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| Mit Papst Franziskus den Kreuzweg 2016 am Kolosseum mitbeten23. März 2016 in Spirituelles, keine Lesermeinung Gott ist Barmherzigkeit - Vollständiger Text der Mediationen des Kreuzweges am Kolosseum Rom (kath.net) Auch dieses Jahr wird Papst Franziskus mit vielen Gläubigen wieder die Kreuzwegandacht am Kolosseum feiern. An dieser Stätte, an der im Altertum zahlreiche Christen den Märtyrertod erlitten hatten, wird dieses Jahr des schmerzhaften Leidens und Sterbens Jesu, aber auch des Leidens in der heutigen Welt gedacht. Die Meditationen mit dem Titel Gott ist Barmherzigkeit, die von Kardinal Gualtiero Bassetti, Erzbischof von Perugia, verfasst worden sind, greifen beispielsweise das Leid zerbrechender Familien und arbeitsloser Jugendlicher auf, die Not der Flüchtlinge, das Leid der im Holocaust ermordeten Juden, die Qualen von Kindern, die Opfer von Missbrauch wurden. kath.net dokumentiert den vollständigen Text des Kreuzweges am Kolosseum unter Vorsitz des Heiligen Vaters - Meditationen (Karfreitag, 25. März 2016) EINFÜHRUNG Gepriesen sei der Gott und Vater Jesu Christi, unseres Herrn, der Vater des Erbarmens und der Gott allen Trostes! (2 Kor 1, 3). In diesem außerordentlichen Heiligen Jahr zieht uns auch der Kreuzweg am Karfreitag mit einer besonderen Kraft an, nämlich mit der Kraft der Barmherzigkeit des himmlischen Vaters, der über uns alle seinen Geist der Gnade und des Trostes ausgießen will. Die Barmherzigkeit ist der Kanal der Gnade, der von Gott zu allen Männern und Frauen von heute kommt. Männer und Frauen, die allzu oft verirrt und verwirrt, materialistisch und götzendienerisch, arm und einsam sind. Glieder einer Gesellschaft, die sich der Sünde und der Wahrheit offenbar entledigt hat. »Und sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben« (vgl. Sach 12, 10): Die prophetischen Worte Sacharjas mögen sich heute Abend auch in uns erfüllen! Der Blick erhebe sich von unseren unendlichen Nöten, um fest auf ihn gerichtet zu sein, auf Christus den Herrn, die barmherzige Liebe. So werden auch wir seinem Antlitz begegnen und seine Worte hören: »Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt« (Jer 31, 3). Er tilgt durch seine Vergebung unsere Sünden und öffnet uns den Weg der Heiligkeit, auf dem wir gemeinsam mit ihm aus Liebe zu den Brüdern und Schwestern unser Kreuz umarmen werden. Die Quelle, die unsere Sünde abgewaschen hat, wird in uns »zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt« (Joh 4, 14). Kurze Stille Lasset uns beten. Ewiger Vater, ERSTE STATION Jesus wird zum Tode verurteilt V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Markusevangelium. 15, 14-15 Pilatus entgegnete: Was hat er denn für ein Verbrechen begangen? Sie schrien noch lauter: Kreuzige ihn! Darauf ließ Pilatus, um die Menge zufriedenzustellen, Barabbas frei und gab den Befehl, Jesus zu geißeln und zu kreuzigen. Jesus ist allein vor der Macht dieser Welt. Und er unterzieht sich bis ins Letzte der Gerechtigkeit der Menschen. Pilatus steht vor einem Geheimnis, das er nicht verstehen kann. Er fragt sich und verlangt Erklärungen. Er sucht nach einer Lösung und gelangt vielleicht bis zur Schwelle der Wahrheit. Doch er beschließt, sie nicht zu überschreiten. Zwischen Leben und Wahrheit wählt er das eigene Leben. Zwischen dem Heute und der Ewigkeit wählt er das Heute. Die Menge wählt Barabbas und gibt Jesus preis. Die Menge will die Gerechtigkeit auf Erden und wählt den Rächer, den, der sie von der Unterdrückung und vom Joch der Sklaverei befreien könnte. Doch die Gerechtigkeit Jesu vollzieht sich nicht in einem Aufstand, sie geht über das Ärgernis des Kreuzes. Jesus stößt jeden Befreiungsplan um, denn er nimmt das Übel der Welt auf sich und antwortet auf das Böse nicht mit Bösem. Und das verstehen die Menschen nicht. Sie verstehen nicht, dass aus der Niederlage eines Menschen die Gerechtigkeit Gottes entstehen kann. Jeder von uns heute gehört zu jener Menge, die schreit: »Kreuzige ihn!« Niemand kann sich hier ausgenommen fühlen. Die Menge und Pilatus werden nämlich von einem inneren Gefühl beherrscht, das alle Menschen verbindet: die Angst. Die Angst, seine Sicherheiten zu verlieren, seine Güter, sein Leben. Jesus aber zeigt einen anderen Weg. Herr Jesus, ____________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: Stabat Mater dolorosa ZWEITE STATION Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Markusevangelium. 15, 20 Nachdem sie so ihren Spott mit ihm getrieben hatten, nahmen sie ihm den Purpurmantel ab und zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an. Dann führten sie Jesus hinaus, um ihn zu kreuzigen. Die Angst hat das Urteil gefällt, aber sie darf sich nicht zeigen und verbirgt sich hinter den Haltungen der Welt: Hohn, Demütigung, Gewalt und Spott. Jesus ist nun wieder mit seinen Gewändern bekleidet, nur mit seiner schmerzenden und blutenden Menschheit, kein »Purpur« mehr, noch irgendein Zeichen seiner Gottheit. Und als solchen stellt ihn Pilatus vor: »Seht, da ist der Mensch!« (Joh 19, 5). Das ist die Lage eines jeden, der sich in die Nachfolge Christi stellt. Der Christ sucht nicht den Beifall der Welt oder die Zustimmung der Straße. Der Christ schmeichelt nicht und lügt nicht, um die Macht zu gewinnen. Der Christ nimmt den Hohn und die Demütigungen in Kauf, die ihm wegen der Liebe zur Wahrheit erstehen. »Was ist Wahrheit?« (Joh 18, 38), hatte Pilatus Jesus gefragt. Das ist die Frage zu allen Zeiten. Es ist die Frage von heute. Da ist die Wahrheit: die Wahrheit des Menschensohns, der von den Propheten vorhergesagt wurde (vgl. Jes 52, 13 - 53, 12), ein entstelltes menschliches Gesicht, das die Treue Gottes enthüllt. Allzu oft hingegen suchen wir eine billige Wahrheit, die unserem Leben gelegen kommt, die unseren Unsicherheiten entspricht oder sogar unsere niedrigsten Interessen befriedigt. Auf diese Weise begnügen wir uns am Ende mit Teil- und Scheinwahrheiten und lassen uns von »Unheilspropheten« täuschen, »die immer das Schlimmste verkünden« (Hl. Johannes XXIII.), oder von geschickten Rattenfängern, die unser Herz betäuben mit schmeichelnden Klängen, die uns von der Liebe Christi entfernen. Das Wort Gottes ist Mensch geworden, ______________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: Cuius animam gementem, DRITTE STATION Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Buch Jesaja. 53, 4.7 Aber er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt. Er wurde misshandelt und niedergedrückt, aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt, und wie ein Schaf angesichts seiner Scherer, so tat auch er seinen Mund nicht auf. Jesus ist das vom Propheten geweissagte Lamm, das die Sünde der ganzen Menschheit auf seine Schultern geladen hat. Er trug die Schwachheit des Geliebten, seine Schmerzen und Vergehen, seine Ungerechtigkeit und seinen Fluch. Wir sind an den äußersten Punkt der Menschwerdung des Wortes angelangt. Aber es gibt einen noch tieferen Punkt: Jesus fällt unter der Last dieses Kreuzes. Ein Gott, der fällt! In diesem Fall verleiht Jesus dem Leid der Menschen Sinn. Das Leid ist für den Menschen zuweilen etwas Widersinniges, unbegreiflich für den Verstand, Anzeichen für den Tod. Es gibt Situationen des Leids, die Gottes Liebe zu verneinen scheinen. Wo ist Gott in den Vernichtungslagern? Wo ist Gott in den Bergwerken und Fabriken, in denen Kinder als Sklaven arbeiten? Wo ist Gott auf den abgetakelten Kähnen, die im Mittelmeer untergehen? Jesus fällt unter der Last des Kreuzes, aber er bleibt nicht erdrückt. Seht, Christus ist da. Verworfener unter den Verworfenen. Letzter mit den Letzten. Schiffbrüchiger unter den Schiffbrüchigen. Gott bürdet sich das alles auf. Ein Gott, der aus Liebe darauf verzichtet, seine Allmacht zu zeigen. Aber auch so genau so, wie ein auf die Erde gefallenes Weizenkorn ist Gott sich selbst treu: treu in der Liebe. Wir bitten dich, Herr, _____________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: O quam tristis et afflicta VIERTE STATION Jesus begegnet seiner Mutter V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Lukasevangelium. 2, 34-35.51 Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: »Dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird. Dadurch sollen die Gedanken vieler Menschen offenbar werden. Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen.« Seine Mutter bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen. Gott wollte, dass das Leben unter Geburtswehen auf die Welt kommt: unter den Leiden einer Mutter, die das Leben zur Welt bringt. Alle brauchen eine Mutter, auch Gott. »Das Wort ist Fleisch geworden« (Joh 1, 14) im Schoß einer Jungfrau. Maria hat ihn aufgenommen, in Betlehem zur Welt gebracht, in Windeln gewickelt, in der Wärme ihrer Liebe behütet und aufgezogen, und sie ist mit ihm zu seiner Stunde gelangt. Am Fuß des Kalvarienberges erfüllt sich jetzt die Verheißung des Simeon: ein Schwert dringt ihr durch die Seele. Maria sieht wieder ihren Sohn, entstellt und erschöpft unter der Last des Kreuzes. Schmerzerfüllte Augen, jene Augen der Mutter, die bis zur Neige am Schmerz des Sohnes teilnimmt, aber auch Augen voller Hoffnung, die seit dem Tag ihres Ja bei der Verkündigung des Engels nie aufgehört haben, jenes göttliche Licht widerzuspiegeln, das auch an diesem Tag des Leides aufstrahlt. Maria ist die Braut Josefs und die Mutter Jesu. Gestern wie heute ist die Familie das lebendige Herz der Gesellschaft; unveräußerliche Keimzelle des gemeinsamen Lebens; unersetzbarer Tragbalken der menschlichen Beziehungen; Liebe für immer, welche die Welt retten wird. Maria ist Frau und Mutter. Weiblicher Genius und Zärtlichkeit. Weisheit und Liebe. Maria ist als Mutter von allen »Zeichen der Hoffnung für die Völker, die Geburtswehen leiden«, sie ist »die Missionarin, die uns nahe kommt, um uns im Leben zu begleiten«, und »als wahre Mutter geht sie mit uns, streitet für uns und verbreitet unermüdlich die Nähe der Liebe Gottes« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 286). O Maria, Mutter des Herrn, _______________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: Quæ mærebat et dolebat FÜNFTE STATION Simon von Zyrene hilft Jesus das Kreuz tragen V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Markusevangelium. 15, 21-22 Einen Mann, der gerade vom Feld kam, Simon von Zyrene, den Vater des Alexander und des Rufus, zwangen sie, sein Kreuz zu tragen. Und sie brachten Jesus an einen Ort namens Golgota, das heißt übersetzt: Schädelhöhe. In der Heilsgeschichte erscheint ein unbekannter Mann. Simon von Zyrene, ein Arbeiter, der gerade vom Feld kam, wird gezwungen, das Kreuz zu tragen. Aber gerade in ihm als Erstem wirkt die Gnade der Liebe Christi, die über das Kreuz geht. Und Simon, dazu gezwungen, wider Willen eine Last zu tragen, wird zu einem Jünger des Herrn werden. Das Leid wird nie erwartet, wenn es an unsere Tür klopft. Es erscheint immer als eine Nötigung, manchmal sogar als ein Unrecht. Und es kann uns dramatisch unvorbereitet antreffen. Eine Krankheit könnte unsere Lebenspläne zerstören. Ein Kind mit Behinderung könnte unsere Träume einer so sehr ersehnten Mutterschaft trüben. Jene unerwünschte Sorge klopft jedoch heftig an das Herz des Menschen. Wie verhalten wir uns angesichts des Leids eines geliebten Menschen? Wie aufmerksam sind wir gegenüber dem Schrei dessen, der leidet, aber fern von uns lebt? Simon von Zyrene hilft uns, in die Zerbrechlichkeit der menschlichen Seele einzutreten und einen weiteren Aspekt der Menschheit Jesu zu beleuchten. Sogar der Sohn Gottes brauchte jemanden, der ihm half, das Kreuz zu tragen. Wer also ist Simon von Zyrene? Er ist die Barmherzigkeit Gottes, die in der Geschichte der Menschen gegenwärtig wird. Gott macht sich die Hände schmutzig mit uns, mit unseren Sünden und unseren Schwächen. Er schämt sich nicht dafür. Und er verlässt uns nicht. Herr Jesus, ____________________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: Quis est homo qui non fleret, SECHSTE STATION Veronika reicht Jesus das Schweißtuch V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Buch Jesaja. 53, 2-3 Er hatte keine schöne und edle Gestalt, so dass wir ihn anschauen mochten. Er sah nicht so aus, dass wir Gefallen fanden an ihm. Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut. Wie einer, vor dem man das Gesicht verhüllt, war er verachtet; wir schätzten ihn nicht. Im Trubel der Menge, die beim Aufstieg Jesu auf den Kalvarienberg zugegen ist, taucht Veronika auf, eine Frau ohne Gesicht, ohne Geschichte. Aber doch eine mutige Frau, die bereit ist, auf den Geist zu hören und seinen Eingebungen zu folgen, die fähig ist, im entstellten Gesicht Jesu die Herrlichkeit des Gottessohns zu erkennen und die Einladung zu vernehmen: »Ihr alle, die ihr des Weges zieht, schaut doch und seht, ob ein Schmerz ist wie mein Schmerz« (Klgl 1, 12). Die Liebe, die diese Frau verkörpert, lässt uns sprachlos zurück. Die Liebe macht sie stark, um den Soldaten zu trotzen, um die Menge zu überwinden, um sich dem Herrn zu nähern und ein Zeichen des Mitleids und der Liebe zu setzen: das Blut der Wunden stillen, die Tränen des Schmerzes abwischen, jenes entstellte Gesicht betrachten, hinter dem sich das Gesicht Gottes verbirgt. Wir neigen instinktiv dazu, dem Leid aus dem Weg zu gehen, denn das Leid erregt Abscheu. Wie viele von den Sorgen des Lebens entstellte Gesichter kommen uns entgegen und allzu oft wenden wir den Blick zur andere Seite. Wie können wir nicht das Gesicht des Herrn sehen in den Gesichtern von Millionen von Vertriebenen, Flüchtlingen und Evakuierten, die verzweifelt vor dem Schrecken der Kriege, der Verfolgungen und der Diktaturen fliehen? Für einen jeden von ihnen, mit seinem unwiederholbaren Gesicht, erweist sich Gott immer als mutiger Helfer. Als Veronika, die Frau ohne Gesicht, die liebevoll das Gesicht Jesu abwischte. »Dein Angesicht, Herr, will ich suchen« (Ps 27, 8). _________________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: Quis non posset contristari, SIEBTE STATION Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Buch Jesaja. 53, 5 Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt. Jesus fällt noch einmal. Erdrückt, jedoch nicht umgebracht von der Last des Kreuzes. Ein weiteres Mal legt er seine Menschheit bloß. Es ist eine Grenzerfahrung der Ohnmacht, der Schande vor denen, die ihn verhöhnen, der Demütigung vor denen, die auf ihn gehofft hatten. Kein Mensch möchte je zu Boden fallen und die Erfahrung des Scheiterns machen. Insbesondere nicht vor anderen Menschen. Oft widersetzen sich die Menschen der Vorstellung, keine Macht zu haben, nicht die Fähigkeit zu haben, das eigene Leben voranzubringen. Jesus hingegen verkörpert die Macht der Machtlosen. Er erfährt die Qual des Kreuzes und die rettende Kraft des Glaubens. Nur Gott kann uns retten. Nur er kann ein Zeichen des Todes in ein ruhmreiches Kreuz umwandeln. Wenn Jesus wegen der Last unserer Sünde ein zweites Mal zu Boden gefallen ist, dann nehmen auch wir es an zu fallen, gefallen zu sein, wegen unserer Sünden noch einmal fallen zu können. Gestehen wir uns ein, aus eigener Kraft uns nicht allein retten zu können. Herr Jesus, du hast die Demütigung angenommen, noch einmal vor aller Augen zu fallen. _____________________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: Pro peccatis suæ gentis ACHTE STATION Jesus begegnet den weinenden Frauen von Jerusalem V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Lukasevangelium. 23, 27-28 Es folgte eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: »Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder!« Auch wenn Jesus vom Schmerz gepeinigt wird und beim Vater Zuflucht sucht, empfindet er Mitleid für das Volk, das ihm folgt. Er wendet sich direkt an die Frauen, die ihn auf dem Weg zum Kalvarienberg begleiten. Und sein Aufruf ist eine eindringliche Mahnung zur Umkehr. Weint nicht über mich, sagt der Nazoräer, denn ich erfülle den Willen des Vaters, sondern weint über euch angesichts jedes Versagens, wenn ihr den Willen Gottes nicht tut. Es ist das Lamm Gottes, das hier spricht und dadurch, dass es die Sünde der Welt auf seinen Schultern trägt, den Blick dieser Töchter reinigt, der zwar schon auf ihn gerichtet ist, aber noch auf unvollkommene Weise. »Was sollen wir tun?«, scheint das Weinen dieser Frauen vor dem Unschuldigen zu schreien. Es ist die gleiche Frage, welche die Menge an den Täufer gerichtet hatte (vgl. Lk 3, 10) und welche die Zuhörer des Petrus dann zu Pfingsten wiederholen werden, da es sie mitten ins Herz trifft: »Was sollen wir tun?« (Apg 2, 37). Die Antwort ist klar und deutlich: »Kehrt um!« Eine persönliche und gemeinsame Umkehr: »Betet füreinander, damit ihr geheiligt werdet« (Jak 5, 16). Es gibt keine Umkehr ohne Liebe. Und die Liebe ist die Art und Weise, Kirche zu sein. Herr Jesus, ___________________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: Eia, Mater, fons amoris, Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Brief an die Philipper. 2, 6-7 Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Jesus fällt zum dritten Mal. Der Sohn Gottes durchlebt die menschliche Natur bis zum Äußersten. Mit diesem Fall tritt er noch fester in die Geschichte der Menschheit ein. Und er begleitet zu jeder Zeit die leidende Menschheit. »Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt« (Mt 28, 20). Wie oft fallen Männer und Frauen zu Boden! Wie oft leiden Männer, Frauen und Kinder wegen einer zerbrochenen Familie! Wie oft meinen Männer und Frauen keine Würde mehr zu haben, weil sie keine Arbeit haben! Wie oft sind junge Menschen gezwungen, ein Leben im Prekariat zu führen, und verlieren die Hoffnung auf die Zukunft! Der Mensch, der fällt und der den Gott betrachtet, der fällt, ist der Mensch, der endlich ohne Furcht und Verzweiflung seine eigene Schwachheit und Ohnmacht annehmen kann, eben weil auch Gott sie in seinem Sohn erfahren hat. Aus Barmherzigkeit hat sich Gott bis zu diesem Punkt erniedrigt, bis dass er im Staub der Straße liegt. Im Staub, der vom Schweiß Adams und vom Blut Jesu und aller Märtyrer der Geschichte getränkt ist; im Staub, der von den Tränen so vieler Brüder und Schwestern gesegnet ist, die wegen der Gewalt und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen gefallen sind. Diesem gesegneten Staub, der vom menschlichen Egoismus beleidigt, misshandelt und beraubt wurde, galt die letzte Umarmung des Herrn. Herr Jesus, __________________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: Fac ut ardeat cor meum ZEHNTE STATION Jesus wird seiner Kleider beraubt V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Markusevangelium. 15, 24 Dann kreuzigten sie ihn. Sie warfen das Los und verteilten seine Kleider unter sich und gaben jedem, was ihm zufiel. Zu Füßen des Kreuzes, unter dem leidenden Gekreuzigten und den leidenden Räubern, sind die Soldaten, die sich um die Kleider Jesu streiten. Es ist die Banalität des Bösen. Der Blick der Soldaten ist weit weg von jenem Leid und fern der Geschichte, die sie umgibt. Es scheint, als würde das, was gerade geschieht, sie nicht angehen. Während der Sohn Gottes die Tortur des Kreuzes erleidet, führen sie unbeirrt ein Leben weiter, in dem die Leidenschaften die Oberhand über allem gewinnen. Das ist das große Paradox der Freiheit, die Gott seinen Kindern gewährt hat. Angesichts des Todes Jesu kann jeder Mensch wählen: Christus betrachten oder das Los werfen. Enorm ist der Abstand, der den Gekreuzigten von seinen Henkern trennt. Das kleinliche Interesse an den Kleidern erlaubt es ihnen nicht, den Sinn jenes wehrlosen und missachteten, verspotteten und geschundenen Leibes zu begreifen, an dem sich der göttliche Heilswille für die ganze Menschheit erfüllt. Dieser Leib, den der Vater seinem Sohn geschaffen hat (vgl. Ps 40, 7; Hebr 10, 5) drückt nun die Liebe des Sohnes zum Vater und die Ganzhingabe Jesu an die Menschen aus. Jener Leib, der allem beraubt ist außer der Liebe, birgt in sich den unermesslichen Schmerz der Menschheit und erzählt von all ihren Wunden. Vor allem von den schmerzlichsten: die Wunden der in ihrer Intimität geschändeten Kinder. Dieser stumme und blutende, gegeißelte und erniedrigte Leib weist den Weg der Gerechtigkeit der Gerechtigkeit Gottes, die das grausamste Leid in das Licht der Auferstehung verwandelt. Herr Jesus, _________________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: Sancta Mater, istud agas, ELFTE STATION Jesus wird ans Kreuz genagelt V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Lukasevangelium. 23, 39-43 Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Messias? Dann hilf dir selbst und auch uns! Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst. Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein. Jesus hängt am Kreuz, dem fruchtbaren und ruhmreichen Baum, Ruhestatt, Thron und Altar (vgl. italienische Übertragung des Hymnus Vexilla regis prodeunt). Und von der Höhe dieses Throns, Anziehungspunkt für das ganze Weltall (vgl. Joh 12, 32), vergibt er seinen Henkern, »denn sie wissen nicht, was sie tun« (Lk 23, 34). Am Kreuz Christi, der Waage des großen Loskaufs (vgl. italienische Übertragung des Hymnus Vexilla regis prodeunt), erstrahlt eine Allmacht, die sich entäußert, eine Weisheit, die sich bis zur Verrücktheit erniedrigt, eine Liebe, die sich als Opfer hingibt. Rechts und links von Jesus hängen zwei Verbrecher, wahrscheinlich zwei Mörder. Diese beiden Verbrecher sprechen zum Herzen eines jeden Menschen, denn sie zeigen die beiden verschiedenen Arten an, wie man am Kreuz hängt: der erste verflucht Gott; der zweite erkennt Gott an diesem Kreuz. Der erste Verbrecher schlägt die bequemste Lösung für alle vor. Er schlägt ein Heil nach Menschenart vor und hat den Blick nach unten gerichtet. Heil heißt für ihn, vom Kreuz wegzulaufen und das Leid zu beseitigen. Es ist die Logik der Wegwerfkultur. Er bittet Gott, alles zu beseitigen, was nicht nützlich ist und was nicht wert ist, dass es gelebt wird. Der zweite Verbrecher hingegen feilscht nicht um eine Lösung. Er schlägt ein Heil nach Gottesart vor und hat einen ganz zum Himmel gerichtet Blick. Heil heißt für ihn, den Willen Gottes anzunehmen, auch in den schlimmsten Situationen. Es ist der Sieg der Kultur der Liebe und der Vergebung. Es ist die Torheit des Kreuzes, der gegenüber jede menschliche Weisheit nur stillschweigend verschwinden und verstummen kann. Schenke mir, o aus Liebe gekreuzigter Herr, ___________________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: Tui Nati vulnerati, ZWÖLFTE STATION Jesus stirbt am Kreuz V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Markusevangelium. 15, 33-394 Als die sechste Stunde kam, brach über das ganze Land eine Finsternis herein. Sie dauerte bis zur neunten Stunde. Und in der neunten Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: »Eloï, Eloï, lema sabachtani?«, das heißt übersetzt: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« Einige von denen, die dabeistanden und es hörten, sagten: »Hört, er ruft nach Elija!« Einer lief hin, tauchte einen Schwamm in Essig, steckte ihn auf einen Stock und gab Jesus zu trinken. Dabei sagte er: »Lasst uns doch sehen, ob Elija kommt und ihn herabnimmt.« Jesus aber schrie laut auf. Dann hauchte er den Geist aus. Da riss der Vorhang im Tempel von oben bis unten entzwei. Als der Hauptmann, der Jesus gegenüberstand, ihn auf diese Weise sterben sah, sagte er: »Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.« Finsternis zu Mittag: Es geschieht etwas völlig Unerhörtes und Unvorhersehbares auf Erden, das jedoch nicht nur der Erde gehört. Der Mensch tötet Gott! Der Sohn Gottes wurde wie ein Verbrecher gekreuzigt. Jesus wendet sich an den Vater und ruft dabei die ersten Worte des Psalms 22. Es ist der Schrei des Leidens und der Trostlosigkeit, aber auch der Schrei des völligen »Vertrauen[s] auf den göttlichen Sieg« und der »Gewissheit der Herrlichkeit« (Benedikt XVI., Katechese, 14. September 2011). Der Schrei Jesu ist der Schrei eines jeden Gekreuzigten in der Geschichte, des Verlassenen und Erniedrigten, des Märtyrers und Propheten, des Verleumdeten und ungerecht Verurteilten, des Verbannten oder Gefangenen. Es ist der Schrei der menschlichen Verzweiflung, die jedoch in den Sieg des Glaubens einmündet, der den Tod ins ewige Leben verwandelt. »Ich will deinen Namen meinen Brüdern verkünden, inmitten der Gemeinde dich preisen« (Ps 22, 23). Jesus stirbt am Kreuz. Ist es der Tod Gottes? Nein, es ist die höchste Feier des Zeugnisses des Glaubens. Das 20. Jahrhundert wurde als das Jahrhundert der Märtyrer bezeichnet. Beispiele wie das eines Maximilian Kolbe und einer Edith Stein bringen ein unermessliches Licht zum Ausdruck. Aber auch heute noch wird der Leib Christi in vielen Regionen der Welt gekreuzigt. Die Märtyrer des 21. Jahrhunderts sind die wahren Apostel der gegenwärtigen Welt. In der großen Finsternis leuchtet der Glaube auf: »Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn!« Denn wer so stirbt, indem er die Verzweiflung des Todes in Hoffnung auf Leben umwandelt, kann nicht einfach ein Mensch sein. Der Gekreuzigte ist die volle Hingabe. __________________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: Vidit suum dulcem Natum DREIZEHNTE STATION Jesus wird vom Kreuz abgenommen V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Markusevangelium. 15, 42-43.46a Da es Rüsttag war, der Tag vor dem Sabbat, und es schon Abend wurde, ging Josef von Arimathäa, ein vornehmer Ratsherr, der auch auf das Reich Gottes wartete, zu Pilatus und wagte es, um den Leichnam Jesu zu bitten. Josef kaufte ein Leinentuch, nahm Jesus vom Kreuz. Josef von Arimathäa empfängt Jesus, noch bevor er seine Herrlichkeit gesehen hat. Er empfängt ihn als Besiegten, als Verbrecher, als Abgelehnten. Er bittet Pilatus um den Leichnam, um nicht zuzulassen, dass er in das Massengrab geworfen wird. Josef riskiert seinen guten Ruf und wie Tobit vielleicht auch sein Leben (vgl. Tob 1, 15-20). Doch der Mut Josefs ist nicht die Kühnheit der Helden in der Schlacht. Der Mut Josefs ist die Kraft des Glaubens. Eines Glaubens, der zur Aufnahme, Unentgeltlichkeit und Liebe wird. Mit einem Wort: Nächstenliebe. Die Stille, die Einfachheit und Nüchternheit, mit der sich Josef dem Leichnam Jesu nähert, steht im Widerspruch zu der Zurschaustellung, Banalisierung und zum Prunk der Begräbnisse der Mächtigen dieser Welt. Das Zeugnis Josefs erinnert dagegen an all die Christen, die auch heute wegen eines Begräbnisses ihr Leben riskieren. Wer konnte den leblosen Körper Jesu empfangen, wenn nicht sie, die ihm das Leben gab? Wir können uns die Empfindungen Marias verstellen, die ihn in ihren Armen aufnimmt sie, die den Worten des Engels geglaubt hat und alles in ihrem Herzen bewahrte. Während sie ihren toten Sohn umarmt, spricht Maria noch einmal ihr »Fiat«. Es ist das Drama und die Prüfung des Glaubens. Kein Geschöpf hat dies erlitten wie Maria, die Mutter, die unter dem Kreuz uns zum Glauben geboren hat. Er wiederholte das Gebet der Welt: ______________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: Fac me tecum pie flere, VIERZEHNTE STATION Jesus wird ins Grab gelegt V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi. R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum. Aus dem Matthäusevangelium. 27, 59-60 Josef nahm den Leichnam Jesu und hüllte ihn in ein reines Leinentuch. Dann legte er ihn in ein neues Grab, das er für sich selbst in einen Felsen hatte hauen lassen. Er wälzte einen großen Stein vor den Eingang des Grabes und ging weg. Während Josef das Grab Jesu verschließt, steigt der Herr in das Reich des Todes hinab und reißt seine Pforten auf. Was die Kirche des Westens den Abstieg in die Unterwelt nennt, feiert die Kirche des Ostens schon als Anastasis, d.h. Auferstehung. Die Schwesterkirchen teilen so die volle Wahrheit dieses einen Mysteriums mit: »Ich öffne eure Gräber und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern herauf. Ich hauche euch meinen Geist ein, dann werdet ihr lebendig« (Ez 37, 12.14). Deine Kirche, Herr, singt jeden Morgen: »Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes« (Lk 1, 78-79). Der Mensch geblendet von dem Licht, das die Farbe der Finsternis hat, und getrieben von den Kräften des Bösen hat einen großen Stein vor das Grab gerollt und dich darin eingeschlossen. Aber wir wissen, dass du, demütiger Gott, in der Stille, in die dich unsere Freiheit gelegt hat, mehr denn je am Werk bist, um im Menschen, den du liebst, neue Gnade hervorzubringen. Tritt also in unsere Gräber ein: Entfache den Funken deiner Liebe im Herzen eines jeden Menschen, im Schoß jeder Familie, auf dem Weg eines jeden Volkes. O Jesus Christus! _________________ Alle: Pater noster, qui es in cælis: Quando corpus morietur, Das war der Kreuzweg am Kolosseum 2015 in voller Länge mit deutscher Übersetzung Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! LesermeinungenUm selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen. Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. | Mehr zuKreuzweg
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