben, die sexuelle Orientierung und Lebensführung, insbesondere die Intimsphäre, bleiben rechtlichen Bewertungen entzogen und bilden kein Anstellungskriterium». Der Bischof von Chur, Msgr. Joseph M. Bonnemain, in dessen Gebiet der Kanton Zürich liegt, hat vorgängig seine Zustimmung zu dieser Dispensation der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Leben nach dem 6. Gebot erteilt. Denn sein Alter Ego, der für Zürich zuständige Generalvikar, Domherr Luis Varandas, hat gegenüber der «Landeskirche» erklärt, er sei «mit der vorliegenden Teilrevision der Anstellungsordnung einverstanden».


Eine Kirche, die ihre Mitarbeiter nicht mehr darauf verpflichten will, gemäss den Geboten Gottes zu leben, hat kapituliert. Und es ist klar: Wenn etwas für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr gilt, gilt es für alle Gläubigen nicht mehr. In Deutschland und im Kanton Zürich ist die Befolgung des 6. Gebots somit fakultativ. Hintergrund dieser Kapitulation der Kirche ist in den deutschsprachigen Ländern das Kirchensteuersystem. Der Erhalt dieses Systems scheint nach der Lesart der Bischöfe zu fordern, dass die Kirche sich dem gesellschaftlichen Mainstream unterwirft. Um mehrheitsfähig zu bleiben, soll die Kirche alles verschweigen oder gar verleugnen, was bei Postchristen anstössig ist und was den Genuss der kirchlichen Privilegien in Gefahr bringen könnte.

Der Papst hat zur Änderung der Grundordnung von 2022 in Deutschland in der Öffentlichkeit geschwiegen. Im Falle des früheren Papstes kann dies nicht erstaunen. Was Papst Leo XIV. zu tun gedenkt, ist nicht bekannt. Er muss auf jeden Fall zur Kenntnis nehmen, dass das Schweigen Zustimmung bedeutet. Und die bisherige Nicht-Politik hat zur Folge, dass auch andere Teile der Weltkirche durchseucht werden, wie es sich nun in der Schweiz zeigt.

Das Vorgehen in Deutschland und nun im Bistum Chur hält noch eine weitere Lehre bereit. In beiden Ländern werden von der Dispensation davon, nach dem 6. Gebot zu leben, die Kleriker ausgenommen (Grundordnung Art. 7, Abs. 2, Satz 4; Anstellungsordnung, § 4a, Satz 2). Zivilrechtlich betrachtet, handelt es sich dabei um Willkür, um eine Diskriminierung. Man darf gespannt sein, wann dieses Thema vor staatlichen Gerichten relevant wird. Theologisch betrachtet, ist der von den Bischöfen gemachte Unterschied aufschlussreich. Er impliziert, dass das Ehesakrament zu weniger verpflichtet als das Weihesakrament. Oder anders formuliert: Laien sind zweitklassig. Wenn sie nicht so leben, wie sie sollten, ist dies unbeachtlich. Es handelt sich hier um eine neue Form von klerikalem Klassenbewusstsein. Klerikalismus wird ausgerechnet von Bischöfen zelebriert, die sonst darüber die Nase rümpfen.

Betreffend die Schweiz ist die Geschichte noch nicht zu Ende erzählt: Am 17. November 2025 hat die Bischofskonferenz ein unverbindliches Papier veröffentlicht, das den Titel trägt: «Standortbestimmung zur Praxis in den Schweizer Bistümern im Blick auf den Zusammenhang zwischen der bischöflichen Beauftragung und der Lebensführung von Priestern und Diakonen, Seelsorgerinnen und Seelsorgern». Vielleicht weil man sich unter Papst Leo XIV. seiner Sache nicht mehr so ganz sicher ist, vielleicht auch, weil die Schweiz auch aus französisch- und italienischsprachigen Teilen besteht, in denen viele Priester und Laien noch der Weltkirche folgen, geht dieses Papier nicht so weit wie die deutsche Grundordnung von 2022. Bei der Suche nach dem Kompromiss zwischen der Lehre der Kirche und dem, was die Bischöfe der Deutschschweiz in Nachahmung der Kirche in Deutschland wünschen, ist man im bergoglianischen Einzelfall fündig geworden. Damit wurde bekanntlich faktisch die Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe abgeschafft, indem jetzt – von wem auch immer, mit wem auch immer, auf welcher theologischen Basis auch immer – eine «geistliche Unterscheidung» gemacht werden kann. Diese führt dann ganz wundersam dazu, dass diejenigen, die geschieden und zivilrechtlich wiederverheiratet sind, guten Gewissens die Eucharistie empfangen können. Denn Argumente gibt es für alles. Der gute alte jesuitische Probabilismus leistet hier hervorragende Dienste. Eine für alle geltende Lehre der Kirche gibt es dadurch seither nur noch auf dem Papier, aber nicht mehr in der Wirklichkeit. Dort findet man nur noch individuelle Einzelfälle.

Diese Methode wird nun von den Schweizer Bischöfen auf die Lebenssituation von Laienmitarbeitern angewandt. Nicht vergessen wird dabei das zweite bergoglianische Prinzip, wonach auch irreguläre Lebensgemeinschaften positive Elemente enthalten würden, die es bei einer «Unterscheidung» wertzuschätzen gelte. Die Bischöfe schreiben: «Das Lehramt vom Papst Franziskus hat hervorgehoben, dass Menschen in Partnerschaften und Familienformen, die der katholischen Überlieferung und Lehre nicht entsprechen, Werte verwirklichen, die Respekt und Anerkennung verdienen». (Die Mafia lebt auch den sozialen Zusammenhalt und kümmert sich fürsorglich um das Wohlergehen ihrer Mitglieder, was zweifellos Werte darstellt, die unseren Respekt und unsere Anerkennung verdienen). Die Schweizer Bischöfe kommen aufgrund dieser Prämissen zum Schluss, dass jede Lebenssituation eines Mitarbeiters «einmalig» sei. Man könne deshalb betreffend die Lebenssituationen «evangeliumsgemäss nur gerecht handeln, wenn man diese ganzheitlich berücksichtigt. Zwei Menschen können das Gleiche tun, und ist es nicht dasselbe». Zwei plus zwei sind eben im kirchlichen Paralleluniversum nicht mehr vier. Das gilt es als alternatives Faktum ernst zu nehmen und wertzuschätzen. Zu diesem postfaktischen Verständnis von Wahrheit passt auch, dass der erwähnte Bischof von Chur als Vizepräsident der Bischofskonferenz deren Papier mitträgt, das die Einzelfalltaktik propagiert. Zugleich erklärt er aber, dass in Zürich der Einzelfall nicht zählt. Vielmehr ist dort die Lebensform der Laienmitarbeiter prinzipiell unerheblich.

Als Kriterium für das bischöfliche Orakel der «Unterscheidung» des Einzelfalls wird angegeben, «die persönliche Bereitschaft, die eigene Situation nach und nach im Lichte des Evangeliums diesem anzupassen». Bei einem verschiedengeschlechtlichen Paar, das im Konkubinat lebt, könnte dies noch ein Kriterium sein, indem eine Eheschliessung anvisiert wird. Aber wie soll man als zivilrechtlich Wiederverheirateter jeden Tag ein Bisschen weniger zivilrechtlich verheiratet sein? Und wie sollte ein gleichgeschlechtliches Paar jeden Tag ein Bisschen mehr heterosexuell werden?

Glaubt im Ernst jemand, die Menschen in der postchristlichen Gesellschaft würden dadurch, dass die Kirche einen Teil ihrer Glaubens- und Sittenlehre für fakultativ erklärt, ihre Ansichten überdenken? Im Gegenteil: Sie müssen zur Überzeugung gelangen, dass die katholische Kirche nunmehr ihr Modernitätsdefizit aufgeholt hat und im Chor der Postchristen mitsingt. Der autonome Nachvollzug dessen, was in der Mehrheitsgesellschaft gilt, ist seit 200 Jahren die Politik der protestantischen Religionsgemeinschaften. Verübeln kann man es ihnen nicht. Denn sie haben keinen Papst. 


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Lesermeinungen

 gebsy vor 6 Stunden 

Welche geistliche Not

sich damit offenbart, ist erschreckend.
Um solche Sichtweisen zu unterstützen, bedarf es eines Seelenzustandes, der einer Besessenheit sehr nahe ist. Exorzisten haben da viel zu tun ...


0
 
 barbaletta vor 8 Stunden 
 

Was stimmt bloß nicht mit den Deutschsprachigen?

Ja ja… ich weiß, in der Schweiz spricht man nicht nur deutsch, aber der Zustand der Kirche im deutschsprachigen Raum gibt den Kritikern der deutschsprachigen Kirche völlig Recht!
Während in Amerika und Osteuropa die Kirche keine Probleme mit den Lehrdekreten, Lehrschreiben und Instruktionen aus dem Vatikan hatte, haben die Deutschen immer etwas zu meckern. Was der Vatikan unter Umständen erlaubt wurde, wird in Deutschland zum Dogma und freudig begrüßt, was der Vatikan vorschreibt oder verbietet, wird in Deutschland kritisiert und/oder ignoriert – man muss blind und taub sein, um diese (deutsche) Entwicklung der Kirche 60 Jahren nach Vatikanum II immer noch befürworten.


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