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Franziskus ist Pontifex auf Lebenszeit. Aber ohne 'seinen' Nachfolger

12. April 2023 in Kommentar, 14 Lesermeinungen
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Inzwischen ist „das progressive Lager selbst zersplittert: auf der einen Seite Hollerich und McElroy, auf der anderen Seite Walter Kasper, Joseph Ratzingers historischer Rivale in der Theologie, und Arthur Roche…“ Gastbeitrag von Sandro Magister


Rom (kath.net) "Ich lebe noch", so die Worte Jorge Mario Bergoglios nach seinem letzten Krankenhausaufenthalt, und er tut sein Bestes, um diejenigen zu entmutigen, die mit seinem baldigen Abgang rechnen. Doch was sich in dieser Dämmerung seines Pontifikats abspielt, lässt keineswegs auf eine ihm genehme Nachfolge schließen.

Einen Monat vor Ostern hat Franziskus fünf neue Kardinäle in den neunköpfigen Rat berufen, der ihm bei der Leitung der Weltkirche helfen soll. Alle stehen ihm nahe, manche mehr, manche weniger, mit dem Kardinal und Jesuiten Jean-Claude Hollerich an der Spitze, den er auch mit der Leitung der Weltsynode betraut hat, mit der er die Struktur der katholischen Kirche von einer hierarchischen zu einer versammlungsorientierten verändern möchte.

Hollerich, der sich sehr aktiv für einen Paradigmenwechsel in der katholischen Sexuallehre einsetzt, ist in der Tat Bergoglios Lieblingskardinal, in dem viele den Nachfolger sehen, den er am liebsten hat. Aber er ist auch der Kardinal, der am meisten in der Schusslinie steht, zusammen mit dem Amerikaner Robert McElroy, der ebenfalls von Franziskus geliebt wird. Der eine und der andere wurden öffentlich als "Häretiker" gebrandmarkt, gerade wegen ihrer rücksichtslosen Lehrthesen, und zwar nicht von irgendeinem obskuren Dogmatikprofessor, sondern von anderen Kardinälen von höchstem Rang: gestern der Australier George Pell und heute der Deutsche Gerhard Müller, emeritierter Präfekt der Glaubenskongregation.

In den Vereinigten Staaten hat der Bischof von Springfield, Thomas J. Paprocki, ein Experte für Kirchenrecht und Vorsitzender der Kommission der Bischofskonferenz für die Kirchenleitung, in der angesehenen Zeitschrift "First Things" sogar schriftlich argumentiert, dass ein "häretischer" Kardinal auch automatisch exkommuniziert ist und daher von der "zuständigen Autorität", die in seinem Fall der Papst ist, seines Amtes enthoben werden sollte. Dieser handelt jedoch nicht, mit der paradoxen Folge, dass "ein Kardinal, der 'latae sententiae' wegen Häresie exkommuniziert wurde, immer noch im Konklave abstimmen kann".

Was diesen Konflikt noch weiter anheizte, war vor allem die Entscheidung der Bischöfe von Deutschland und Belgien, die Segnung homosexueller Paare zu genehmigen und zu praktizieren, die vom Dikasterium für die Glaubenslehre verboten, dann aber vom Papst, der das Verbot ursprünglich unterzeichnet hatte, erlaubt wurde. Mit dem Ergebnis, dass in dieser und anderen Fragen das progressive Lager selbst zersplittert ist: auf der einen Seite Hollerich und McElroy, auf der anderen Seite Walter Kasper, Joseph Ratzingers historischer Rivale in der Theologie, und Arthur Roche, Präfekt der Abteilung für den Gottesdienst und unerbittlicher Feind des alten liturgischen Ritus, die beide die Exzesse der Erneuerer zunehmend kritisieren, denn "man kann die Kirche nicht neu erfinden" auf die Gefahr hin, "ins Schisma zu fallen".


Auf der kommunikativen Ebene dominieren die Erneuerer die Szene. Sie rezitieren ein Drehbuch, das von außen, vom säkularen "Mainstream" geschrieben wurde, der sie zu Recht belohnt. Aber wenn man es innerhalb der Kirche genau nimmt, stellt sich heraus, dass die Erneuerer in Europa nicht einmal in der Mehrheit sind.

Ende März überraschte die Wahl des neuen Präsidenten der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union viele. Der scheidende Präsident war Kardinal Hollerich, und der Erzbischof von Dijon, Antoine Hérouard, ein Mann, dem der Papst vertraut, der ihn bereits für die Inspektion und Beauftragung einer traditionalistischen Diözese, der von Fréjus-Toulon, und des Marienheiligtums von Lourdes eingesetzt hatte, war im Rennen um seine Nachfolge.

Stattdessen wurde der Italiener Mariano Crociata, Bischof von Latina, gewählt, der von Franziskus zu Beginn seines Pontifikats dorthin verbannt wurde, um ihn für die Art und Weise zu bestrafen, wie er seine vorherige Rolle als Generalsekretär der italienischen Bischofskonferenz ausgeübt hatte, die der Papst als zu taub gegenüber seinen Erwartungen beurteilte. Dies ist ein wunder Punkt, der immer noch nachwirkt, wenn man bedenkt, dass Franziskus bei der Audienz für die Kommission am Ende der Versammlung dem neu gewählten Crociata kühl begegnete und stattdessen seinem Vorgänger Hollerich, der "nie aufhört, nie aufhört", herzlich "Dankbarkeit" zollte.

Das Votum der osteuropäischen Bischöfe hat sicherlich zu Crociatas Gunsten gewirkt. Wichtig war aber auch die Rolle der skandinavischen Bischöfe, die einen Brief an ihre Gläubigen zum Thema Sexualität verfasst hatten, der am fünften Fastensonntag in Umlauf gebracht wurde und gerade wegen der Neuartigkeit seiner Sprache und der Solidität seines Inhalts, der vollkommen mit der biblischen Anthropologie und der daraus abgeleiteten katholischen Lehre übereinstimmt und somit den Thesen Hollerichs und seiner Mitstreiter entgegensteht, weltweit auf große Resonanz stieß. In seiner Rezension in der säkularen Tageszeitung "Domani" sah der ehemalige Direktor des "L'Osservatore Romano" und Professor für antike christliche Literatur Giovanni Maria Vian in diesem Schreiben des kleinen skandinavischen Katholizismus die segensreiche Frucht "jener kreativen Minderheiten, die in säkularisierten Gesellschaften vorhanden sind, wie sie der junge Joseph Ratzinger schon vor über einem halben Jahrhundert vorausgesagt hatte".

Kurzum, nichts deutet darauf hin, dass der Nachfolger von Franziskus ein Hollerich oder jemand anderes aus dem päpstlichen Kreis sein könnte. Auch der wiederholt als päpstlicher Kandidat gehandelte chinesisch-philippinische Kardinal Luis Antonio Gokim Tagle ist bei Bergoglio selbst längst in Ungnade gefallen.

Aber es sind vor allem die verwirrenden "Prozesse", die der jetzige Pontifex in Gang gesetzt hat, und die daraus resultierende wachsende lehrmäßige und praktische Unordnung, die die Wahl eines Nachfolgers, der den gleichen Weg gehen will, gefährden.

Die gescheiterte Reform der Kurie, die sich deutlich im Prozess um die Verfehlungen Londons manifestiert, der jeden Tag deutlicher macht, dass der Papst alles wusste und alles billigte, und die Anhäufung von Misserfolgen in der internationalen Politik, von Russland über Nicaragua bis hin zu China – das in den letzten Tagen sogar "seinen" neuen Bischof von Shanghai eingesetzt hat, ohne Rom zu konsultieren, ohne sich mit Rom abzusprechen –, sind ebenfalls Teil dieses Durcheinanders, das unweigerlich dazu führt, dass ein großer Teil des Kardinalskollegiums, auch unter den vielen von Franziskus ernannten Kardinälen, beim Wechsel des Pontifikats den Wunsch verspürt, eine entscheidende Wende zu markieren.

Unbehagen und Kritik rufen auch die Fehler im Umgang mit der Geißel des sexuellen Missbrauchs hervor: vom Fall des Jesuiten Marko Ivan Rupnik, der trotz der extremen Schwere der festgestellten Tatsachen immer noch vom Papst geschützt wird, bis zum Rücktritt des anderen Jesuiten Hans Zollner aus der Kommission zur Verhinderung dieser Untaten, einer Schlüsselperson in dieser von Franziskus gewünschten und geschaffenen Kommission, die jedoch mit ihrer Arbeitsweise unzufrieden ist.

Vor dem Hintergrund dieser Verwirrung war die Kandidatur von Kardinal Matteo Zuppi, Erzbischof von Bologna und Vorsitzender der italienischen Bischofskonferenz, in der engeren Auswahl der möglichen Nachfolger gewachsen.

In ihm wurde der Mann erkannt, der den von Franziskus begonnenen Weg in einer freundlicheren und geordneteren Form fortsetzen kann, weniger monokratisch und ohne die beunruhigende Hektik von Eröffnungen und Schließungen, die das derzeitige Pontifikat kennzeichnet. Auf dem Weg zum Konklave kann Zuppi auf die gewaltige Lobby der Gemeinschaft Sant'Egidio zählen, der er seit jeher angehört. Sowohl er als auch die Gemeinschaft haben es stets geschickt vermieden, zu kontroversen Themen wie Homosexualität, verheirateter Klerus, weibliche Priester, Demokratie in der Kirche und Krieg in der Ukraine klar Stellung zu beziehen, was dazu führte, dass selbst unter den gemäßigteren Kardinälen ein gewisser Konsens herrschte. Der Gründer und unbestrittene Leiter der Gemeinschaft, der Kirchenhistoriker Andrea Riccardi, hütet sich ebenfalls davor, nur positive Urteile über das Pontifikat und die Person Bergoglios abzugeben.

In letzter Zeit jedoch hat Zuppis Redseligkeit – die sich in einer Flut von Interviews in Nachahmung des noch redseligeren Franziskus ausdrückt – die Zweideutigkeit, in der er sich bewegt, immer deutlicher werden lassen. Er ist sehr wortreich, aber in den strittigen Fragen bleibt er vage. Manche haben ihn mit Zelig verglichen, der chamäleonartigen Figur, die Woody Allen erfunden hat und die von allen beklatscht wird, ohne jemals jemanden zu stören. Zu wenig, um zu binden und zu lösen, auf Erden wie im Himmel.

Foto: Archivbild


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Lesermeinungen

 mameschnue 16. April 2023 

Warum nicht ein Schweizer?

Um die erforderliche Zweidrittelsmehrheit im Konklave zu erreichen, muss ein Kandidat in der derzeitigen Situation ein Mann des Ausgleichs sein. Hardliner von progressiver oder konservativer Seite haben da kaum Chancen. Es gibt im Kardinalskollegium einen Mann, der treu zur Lehre der Kirche steht, aber wegen seiner hohen Kompetenz und seinen Fähigkeiten trotzdem auch von "linker" Seite akzeptiert wird: Kardinal Kurt Koch. Ihn könnte ich mir als neuen Papst gut vorstellen!


0
 
 SalvatoreMio 13. April 2023 
 

Schlechte Beispiele ...

@Chris2: Ja, schlechte Beispiele werden oft nachgeahmt, sie können aber auch zur allerbesten Medizin werden!


1
 
 FNO 13. April 2023 

@Auxiliaris

Es sind die von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. ernannten Kardinäle, die uns dieses Pontifikat beschert haben. Ein großer Teil von ihnen hat bewusst den Eid gebrochen, den nach Gottes Willen besten Mann zu wählen. Auch für diese Kardinäle war der Wille Gottes unbeachtlich. Sie beten im Vaterunser wahrscheinlich schon "mein Wille geschehe". Papst Franziskus erachtet ja sogar dessen Text für veränderlich.


0
 
 Chris2 13. April 2023 
 

@Cejazar @Alpenglühen

Nur der Hl. Geist kann 2/3 der Kardinäle dazu bringen, einen wirklich gläubigen und tatkräftigen Papst zu wählen. Aber vielleicht bedient er sich dabei ja schlechter Beispiele. Das ist meine Hoffnung angesichts dieses Pontifikates und vor allem auch der latenten Kirchenspaltung in Deutschland und des rücksichtslosen Frühstarts von ein paar Dutzend regionalen Bischöfen und der von ihnen geschaffenen Laien-Parallelkirche. Beten wir...


1
 
 Chris2 13. April 2023 
 

@Alpenglühen

Ist La Repubblica genau so glaubwürdig, wie ihr Chef, der zugegeben hatte, besonders heftige Zitate von Papst Franziskus frei erfunden zu haben? Der also ein selbsterklärter Lügner ist?


0
 
 SalvatoreMio 12. April 2023 
 

Rechtgläubig und menschlich reif!

@Auxiliaris: Genau! Genau darum muss es gehen! Wir brauchen Seelsorger, die menschlich reif sind und selbstlos wie Christus dienen wollen; die man überzeugt "Father" nennen kann: an erster Stelle den Papst, aber ebenso jeden geweihten Nachfolger der Apostel. Er muss geistlicher Vater und Hirte sein. Solche Menschen fallen nicht vom Himmel. Dazu gehören Gnade, gute Erziehung von Anfang an und unsere Gebete. Gott kann dies bewirken - auch in dieser verrückten Zeit.


4
 
 Cejazar 12. April 2023 
 

@Alpenglühen

Genau so ist es. Im Ergebnis hatte dieses Wahlrecht dazu geführt, dass ein Kandidat, der 50 % der Stimmen hatte, nur den 34. Wahlgang abwarten musste, um gewählt zu werden. Aktuell bedarf es in jedem Fall einer 2/3-Mehrheit, so dass eine Sperrminorität von 34 Prozent bereits einen Kandidaten verhindern kann


0
 
 Auxiliaris 12. April 2023 
 

Unheil

Ich bin sehr gespannt, wieviel Unheil Papst Franziskus noch anrichten wird.
Aber Schlimmer geht immer!
Die Kirche scheint mir in einer ihrer größten Krisen zu stecken, eine klare rechtgläubige Hand wäre dringend von Nöten. Eine Hand die sowohl vom Glauben rechtgläubig ist als auch menschliche Reife besitzt die Nöte der Menschen zu verstehen. Dieses Pontifikat kann glaube ich mit: "Geistlicher Brandleger" überschrieben werden! Eine Enttäuschung in allen Bereichen. Sehr frustrierend!


1
 
 Alpenglühen 12. April 2023 

Nachtrag

lt. kath.net Art. 10305 erhielt Papa Benedikt vermutlich 100 von 115 Stimmen der wahlberechtigten Kardinäle.
Ursprung der Nachricht: die italienische Tageszeitung La Repubblica unter Berufung auf vatikanische Quellen.


2
 
 Alpenglühen 12. April 2023 

@ Cejazar - Wahlrecht bei der Papstwahl

Auch bei P. Benedikt XVI. galt „2/3-Mehrheit der wahlberechtigten Kardinäle“. Was Sie vermutlich meinen, war die von P. JP II. eingeführte Regel, nach 33-34! erfolglosen Wahlgängen zur absoluten Mehrheit wechseln zu können. Diese Regel hob Papst Benedikt 2007 auf u. ersetzte sie durch eine 2/3-Stichwahlregelung.
Das längste Konklave dauerte 1005 Tage - 1268 bis September 1271; das kürzeste Konklave war am 31.10.1503, aus dem Julius II. binnen weniger Stunden als Papst hervorging.
Pius XII. wurde 1939 binnen 20 Stunden gewählt; JP II. drei Tage im insgesamt 8. Wahlgang; Papa Benedikt am zweiten Tag im insgesamt 4. Wahlgang…


3
 
 Coburger 12. April 2023 
 

Weder die eine noch die andere Seite: weder Hollerich noch Roche.
Zur Rettung der Kirche braucht es Kardinäle wie Müller, Sarah, Burke...
Wer glaubt, daß mit PF eine Wende zum Guten zu erreichen sei, die Bischöfe Deutschlands zur Räson gebracht würden, sollte sich reinen Wein eingießen. Ob "Franziskus" tatsächlich Papst ist, müßte noch geklärt werden: die St.Gallen-Mafia läßt grüßen.


3
 
 Cejazar 12. April 2023 
 

Am Wahlrecht hängt vieles

Im Gegensatz zur Wahl von Papst Benedikt benötigt ein Kardinal im Konklave. mittlerweile wieder immer mindestens zwei Drittel der Stimmen. Das hat zur Folge, dass eine konservative Minderheit einen liberalen Kandidaten verhindern kann (und umgekehrt) Der neue Papst benötigt somit eine breite Basis und sollte nicht polarisieren. Damit wäre m. E. Hollerich und co. für mich nicht unbedingt papabile.


1
 
 CusanusG 12. April 2023 
 

Das Debakel muss noch deutlicher werden

Je deutlicher das weltkirchliche debakel wird, das PF durch Personalwahl und ideologische Kurzsicht geschaffen hat, desto weniger werden die Kardinäle erpicht sein, noch einen progressiven Debakel-Kandidaten zu wählen. Zwar dürften die progressiven Kräfte eine Mehrheit im Konklave haben. Sie sind untereinander aber alles andere als ein homogener Block. Und das könnte die Chance sein einen guten Außenseiter auf den Stuhl Petri zu hieven. EInen, der aus Afrika oder Skandinavien kommt, aus Asien oder Ozeanien.

Allerdings müssen Hoellerich und Co erst noch einges in den Sand setzen, bis der Fisch so stark vom Kopf her stinkt, dass er gereinigt werden muss. Die Weltsynode scheint eine gute Chance zu sein. Der rasante Werteverfall im USA und Westeuropa wird sein übriges tun.


5
 
 czmy 12. April 2023 
 

Blick nach Afrika

Vielleicht sollten wir einmal unseren Blick weg von Europa, hin zu dem Kontinent richten, auf dem die katholische Kirche am stärksten wächst und der auch inhaltlich religiös viel vitaler ist als wir: AFRIKA.
Kardinal Robert Sarah, ehemaliger Präfekt für die Gottesdienst- und Sakramentenordnung wäre für mich ein sehr guter Kandidat, allerdings wurde er von PF von seinen Aufgaben entbunden.


6
 

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