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| „Es treibt mich, für den vergessenen Gott Boden gut zu machen“21. März 2024 in Chronik, 1 Lesermeinung Paul Josef Kardinal Cordes + hinterließ ein geistliches Testament in Buchform. Er wollte mit seinen Argumenten für die Realität Gottes „den vielleicht schlummernden Geschmack für diesen Gott wieder wecken“. Ein besonderer Nachruf von Martin Lohmann Vatikan (kath.net) Er war sich des Ernstes seiner Situation bewusst. Nur wenige Tage vor seinem Heimgang am 15. März 2024 sprach Paul Josef Kardinal Cordes in einem persönlichen Gespräch nüchtern und in seinem typischen sauerländischen Tonfall vom Tod. Er wisse nicht, ob es jetzt „ganz schnell gehen“ oder er seinen 90. Geburtstag im Herbst, am 5. September, noch erreichen werde. Der Bitte des Gesprächspartners um seinen bischöflichen Segen kam er, der aus Kirchhundem stammende und in Rom lebende Kirchenmann und selbstverständliche Seelsorger, erkennbar gerne nach. Es war die letzte Begegnung vor seinem Tod, der dann doch rasch kam. Zuvor bat er, sein geistliches Testament in den Blick zu nehmen für die Zeit danach. Er habe, so sagte er, in seinem letzten Buch eigentlich alles Wesentliche zusammengetragen, was ihm ein Leben lang wichtig war. Ihm gehe es um „Mut zum Christsein“. So der Titel des Interviewbuches über Glaube und Kirche, das zusammen mit Pfarrer Andrzej Kucinski 2023 im fe-Verlag erschienen ist. Darin werden die fundierte Bildung des klugen Theologen und des aus dem reflektierten Glauben lebenden Gotteskindes geradezu greifbar. Cordes war überzeugt, dass die Kirche nach katholischem Verständnis ihr „Fundament und ihre bestimmenden Leitlinien nicht in diesseitiger Realität, sondern in der göttlichen Offenbarung“ hat. Und er wusste auch, dass diese Wirklichkeitserkenntnis wesentlich und auch prägend für das menschliche Leben etwa in Deutschland ist. Gerne zitierte er den Satz von Ernst-Wolfgang Böckenförde „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann“. Aber er wusste auch, dass es heute ein weit verbreitetes Lebensgefühl gibt mit einer „generellen Unfähigkeit, im Empirischen noch Transzendentes wahrzunehmen“. Bis hinein in die Kirche. Cordes hielt es für fatal, „wenn durch generelle Meinungsumfragen, die nicht immer den Glauben voraussetzen, der weltliche Mainstream in die Kirche eindringen würde, um zum inspirierenden Fundament der Glaubensgemeinschaft zu werden“. Damit würde sich die Kirche von ihrem Glaubensfundament lösen und sich diesseitig-menschlicher Rationalität unterstellen: „Vergleichbar für solchen Irrweg ist etwa der deutsche ,Synodale Prozess’, wenn seine Statuten – genau wie in der parlamentarischen Demokratie – jedwede pastorale Materie dem Votum der Synodalen unterwerfen und so unterschlagen, dass bestimmte Glaubensdaten den Katholiken vorgegeben sind.“ Später wird der Kardinal noch deutlicher: „Der ,Synodale Weg’ desavouiert sich (...) selbst, wenn er in Gemeinden und Öffentlichkeit gegenwärtig verbreitete Theologieauffassungen zu neuen Glaubensquellen erhebt; wenn nicht Glaubenskategorien, sondern parlamentarische Abstimmungen über Inhalte der Heilswahrheit befinden. Dann verfälscht zwar nicht staatliche Präpotenz den Glauben; es ist die Wucht säkularistischer Kultur, die zur Lehr-Entkoppelung von Kirchengeschichte und Weltkirche führt und Gottes vorgegebenen Offenbarung zum dekorativen Beiwerk macht.“ Eine kirchlich-soziologische Entwicklung besorgte ihn, den weltweit erfahrenen römischen Sauerländer. „Abträglicher noch als bloß denkerischer Schlendrian wäre der verursachte Glaubensschaden“, sagte er mit Verweis auf Hölderlins „Fehl Gottes“. Denn „wenn statt der göttlichen Offenbarung das ,Volk’ zum Fundament aller Orientierung avanciert, verschwindet aus der Kirche auch dessen Autor und Garant, Gott selbst.“ Aus „Sprachlosigkeit aber“ folge das „Vergessen“. Eine wissenssozilogische Meinung laute: „Die subjektive Wirklichkeit von etwas, das nie besprochen wird, fängt allmählich an, hinfällig zu werden.“ Artikulation hingegen „begreift eine Welt und erzeugt sie“. Die Mahnung von Paul Josef Cordes ist ebenso knapp wie erschütternd: „Demnach zerfällt unser Glaube, wenn wir den Heilsträger nicht mehr benennen.“ Und weil Transzendenz immer wieder diskediert werde, fürchtete er gar, dass „es nicht mehr weit zur Entsorgung Gottes selbst“ sein könne. Am Ende seines irdischen Lebens resümierte der Priester und Bischof, dass es ihm nicht um irgendwelche Spielchen gegangen sei, sondern um den Kern des Seins: „Ich wollte keinen Zeitvertreib ohne Lebensbezug, kein folgenloses intellektuelles Spiel. (...) Ich bitte mir abzunehmen, dass ich keine Lobby-Arbeit tun möchte; ich rede nicht ,pro domo’ – nicht zur Verteidigung der Religionsfreiheit; nicht für die angeschlagene Multinationale, die Kirche; nicht um irgendjemanden mit alten oder neuen Pflichten zu belasten.“ Vielmehr wollte er mit seinen Argumenten für die Realität Gottes „den vielleicht schlummernden Geschmack für diesen Gott wieder wecken“. Es treibe ihn, „für den vergessenen Gott Boden gut zu machen – jedoch zu unser aller Bestem“. Mit Julius Kardinal Döpfner, dem früheren Münchner Erzbischof, den er zitiert, war Cordes überzeugt: „Wir können dem Menschen von heute keinen besseren Dienst erweisen, als ihn sicher zu machen: Gott ist, und er ist für mich, er ist für uns da.“ Paul Josef Cordes war in Herz, Seele und Verstand zutiefst davon überzeugt, dass sich „in Christus der ewige und allmächtige Schöpfer an seine Kreatur bindet. Wir sind in Gott und er in uns.“ Fast schon poetisch und zärtlich zugleich formuliert Cordes: „Nach Gott zu verlangen, erwächst nicht allein aus menschlichem Sehnen. Die Geschichte mit seinen Geschöpfen fordert es heraus. Der himmlische Vater sendet seinen Sohn. Er offenbart Gottes Wesen und die einzelnen Züge seiner Liebe.“ Und wenig später: „Der Sohn sucht die totale Gemeinschaft mit seinen irdischen Brüdern und Schwestern. Seine Nähe zu uns ist vorbehaltlos und seine Sensibilität für uns alle unverkürzt. Dennoch spiegelt er nicht einfachhin wider, wie sich Menschen lieben. Denn menschliche Liebe tut generell nicht den ersten Schritt; sie ist sekundär: Das menschliche Herz wandelt erotische Anziehung nur im Nachhinein in Zuneigung. Christi Liebe stammt hingegen von oben, von dem ,einen Gott, dem Vater (...), auf den hin wir leben’ (vgl. 1 Kor 8,6).“ Paul Josef Cordes, der Realist und Analytiker, blieb dennoch in allem aus der begründeten und wissensuntermauerten Hoffnung verankert, also als Christ realistisch optimistisch. Er zitierte Benedikt XVI. aus dessen Sozialenzyklika „Caritas in veritate“, der ohne Umschweife (in Nr. 76) schrieb: „Fern von Gott ist der Mensch unstet und krank“. Er erkannte vieles als Herausforderung und wollte Mut machen zum gelassenen und engagierten Christsein: „Resignation reicht nämlich nicht als Antwort. Der Glaubende erinnert sich, dass die Zusage des göttlichen Retters untrüglich ist. Gerade durch irdische Drangsale ruft er ihm zu: ,Richtet euch auf und erhebt eure Häupter’ (Lk 21,28)! Ruft euer Heil ,von oben’ herab, dort hält es der Erlöser für euch bereit! Öffnet euch neu dem Glauben an ihn!“ Was für ein starkes Vermächtnis! Archivfoto Kardinal Cordes (c) Paul Badde
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