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Juristen: Suizidwillige könnten in fünf Jahren anders denken

28. März 2021 in Aktuelles, 2 Lesermeinungen
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Rechtsexperten bei Salzburger Bioethik-Dialogen: Künftiges Gesetz für Suizidbeihilfe muss Sterbewillige vor Entscheidungen bewahren, die sie später womöglich revidieren könnten.


Salzburg (kath.net/ KAP)

Das Regelwerk für Suizidbeihilfe, welches der österreichische Gesetzgeber bis Jahresende finden soll, muss ausschließen, dass diese Praxis bei suizidwilligen Menschen Anwendung findet, die zu einem späteren Zeitpunkt womöglich anders entscheiden könnten: Das haben hochrangige Juristen am Donnerstagabend bei der als Webinar veranstalteten zweiten Ausgabe der "Salzburger Bioethik-Dialoge" hervorgehoben. Bei der Frage nach der Selbstbestimmung gelte es zwischen einer "temporären" und einer "finalen" Autonomie zu unterscheiden, führte der Salzburger Strafrechtler Kurt Schmoller dabei aus.

Auf die Dauerhaftigkeit eines Suizidbeschlusses sei in der Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), mit der das bisher ausnahmslose Verbot von Suizidbeihilfe in Österreich gelockert wurde, zu wenig eingegangen, urteilte Schmoller. "Lebenssituationen und damit verbundene Vorstellungen und Wünsche können sich ändern - oft nicht in Tagen oder Wochen, wohl aber in fünf oder zehn Jahren. Die heute autonome Entscheidung eines Sterbewilligen würde dann vielleicht anders ausfallen, was er selbst aber mitunter zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen kann. Mit einem Suizid verliert man jedoch die Autonomie des ganzen künftigen Lebens", gab der Experte zu bedenken.

Schwierige Aufgabe des Gesetzgebers werde es sein, eine Regelung für jene Extremfälle zu finden, wo diese Entscheidungsänderung so gut wie auszuschließen ist - die von Schmoller als "finale Autonomie" bezeichnete Variante von Selbstbestimmung. Im Fall einer nur noch kurzen verbleibenden Lebensspanne, die zudem durch unveränderliches und unabwendbares Leid gekennzeichnet ist, halte er es sinnvoll die Suizidbeihilfe als gerechtfertigt anzuerkennen und "der Autonomie zum Durchbruch zu verhelfen", so der Jurist.


Im Fall eines an Depression oder ähnlichen psychischen Erkrankungen leidenden Menschen ist der Fall anders gelagert, zumal hier nicht von freier Selbstbestimmung die Rede sein darf, legte der Wiener Verfassungs- und Strafrechtler Prof. Peter Lewitsch im Rahmen der Veranstaltung dar. "Die allermeisten Suizide sind Ausdruck eines schweren Krankheitsbildes, wenngleich dies oft nicht rechtzeitig erkannt wird. Der VfGH hatte erkennbar nicht die Absicht, Suizidbeihilfe für psychisch beeinträchtigte Personen zu öffnen", so der Jurist. Was in der Erkenntnis der Höchstrichter bereits angelegt sei - jedoch nur ansatzweise - müsse der Gesetzgeber nun "operationalisieren".

 

Schlupfloch ermöglicht

Den Rahmen für die derzeitige und künftige Rechtslage fasste Schmoller kompakt zusammen: Fremdtötung, bei der ein Dritter eine Tötungshandlung vornimmt, steht ausnahmslos unter Strafe, selbst wenn dies auf Wunsch des Sterbewilligen geschieht. "Das war bis jetzt so und daran hat sich nichts geändert", so der Strafrechtler. Bisher stand darüber hinaus auch Mitwirkung am Suizid ausnahmslos unter Strafe. Schmoller: "Die Höchstrichter haben nun festgestellt, dass es in bestimmten Extremfällen zu hart ist, kein Schlupfloch zu lassen." Jemanden zum Suizid zu verleiten bleibe aber unverändert eine Straftat; als "grenzwertig" bezeichnete es Lewitsch, einen noch nicht ganz zur Tat Entschlossenen im Suizidwunsch zu bestärken.

 

Suizidprävention notwendig

Sicherstellen müsse das künftige Gesetz daher auch die Suizidprävention, deren Wirkungsweise vor allem das Eröffnen von Perspektiven im Moment der "suizidalen Verengung" sei, wie Schmoller darlegte. Als unbeteiligt Dazukommender jemanden davon abzuhalten, sich das Leben zu nehmen, sei derzeit "Pflicht, da bevorstehender Suizid als Unglücksfall gilt". Bestimmte Formen dieser Hilfeleistungspflicht dürften wohl auch künftig aufrecht bleiben, "da man von außen nicht beurteilen kann, ob es sich um selbstbestimmten Suizid oder ein von Depression oder einer anderen Krankheit hervorgerufenen handelt". Schmollers Rat: "Im Zweifelsfall einschreiten, und was immer geht: Die Rettung rufen."

Auch u.a. auf die Frage nach der Zulassung von Vereinen und Organisationen sowie nach möglichen Auswirkungen des VfGH-Entscheids auf das medizinische Personal ging das Expertengespräch ein. Schmoller sprach sich bei letzterem Punkt für ein "Diskriminierungsverbot" analog zu der 1975 im Rahmen der Fristenregelung beim Schwangerschaftsabbruch gefundenen Regelung aus: "Niemand soll dafür arbeitsrechtlich Nachteile dafür erleiden dürfen, dass er an Suiziden mitwirkt oder aber diese Mitwirkung verweigert", so seine Empfehlung.

VfGH-Entscheid weiterdenken

Die Salzburger Bioethik-Dialoge wurden im Vorjahr im Rahmen der Sterbehilfe-Diskussion gestartet und verstehen sich als regelmäßiges Forum zur Erörterung drängender bioethischer Fragestellungen durch Fachexperten. Die Veranstalter sind das "Salzburger Ärzteforum für das Leben", die Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU) Salzburg und die Österreichische Ärztekammer.

Die diesjährige zweite Ausgabe der Dialoge findet coronabedingt als vierteilige Webinar-Reihe mit anschließendem Live-Symposium statt und widmet sich aus verschiedenen Perspektiven dem VfGH-Urteil zur Suizidbeihilfe. Nach der Erörterung aus ethischer und juristischer Sicht geht es im nächsten Teil am 8. April um 19 Uhr um den intensiv- und palliativmedizinischen sowie am 22. April um den psychiatrischen und psychotherapeutischen Blick auf die höchstrichterliche Erkenntnis.

Für das abschließende Symposium am 30. April in Salzburg sind Beiträge u.a. von der Hospizdachverbands-Präsidentin Waltraud Klasnic, dem Sozialethiker Clemens Sedmak, dem Medizinethiker Matthias Beck und Ministerin Caroline Edtstadler (angefragt) angekündigt, sowie eine Expertenrunde mit führenden Medizinern und Ethikern. Moderiert werden alle Veranstaltungen von der Juristin Stephanie Merckens, Leiterin der Abteilung Politik am Institut für Ehe und Familie (IEF). (Infos: www.salzburgeraerzteforum.com)

 

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Lesermeinungen

 Chris2 29. März 2021 
 

Zum Bereuen ist es dann zu spät.

Wenn man in tiefster Finsternis landet (das kann in der Tat jedem aus heiterem Himmel passieren - wenn man Pech hat, nur aufgrund eines Missverständnisses), sieht man keinen Ausweg. Wohl dem, der sich dann auf Gott stützen und notfalls auch mit ihm hadern kann. Und wer sich an einen guten Beichtvater wendet, für den bekanntlich absolutes Stillschweigen gilt.
Es ist wie beim Zahnarzt, wo beim Bohren sämtliche Beweise vernichtet werden oder bei Brustkrebs oder Prostatakrebs: Nach einer operativen Entfernung wird man nie erfahren, ob der Krebs überhaupt jemals ausgebrochen oder nicht z.B. eingekapselt geblieben wäre. Die Folgen der OP hat man aber (z.B. Schmerzen an den Lymphknoten) Erinnere mich an eine Arte-Doku, die bei beiden Krebsarten die These aufstellte, dass das Risiko bei OP und Nicht-OP etwa gleich sei. Mein Vater hatte seinen P. jedenfalls nur mit strengen Fastenkuren (Breuß) in den Griff bekommen (PSA-Werte gesunken, Verhärtungen weg) und noch 15 Jahre gut "mit P." gelebt.


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 Flo33 28. März 2021 
 

Suizid

Das stimmt , auch ich pers. hatte vor rund 3 Jahren mit dem *Geist des Todes* zu kämpfen ... alles wurde gut - Gelobt sei Jesus ... Christus


1
 

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