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| Bischofswahlrecht und Privileg des Churer Domkapitels5. August 2008 in Schweiz, keine Lesermeinung Warum der Heilige Stuhl bei der Ernennung des Bischofs von Chur kein Recht verletzt hat. Ein historisch-kirchenrechtlicher Nachweis von Stephan Stocker. Chur (kath.net / Schweizerische Kirchenzeitung) Am 6. Juli 2007 überbrachte der Apostolische Nuntius in der Schweiz, Msgr. Francesco Canalini, dem Churer Domkapitel die von Papst Benedikt XVI. approbierte Terna, aus der das erwähnte Domkapitel Dr. Vitus Huonder zum Bischof des Bistums Chur gewählt hat. Papst Benedikt XVI. hat den rechtmässig Gewählten bestätigt und ihn am 8. Juli zum Bischof von Chur ernannt. Zu dieser Ernennung gab es auch Kritik, die folgendermassen zusammengefasst werden kann: Der Tages-Anzeiger gab schon in der Nacht nach der Wahl nicht nur den Namen des neuen Bischofs bekannt, sondern nahm ihn auch unzimperlich in die Mangel. Es hätte drei Wahlgänge gebraucht, und «man reagierte etwas sauer auf die Vorschläge aus Rom. Denn da standen neben Huonder zwei Namen, bei denen es fast unmöglich war, dass sie zuvor von unserem Domkapitel dem Vatikan vorgeschlagen worden waren». Eine freie Wahl sei ausgeschlossen gewesen, weil die übrigen zwei Kandidaten entweder zu wenig bekannt waren oder als nicht geeignet taxiert wurden: Der eine sei ein den Domherren nicht bekannter Nuntius gewesen und der andere ein Weihbischof, der nicht fliessend deutsch spreche und nur vom Hörensagen bekannt sei. Das Wahlprivileg des Churer Domkapitels sei eine Farce, eine freche Zumutung, ja sogar ein gemeines Spiel. So etwas dürfe nicht mehr geschehen. Es sei nur ein annehmbarer Bischofskandidat auf die Dreierliste gesetzt worden. Dadurch hätte Rom das Domkapitel und die Ortskirche ausgetrickst und gegen Treu und Glauben verstossen. Aus den genannten Beispielen wird klar, dass sich diese Kritik vor allem auf die Terna bezieht, aus der das Domkapitel von Chur den Bischof wählen durfte. Rechtsgeschichtliche Hintergründe Die Darstellung der rechtsgeschichtlichen Hintergründe soll aufzeigen, ob die Bischofswahl des Churer Domkapitels auf einem Konkordat, auf Gewohnheitsrecht oder auf der Gewährung eines päpstlichen Privilegs beruht. Das Konkordat von 1448 Kraft des zwischen Papst Nikolaus V. und Kaiser Friedrich III. und den Reichsfürsten des Deutschen Reiches geschlossenen Konkordates von Wien-Aschaffenburg vom 17. Februar 1448 erfreute sich auch das Domkapitel von Chur des Bischofswahlrechtes, insofern der Churer Bischof zivilrechtlich gesehen Reichsfürst des Heiligen Römischen Reiches war. Das Domkapitel von Chur gehörte nicht zu den vertragsschliessenden Parteien, sondern nur der Papst, der Kaiser und die Reichsfürsten, zu denen auch der Bischof von Chur gehörte. Als Folge des Untergangs des Römischen Reiches und somit auch des zivilrechtlichen Fürstentums von Chur trat auch das Konkordat von Wien-Aschaffenburg im Jahre 1806 ausser Kraft. Dies hatte wiederum zur Folge, dass nach 1806 in keiner Diözese, die bis dahin zum Reich gehört hatte, ein Bischofswahlrecht bestand. So fiel auch das Bischofswahlrecht des Churer Domkapitels weg. Die Bullen von 1823, 1824 und 1826 Zwischen 1806 und den Bullen «Ecclesias quae antiquitate» von Pius VII. vom 2. Juli 1823 und «Imposita humilitati» von Leo XII. vom 16. Dezember 1824 hat das Domkapitel von Chur keinen Bischof gewählt, denn Msgr. Karl Rudolf von Buol-Schauenstein war von 1794 bis 1833 Bischof von Chur. Die Bulle von 1823 betrifft die Errichtung des Bistums St. Gallen und dessen Vereinigung mit dem Bistum Chur (in der Form einer «Unio aeque principalis») und die zweite von 1824 die Inkorporation des Kantons Schwyz, der bis dahin zum Bistum Konstanz gehört hatte, in das Bistum Chur. Bei der Vorbereitung der Bulle «Imposita humilitati» erfolgten einige Konsultationen mit verschiedenen Kantonen hinsichtlich ihrer Inkorporation in die Diözese Chur, die leider fast alle gescheitert sind. Diese Konsultationen dienten zu keinem Zeitpunkt der Vorbereitung eines Konkordates, sondern hatten zum Ziel, die Kantone zu überzeugen, eine Massnahme der Universalkirche zu akzeptieren, wie sie dann in der Bulle auch zum Ausdruck kam. Es war allerdings eine Vereinbarung zwischen dem Bistum Chur und den betroffenen Bistumskantonen vorgesehen. Vor dem Erlass der Bulle «Imposita humilitati» schloss die Diözese Chur eine Übereinkunft mit dem Kanton Schwyz ab. In der genannten Bulle «Imposita humilitati» wird ausgeführt, dass im Churer Domkapitel der Kanton Schwyz mit zwei nicht residierenden Kanonikern vertreten sei. Es wurden aber zunächst dem Kanton Schwyz keine Spezialrechte gewährt, sondern der Papst verfügt nur, dass den beiden genannten Schwyzer Chorherren die gleichen Rechte und Privilegien zustehen würden wie den alten Kanonikern des Churer Domkapitels, und dass sie besonders hinsichtlich der Bischofswahl mit gleichem Sitz- und Stimmrecht, einberufen werden. Lateinisch lautet der Text: «Decernimus itidem ut in capitulo cathedralis ecclesiae Curiensis bini erigantur pro pago Suitensi canonici non residentes forenses nuncupandi, qui sint incolae et cives pagi Suitensis . quique iisdem ac veteris ipsius capituli canonici forenses gaudeant iuribus et privilegiis, ac prasertim ad electionem episcopi cum eodem sedis et suffragii iure convocentur.» Die Bulle sieht aber auch vor, dass es bei einer Kanonikervakanz in den geraden Monaten dem Kanton Schwyz zukommt, den neuen Domherrn zu nominieren. Dies kann man als ein Spezialrecht des Kantons Schwyz betrachten. Was die Wahl des Bischofs von Chur betrifft, verfügt der Papst weiterhin, dass diese durchzuführen sei gemäss dem legitimen und bis dahin gebilligten Brauch des Kathedralkapitels, in dem die beiden neuen auswärtigen Schwyzer Domherren sich der gleichen Rechte wie die alten Domherren des Churer Kapitels erfreuen werden: «Demum quod attinet ad Curiensis episcopi electionem, decernimus, exequendam esse iuxta legitimam et hucusque receptam consuetudinem ab eius capitulo cathedrali, in quo novi Suitenses canonici forenses iisdem ac veteres Curiensis capituli canonici iuribus gaudebunt.» Mit der Bulle Leos II. «Postquam» vom 12. Mai 1826 wurde die Anzahl der Kanoniker des Kathedralkapitels von Chur reduziert. Aufgrund der päpstlichen Bulle von 1824 ergibt sich somit folgende rechtliche Sachlage: - Die Bulle spricht an keiner Stelle explizit von einem «Bischofswahlrecht», d. h. einem «ius eligendi episcopum». - Das Churer Domkapitel konnte sich nicht auf ein Konkordat berufen, denn, wie gesagt, wurde das Konkordat von Wien-Aschaffenburg bereits 1806 aufgehoben, und die Bullen von 1823 und 1824 waren nicht konkordatär. - Auch wenn in der Bulle der Terminus, «consuetudo» verwendet wird, bringt dieser damit nicht schon Gewohnheitsrecht zum Ausdruck; denn die Voraussetzungen zur Bildung von Gewohnheitsrecht waren wohl kaum gegeben. - Dagegen bestimmt die Bulle, dass bezüglich der Bischofswahl das gewohnheitsmässige Verfahren anzuwenden ist, welches dem Konkordat von Wien-Aschaffenburg folgt, und das als «certa prassi» zu verstehen ist. Faktisch handelt es sich hier um die Gewährung eines Privilegs. - Es war ausschliesslich «der Bischof von Chur» zu wählen. Dies war nur bei Vakanz des bischöflichen Stuhles möglich, denn das «ius ad rem» d. h. ein Recht auf die Übertragung des Bischofsamtes steht einem Gewählten nur dann zu und kann ihm nur dann übertragen werden, wenn der Bischofsstuhl tatsächlich frei ist. - Von einem Mitbestimmungsrecht des Churer Domkapitels bei päpstlichen Koadjutorenernennungen konnte bei Erlass der päpstlichen Bulle von 1824 keine Rede sein. Die darauf folgende Praxis zeigt, dass in zwei Fällen der Heilige Stuhl Koadjutoren ernannt hat und in fünf Fällen konnte das Domkapitel wählen. Der CIC von 1917 Der CIC von 1917 legte in can. 329 die Besetzung der Bischofsstühle fest. §1 lautet: Die Bischöfe stehen als Nachfolger der Apostel kraft göttlicher Anordnung ihren Teilkirchen vor und leiten diese mit ordentlicher Gewalt unter der Autorität des Papstes. In § 2 legt der Gesetzgeber gemeinrechtlich fest, dass die Bischöfe frei vom Papst ernannt werden. In § 3 bestimmt er die Ausnahme: Wenn einem Kollegium das Bischofswahlrecht erteilt wurde, d. h. das «ius eligendi Episcopum», dann ist die Bischofswahl nach den kanonischen Wahlbestimmungen vorzunehmen. Damit kannte bereits der ehemalige CIC für den Bischof zwei Formen der Amtsübertragung: Die freie Ernennung durch den Papst war als Regelfall anzusehen (can. 329 § 2), während das Bischofswahlrecht den Charakter einer Ausnahmeregelung hatte, die einzelnen Teilkirchen zugestanden werden konnte (can. 329 § 3). Weil das Churer Domkapitel ein «Bischofswahlrecht» im expliziten Sinne nicht besass, d. h. kein «ius eligendi episcopum» gemäss can. 329 § 3 und die Churer Bischofswahl somit dem genannten Canon entgegenstand, stellte sich die Frage, ob ihr Bischofswahlverfahren weiterhin bestehe. Der Rechtsnatur der Konkordate folgend bestimmt can. 3, dass der CIC die vom Apostolischen Stuhl mit verschiedenen Nationen abgeschlossenen Verträge in keiner Weise aufhebt. Dieser Kanon hingegen traf für das Domkapitel von Chur nicht zu, da es sich nicht mehr auf ein rechtsgültiges Konkordat stützen konnte. Can. 5 betrifft das Gewohnheitsrecht. Die gegebene Regel bezieht sich auf allgemeine (d. h. in der ganzen Kirche geübte) und teilkirchliche (d. h. in einem oder mehreren Teilgebieten oder Gemeinschaften geübte) Gewohnheiten, aber nur solche, die gegen die Bestimmungen des CIC gerichtet sind und bis zum Inkrafttreten des CIC noch in Geltung standen. Diese Regel trifft im Fall der Wahl des Bischofs von Chur nicht zu, da das Churer Domkapitel sich auf kein Gewohnheitsrecht stützen kann, das gegen die Bestimmungen des CIC gerichtet ist und bei Inkrafttreten des CIC noch in Geltung stand. Can. 5 besagt auch, dass die hundertjährigen oder unvordenklichen Gewohnheiten, die dem CIC entgegenstehen, aber nicht ausdrücklich verworfen sind, geduldet werden können, wenn die Oberhirten nach den örtlichen und persönlichen Umständen der Ansicht sind, dass sie klugerweise nicht bestätigt werden können. Auch solche Gewohnheiten treffen nicht zu, denn bereits gegen das 12. Jahrhundert war das ausschliessliche Wahlrecht der Kapitel, begünstigt durch die päpstlichen Wahlentscheidungen, allgemein anerkannt und wurde durch die Dekretalensammlung Gregors IX. zum gemeinen Rechte gemacht. Beim Inkrafttreten des CIC von 1917 war die Bulle von 1824 rechtsgültig. Da es sich bei dieser Bulle faktisch um ein Privileg, d. h. um einen Gunsterweis eines Hoheitsträgers mit Gesetzgebungsgewalt handelte, der dem objektiven Recht entgegensteht oder dieses ergänzt, ist can. 4 anzuwenden. Danach bleiben Privilegien und Indulte weiter in Geltung unter folgenden Voraussetzungen: - «Es müssen Gunsterweise des Apostolischen Stuhles sein, d. h. sie müssen vom Papst oder von einem Organ der Römischen Kurie oder kraft päpstlicher Delegation gegeben worden sein. - Sie müssen zur Zeit des Inkrafttretens des CIC noch in Gebrauch gewesen sein; sie dürfen also weder tatsächlich durch ständigen Nichtgebrauch erloschen sein (vgl. c. 76), noch darf rechtmässig auf sie verzichtet worden sein (vgl. c. 72). - Sie dürfen nicht bis zum Inkrafttreten des CIC durch den Apostolischen Stuhl widerrufen sein. Die Möglichkeit eines späteren Widerrufs bleibt bestehen. - Sie dürfen nicht ausdrücklich durch den CIC widerrufen sein.» All diese Voraussetzungen waren gegeben, und somit war das Privileg des Churer Domkapitels von 1824 auch weiterhin rechtsgültig. Am Rande sei hier angemerkt, dass der Gebrauch des Terminus «privilegium» in der kirchlichen Rechtsgeschichte unbestimmt bleibt. Deswegen ist die spezifische Bedeutung aus der jeweiligen Absicht des Gesetzgebers und des Kontextes auszulegen. Am 4. Januar 1926 antwortete der Apostolische Nuntius in Bern im Auftrag des Heiligen Stuhles auf die Anfrage des Dekans des Churer Domkapitels vom 20. Januar 1923, dem auch ein Gutachten des Bischofs von Chur beilag, verständlicherweise, dass hinsichtlich der Bischofswahl momentan nichts zu ändern sei. Das «pro nunc» deutet darauf hin, dass bald eine ausführlichere Antwort des Heiligen Stuhles zu erwarten war, der eine Modifikation wünschte. Nach dieser Antwort hat der Heilige Stuhl einen Koadjutor ernannt, und in einem Fall konnte das Domkapitel wählen. Das Dekret «Etsi salva» von 1948 Nach vielen Jahren des Studiums und Verhandlungen zwischen dem Apostolischen Stuhl und dem Domkapitel legte der Churer Domdekan Benedikt Venzin mit Schreiben vom 5. Februar 1943 den Domkapitularen den am 7. August 1942 vom Apostolischen Nuntius in Bern erhaltenen Lösungsvorschlag des Heiligen Stuhls vor, der folgendermassen lautet: «Credo che fu prospettata all'E.V. una modifica che è più rispondente alle nuove esigenze pastorali e che, conservando in sostanza l'elezione al Capitolo tra una terna di nomi presentata dalla Santa Sede e formata, se non di diritto, quasi certamente di fatto, in base a informazioni avuta dal Vescovo e dal Capitolo, tiene dovuto conto delle difficoltà esposte più volte da V.E. e dal compianto Suo predecessore.» Der neue Wahlmodus würde also folgenderweise vor sich gehen: Der Heilige Stuhl präsentiert dem Domkapitel einen Dreiervorschlag, aus dem das Kapitel die definitive Wahl treffen kann. Nicht de jure, aber de facto, würde die Terna in Rom auf Grund von vorher beim Bischof und Kapitel eingeholten Informationen zusammengestellt. Alle 23 Domherren haben mit ihrer Unterschrift bekundet, dass sie dem obigen Vorschlag ihre Zustimmung geben. Mit dem Dekret «Etsi salva» vom 28. Juni 1948 hat die In diesem Sinn hat Unser Heiliger Vater, Papst Pius XII., gemäss Seiner Weisheit und Seinem Wohlwollen, besorgt um das Wohl der Kirche von Chur hinsichtlich der Wahl eines geeigneten Hirten, nach reiflicher Überlegung geruht, dem Kathedralkapitel der obgenannten Diözese das Privileg zu gewähren, den eigenen Bischof aus drei vom Heiligen Stuhl vorgeschlagenen Priestern zu wählen. Sodann hat der Heilige Vater, unter Aufhebung soweit nötig - jedes anderen etwaigen Privilegs, durch dieses Konsistorialdekret angeordnet, dass zukünftig, bei Vakanz des Churer Bischofsstuhles, das Kathedralkapitel dieses Bistums einen Geistlichen aus drei vom Apostolischen Stuhl vorgeschlagenen Kandidaten zum Bischof von Chur wähle. Was immer dem entgegensteht, hat keine Rechtskraft.» Damit besitzt das Churer Domkapitel das Privileg, bei Vakanz des Bischofsstuhles von Chur aus drei vom Heiligen Stuhl vorgeschlagenen Kandidaten den Bischof zu wählen. Wohl auch um eventuelle Auseinandersetzungen über die Interpretationen der Bullen aus dem Jahre 1823 und 1824 zu vermeiden und um zu unterstreichen, dass man von einer neuen Basis ausgeht, erwähnt das Dekret «Etsi salva» weder den Ursprung noch die Motivation dieses Privilegs. Nichtsdestotrotz bleibt das Dekret der Sache nach in der Linie des zuvor faktisch-inhaltlich gewährten Privilegs und bestätigt dies in einem gewissen Sinne formal, auch wenn es definitiv jedes etwaige andere Privileg aufhebt. Das Dekret wurde dem Kathedralkapitel von Chur und, aus Höflichkeitsgründen, auch der Regierung des Kantons Schwyz bekannt gegeben. Dieses Dekret ist der einzige, auch heute noch gültige Rechtstext, der hinsichtlich der Wahl des Bischofs von Chur in Betracht gezogen werden muss, wobei natürlich auch die ihm nachfolgende Gesetzgebung berücksichtigt werden muss. Am 23. März 1957 hat der Heilige Stuhl über den Apostolischen Nuntius in Bern dem Bischof von Chur, Msgr. Caminada, mitgeteilt, dass das im Jahre 1948 erteilte Privileg sich nicht auf die Wahl von Koadjutoren mit Nachfolgerecht, ausweiten könne, und dass deren Wahl der freien Entscheidung des Heiligen Stuhles angehöre. In den Jahren 1932 und 1940 hatte der Heilige Stuhl bereits eine ähnliche Antwort gegeben. Nach dem Dekret «Etsi Salva» hat der Heilige Stuhl in zwei Fällen Koadjutoren ernannt, und in zwei Fällen konnte das Domkapitel wählen. Das Zweite Vatikanische Konzil Das II. Vatikanische Konzil hat in Nr. 20 des Dekrets «Christus Dominus» vom 28. Oktober 1965 bekräftigt: «Das apostolische Amt der Bischöfe ist von Christus dem Herrn eingesetzt und verfolgt ein geistliches und übernatürliches Ziel. Daher erklärt die Heilige Ökumenische Synode, dass es wesentliches, eigenständiges und an sich ausschliessliches Recht der zuständigen kirchlichen Obrigkeiten ist, Bischöfe zu ernennen und einzusetzen.» Das Dekret bestätigte, was der Heilige Stuhl in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hinsichtlich der Einschränkung der alten Zugeständnisse der Bischofswahlen unternommen hatte. Um die Freiheit der Kirche in rechter Weise zu schützen und das Wohl der Gläubigen besser und ungehinderter zu fördern, äusserte das Konzil den Wunsch, «dass in Zukunft staatlichen Obrigkeiten keine Rechte oder Privilegien mehr eingeräumt werden, Bischöfe zu wählen, zu ernennen, vorzuschlagen oder zu benennen». Ausserdem wurden die staatlichen Obrigkeiten freundlichst gebeten, «sie mögen auf die genannten Rechte oder Privilegien, die sie gegenwärtig durch Vertrag oder Gewohnheit geniessen, nach Rücksprache mit dem Apostolischen Stuhl freiwillig verzichten.» Das Churer Privileg aus dem Jahre 1948 ist das Zugeständnis der Bischofswahl an das Domkapitel von Chur und nicht an eine staatliche Obrigkeit. Dennoch kann man aus einer rechtsgeschichtlichen Sicht sagen: Da das Churer Privileg ein Residuum eines antiken Zugeständnisses an eine zivile Autorität ist und, da der Heilige Stuhl wiederholt eine gänzliche Normalisierung der Bischofsernennung angestrebt hat (1926, 1948 und 1957), gilt die Einladung des Zweiten Vatikanischen Konzils, auf Bischofswahlprivilegien zu verzichten, in einem gewissen Sinn auch heute noch für das Domkapitel von Chur. Dies gilt umso mehr, da das Churer Privileg in der Lateinischen Kirche eine Ausnahme ist. Der CIC von 1983 Der oben genannte Wunsch des II. Vatikanischen Konzils wurde in can. 377, §5 kodifiziert: «In Zukunft werden keine Rechte und Privilegien hinsichtlich Wahl, Benennung, Präsentation oder Designation der Bischöfe den weltlichen Autoritäten eingeräumt.» In Can. 377, § 1 legt der Gesetzgeber die «Fundamentalnorm» für die Übertragung eines Bischofsamtes fest: «Bischöfe ernennt der Papst frei, oder er bestätigt die rechtmässig gewählten.» Bei der Erarbeitung des Textes wurden die Vorschläge einzelner Konsultoren, die Praxis früherer Jahrhunderte aufzugreifen und das Gottesvolk an der Bischofswahl zu beteiligen, schon in der Anfangsphase der Texterarbeitung mehrheitlich abgelehnt, wobei sich diese Ablehnung sowohl gegen die Mitwirkung von Laien als auch gegen die Mitwirkung des (Diözesan-) Klerus bei der Designatio des Bischofs wandte. Offengelassen wurde zunächst noch die Möglichkeit, den Diözesanbischof generell durch die Bischöfe der benachbarten Bistümer wählen zu lassen. Im weiteren Verlauf der Textgeschichte spielte jedoch auch diese Variante keine Rolle mehr. Das Churer Privileg aus dem Jahre 1948 bleibt auch nach dem CIC von 1983 in Kraft, denn can. 4 besagt: «Privilegien, die vom Apostolischen Stuhl bislang physischen oder juristischen Personen gewährt wurden, in Gebrauch sind und nicht widerrufen wurden, bleiben unangetastet, es sei denn, dass sie durch die Canones dieses Codex ausdrücklich widerrufen werden», was nicht der Fall ist. Die Statuten des Churer Domkapitels In den aktuellen Statuten des Churer Domkapitels aus dem Jahre 1986 wird die Wahl des Bischofs in Artikel 14 beschrieben: «1. Das Generalkapitel hat aufgrund des Dekretes der Konsistorialkongregation vom 28. Juni 1948 das Recht der Bischofswahl. Diese erfolgt aus einem Dreiervorschlag, der vom Apostolischen Stuhl dem Domkapitel unterbreitet wird. 2. Beim Eintritt einer Sedisvakanz legt das Generalkapitel der Apostolischen Nuntiatur eine Liste von wenigstens drei für das Bischofsamt besonders geeigneten Priestern vor.» Bereits mit Schreiben Prot. Nr. 2023 vom 24. Juni 1988, also vor ca. 20 Jahren, hat der damalige Apostolische Nuntius in der Schweiz, Msgr. Edoardo Rovida, dem damaligen Domdekan des Churer Domkapitels, Pfarrer Christian Monn, in französischer Sprache geschrieben, dass der Tenor des zitierten Artikels 14 mit dem Dekret der Konsistorialkongregation vom 28. Juni 1948 nicht ganz übereinstimmt. Hinsichtlich § 1 der aktuellen Statuten korrigiert er: § 1 erwähnt ein «Recht», während das Dekret von einem «Privileg» spricht. Zu § 2 weist der Nuntius nach: § 2 erwähnt, dass das Domkapitel der Apostolischen Nuntiatur eine Liste von wenigsten drei Kandidaten zusendet. Eine solche Präsentation der Kandidaten ist im Dekret nicht vorgesehen. Da das Dekret von 1948 auch heute noch rechtsgültig ist, weisen die Statuten des Domkapitels in den genannten beiden Punkten keine Rechtsgültigkeit auf und sind wenig behilflich, Klarheit zu schaffen. Somit sollte Artikel 14 lauten: «Das Generalkapitel hat aufgrund des Dekretes der Konsistorialkongregation vom 28. Juni 1948 das Privileg der Bischofswahl. Diese erfolgt aus einem Dreiervorschlag, der vom Apostolischen Stuhl dem Domkapitel unterbreitet wird.» § 2 sollte gänzlich gestrichen werden. Bei den Verhandlungen zwischen dem Domkapitel und dem Apostolischen Nuntius im Hinblick auf die Gewährung des Privilegs war die Rede, dass «de facto» die Terna vom Apostolischen Stuhl auf Grund von vorher beim Bischof und Kapitel eingeholten Informationen zusammengestellt würde. Dies hat damals vermutlich dazu geführt, dass § 2 angefügt wurde. Seit 1983 enthält der CIC klare Bestimmungen darüber, wie die Konsultationen betreffend Bischofskandidaten erfolgen sollen. Somit ist dieser Paragraph obsolet. Die aktuelle Problematik Worin besteht aber die eigentliche Problematik? Die zu Beginn erwähnten Schwierigkeiten zeigen auf, dass es hier nicht in erster Linie um das Problem eines Bischofswahlrechts oder Privilegs geht, sondern darum, dass bestimmte Erwartungen hinsichtlich der Zusammenstellung der Kandidaten der letzten Terna nicht erfüllt worden sind. Man hat damit gerechnet, dass Hat der Heilige Stuhl das Churer Privileg verletzt? Aus dem bereits besprochenen rechtsgültigen Dekret von 1948 geht klar hervor, dass das Domkapitel von Chur das Privileg besitzt, bei Vakanz des Bischofsstuhles von Chur, aus drei vom Heiligen Stuhl vorgeschlagenen Kandidaten den Bischof zu wählen. Die Zusammenstellung der Terna ist Aufgabe des Apostolischen Nuntius in der Schweiz, der Kongregation für die Bischöfe und letztendlich des Papstes. Das heisst, dass der Heilige Stuhl allein, und nicht das Churer Domkapitel oder staatskirchenrechtliche Gremien oder sonst jemand zuständig ist, die Terna zusammenzustellen. Dies ist letztendlich alleinige Kompetenz des Heiligen Vaters. Wie wird gemäss CIC/1983 die Terna, aus der das Domkapitel den neuen Bischof wählt, durch den Apostolischen Stuhl bestimmt? Die Suche nach geeigneten Kandidaten für das Bischofsamt ist ein ständiger Prozess. Alle drei Jahre hat die Bischofskonferenz dem Apostolischen Stuhl eine Liste mit geeigneten Kandidaten einzureichen. Davon unabhängig kann jeder Diözesanbischof dem Apostolischen Stuhl jederzeit eine Namensliste zusenden. Zur Aufgabe des Apostolischen Nuntius gehört es ebenfalls, für die Ernennung von Bischöfen dem Apostolischen Stuhl Namen von Kandidaten zu übermitteln oder vorzuschlagen. Üblicherweise hört der Nuntius einige Mitglieder aus dem Konsultorenkollegium und dem Domkapitel an. Er kann darüber hinaus auch die Ansicht anderer aus dem Welt- und Ordensklerus sowie von Laien einzeln erfragen. Sodann führt der Nuntius den so genannten Informativprozess durch über die in Aussicht genommenen Kandidaten. Anschliessend reicht er der Kongregation für die Bischöfe die Dossiers über die einzelnen Kandidaten zusammen mit seinem eigenen Votum ein. Die Kongregation für die Bischöfe berät die Angelegenheit und stellt dann die Terna zusammen, welche im Falle der Gutheissung durch den Papst über den Apostolischen Nuntius dem Dom kapitel für die Wahl des neuen Bischofs vorgelegt wird. Da gemäss dem Churer Privileg jeder der drei Kandidaten zum zukünftigen Bischof von Chur gewählt werden kann, muss auch ein jeder bischofswürdig oder bereits Bischof sein. Was wird für die Eignung der Kandidaten für das Bischofsamt gefordert? - Der Betreffende muss sich auszeichnen durch festen Glauben, gute Sitten, Frömmigkeit, Seeleneifer, Lebensweisheit, Klugheit sowie menschliche Tugenden und die übrigen Eigenschaften besitzen, die ihn für die Wahrnehmung des Amtes, um das es geht, geeignet machen. - Er muss einen guten Ruf haben. - Er muss wenigstens 35 Jahre alt und seit fünf Jahren Priester sein, wobei man in der Praxis meistens ältere Personen nimmt, da es unklug ist, einen Bischof zu ernennen, der 40 Jahre lang derselben Diözese vorsteht. - Er muss den Doktorgrad oder wenigstens den Grad des Lizenziaten in der Heiligen Schrift, in der Theologie oder im kanonischen Recht an einer vom Apostolischen Stuhl anerkannten Hochschuleinrichtung erworben haben oder wenigstens in diesen Disziplinen wirklich erfahren sein. Wie werden die Kandidaten gewertet? Bei der Wertung der Bischofskandidaten wird entsprechend der heutigen Lage neben vielen anderen wichtigen Voraussetzungen, besonders auf folgende Punkte geachtet: 1. Der Kandidat muss sich auszeichnen durch eine persönliche Sicherheit in katholischen Glaubenswahrheiten und in der Treue zur Lehre und zum Lehramt der katholischen Kirche und zu den Dokumenten des Heiligen Stuhls (z. B. über das Priesteramt, die Priesterweihe von Frauen, Ehe und Familie, die Sexualethik, insbesondere auch die Weitergabe des Lebens). Besonders wird die Fähigkeit des Kandidaten bewertet, die gesunde Lehre zu fördern und standhaft öffentlich zu verteidigen. Diese Gabe ist eine der wesentlichen Bedingungen, die zur effizienten Durchführung des pastoralen Amtes gehören, auch wenn der Bischof, um die Doktrin zu fördern und zu verteidigen, zuweilen gegen den Strom schwimmen muss. 2. Weiterhin wird besonders darauf geachtet, dass hinsichtlich des moralischen Verhaltens eines Kandidaten niemals irgendwelche Schatten existiert haben und dass er sich durch ein gefestigtes Tugendleben auszeichnet. Diesbezüglich muss auch verifiziert werden, dass nie irgendeine Form von Homosexualität oder Pädophilie existiert hat. Wenn es sich um einen Kandidaten handelt, der bereits die Bischofwürde besitzt, ist es angebracht, eine etwas kürzere Ermittlung hinsichtlich seines bischöflichen Dienstes durchzuführen, um seine pastoralen und doktrinellen Begabungen sowie Qualitäten zu verifizieren, damit festgestellt werden kann, ob er für die konkrete Terna geeignet ist. Ein Kandidat, der diese und viele hier nicht genannte Bedingungen nicht erfüllt, kann nicht in die Terna aufgenommen werden. Gleichzeitig bleibt klar, dass gemäss can. 378 § 2 das endgültige Urteil über die Eignung der Kandidaten allein dem Apostolischen Stuhl zusteht. Es gibt keine Rechtsvorschrift, die besagt, dass alle drei Kandidaten der Terna aus dem Bistum Chur kommen müssen. Man darf die Terna für das Bistum Chur nicht mit einer Terna der Diözesen St. Gallen oder Basel vergleichen, denn in diesen beiden weltweiten Ausnahmefällen stellt - vereinfacht gesagt - das Domkapitel selbst eine Sechserliste auf. Es gibt auch keine Rechtsvorschrift, dass die Terna des Heiligen Stuhles aus Vorschlägen des Churer Domkapitels oder aus der vom Apostolischen Nuntius durchgeführten Konsultationen hervorgehen muss. Der Heilige Stuhl ist gänzlich frei, sowohl Konsultationen eines früheren Nuntius zu verwerten als auch Konsultationen direkt durchzuführen und tut dies, besonders in schwierigen Fällen. Gemäss den zu Beginn des Artikels erwähnten Veröffentlichungen war ein Kandidat ein Nuntius und sei den Domherren nicht bekannt gewesen. Der andere Kandidat war ein Weihbischof und spreche nicht fliessend deutsch, was nicht zutrifft. Wenn nun einige Domherren einen oder zwei Kandidaten nicht kennen oder nur vom Hörensagen - obwohl auch diese nicht unbekannte Deutschschweizer waren -, bedeutet dies nicht, dass diese Kandidaten nicht geeignet sind. Ich bin mir bewusst, dass aus der Sicht einzelner Churer Domherren jemand, der in der Diözese weniger bekannt ist, kaum wählbar erscheint. Dem könnte Abhilfe geschaffen werden, indem für zukünftige Wahlen ein ausführlicheres «curriculum vitae» über jeden einzelnen Kandidaten erstellt wird. Unabhängig davon kann ich aus eigener Erfahrung versichern, dass es nicht willkürliche oder persönliche Motive sind, wenn ein Kandidat in die Terna aufgenommen wird, sondern dass der Apostolische Stuhl dabei in erster Linie das Wohl der Ortskirche vor Augen hat. Dieses Wohl umfasst nicht nur menschliche oder weltliche Gesichtspunkte, sondern muss vor allem dem Glaubensauftrag der Kirche gerecht werden. Die Aussage, dass mit dem letzten Dreiervorschlag das Privileg des Churer Domkapitels ausgehöhlt und damit auch der Grundsatz von Treu und Glauben verletzt worden sei, was dem Rechtsprinzip «pacta sunt servanda» widerspreche, ist eine Verkennung der kirchenrechtlichen Normen, und dies vor allem, weil es sich hier letztendlich um eine alleinige Kompetenz des Papstes handelt. Im Fall des Churer Domkapitels geht es zudem um ein Privileg. Ein Privileg ist ein durch einen Rechtsakt gewährter Gnadenerweis zugunsten physischer oder juristischer Personen und kann vom Gesetzgeber wie auch von der ausführenden Autorität gewährt werden, welcher der Gesetzgeber diese Vollmacht übertragen hat. Ein Privileg vermittelt dem Empfänger eine «Gnade» im engen Sinne, auf die keinerlei Rechtsanspruch besteht. Das Churer Domkapitel und auch jede andere physische oder juristische Person hat somit kein Mitspracherecht. Es handelt sich hier nicht um ein Konkordat, das ein völkerrechtlicher Vertag des Heiligen Stuhles mit einer Regierung über die gegenseitige kirchenpolitischen Beziehungen ist und für das Gebiet des betreffenden Landes staatliches wie auch partikuläres kirchliches Recht schafft. Das Secretum Pontificium Sowohl der Informativprozess über eventuelle Bischofskandidaten als auch die Terna, die dem Churer Domkapitel überreicht wurde, unterliegen für immer dem Päpstlichen Geheimnis und verpflichten zur grössten Zurückhaltung gegenüber jedermann, besonders aber gegenüber den Bischofskandidaten selbst. Dies betrifft alle Personen, die in irgendeiner Weise am Bischofsernennungsverfahren teilgenommen haben, seien es Bischöfe, Personen der Apostolischen Nuntiatur, Priester, Ordensleute oder Laien. Leider wurde das Päpstliche Geheimnis sowohl vor als auch nach den Bischofsernennungen von Amédée Grab und Vitus Huonder verletzt. Es geht mir nicht darum, jemanden persönlich anzugreifen, zu verletzen oder auch innerhalb des Domkapitels irgendwelche Spekulationen anzustiften, auch wenn eine Verletzung des Päpstlichen Geheimnis angemessene Strafen zur Folge haben kann, je nachdem wie schwerwiegend das Delikt und sein Schaden ist. Es geht vielmehr darum, das Verständnis und den Sinn für das Päpstliche Geheimnis zu vertiefen und zu erneuern, gemäss dem Wahlspruch unseres Bischofs Dr. Vitus Huonder: «Omnia instaurare in Christo!» Der Sinn des Päpstlichen Geheimnisses besteht nicht nur in einer Päpstlichen Verordnung, sondern liegt vor allem auch in der Natur der Sache selbst. Es geht um den Respekt und den Schutz der daran beteiligten Personen und betrifft nicht nur die Informanten, sondern auch die Bischofskandidaten. Gäbe es keinen Schutz der Informanten, dann würden diese die Fragen nicht mehr objektiv beantworten. Auch wenn ein Bischofskandidat nicht in die Terna kommt, bedeutet dies nicht notwendigerweise, dass er ungeeignet ist, aber es könnte bedeuten, dass er für diese Diözese und unter den gegebenen Umständen vielleicht nicht die geeignete Person war. Wir sollten uns neu bewusst werden, dass eine Verletzung des Päpstlichen Geheimnisses der Glaubwürdigkeit der Kirche einen enormen Schaden zufügt. Durch die Preisgabe des Päpstlichen Geheimnisses werden Schwierigkeiten, die innerhalb der eigenen kirchlichen Reihen existieren, in die Welt hinausgetragen und damit wird verursacht, dass kirchliche Mitarbeiter, staatskirchenrechtliche Organisationen und andere, die die Problematik z. T. noch weniger kennen, sich in eine Sache einmischen, für die sie weder kompetent noch zuständig sind. Die Konsequenzen der Verletzung des Päpstlichen Geheimnisses können sehr schwerwiegend sein und der daraus folgende Schaden kann ein Ausmass erreichen, dessen sich bestimmte Personen manchmal zuwenig bewusst sind. Eine eventuelle Intervention des Domkapitels beim Heiligen Stuhl Ich habe versucht, die Sachlage so objektiv wie nur möglich darzustellen. Jetzt liegt es am Churer Domkapitel, daraus die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Das Domkapitel ist frei, beim Heiligen Stuhl zu intervenieren. Doch sollte man sich bewusst sein, dass der Heilige Stuhl kein Recht verletzt hat und dass eine eventuelle Intervention auch negative Konsequenzen für das Churer Bischofswahlprivileg mit sich bringen könnte. Sollte das Churer Domkapitel dennoch in irgendeiner Form beim Heiligen Stuhl intervenieren, dann muss klar sein, worin eine solche Intervention besteht und was diese für Konsequenzen mit sich bringt. Eine Neuumschreibung des Churer Privilegs von Seiten des Domkapitels ist nicht möglich, da es sich hier um einen reinen Gnadenerweis handelt, auf den keinerlei Rechtsanspruch besteht. Jegliche Bestrebung, den Bischofswahlmodus von St. Gallen in der Diözese Chur einführen zu wollen, ist gegen den Wunsch des II. Vatikanischen Konzils und widerspricht direkt can. 377 § 5 CIC, der besagt, dass in Zukunft keine Rechte und Privilegien hinsichtlich Wahl, Benennung, Präsentation oder Designation der Bischöfe den weltlichen Autoritäten eingeräumt werden. Eine an den Heiligen Stuhl gerichtete Bitte, auf das Churer Privileg verzichten zu wollen, ist hingegen möglich, wobei einzelne Domherren darauf nicht verzichten können; ebenso steht es der juristischen Person selbst nicht frei, auf ein ihr gewährtes Privileg zu verzichten, wenn der Verzicht zum Schaden der Kirche oder anderer gereicht. Durch den Verzicht allein erlischt das Privileg nicht, wenn dieser nicht von der zuständigen Autorität angenommen ist. Bevor ein solcher Schritt unternommen wird, sollten die theologischen, kirchenrechtlichen und auch die historischen Hintergründe des Churer Privilegs vertieft werden. Man sollte sich auch Klarheit verschaffen über die daraus folgenden Konsequenzen im Bistum Chur, vor allem was den Klerus, die Bevölkerung und die staatskirchenrechtlichen Gremien betrifft. Schlussgedanke Für die zukünftigen Gespräche empfehle ich dem Domkapitel, immer das Wohl der Diözese Chur im Sinne einer echten «communio» mit dem Heiligen Vater und der Universalkirche vor Augen zu halten. Wie das Licht die Farben des Regenbogens in sich vereinigt, so betrachtet dessen Versammlungen - in Einheit der brüderlichen Verantwortung gegenüber Gott und der Welt - immer unter dem Licht der «communio»! Das gilt auch für die Wahl eines neuen Bischofs und andere wichtige Entscheidungen. Im Licht der «communio», die eben von brüderlichem «affectus» und «effectus» gekennzeichnet ist, soll das Wahlgremium sich selbst, dem Bistum Chur und der Universalkirche als auch der Gesellschaft in der Schweiz ein Zeugnis von den christlichen Werten ablegen. Das Vorbild bleibt auch für ihre Versammlungen die Urgemeinde in Jerusalem, die «ein Herz und eine Seele» (Apg 4, 32) war. Prälat RA Dr. Stephan Stocker ist Priester der Diözese Chur und bis vor kurzem Nuntiaturrat der Apostolischen Nuntiatur in Berlin. Stephan Stocker hielt den hier nur geringfügig überarbeiteten Vortrag am 3. März 2008 vor dem Domkapitel des Bistums Chur. Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! LesermeinungenUm selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen. Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. | Mehr zuBischof Huonder
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