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„Was fehlt, ist der Katholische Arbeitskreis. Den hat man schlicht vergessen“

5. September 2022 in Kommentar, 11 Lesermeinungen
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„Den Evangelischen Arbeitskreis in der CDU gibt es seit 70 Jahren. Welchen Grund sollte es geben, die katholischen Mitglieder weiterhin schlechter zu stellen als die evangelischen?“ Gastkommentar von Claudia Heber


Berlin (kath.net) Am kommenden Wochenende treffen sich erstmals seit langer Zeit die 1001 Delegierten der CDU wieder in Präsenz. Angesichts der Verkürzung des üblicherweise dreitägigen Events auf zwei Tage, einigen Wahlen, den obligatorischen Reden und Berichten und den lange verschobenen Satzungsfragen und der Grundwertecharta dürften es dennoch eng und eine Herausforderung für die Parteitagsregie werden, den gerade drängendsten Fragen rund um die Energiekrise den angemessenen Raum zu verschaffen. Das ist unbestritten wichtig, auch angesichts der hilflosen und desaströsen Performance der Ampelregierung.

Das Hauptaugenmerk liegt ohne Zweifel auf dem neuen Vorsitzenden Friedrich Merz, der seit Anfang des Jahres nach einem fulminanten Mitgliedervotum offiziell die CDU und die Bundestagsfraktion der Union führt. Viele verbinden mit ihm eine klare Kante und ein schärferes Profil der CDU. Als Oppositionsführer im Bundestag hat er das schon einige Male bewiesen. Als Parteichef blieb er für einige, gerade auch bei seinen glühendsten Anhängern, hinter mancher Erwartung zurück.

Die Erkenntnis, dass Friedrich Merz dann doch eher der wirtschaftsliberale Macher und nicht der konservative Hardliner ist, der der CDU die Frauenquote erspart, ist mittlerweile angekommen. Er hat auch vorher nie einen Hehl daraus gemacht, dass er pragmatisch an die Dinge herangeht. Diesen Pragmatismus hätte ich mir auch bei der Anerkennung des katholischen Arbeitskreises gewünscht.


Die Partei bastelt seit 2017 an Reformen. Nach so langer Zeit soll dieser Prozess zum Abschluss gebracht werden. So beginnt auch der Antrag „Volkspartei der Zukunft: die CDU erneuern“ mit einer klaren Positionierung: Auf der alles verbindenden Basis, dem christlichen Menschenbild, sollen Strukturen und Arbeitsweisen aktuellen Entwicklungen angepasst und konkrete Antworten auf reale Probleme gegeben werden. Was dann folgt sind die Vorschläge einer Struktur- und Satzungskommission.

So wird u.a. festgestellt, dass die Vereinigungen jeweils eine sehr große Gruppe gleichgerichteter Interessen in der CDU vertreten, in ihre gesellschaftlichen Gruppen hineinwirken und die CDU insgesamt stark machen und dass diese Struktur einzigartig in der deutschen Parteienlandschaft sei und wir zu Recht darum beneidet werden. Künftig soll der Evangelische Arbeitskreis, der seit 70 Jahren Sonderorganisation der CDU ist, so eine Vereinigung werden. Das ist nach dieser Lesart auch nur folgerichtig, denn die evangelischen Christen sind jedenfalls in den östlichen und auch anderen Landesverbänden mittlerweile eine wirklich große Gruppe in der CDU. Und dann steht da noch, dass es der Kommission ein wichtiges Anliegen war, die LSU (Lesben und Schwule in der Union) mit einem festen Platz in der Organisation der CDU zu verankern.

Bei allem Verständnis für den Wunsch nach Anerkennung als gleichwertig, das Ziel ist in der Gesellschaft lange erreicht.
 
Was im Vorschlag allerdings fehlt, ist der katholische Arbeitskreis. Den hat man schlicht vergessen. Immerhin sind wir nicht laut und bunt, sondern einfach nur in drei Landesverbänden aktiv. Wir versuchen uns seit vielen Jahren zu vernetzen und irgendwie mitzuhelfen, dass sich Mitglieder, denen die Prinzipien der katholischen Soziallehre und die römisch-katholische Kirche insgesamt wichtig sind, bei uns noch wohlfühlen. Und natürlich auch, dass Katholiken, die keine CDU Mitglieder sind eine Anbindung bekommen. Eben genau diese Funktionen, die die Struktur- und Satzungskommission an Vereinigungen so toll findet. Also hat ein Kreisverband fristgerecht einen Antrag gestellt, den Katholischen Arbeitskreis ebenfalls im Statut zu verankern.

Solche Anträge werden dann von einer Antragskommission bewertet und für zustimmungs-, ablehnungs- oder änderungswürdig befunden. Das Schlimmste was jedoch passieren kann, dass die Antragskommission gar keine Idee hat, sich mit dem Antrag nicht befassen will oder der Antrag inhaltlich zu komplex ist. Dann wird verwiesen. Wahlweise zur Fraktion oder in den Bundesvorstand.

Aber welchen Grund sollte es schon geben, die katholischen Mitglieder weiterhin schlechter zu stellen als die evangelischen?

Umso erstaunter waren wir, als die Empfehlungen der Antragskommission veröffentlicht wurden. Dass sich die evangelischen Mitglieder künftig in einer Vereinigung und die Lesben und Schwulen in einer Sonderorganisation zusammenfinden können und auch personell und organisatorisch von der Parteizentrale unterstützt werden, findet die Zustimmung der Antragskommission. Über den Katholischen Arbeitskreis soll im Bundesvorstand beraten werden. Der ist aber gar nicht zuständig und der hatte lange genug Zeit. Also Versenkung erster Klasse!

Glücklicherweise entscheidet aber nicht die Antragskommission und auch nicht der Bundesvorstand, sondern die Delegierten. Und vielleicht sind die Delegierten ja ähnlich mutig wie bei dem Antrag zur doppelten Staatsbürgerschaft von Jens Spahn, als der Empfehlung der Antragskommission nicht gefolgt wurde.

Dann jedenfalls wären die Satzungsdebatten beendet, der Bundesvorstand und der nächste Parteitag können sich um die inhaltlich wichtigen Themen kümmern. Ein gleichberechtigtes Miteinander beider christlicher Konfessionen in der CDU wäre endlich dauerhaft gewährleistet und die Mitglieder, die sich im Arbeitskreis engagieren, erfahren endlich die Wertschätzung, die sie verdienen. Die „Christdemokraten für das Leben“ werden wir zur Zusammenarbeit einladen. Die Union wird gebraucht und will Verantwortung in diesem Land übernehmen. Jedes unserer Mitglieder ist ganz im Sinne des christlichen Menschenbildes für dieses gemeinsame Ziel gleichermaßen wichtig.

Claudia Heber
Vorsitzende Katholischer Arbeitskreis in der CDU Thüringen


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Lesermeinungen

 Ulrich Motte 6. September 2022 
 

CDU/CSU verstehen unter "christlich" vor allem das, was

aus den beiden Großkirchen kommt. Anderskirchliche Christen gibt es in der Führung von CDU/CSU kaum. Die in manchem auffällig weniger linke ehemalige Familienministerin Dr. Kristina Schroeder (oder so ähnlicher Name) ist als Mitglied der konservativeren Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) eine ganz große Ausnahme. Niemand sollte von CDU/CSU deshalb verlangen, weniger links als die Großkirchen (und ihnen ähnliche andere Kirchen) zu sein. Ein Beispiel: Merz fordert eine Frauenquote. Hat die für die Gesellschaft laut kathnet nicht schon vor Jahren Bambergs Erzbischof Schick gefordert? Ich bitte (gerne) um Widerlegung... Der wiener Historiker Lothar Höbelt sagte vor Jahren: Amerika ist konservativer als Europa wegen seiner nichtliturgischen (=strikt biblische) Kirchen... Ich sage: Die drängen als Konkurrenz und geistliche Macht und Ideengeber/ Begründungsgeber auch andere Kirchen dort mehr weg vom Linken...


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 pikkuveli 6. September 2022 
 

Kath. Arbeitsweis'

Es könnte ja jemand initiativ werden....aber des ungeachtet: Die CDU der Nachkriegszeit startete als de facto katholische Partei, die dann die Protestanten mit ins Boot nahm. So dürfte der ev. Arbeitskreis seine historischen Wurzeln haben.
Um übrigen ist die Diskussion sinnlos, kann sie doch vor der Wirklichkeit nicht standhalten.
Ein Problem sehe ich woanders, und das sage ich als Nicht-römisch-katholischer Christ: Fehlen nicht die vielen Politiker, deren Bekenntnis zur Kirche mehr als nur ein Lippenbekenntnis ist?


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 Ulrich Motte 5. September 2022 
 

Winthir: Danke für den Hinweis!

Ich bin allerdings evangelisch-konservativer Freikirchler...

PS: Ich lehne eine ev. Partei strikt ab. Aber ich bin tolerant und billige (und gönne) Katholiken ihre eigene Partei...


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 Ulrich Motte 5. September 2022 
 

Von den 17 stimmberechtigten Mitgliedern des CDU-Präsidiums

sind 71 Prozent römisch-katholisch, der Rest evangelisch-landeskirchlich.


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 winthir 5. September 2022 

Ulrich Motte schrieb, hier:

"Ich hätte auch nichts gegen eine
Katholische Partei, in der nur Katholiken Mitglied werden dürfen!"

mensch Ulrich: Dann gründ' halt eine!


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 Heinerle 5. September 2022 
 

Genese

Betrachtet man die Geschichte der CDU, ist ein "katholischer Arbeitskreis" anfangs nicht "vergessen" worden, sondern war nicht nötig. Konrad Adenauer und andere wollten durch die Gründung der CDU eine christliche Partei etablieren, die für Nichtkatholiken offener war als die "katholische" Zentrums-Partei. Das katholische Element in dieser Partei war jedoch sehr stark und z.T. dominierend (etwa auch in den "Sozialausschüssen", die von den katholischen Verbänden Kolpingwerk und KAB mit getragen wurden), so dass evangelische CDU-Mitglieder die Notwendigkeit erkannten, ihre Position durch einen eigenen Arbeitskreis zu profilieren.


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 Ulrich Motte 5. September 2022 
 

Ich hätte auch nichts gegen eine

Katholische Partei, in der nur Katholiken Mitglied werden dürfen! Warum denn nicht?


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 Anaximander Ansorg 5. September 2022 
 

Sinnvoller Einstieg

Ja, es stimmt, man hat damals die Zentrumspartei zugunsten der neu erstandenen CDU aufgeopfert. Ab der Würzburger Synode sah man sich politisch von der EKD ohnehin ausreichend und gut vertreten. Heute lässt sich in der CDU kein katholisches Weltbild mehr abbilden. Die Partei ist sozial zu liberal, und das kann sich unter Merz nicht ändern. So frage ich mich: Wie sinnvoll ist es, in diese FDP-Ersatzpartei "einsteigen" zu wollen? Das ist die FDP-mäßigkeit, die aktuell im Vatikan peu a peu abgeschafft wird, und das mit recht. Die Zukunft liegt nicht in der Wirtschaft sondern in der Andacht.


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 Ulrich Motte 5. September 2022 
 

Aber bitte!

Ich war viele Jahre Mitglied des Vorstandes des Ev. Arbeitskreises der CSU Muenchen. Damals und danach regte ich die Gruendung eines kath. Arbeiskreises an. Als Dr. Goppel einem solchen gruendete, bot auf meine Anregung der Muenchner Ev. Arbeitskreis dem katholischen sofort Zusammenarbeit an. Dr. Goppel wies das zurueck Man sei noch nicht soweit... Auch in der CDU gab es Aehnliches unter Dr. Martin Lohmann. Was wurde daraus... Aufs Schaerfste weise ich, Verzeihung bitte, als grotesken Bloedsinn zurueck, Merz sei liberal. Weder fordert er drastische Privatisierungen, Deregulierungen, Ausgabensenkungen, Abschaffung etwa auch von Mindestloehnen, noch ist seine Frauenquote anderes als strikt antiliberal!


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 winthir 5. September 2022 

guten Morgen, hape,

warum sprichst du von "den" Katholiken?

Die Kirche ist in (!) der Welt.

übrigens: ich bin ein "Katholik".

btw,

"gute Traditionen sollte man nicht ohne Not aufgeben"

dehalb, verlinke ich hier ein Video.

vom internationalen Gottesdienst aus der Stadtkirche St. Maria Magdalena zur Hl. Dreufaltigkeit zu Bayreuth.

bittschön:

www.youtube.com/watch?v=hsFeDDEXsbs&t=18s


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 winthir 5. September 2022 

das mit den "Arbeitskreisen" sehe ich gelassen.

da fällt mir der Uralt-Spruch ein:

Wenn ich nicht mehr weiter weiß,
gründ' ich - einen Arbeitskreis.


:-)


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