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Spiritus sanctus ipse harmonia est

19. Mai 2013 in Weltkirche, 3 Lesermeinungen
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Papst Franziskus in der Pfingstpredigt auf dem Petersplatz: Das Wirken des Heiligen Geistes führe in die Harmonie, nicht in eine Einförmigkeit. Wortlaut der Predigt. UPDATE: Videos


Vatikan (www.kath.net/ red/KNA)
Papst Franziskus hat die neuen geistlichen Bewegungen zur «Kirchlichkeit» unter Leitung der Bischöfe aufgerufen. Der Heilige Geist schaffe in der Kirche Vielfalt und unterschiedliche Charismen, sagte der Papst am Pfingstsonntag vor rund 100.000 Besuchern auf dem Petersplatz. Jedoch seien «Parallelwege gefährlich»; sie könnten letztlich zu Spaltungen führen.

Man dürfe sich nicht in den eigenen Gruppen verschließen, sondern müsse die christliche Botschaft hinaustragen, «bis an die Außenbereiche der menschlichen Existenz», so Franziskus. Der Papst verwies dabei auf die Apostel, die am Ursprung des Pfingstfestes aus dem Abendmahlssaal in die Welt hinausgegangen seien.

Die neuen Gemeinschaften müssten für das Wirken des Heiligen Geistes offen sein, betonte der Papst. Dieser schaffe dem Anschein nach Unordnung in der Kirche, bewirke letztlich jedoch Harmonie und Einheit. Die gebotene Einheit in der Kirche bedeute keinesfalls Einförmigkeit.

Auf Einladung des Papstes waren Mitglieder von 150 geistlichen Bewegungen zu einem Pfingsttreffen in den Vatikan gekommen, darunter Fokolare, Schönstatt, Neokatechumenale oder Sant'Egidio. An einem Gebetstreffen am Samstagabend auf dem Petersplatz nahmen rund 200.000 Besucher teil.

«Wenn wir selbst die Verschiedenheit schaffen wollen und uns in unseren Parteilichkeiten und Ausschließlichkeiten einkapseln, führen wir in die Spaltung», sagte Franziskus an die Adresse der neuen Bewegungen. Und wer umgekehrt nach seinen menschlichen Plänen Einheit herstellen wolle, schaffe letztlich Einförmigkeit und Schematisierung. Nur der Heilige Geist könne «Unterschiedlichkeit, Pluralität, Vielfalt erwecken und zugleich die Einheit bewirken».

Christen hätten die Aufgabe, «die Türen zu öffnen, um hinauszugehen, um das gute Leben des Evangeliums zu verkünden und zu bezeugen, um die Freude des Glaubens, der Begegnung mit Christus zu übertragen», sagte der Papst. Was in Jerusalem vor fast 2.000 Jahren geschehen sei, sei kein weit entferntes Ereignis, sondern müsse für jeden zur lebendigen Erfahrung werden.

Franziskus rief die Christen auf, sich vertrauend auf Gott und auf das Wirken des Heiligen Geistes einzulassen. Oft habe man Angst vor Neuem und fühle sich sicherer, wenn man alles unter Kontrolle habe: «Wir haben Angst, Gott könne uns neue Wege gehen lassen, uns herausführen aus unserem oft begrenzten, geschlossenen, egoistischen Horizont, um uns für seine Horizonte zu öffnen.» Doch immer wieder in der Geschichte von Noah, Abraham und Mose bis zu den Aposteln habe Gott Neues gebracht und Vertrauen gefordert: nicht um Langeweile zu überwinden, sondern um den Menschen «tatsächlich zu verwirklichen» und um «wahre Freude zu schenken».

Predigt im Originaltext, massgebend ist der gesprochene Text:

Liebe Brüder und Schwestern,


an diesem Tag betrachten wir in der Liturgie und feiern von neuem die durch den auferstandenen Christus erwirkte Ausgießung des Heiligen Geistes über seine Kirche – ein Ereignis der Gnade, das den Abendmahlssaal zu Jerusalem erfüllt hat, um sich dann über die ganze Erde auszubreiten.

Aber was geschah denn an jenem Tag, der uns so fern ist und doch so nah, dass er das Innerste unseres Herzens berührt? Der heilige Lukas gibt uns die Antwort in dem Abschnitt aus der Apostelgeschichte, den wir gehört haben (2,1-11). Der Evangelist führt uns nach Jerusalem, in das Obergemach des Hauses, in dem die Apostel versammelt sind. Das erste Element, das unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist das Brausen, das plötzlich vom Himmel her kommt, „wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt", und das Haus erfüllt; und dann die „Zungen wie von Feuer", die sich verteilten und sich auf jeden der Apostel niederließen. Das Brausen und die Feuerzungen sind deutliche und konkrete Zeichen, welche die Apostel nicht nur von außen, sondern auch in ihrem Innern anrühren: im Geist und im Herzen.

Die Folge ist, dass „alle mit dem Heiligen Geist erfüllt" wurden, der seine unwiderstehliche Dynamik entfaltet, mit überraschenden Ergebnissen: Sie „begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab". Und dann eröffnet sich uns ein völlig unerwartetes Bild: Eine große Menschenmenge strömt zusammen und ist völlig verwundert, denn jeder hört die Apostel in seiner eigenen Sprache reden. Alle machen eine nie dagewesene neue Erfahrung: „Wir hören sie in unseren Sprachen" reden. Und wovon sprechen sie? Sie verkünden „Gottes große Taten".

Im Licht dieses Abschnitts aus der Apostelgeschichte möchte ich über drei Worte nachdenken, die mit dem Wirken des Heiligen Geistes verbunden sind: Neuheit, Harmonie, Mission.

1. Das Neue macht uns immer ein wenig Angst, denn wir fühlen uns sicherer, wenn wir alles unter Kontrolle haben, wenn wir es sind, die unser Leben nach unseren Mustern, unseren Sicherheiten, nach unserem Geschmack aufbauen, programmieren und planen. Und das geschieht auch gegenüber Gott. Oft folgen wir ihm, nehmen ihn an, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Es fällt uns schwer, uns in vollem Vertrauen ihm hinzugeben und zuzulassen, dass der Heilige Geist die Seele unseres Lebens ist und die Führung über all unsere Entscheidungen übernimmt.

Wir haben Angst, Gott könne uns neue Wege gehen lassen, uns herausführen aus unserem oft begrenzten, geschlossenen, egoistischen Horizont, um uns für seine Horizonte zu öffnen. Doch in der gesamten Heilsgeschichte ist es so: Wenn Gott sich offenbart, bringt er Neues, verwandelt und verlangt, dass man ihm völlig vertraut: Noach baut eine von allen belächelte Arche und wird gerettet; Abraham verlässt sein Land, und hat nichts in der Hand als eine Verheißung; Mose nimmt es mit der Macht des Pharao auf und führt das Volk in die Freiheit; die Apostel, die furchtsam im Abendmahlssaal eingeschlossen waren, gehen mutig hinaus, um das Evangelium zu verkünden. Es ist nicht die Neuheit um der Neuheit willen, die Suche nach dem Neuen, um die Langeweile zu überwinden, wie es in unserer Zeit häufig geschieht.

Die Neuheit, die Gott in unser Leben bringt, ist das, was uns tatsächlich verwirklicht, das, was uns die wahre Freude schenkt, die wahre Gelassenheit, denn Gott liebt uns und will nur unser Bestes. Fragen wir uns: Sind wir offen für die „Überraschungen Gottes"? Oder verschließen wir uns ängstlich vor der Neuheit des Heiligen Geistes? Sind wir mutig, die neuen Wege zu beschreiten, die die Neuheit Gottes uns anbietet, oder verteidigen wir uns, eingeschlossen in vergängliche Strukturen, die ihre Aufnahmefähigkeit verloren haben?

2. Ein zweiter Gedanke: Dem Anschein nach schafft der Heilige Geist Unordnung in der Kirche, weil er die Unterschiedlichkeit der Charismen, der Gaben bringt, doch unter seinem Wirken ist all das ein großer Reichtum, denn der Heilige Geist ist der Geist der Einheit, was nicht Einförmigkeit bedeutet, sondern eine Rückführung von allem in die Harmonie. Die Harmonie bewirkt in der Kirche der Heilige Geist. Einer der Kirchenväter verwendet einen Ausdruck, der mir sehr gefällt: Der Heilige Geist „ipse harmonia est" – ist selbst die Harmonie.

Nur er kann die Unterschiedlichkeit, die Pluralität, die Vielfalt erwecken und zugleich die Einheit bewirken. Auch hier gilt: Wenn wir selbst die Verschiedenheit schaffen wollen und uns in unseren Parteilichkeiten, in unseren Ausschließlichkeiten verschließen, führen wir in die Spaltung; und wenn wir selbst nach unseren menschlichen Plänen die Einheit herstellen wollen, schaffen wir letztlich die Einförmigkeit, die Schematisierung. Wenn wir uns hingegen vom Geist leiten lassen, führen Reichtum, Vielfältigkeit, Unterschiedlichkeit nie zum Konflikt, denn er bringt uns dazu, die Vielfältigkeit im Miteinander der Kirche zu leben.

Das gemeinsame Unterwegssein in der Kirche unter der Führung der Hirten, die ein spezielles Charisma und Amt haben, ist ein Zeichen für das Wirken des Heiligen Geistes; die Kirchlichkeit ist ein grundsätzliches Merkmal für jeden Christen, für jede Gemeinschaft, für jede Bewegung. Die Kirche ist es, die mir Christus bringt und mich zu Christus führt; Parallelwege sind gefährlich! Wenn man sich darauf einlässt, sich jenseits (proagon) der Lehre und der kirchlichen Gemeinschaft zu bewegen, und nicht darin bleibt, ist man nicht mit dem Gott Jesu Christi verbunden (vgl. 2 Joh 9). Fragen wir uns also: Bin ich offen für die Harmonie des Heiligen Geistes, indem ich jegliche Ausschließlichkeit überwinde? Lasse ich mich von ihm leiten, indem ich in und mit der Kirche lebe?

3. Letzter Punkt. Die Theologen der frühen Kirche sagten: Die Seele ist eine Art Segelboot; der Heilige Geist ist der Wind, der in das Segel bläst, um das Boot voranzutreiben; die Triebkraft und der Schub des Windes sind die Gaben des Geistes. Ohne seinen Antrieb, ohne seine Gnade kommen wir nicht voran. Der Heilige Geist lässt uns in das Geheimnis des lebendigen Gottes eintreten und bewahrt uns vor der Gefahr einer gnostischen und einer selbstbezogenen, in ihr Gehege eingeschlossenen Kirche; er drängt uns, die Türen zu öffnen, um hinauszugehen, um das gute Leben des Evangeliums zu verkünden und zu bezeugen, um die Freude des Glaubens, der Begegnung mit Christus zu übertragen.

Der Heilige Geist ist die Seele der Mission. Was in Jerusalem vor fast zweitausend Jahren geschah, ist kein weit von uns entferntes Ereignis, es ist etwas, das uns einholt, das in jedem von uns zur lebendigen Erfahrung wird. Das Pfingstereignis im Abendmahlssaal von Jerusalem ist der Anfang, ein Anfang, der sich über die Zeit hinzieht. Der Heilige Geist ist die Gabe schlechthin, die der auferstandene Christus seinen Aposteln schenkt, aber er möchte, dass sie sie alle erreicht. Wie wir im Evangelium gehört haben, sagt Jesus: „Ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll" (Joh 14,16).

Es ist der Paraklet, der „Tröster", der den Mut schenkt, die Straßen der Welt zu durchwandern und das Evangelium zu überbringen! Der Heilige Geist lässt uns den Horizont erblicken und drängt uns bis an die Peripherien des Seins, um das Leben Jesu Christi zu verkünden. Fragen wir uns, ob wir dazu neigen, uns in uns selbst, in unserer Gruppe zu verschließen, oder ob wir zulassen, dass der Heilige Geist uns für die Mission öffnet.

Die heutige Liturgie ist ein großes Gebet, das die Kirche heute mit Jesus zum Vater erhebt, damit er die Ausgießung des Heiligen Geistes erneuere. Jeder Einzelne von uns, jede Gruppe, jede Bewegung wende sich in der Harmonie der Kirche an den Vater mit der Bitte um diese Gabe. Wie im Moment ihres Entstehens, so ruft die Kirche auch heute gemeinsam mit Maria: „Veni Sancte Spiritus! – Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe!"

Amen.

Die Predigt auf Video:


Regina Caeli



(C) 2013 KNA Katholische Nachrichten-Agentur GmbH. Alle Rechte vorbehalten.
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Foto: © K-TV


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Lesermeinungen

  19. Mai 2013 
 

Predigt von Papst Franziskus

Über den Vatikan-Player kann man die Predigten und jetzt auch diese über den Hl. Geist von Papst Franziskus hören und man sieht auch den Papst.
Danach klatschen die Gläubigen auf dem Petersplatz in die Hände.
Jetzt meine Frage:
Sind die Sätze des Papstes bei den Gläubigen auch wirklich angekommen und verstanden worden.
Es geht doch jetzt darum, dass sie Christus in seinem Wirken besser verstehen.
Und jetzt also ein ,Avanti` um eben die Predigten von Papst Franziskus in unserem Alltag umzusetzen und seine Worte auch mit neuem Leben zu erfüllen.
Dann haben wir auch den Papst in seinen Anliegen richtig verstanden. Darauf kommt es Papst Franziskus an: Dass wir Gott lernen neu zu begreifen und nicht neu wieder auslegen nach unseren Wünschen praktisch einen eigenen Gott zimmern wollen. Gott gibt es nur einmalig und keine Dubletten von ihm und durch den Hl. Geist wirkt Gott neu durch uns Menschen als Mittler.
Und deshalb dieses gute Hören auf
Papst Franziskus.
H. Kraft


2
 
  19. Mai 2013 
 

Papst Franziskus - Predigt über den Hl. Geist

Wichtig und notwendig erscheint mir, dass ich und wir als Gläubige nicht nur gut diese Predigt von Papst Franziskus hören und in uns aufnehmen, sondern dass wir seine Gedanken auch in unserem täglichen Leben versuchen etwas umzusetzen.
Denn darauf kommt es an, dass der Hl. Geist durch uns wieder neu wirkt und nicht nur eine Vision bleibt.
Dort wo wir alle mit Menschen, also mit unseren Nächsten zusammenkommen, sollte der Hl. Geist sichtbar werden.
Es fehlt oft der Mut sich auf das ,Neue` in unserem Leben einzustellen. Doch jeder Augenblick und jeder Tag ist .neu` und birgt eine gute Chance sein Leben zu ändern und positiv auch zu sehen.
H. Kraft


4
 
  19. Mai 2013 
 

Papst Franziskus - Geistliche Gemeinschaften

Papst Franziskus forderte in seiner Predigt die Einheit im Glauben und in der Verkündigung des Wortes Gottes in diesen ,Geistlichen Gemeinschaften`.
Diese Einheit ist also als ein ver-
bindendes Element dieser Gemeinschaften zu verstehen. Und der Glaube heißt ja auch Einheit in einer gelebten Vielfalt. Nur sollte da sicher auch ein gutes Glaubensleben und eine Bezeugung von Gott vorhanden sein.
Darauf kommt es Papst Franziskus ja an: Dass die Kirche an die Ränder der Städte geht und dort das Evangelium verkündet und da braucht es auch einen neuen Mut und viel Überzeugung.
Papst Franziskus setzt auch auf die vielen jungen Christen, die zu ihm auf den Petersplatz kommen und ihn hören wollen. Ja, sie wollen Jesus Christus neu erfahren und deshalb auch jetzt der gute Beginn einer vielversprechenden Evangelisation im Glauben und eine neue Hinführung zu Gott.
Und gerade dadurch bekommt das Leben wieder Sinn.
H. Kraft


4
 

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