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Der erste Papst am Polarkreis

30. Juli 2022 in Weltkirche, 7 Lesermeinungen
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Viele der rund 65.000 kanadischen Inuit leben in einer desolaten wirtschaftlichen Situation. Sie haben eine der höchsten Armutsraten und die höchste Suizidrate weltweit. - Von Kathpress-Korrespondentin Severina Bartonitschek


Iqaluit (kath.net/KAP) Es ist eine Wüste, eine kalte Wüste, acht Monate im Jahr vereist. Im Sommer, wenn das Eis taut, erinnert der Ort an eine Mondlandschaft voller Krater. Kanadier nennen das baumlose Territorium Nunavut am Nordpolarmeer auch ihren "Wilden Westen". Hier gibt es Gewehr- statt Schirmständer, hier ist die Gefahr groß, von einem Eisbären getötet zu werden.

Hier ist auch der "Silaup asijjipallianinga", wie Inuit den Klimawandel nennen, weltweit am deutlichsten spürbar. In den vergangenen 30 Jahren stieg die Temperatur bereits um 1,5 Grad. Das Ergebnis: arktische Eisschmelze. Die Eisdecke auf dem Meer hat sich dramatisch reduziert und das Eis ist nur noch halb so dick wie noch vor 50 Jahren.

Diesen unwirtlichen Ort besuchte Franziskus am Freitag auf der letzten Etappe seiner Kanadareise. Als erster Papst am Polarkreis traf er dort, in Nunavuts Hauptstadt Iqaluit, mit Inuit zusammen. In Rom habe er versucht, eine Vorstellung von dieser weit ausgedehnten Gegend zu bekommen, die für jeden Nicht-Inuk unwirtlich wäre, erzählt der Papst dann bei der Begegnung mit den Ureinwohnern.

Sie hingegen hätten es verstanden, diesen Ort zu lieben und zu beschützen. Franziskus sieht sowohl Land als auch Bewohner als gleichermaßen stark und widerstandsfähig. Die Inuit bewohnen seit 5.000 Jahren diesen eisigen Ort aus Land, Wasser und Eis mit einer Durchschnittstemperatur von knapp  minus 9 Grad. Ihre Widerstandsfähigkeit wurde und wird in ihrer Geschichte immer wieder auf die Probe gestellt.


Viele der rund 65.000 kanadischen Inuit leben in einer desolaten wirtschaftlichen Situation. Sie haben eine der höchsten Armutsraten und die höchste Suizidrate weltweit. Mit der Kolonialisierung und der Zwangsmissionierung durch europäische Einwanderer, mit dem Zwang, die westliche Kultur anzunehmen und sich in die Weltwirtschaft einzubringen, schmolzen ihre Lebensgrundlage, ihre Kultur und Traditionen.

Auch ihre Kinder wurden gezwungen, Residential Schools zu besuchen. Internate, in denen die Buben und Mädchen fernab ihrer Familien ihrer Kultur beraubt wurden, misshandelt und missbraucht. Im Auftrag der kanadischen Regierung betrieben hauptsächlich die Kirchen, vorneweg die katholische, diese Einrichtungen. Eine Entschuldigungsbitte des Papstes für die kirchliche Beteiligung auf ihrem eigenen Boden erwarteten die Menschen auch hier, wie schon an den vorherigen Stationen seiner Reise. Eine ehrliche Bitte um Vergebung von ganzem Herzen.

Die Gemeinschaft der Inuit in Iqaluit spüre jeden Tag noch das Leid der ehemaligen Schülerinnen und Schüler, erzählt Marta Korgak, die hier geboren und aufgewachsen ist. Das Schlimme sei, dass die Überlebenden nicht darüber sprechen könnten. Einige trafen sich aber mit dem Kirchenoberhaupt in einer der Volksschulen des Ortes, einem großen, an einen Eisberg erinnernden Gebäude.

Vor der Schule und dem großen staubigen Platz bat Franziskus die Betroffenen dann um Entschuldigung. Er sei sehr traurig und bitte um "Vergebung für das Böse, das von nicht wenigen Katholiken in diesen Schulen begangen wurde". Ein großer Schritt für den Papst, findet Korgak. Auch, dass er als erster Papst überhaupt hierher gereist sei. Was jedoch fehle, sei die Öffnung der Archive, um endlich die ganze Wahrheit über die Schulen herausfinden zu können, ergänzt Tuqqaasi Nuqingaq.

Übersetzt wurden die päpstlichen Worte in "Inuktitut", die Sprache der Einheimischen. Es ist eine jener Sprachen, deren Gebrauch in den Internaten unter Androhung von Strafe verboten war.

Neben der Vergebungsbitte war es aber vor allem Anliegen des Papstes, junge Inuit zu einem sinnstiftenden Leben zu motivieren. Ihrer Berufung sollten sie folgen und sich vom eigenen Weg nicht abbringen lassen - Skandalen, Kriegen, Betrug, mangelnder Gerechtigkeit, Umweltzerstörung zum Trotz. Er rief sie zudem auf, Niedergeschlagenheit und Traurigkeit zu überwinden.

Angehörige der Inuit leiden häufiger als andere unter Depressionen, sind häufiger von Drogen abhängig. Ihr Anteil an Kanadas Wohlfahrts- und Justizsystem ist im Allgemeinen höher. Durch die Kolonialisierung und Assimilationspolitik wurde ihnen ihre traditionelle Lebensweise genommen. Erst reduzierten europäische Walfänger und Pelzhändler die natürlichen Ressourcen.

Mit Einschränkungen im kommerziellen Robbenhandel wurde dann vielen Inuit-Gemeinschaften komplett die Lebensgrundlage genommen. Die Haupteinnahmequellen fielen genauso weg, wie das Eis schmolz. Die Jagd wird durch das dünne Eis immer gefährlicher. Viele Inuit sterben dabei. Viele können sich die importierten Lebensmittel nicht leisten. Die Regierung in Ottawa engagiert sich mittlerweile für bessere wirtschaftliche Möglichkeiten ihrer nördlichsten Gemeinschaften.

Es sei eine Kunst, jeden Tag das Licht von der Dunkelheit zu trennen, sagte Franziskus den Bewohnern der knapp 7.500-Einwohner-Stadt. Die jungen Menschen forderte er auf, ein Team zu bilden. Gemeinsam könnten sie Großes leisten, nicht allein. "Tut das alles in eurer Kultur, in der wunderschönen Sprache Inuktitut. Ich segne euch von Herzen und sage euch: "Qujannamiik (Danke)!", beschloss der Papst seine Rede. Und seinen Besuch im zweitgrößten Land der Erde.

Copyright 2022 Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich

 (www.kathpress.at) Alle Rechte vorbehalten

VIDEO - Papst Franziskus in Kanada - Iqaluit, Treffen mit jungen Inuit und älteren Menschen

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Lesermeinungen

 Norbert Sch?necker 31. Juli 2022 

@lakota

Der kanadische Premierminister Trudeau hat bereits formell die Schuld der kanadischen Regierung anerkannt und um Vergebung gebeten.
Dass der Papst das jetzt auch tut, ist sehr angemessen. Da sind wir uns anscheinend auch einig.
Was Sie zurecht kritisieren, ist die Berichterstattung in den europäischen Medien. Über das ganz ähnliche Schicksal der Ureinwohner-Kinder in Australien, bis in die 60er-Jahre hinein, wird vergleichsweise wenig berichtet.


1
 
 lakota 31. Juli 2022 
 

@chorbisch

Mir gefällt es einfach nicht, daß man so tut, als wäre die kath.Kirche allein an den Geschehnissen schuld.
Es stimmt, man konnte - und man hat indigene Kinder ihren Eltern weggenommen...aber es war doch nicht die Kirche, sprich Priester, die in die Reservate geritten sind und die Kinder von dort verschleppt haben.
Den Berichten nach könnte man den Eindruck bekommen.
Viele dachten ja auch, sie würden den Indigenen die glorreiche Zivilisation bringen, war vielleicht sogar gut gemeint, aber eben falsch.
Kennen Sie das Buch von Dee Brown "Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses"?


1
 
 chorbisch 30. Juli 2022 
 

@ Lakota

Das Konzept dieser als Schulen getarnten Umerziehungslager wurde von staatlichen Stellen ersonnen, ja.

Aber die katholische Kirche in Kanada hat über Jahrzehnte daran mitgewirkt und damit haben die damals Verantwortlichen Schuld und Verantwortung auf sich geladen. Und meines Wissens war es möglich, Kinder aus indigenen Familien ihren Eltern wegzunehmen und in solche Schulen einzuweisen. Dabei ging es nicht um Jugendschutz, man wollte die kulturelle Identität der Kinder zerstören, ihnen "den Indianer austreiben", wie es damals hieß.

Der kanadische Staat hat schon im vergangenen Jahrzehnt die Indigenen um Verzeihung gebeten und seitdem versucht man ja, zu ermitteln, was damals geschehen ist.
Die Kirche hatte sich zunächst gesperrt, gibt auch Akten dazu nicht frei.

Was jetzt geschieht mag Züge einer antikirchlichen Kampagne tragen, aber, wie beim Mißbrauchsskandal, hat die Kirche durch ihr Verhalten eine Mitverantwortung, daß ihr hier der Wind hier so stark ins Gesicht weht.


2
 
 heiner1898 30. Juli 2022 
 

@Chris2

So ein Unsinn! Wenn einige wenige Inuit in Kanada und in Grönland Wale und Robben jagen, schadet das dem ökologischen Gleichgewicht nicht. Wenn aber plötzlich sehr viele alte weiße Männer und Frauen in Westeuropa und Nordamerika mit sehr viel Geld Dinge aus Robbenfell schick finden, dagegen sehr. Dagegen sind die Naturschützer eingeschritten.


6
 
 lakota 30. Juli 2022 
 

Es passierte sicher

viel Schlechtes in den Schulen, aber wurden die Kinder von der katholischen Kirche verschleppt und dort hineingezwungen?
Das waren doch die Regierungen von Kanada und USA.

Und was passierte schon vorher? Die Verbrechen an den Inuit und Natives fingen doch schon vorher an - wer geht dafür auf die Knie?

"Mit der Kolonialisierung und der Zwangsmissionierung durch europäische Einwanderer, mit dem Zwang, die westliche Kultur anzunehmen und sich in die Weltwirtschaft einzubringen, schmolzen ihre Lebensgrundlage, ihre Kultur und Traditionen."

Welche europäischen Oberhäupter haben dafür schon um Vergebung gebeten? -


3
 
 Chris2 30. Juli 2022 
 

Wie war das nochmal mit der Robbenjagd?

Waren es nicht erst die Tierschützer, die es erreichten, die zentrale Säule der Selbstversorgung der Ureinwohner zu zerstören (Fleisch, Fett, Brennstoff)? Rücksicht auf süße Robbenbabys ohne Rücksicht auf die Menschen dort?


2
 
 girsberg74 30. Juli 2022 
 

Dieser Teil seines Besuches

war vielleicht der sinnvolltste.


3
 

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