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| "Pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche"- Teil 120. Juli 2020 in Aktuelles, keine Lesermeinung Neue Instruktion aus dem Vatikan Vatikan (kath.net) kath.net dokumentiert die "Instruktion: Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche" in voller Länge:
Einleitung
1. Die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Kirche und die bedeutsamen sozialen und kulturellen Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte haben einige Diözesen dazu veranlasst, die Form der Übertragung der Hirtensorge für die Pfarrgemeinden neu zu gestalten. Dies hat zu neuen Erfahrungen geführt. Die Dimension der Gemeinschaft wurde aufgewertet und unter der Leitung der Hirten wurde eine harmonische Synthese der Charismen und der Berufungen im Dienst an der Verkündigung der Frohen Botschaft, die den heutigen Erfordernissen der Evangelisierung besser entspricht, verwirklicht.
Papst Franziskus hat zu Beginn seines Dienstes an die Bedeutung der „Kreativität“ erinnert. Es geht darum, «neue Wege zu suchen», d. h. «den Weg für die Verkündigung des Evangeliums». Diesbezüglich folgerte der Heilige Vater, dass «die Kirche und auch der Kodex des kanonischen Rechts uns sehr viele Möglichkeiten und große Freiheiten bieten, um diese Dinge zu suchen»[1].
2. Die in der vorliegenden Instruktion beschriebenen Situationen stellen eine wertvolle Gelegenheit für die pastorale Umkehr im missionarischen Sinn dar. Sie sind eine Einladung an die Pfarrgemeinden, sich zu öffnen und Instrumente für eine auch strukturelle Reform anzubieten, die sich an einem neuen Gemeinschaftsstil, an einem neuen Stil der Zusammenarbeit, der Begegnung, der Nähe, der Barmherzigkeit und der Sorge für die Verkündigung des Evangeliums orientiert.
I. Die pastorale Umkehr
3. Die pastorale Umkehr ist eines der grundlegenden Themen der „neuen Phase der Evangelisierung“[2], die die Kirche heute fördern muss, damit die christlichen Gemeinschaften immer mehr pulsierende Zentren der Begegnung mit Christus sind.
Daher hat der Heilige Vater vorgeschlagen: «Wenn uns etwas in heilige Unruhe versetzen und unser Gewissen beunruhigen muss, dann ist es die Tatsache, dass so viele unserer Brüder und Schwestern ohne die Kraft, das Licht und den Trost der Freundschaft mit Jesus Christus leben, ohne eine Glaubensgemeinschaft, die sie aufnimmt, ohne Hoffnung auf Sinn und Leben. Ich hoffe, dass uns mehr als die Angst, einen Fehler zu begehen, die Furcht davor bewegt, uns einzuschließen in die Strukturen, die uns einen trügerischen Schutz gewähren, in die Normen, die uns in unnachsichtige Richter verwandeln, in die Gewohnheiten, in denen wir uns ruhig fühlen, während draußen eine hungrige Menschenmenge wartet und Jesus uns pausenlos sagt: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ (Mk 6,37)»[3].
4. Von dieser heiligen Unruhe getrieben vermag die Kirche, «die ihrer eigenen Tradition treu und sich zugleich der Universalität ihrer eigenen Sendung bewusst ist, […] sich mit mannigfachen Kulturformen zu vereinen. Diese Gemeinschaft bereichert sowohl die Kirche als auch die verschiedenen Kulturen»[4]. Die fruchtbare und kreative Begegnung zwischen dem Evangelium und der Kultur führt zu einem wahren Fortschritt: einerseits inkarniert sich das Wort Gottes in die Geschichte der Menschen und erneuert sie, andererseits «kann die Kirche […] bereichert werden und sie wird es tatsächlich auch durch den Fortschritt des gesellschaftlichen Lebens»[5], um so die ihr durch Christus anvertraute Sendung zu vertiefen, um sie besser in der Zeit, in der sie lebt, zum Ausdruck zu bringen.
5. Die Kirche verkündet, dass das Wort «Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat» (Joh 1,14). Dieses Wort Gottes, das bei den Menschen sein will, ist in seinem unerschöpflichen Reichtum[6] in der ganzen Welt von verschiedenen Völkern angenommen worden. Es hat die edelsten Bestrebungen in ihnen gefördert, unter anderem die Sehnsucht nach Gott, die Würde des Lebens eines jeden Menschen, die Gleichheit unter den Menschen und die Achtung der Unterschiede in der einen Menschheitsfamilie, den Dialog als Instrument der Teilhabe, das Streben nach Frieden, die Gastfreundschaft als Ausdruck der Zusammengehörigkeit und der Solidarität, die Bewahrung der Schöpfung[7].
Es ist daher unvorstellbar, dass derartig Neues, dessen Verbreitung bis an die Grenzen der Erde noch nicht vollendet ist, schwächer wird oder, was noch schlimmer ist, sich auflöst[8]. Damit der Weg des Wortes sich fortsetzen kann, muss sich in den christlichen Gemeinschaften eine klare Entscheidung für die missionarische Sendung verwirklichen, «die fähig ist, alles zu verwandeln, damit die Gewohnheiten, die Stile, die Zeitpläne, der Sprachgebrauch und jede kirchliche Struktur ein Kanal werden, der mehr der Evangelisierung der heutigen Welt als der Selbstbewahrung dient»[9].
II. Die Pfarrei im gegenwärtigen Kontext
6. Diese missionarische Umkehr, die selbstverständlich auch eine Strukturreform beinhaltet, betrifft in besonderer Weise die Pfarrei, eine Gemeinschaft, die um den Tisch des Wortes und der Eucharistie zusammengerufen wird.
Die Pfarrei hat eine lange Geschichte. Sie hat von Anfang an eine grundlegende Rolle im Leben der Christen und in der Entwicklung und der Pastoral der Kirche gespielt. Schon in den Schriften des hl. Paulus sind ihre ersten Spuren erkennbar. Einige paulinische Texte verweisen auf die Bildung von kleinen Gemeinschaften, Hauskirchen, die der Apostel schlicht mit dem Begriff „Haus“ bezeichnet (vgl. z. B. Röm 16,3-5; 1 Kor 16,19-20; Phil 4,22). In diesen „Häusern“ kann man die Entstehung der ersten „Pfarreien“ sehen.
7. Die Pfarrei ist daher seit ihrer Entstehung eine Antwort auf ein entsprechendes pastorales Erfordernis: durch die Verkündigung des Glaubens und die Spendung der Sakramente das Evangelium den Menschen zu bringen. Die Etymologie des Begriffs macht die Absicht der Institution verständlich: Die Pfarrei ist ein Haus inmitten der Häuser[10] und entspricht der Logik der Inkarnation Jesu Christi, der unter den Menschen lebendig ist und wirkt. Sie ist daher, sichtbar repräsentiert durch das Gotteshaus, ein Zeichen der dauernden Gegenwart des auferstandenen Herrn inmitten seines Volkes.
8. Dennoch muss sich die territoriale Ausrichtung der Pfarrei heute mit einem besonderen Merkmal der gegenwärtigen Welt auseinandersetzen, in der die Zunahme der Mobilität und der digitalen Kultur die Grenzen der Existenz geweitet haben. Einerseits entspricht ein festgelegter und unveränderbarer Kontext immer weniger dem Leben der Menschen, das sich vielmehr in einem „globalen und pluralen Dorf“ abspielt. Andererseits hat die digitale Kultur in unumkehrbarer Weise das Raumverständnis, die Sprache und das Verhalten der Menschen, besonders der jungen Generationen verändert.
Darüber hinaus kann man sich leicht vorstellen, dass die beständige technische Entwicklung weiterhin die Denkweise und das Verständnis, das der Mensch von sich und vom gesellschaftlichen Leben hat, verändert. Die Geschwindigkeit der Veränderungen, der Wechsel der kulturellen Modelle, die problemlose Mobilität und die Schnelligkeit der Kommunikation verändern die Wahrnehmung von Zeit und Raum.
9. Die Pfarrei befindet sich als lebendige Gemeinschaft von Glaubenden in diesem Kontext, in dem die Bindung an einen Ort dahin tendiert, immer weniger wahrgenommen zu werden, die Orte der Zugehörigkeit vielfältig werden und die zwischenmenschlichen Beziehungen Gefahr laufen, sich ohne Verpflichtung und Verantwortung gegenüber dem persönlichen Beziehungszusammenhang in der virtuellen Welt aufzulösen.
10. Es ist inzwischen offenkundig, dass diese kulturellen Veränderungen und die veränderte Beziehung zum Territorium in der Kirche dank der Gegenwart des Heiligen Geistes eine neue Wahrnehmung der Gemeinschaft fördern, die «darin besteht, die Wirklichkeit mit den Augen Gottes, aus dem Blickwinkel der Einheit und der Gemeinschaft zu sehen»[11]. Es ist daher dringend notwendig, das ganze Volk Gottes in das Bemühen einzubeziehen, die Einladung des Geistes anzunehmen, um Prozesse der „Verjüngung“ des Antlitzes der Kirche anzustoßen.
III. Die heutige Bedeutung der Pfarrei
11. Im Zuge dieser Beobachtungen muss die Pfarrei die Impulse der Zeit aufnehmen, um ihren Dienst an die Erfordernisse der Gläubigen und die geschichtlichen Veränderungen anzupassen. Es bedarf einer erneuerten Dynamik, die es ermöglicht, im Lichte der Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils und des nachfolgenden Lehramtes die Berufung aller Getauften, Jünger Jesu und Verkünder des Evangeliums zu sein, wieder zu entdecken.
12. Die Konzilsväter haben in der Tat weitblickend festgehalten: «Die Seelsorge muss von einem missionarischen Geist beseelt sein»[12]. Übereinstimmend mit dieser Lehre hat der hl. Johannes Paul II. präzisierend hinzugefügt: «Die Pfarrei muss vervollkommnet und in viele andere Formen integriert werden. Dennoch bleibt sie unersetzbar und von höchster Bedeutung innerhalb der sichtbaren Strukturen der Kirche», um «zugunsten der Evangelisierung die Stütze allen pastoralen Handelns, das vordringlich und vorrangig ist, zu sein»[13]. Benedikt XVI. lehrte, dass «die Pfarrei ein Leuchtturm ist, der das Licht des Glaubens ausstrahlt und auf diese Weise der tiefsten Sehnsucht des menschlichen Herzens entgegenkommt, weil sie den Menschen und den Familien Sinn und Hoffnung schenkt»[14]. Schließlich erinnert Papst Franziskus daran, dass «die Pfarrei durch all ihre Aktivitäten ihre Mitglieder ermutigt und formt, damit sie missionarisch aktiv sind»[15].
13. Um die zentrale Bedeutung der missionarischen Präsenz der kirchlichen Gemeinschaft in der Welt zu fördern[16], ist es wichtig, nicht nur über ein neues Konzept der Pfarrei nachzudenken, sondern auch über den Dienst und die Sendung der Priester in ihr. Zusammen mit den Gläubigen haben sie die Aufgabe, „Salz und Licht der Welt“ (vgl. Mt 5,13-14), „ein Licht auf dem Leuchter“ (vgl. Mk 4,21) zu sein und sich als missionarische Gemeinschaft zu erweisen, die fähig ist, die Zeichen der Zeit zu verstehen, die ein glaubwürdiges Zeugnis eines Lebens nach dem Evangelium hervorbringt.
14. Ausgehend von der Betrachtung der Zeichen der Zeit, ist es im Hören auf den Geist notwendig, auch neue Zeichen zu setzen: Da die Pfarrei anders als in der Vergangenheit nicht mehr der vorrangige Versammlung- und Begegnungsort ist, muss sie andere Weisen der Nähe und der Nachbarschaft im Hinblick auf ihre normalen Aktivitäten finden. Diese Aufgabe ist keine Last, die zu ertragen ist, sondern eine Herausforderung, die es mit Enthusiasmus anzupacken gilt.
15. Die Jünger des Herrn haben in der Nachfolge ihres Meisters und in der Schule der Heiligen und Hirten bisweilen durch leidvolle Erfahrungen gelernt, auf Gottes Eingreifen geduldig zu warten, die Gewissheit zu nähren, dass Er bis zum Ende der Zeiten immer da ist und dass der Heilige Geist – das Herz, welches das Leben der Kirche pulsieren lässt – die in der Welt verstreuten Kinder Gottes sammelt. Daher muss die christliche Gemeinschaft keine Angst haben, innerhalb eines Gebietes, in dem verschiedene Kulturen leben, Entwicklungen in dem festen Vertrauten zu beginnen und zu begleiten, dass es für die Jünger Christi «nichts wahrhaft Menschliches gibt, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall findet»[17].
IV. Die Mission – Leitmotiv der Erneuerung
16. In den gegenwärtigen Veränderungen schafft es die Pfarrei trotz großzügigen Einsatzes bisweilen nicht, angemessen den vielen Erwartungen der Gläubigen zu entsprechen, besonders unter Berücksichtigung der mannigfaltigen Gemeinschaftsformen[18]. Es ist richtig, dass es ein Charakteristikum der Pfarrei ist, dass sie dort verwurzelt ist, wo alle Tag ein Tag aus leben. Doch ist insbesondere heute das Gebiet nicht mehr nur ein geografisch abgegrenzter Bereich, sondern der Zusammenhang, in dem jeder sein Leben, das aus Beziehungen, gegenseitiger Hilfe und lange gepflegten Traditionen besteht, lebt. Auf diesem „existenziellen Territorium“ steht die ganze Herausforderung der Kirche auf dem Spiel. Daher erscheint ein pastorales Handeln überholt, das den Handlungsraum ausschließlich auf den Bereich innerhalb der territorialen Grenzen der Pfarrei beschränkt. Oft sind es gerade die Pfarrangehörigen, die diese Sichtweise, die mehr von der Sehnsucht nach dem Vergangenen als vom Mut, die Zukunft zu gestalten, geprägt erscheint, nicht mehr verstehen[19]. Andererseits muss hinzugefügt werden, dass das Territorialprinzip auf der kanonischen Ebene weiterhin uneingeschränkt gilt, wenn es vom Recht her erforderlich ist[20].
17. Darüber hinaus bleibt die bloße Wiederholung von Aktivitäten, die das Leben der Menschen nicht berühren, ein steriler Überlebensversuch, der oft mit allgemeiner Gleichgültigkeit zur Kenntnis genommen wird. Wenn die Pfarrei nicht die der Evangelisierung innewohnende spirituelle Dynamik lebt, läuft sie Gefahr, selbstbezogen zu werden und zu verkalken, da sie Erfahrungen vorschlägt, die den Geschmack des Evangeliums und die missionarische Durchschlagskraft bereits verloren haben und vielleicht nur für kleine Gruppen bestimmt sind.
18. Die Erneuerung der Evangelisierung bedarf neuer Achtsamkeit und passender Initiativen verschiedener Art, damit das Wort Gottes und die Sakramente alle in einer Weise erreichen, die der jeweiligen Lebenssituation der Menschen entspricht. Für die kirchliche Zugehörigkeit ist heutzutage nicht mehr die Herkunft das entscheidende Kriterium, sondern die Aufnahme in eine Gemeinde[21], in der die Gläubigen eine umfassendere Erfahrung des Volkes Gottes machen, eines Leibes, der viele Glieder hat, in dem jeder für das Wohl des ganzen Organismus wirkt (vgl. 1 Kor 12,12-27).
19. Über die Orte und die Gründe der Zugehörigkeit hinaus ist die Pfarrgemeinde der menschliche Kontext, in dem die Evangelisierung der Kirche vonstattengeht, die Sakramente gefeiert werden und die karitative Liebe in einer missionarischen Dynamik erfahrbar wird, die – über die Tatsache hinaus, inneres Element des pastoralen Handelns zu sein – ein Unterscheidungskriterium ihrer Authentizität ist. In der aktuellen Lage, die bisweilen von Marginalisierung und Einsamkeit geprägt ist, ist die Pfarrgemeinde herausgefordert, durch ein Netz geschwisterlicher Beziehungen, die auf die neuen Formen der Armut ausgerichtet sind, lebendiges Zeichen der Nähe Christi zu sein.
20. In Anbetracht des bisher Gesagten geht es darum, Perspektiven auszumachen, die es erlauben, die „traditionellen“ pfarrlichen Strukturen unter missionarischem Gesichtspunkt zu erneuern. Das ist das Herzstück der gewünschten pastoralen Umkehr, die die Verkündigung des Wortes Gottes, die Spendung der Sakramente und das karitative Zeugnis betreffen muss, d. h. die wesentlichen Bereiche, in denen die Pfarrei wächst und sich dem Mysterium, an das sie glaubt, nähert.
21. Ein Blick in die Apostelgeschichte lehrt uns die Bedeutung des Wortes Gottes, das eine innere Macht ist, die die Umkehr der Herzen bewirkt. Es ist die Nahrung, die die Jünger des Herrn stärkt und die sie zu Zeugen des Evangeliums in den verschiedenen Bereichen des Lebens macht. Die Schrift enthält eine prophetische Kraft, die sie immer lebendig sein lässt. Es ist daher notwendig, dass die Pfarrei durch verschiedene Angebote der Glaubensweitergabe[22] dazu anleitet, das Wort Gottes zu lesen und zu betrachten, und dabei klare und verständliche Formen der Kommunikation verwendet, die von Jesus dem Herrn entsprechend dem immer neuen Zeugnis des Kerygmas berichten[23].
22. Die Feier der heiligen Eucharistie ist «Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens»[24] und daher das wesentliche Geschehen, durch das die Pfarrgemeinde entsteht. In ihr wird sich die Kirche der Bedeutung ihres Namens bewusst: Versammlung des Volkes Gottes, das lobt, bittet, Fürsprache hält und dankt. In der Feier der heiligen Eucharistie öffnet sich die christliche Gemeinde der lebendigen Gegenwart des gekreuzigten und auferstandenen Herrn und hat Anteil an der Verkündigung des ganzen Heilsmysteriums.
23. In diesem Zusammenhang wird die Kirche sich der Notwendigkeit bewusst, die christliche Initiation wieder zu entdecken, die durch die Hineinnahme in das Geheimnis des göttlichen Seins neues Leben zeugt. Sie ist ein Weg ohne Unterbrechung und nicht nur an Zelebrationen oder Ereignisse gebunden, weil es in erster Linie nicht darum geht, einen „Ritus des Übergangs“ zu vollziehen, sondern vielmehr um die Perspektive der beständigen Nachfolge Christi. Hier kann es nützlich sein, mystagogische Rituale, die das Leben direkt berühren[25], einzuführen. Auch die Katechese muss sich als fortdauernde Verkündigung des Geheimnisses Christi erweisen, um die Gestalt Christi durch eine Begegnung mit dem Herrn des Lebens im Herzen des Getauften wachsen zu lassen (vgl. Eph 4,13).
Papst Franziskus hat daran erinnert, dass es notwendig ist, «die Aufmerksamkeit auf zwei Verfälschungen der Heiligkeit lenken, die uns vom Weg abbringen könnten: der Gnostizismus und der Pelagianismus. Es handelt sich um zwei Häresien, die in den ersten christlichen Jahrhunderten entstanden, weiterhin aber besorgniserregend aktuell sind»[26]. Im Falle des Gnostizismus geht es um einen abstrakten Glauben, der nur intellektuell ist und aus einem Wissen besteht, das das Leben wenig betrifft. Der Pelagianismus hingegen bringt den Menschen dazu, lediglich auf die eigene Kraft zu bauen und das Wirken des Heiligen Geistes zu ignorieren.
24. In der geheimnishaften Verflechtung des göttlichen und menschlichen Handelns geschieht die Verkündigung des Evangeliums durch Männer und Frauen, die das glaubwürdig machen, was sie durch ihr Leben in einem Netz zwischenmenschlicher Beziehungen, das Vertrauen und Hoffnung weckt, verkünden. In der gegenwärtigen Zeit, die oft von Gleichgültigkeit, von Egoismus und von fehlender Nächstenliebe geprägt ist, ist die Wiederentdeckung des Miteinanders grundlegend, weil die Evangelisierung eng an die Qualität der menschlichen Beziehungen gebunden ist[27]. Auf diese Weise macht sich die christliche Gemeinschaft das Wort Jesu zu eigen, das dazu anspornt „hinauszufahren“ (vgl. Lk 5,4), in dem Vertrauen, dass die Aufforderung des Meisters, die Netze auszuwerfen, „reichen Fischfang“ [28] garantiert.
25. Die „Kultur der Begegnung“ fördert den Dialog, die Solidarität und die Offenheit gegenüber allen, da sie die zentrale Bedeutung der Person deutlich werden lässt. Es ist daher notwendig, dass die Pfarrei ein „Ort“ ist, der das Beisammensein und das Wachstum persönlicher dauerhafter Beziehungen, die allen gestatten, den Sinn der Zugehörigkeit und der Wertschätzung wahrzunehmen, begünstigt.
26. Die Pfarrgemeinde ist dazu aufgerufen, eine echte und eigene „Kunst der Nähe“ zu entwickeln. Wenn die Pfarrei tiefe Wurzeln schlägt, wird sie wirklich der Ort, an dem die Einsamkeit, die das Leben so vieler Menschen kennzeichnet, überwunden wird, «ein Heiligtum, wo die Durstigen zum Trinken kommen, um ihren Weg fortzusetzen, und ein Zentrum ständiger missionarischer Aussendung»[29].
V. „Gemeinschaft von Gemeinschaften“: Die inklusive,
missionarische und auf die Armen bedachte Pfarrei
27. Das Ziel der Mission und Evangelisierung der Kirche ist stets das Volk Gottes als Ganzes. Der Kodex des kanonischen Rechts hebt hervor, dass die Pfarrei kein Gebäude oder ein Bündel von Strukturen ist, sondern eine konkrete Gemeinschaft von Gläubigen, in der der Pfarrer der eigene Hirte ist[30]. Diesbezüglich hat Papst Franziskus daran erinnert, dass «die Pfarrei die Kirche territorial präsent macht, dass sie ein Ort des Hörens des Wortes Gottes, des Wachstums des christlichen Lebens, des Dialogs, der Verkündigung, der großherzigen Nächstenliebe, der Anbetung und der liturgischen Feier ist». Er fügte hinzu, dass sie eine «Gemeinschaft von Gemeinschaften»[31] ist.
28. Die verschiedenen Teile, in welche sich die Pfarrei gliedert, müssen eine Gemeinschaft und eine Einheit bilden. In dem Maß, in dem alle ihre Komplementarität annehmen und sie in den Dienst der Gemeinschaft stellen, kann man einerseits den Dienst des Pfarrers und der priesterlichen Mitarbeiter als Hirten voll verwirklicht sehen, andererseits scheint die Besonderheit der verschiedenartigen Charismen der Diakone, der Gottgeweihten und der Laien auf, weil alle sich für den Aufbau des einen Leibes einsetzen (vgl. 1 Kor 12,12).
29. Daher ist die Pfarrei eine Gemeinde, die vom Heiligen Geist zur Verkündigung des Wortes Gottes und zur Zeugung neuer Glieder durch die Taufe zusammengerufen wurde. Versammelt um ihren Hirten feiert sie das Gedächtnis des Leidens, des Todes und der Auferstehung des Herrn und bezeugt, ihrer beständigen Sendung entsprechend, den Glauben in der Liebe, damit die Botschaft vom Heil, die Leben spendet, niemandem fehlt.
Papst Franziskus hat sich diesbezüglich folgendermaßen geäußert: «Die Pfarrei ist keine hinfällige Struktur; gerade weil sie eine große Formbarkeit besitzt, kann sie ganz verschiedene Gestalten annehmen, die die Beweglichkeit und missionarische Kreativität des Pfarrers und der Gemeinde erfordern. Obwohl sie sicherlich nicht die einzige missionarische Einrichtung ist, wird sie, wenn sie fähig ist, sich ständig zu erneuern und anzupassen, weiterhin „die Kirche [sein], die inmitten der Häuser ihrer Söhne und Töchter lebt“. Das setzt voraus, dass sie wirklich Kontakt zu den Familien und zum Leben des Volkes hat und nicht eine weitschweifige, von den Menschen getrennte Struktur oder eine Gruppe von Auserwählten wird, die auf sich selbst schaut. […] Wir müssen jedoch zugeben, dass der Aufruf zur Überprüfung und zur Erneuerung der Pfarreien noch nicht genügend gefruchtet hat, damit sie noch näher bei den Menschen und Bereiche lebendiger Gemeinschaft und Teilnahme sind und sich völlig auf die Mission ausrichten»[32].
30. Der „geistliche und kirchliche Stil der Wallfahrtsorte“ – die wahre und echte „missionarische Vorposten“ sind – geprägt von der Gastfreundschaft, vom einem Leben aus dem Gebet, von der Stille, die den Geist erneuert, von der Feier des Bußsakramentes und von der Zuwendung zu den Armen, darf der Pfarrei nicht fremd ein. Die Wallfahrten, die die Pfarrgemeinden zu den verschiedenen Heiligtümern unternehmen, sind wertvolle Instrumente für die Förderung der geschwisterlichen Gemeinschaft und zur möglichst offenen und gastfreundlichen Gestaltung des eigenen Zuhause nach der Heimkehr[33].
31. In dieser Hinsicht besteht die Absicht, dass ein Heiligtum alle Merkmale und Dienste aufweisen soll, die in vergleichbarer Weise auch eine Pfarrei haben muss, da es für viele Gläubige das ersehnte Ziel ihrer inneren Suche und der Ort ist, an dem sie dem barmherzigen Antlitz Christi und einer gastfreundlichen Kirche begegnen.
In den Heiligtümern können sie «die Salbung, von dem der heilig ist» (1 Joh 2,20), d. h. ihre Heiligung durch die Taufe, wiederentdecken. An diesen Orten lernt man das Geheimnis der Gegenwart Gottes inmitten seines Volkes, die Schönheit der missionarischen Sendung aller Getauften, den Aufruf, die karitative Liebe Zuhause zu leben, mit Inbrunst in der Liturgie zu feiern[34].
32. Als „Heiligtum“, das allen offensteht, erinnert die Pfarrei, die alle ohne Ausnahme erreichen muss, daran, dass die Armen und die Ausgeschlossenen im Herzen der Kirche immer einen bevorzugten Platz haben müssen. Wie Benedikt XVI. sagte: «Die Armen sind die privilegierten Adressaten der Frohen Botschaft»[35]. Papst Franziskus hat geschrieben, dass «die neue Evangelisierung eine Einladung ist, die heilbringende Kraft ihrer Existenz zu erkennen und sie in den Mittelpunkt des Weges der Kirche zu stellen. Wir sind aufgerufen, Christus in ihnen zu entdecken, uns zu Wortführern ihrer Interessen zu machen, aber auch ihre Freunde zu sein, sie anzuhören, sie zu verstehen und die geheimnisvolle Weisheit anzunehmen, die Gott uns durch sie mitteilen will»[36].
33. Die Pfarrgemeinde ist sehr oft der erste Ort der menschlichen und persönlichen Begegnung der Armen mit dem Antlitz der Kirche. In besonderer Weise werden es die Priester, die Diakone und die Gottgeweihten sein, die Mitleid haben mit den „Wunden“[37] der Menschen, die sie besuchen, wenn sie krank sind, die Menschen und Familien ohne Arbeit unterstützen, die die Tür für Bedürftige öffnen. Den Geringsten aufmerksam zugewendet verkündet die Pfarrgemeinde das Evangelium und lässt sich von den Armen evangelisieren, um auf diese Weise die soziale Verpflichtung der Botschaft in allen ihren verschiedenen Bereichen neu zu entdecken[38], ohne die „oberste Regel“ der Liebe, auf deren Grundlage wir gerichtet werden, zu vergessen[39].
VI. Von der Umkehr der Personen zur Umkehr der Strukturen
34. In diesem Prozess der Erneuerung und der Neuordnung muss die Pfarrei die Gefahr vermeiden, einer exzessiven Bürokratie und Servicementalität zu verfallen, die nicht die Dynamik der Evangelisierung, sondern das Kriterium des Selbsterhalts aufweisen[40].
Auf den heiligen Paul VI. verweisend, hat Papst Franziskus in seiner bekannten Offenheit darauf hingewiesen, dass «die Kirche ihr Bewusstsein vertiefen und über ihr Geheimnis nachsinnen muss. […] Es gibt kirchliche Strukturen, die eine Dynamik der Evangelisierung beeinträchtigen können. In gleicher Weise können die guten Strukturen nützlich sein, wenn ein Leben da ist, das sie beseelt, sie unterstützt und sie beurteilt. Ohne neues Leben und echten, vom Evangelium inspirierten Geist, ohne „Treue der Kirche zu ihrer Berufung“ wird jegliche neue Struktur in kurzer Zeit verderben»[41].
35. Die Reform der Strukturen, die die Pfarrei anstreben muss, bedarf zunächst einer Mentalitätsänderung und einer inneren Erneuerung, vor allem derer, die in die Verantwortung der pastoralen Leitung berufen worden sind. Um dem Auftrag Christi treu zu sein, müssen die Hirten und in besonderer Weise die Pfarrer, «die in vorzüglicher Weise Mitarbeiter des Bischofs sind»[42], dringlich die Notwendigkeit einer missionarischen Reform der Pastoral erkennen.
36. Die christliche Gemeinschaft ist von geschichtlichen und menschlichen Erfahrungen sehr geprägt. Die Hirten müssen daher berücksichtigen, dass der Glaube des Volkes Gottes mit Erinnerungen an familiäre und gemeinschaftliche Erlebnisse verbunden ist. Heilige Orte erinnern sehr oft an bedeutende persönliche und familiäre Ereignisse vergangener Generationen. Um Traumata und Verletzungen zu vermeiden, erscheint es bedeutsam, die Neuorganisation von Pfarrgemeinden und manchmal auch der Diözesen flexibel und behutsam durchzuführen.
Papst Franziskus hat in Bezug auf die Reform der Römischen Kurie hervorgehoben, dass das schrittweise Vorangehen «die Frucht der unentbehrlichen Unterscheidung ist. Diese schließt einen geschichtlichen Prozess, ein Abwägen von Zeiten und Etappen, Überprüfung, Korrekturen, Versuchsphasen und die Approbation „ad experimentum“ ein. Es handelt sich also in diesen Fällen nicht um Unentschiedenheit, sondern um die Flexibilität, die notwendig ist, um eine wirkliche Reform zu erreichen»[43]. Man darf nichts „überstürzen“ und Reformen nicht zu eilig und mit „am grünen Tisch“ erarbeiteten allgemeinen Kriterien durchführen wollen und dabei die konkreten Bewohner eines Gebietes vergessen. Jedes Projekt muss die konkreten Umstände einer Gemeinde berücksichtigen und ohne Traumata mit einer vorausgehenden Phase der Beratung, einer Phase der schrittweisen Verwirklichung und der Überprüfung durchgeführt werden.
37. Die Erneuerung betrifft selbstverständlich nicht nur den Pfarrer und es kann auch nicht von oben herab das Volk Gottes ausgeschlossen werden. Die pastorale Erneuerung der Strukturen schließt das Bewusstsein ein, dass «das heilige, gläubige Volk Gottes mit der Gnade des Heiligen Geistes gesalbt ist. Daher müssen wir in der Phase der Reflexion und Abwägung dieser Salbung gerecht werden. Wenn wir als Kirche, als Hirten, als Gottgeweihte dies vergessen haben, laufen wir in die Irre. Wenn wir das Volk Gottes als Ganzes und in seinen Unterschieden verdrängen, zum Schweigen bringen, zerstören, ignorieren oder auf eine kleine Elite beschränken wollen, setzen wir Gemeinschaften, pastorale Pläne, theologische und spirituelle Akzente und Strukturen ohne Wurzeln, ohne Geschichte, ohne Gesicht, ohne Gedächtnis, ohne Leib, ja ohne Leben in die Welt. Wenn wir uns vom Leben des Volkes Gottes entfernen, werden wir trostlos und verkehren wir das Wesen der Kirche»[44].
In diesem Sinn bewirkt der Klerus nicht allein die vom Heiligen Geist angeregte Veränderung. Er ist vielmehr involviert in die Umkehr, die das ganze Volk Gottes betrifft[45]. Daher muss man «bewusst und erleuchtet Räume der Gemeinschaft und der Teilnahme suchen, damit die Salbung des ganzen Volkes Gottes ihre konkrete Vermittlung findet, um sich zu manifestieren»[46].
38. Folglich liegt es auf der Hand, wie notwendig es ist, sowohl eine Konzeption der Pfarrei, die auf sich selbstbezogen ist, als auch eine „Klerikalisierung der Pastoral“ zu überwinden. Die Tatsache ernst zu nehmen, dass dem Volk Gottes «die Würde und die Freiheit der Kinder Gottes eignet, in deren Herzen der Heilige Geist wie in einem Tempel wohnt»[47], drängt dazu, Vorgehensweisen und Modelle zu fördern, durch die alle Getauften kraft der Gabe des Heiligen Geistes und der empfangenen Charismen sich aktiv, dem Stil und der Weise einer organischen Gemeinschaft entsprechend, in die Evangelisierung mit den anderen Pfarrgemeinden unter Berücksichtigung der Pastoral der Diözese einbringen. Da die Kirche nicht nur Hierarchie, sondern Volk Gottes ist, ist die gesamte Gemeinschaft für ihre Sendung verantwortlich.
39. Es wird die Aufgabe der Hirten sein, diese Dynamik zu erhalten, damit alle Getauften entdecken, dass sie aktive Protagonisten der Evangelisierung sind. Das Presbyterium, das sich stets fortbildet[48], wird die Kunst der Unterscheidung klug zum Tragen bringen. Sie ermöglicht es der Pfarrei, in Anerkennung unterschiedlicher Berufungen und Dienste zu wachsen und zu reifen. Der Priester kann somit als Glied und Diener des Volkes Gottes, das ihm anvertraut ist, nicht an seine Stelle treten. Die Pfarrgemeinde ist befähigt, Formen des Dienstes, der Verkündigung des Glaubens und des Zeugnisses der karitativen Liebe vorzuschlagen.
40. Die zentrale Stellung des Heiligen Geistes – unverdiente Gabe des Vaters und des Sohnes für die Kirche – bringt es mit sich, gemäß der Weisung Jesu zutiefst uneigennützig zu sein: «Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben» (Mt 10,8). Er hat seinen Jüngern gelehrt, großzügig zu dienen, eine Gabe für die anderen zu sein (vgl. Joh 13,14-15) mit besonderer Aufmerksamkeit gegenüber den Armen. Von daher erschließt sich unter anderem die Notwendigkeit, das sakramentale Leben nicht „zu verschachern“ und nicht den Eindruck zu erwecken, dass die Feier der Sakramente – vor allem der heiligen Eucharistie – und die anderen Dienste von Preislisten abhängen.
Der Hirte, der der Herde, ohne auf seinen Vorteil bedacht zu sein, dient, ist andererseits gehalten, die Gläubigen zu bilden. Alle Glieder der Gemeinschaft sollen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und durch verschiedene Formen der Hilfe und Solidarität, die die Pfarrei für die freie und wirksame Ausübung ihres pastoralen Dienstes braucht, den Bedürfnissen der Kirche entgegenkommen.
41. Die Sendung, die die Pfarrei als pulsierendes Zentrum der Evangelisierung hat, betrifft daher das ganze Volk Gottes in seinen verschiedenen Teilen: die Priester, die Diakone, die Gottgeweihten, die Gläubigen, alle gemäß ihren Charismen und der entsprechenden Verantwortung.
VII. Die Pfarrei und die anderen Untergliederungen innerhalb der Diözese
42. Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im missionarischen Sinn erfolgt daher in einem schrittweisen Prozess der Erneuerung der Strukturen und folglich in verschiedenen Weisen der Übertragung der Hirtensorge und der Beteiligung an ihrer Ausübung, die alle Glieder des Volkes Gottes einschließen.
43. In Bezug auf die interne Untergliederung des Diözesangebietes[49] sind seit einigen Jahrzehnten in der von den Dokumenten des Lehramtes rezipierten Umgangssprache zur Pfarrei und zu den Dekanaten, die der Kodex des kanonischen Rechtes bereits vorsieht[50], Begriffe wie „pastorale Einheit“ und „pastorale Zone“ hinzugekommen. Diese Bezeichnungen definieren Formen der pastoralen Organisation der Diözese, die eine neue Beziehung zwischen den Gläubigen und dem Gebiet umschreiben.
44. Beim Thema „pastorale Einheit“ oder „Zone“, geht sicher niemand davon aus, dass die Lösung der vielfältigen gegenwärtigen Probleme, darin liegt, bereits vorhandene Gegebenheiten neu zu bezeichnen. Um ein schlichtes Ertragen von Veränderungen zu vermeiden und in dem Bemühen, sie vielmehr zu fördern und zu steuern, geht es im Kern dieses Erneuerungsprozesses um die Notwendigkeit, Strukturen zu finden, die geeignet sind, in allen Teilen der christlichen Gemeinschaft die gemeinsame Berufung zur Verkündigung der Frohen Botschaft im Hinblick auf eine wirksamere Hirtensorge für das Volk Gottes, dessen „zentrales Element“ nur die Erreichbarkeit und Nähe sein können, anzufachen.
45. Diesbezüglich hebt das kanonische Recht die Notwendigkeit hervor, die Diözese in verschiedene Teile zu untergliedern[51], mit der Möglichkeit, dass diese nach und nach als Zwischenstrukturen zwischen der Diözese und der einzelnen Pfarrei zusammengeschlossen werden. Daher kann es unter Berücksichtigung der Dimensionen der Diözese und ihrer konkreten pastoralen Gegebenheiten verschiedene Arten von Pfarreizusammenschlüssen geben[52].
In diesen Zusammenschlüssen wirkt und lebt die Kirche als Gemeinschaft mit einer besonderen Ausrichtung auf das konkrete Territorium. Um die Nachbarschaft der Pfarrer und der anderen pastoralen Mitarbeiter zu erleichtern, ist bei ihrer Errichtung möglichst auf eine homogene Bevölkerung und auf ähnliche Gewohnheiten, sowie auf gemeinsame charakteristische Merkmale des Gebietes zu achten[53].
VII.a. Das Vorgehen bei der Errichtung von Pfarreizusammenschlüssen
46. Vor der Errichtung eines Pfarreizusammenschlusses muss der Bischof gemäß dem kanonischen Recht und im Sinne gebotener kirchlicher Mitverantwortung, an der er und die Mitglieder des Priesterrates in rechtlich verschiedener Weise teilhaben, vor allem diesen diesbezüglich hören[54].
47. Die Zusammenschlüsse von mehreren Pfarreien können zunächst in einfacher föderativer Art erfolgen. Auf diese Weise bewahren die zusammengeschlossenen Pfarreien ihre unterschiedliche Identität.
Gemäß der kanonischen Ordnung ist bei der Errichtung aller Arten von Zusammenschlüssen benachbarter Pfarreien darüber hinaus klar, dass die vom universalkirchlichen Recht für die juristische Person der Pfarrei statuierten wesentlichen Elemente, von denen der Bischof nicht dispensieren kann[55], beachtet werden müssen. Er muss daher für jede Pfarrei, die er aufheben möchte, ein spezifisches mit entsprechenden Begründungen versehenes Dekret erlassen[56].
48. Im Lichte des oben Gesagten muss daher der Zusammenschluss, die Errichtung und die Aufhebung von Pfarreien durch den Diözesanbischof gemäß den im kanonischen Recht vorgesehenen Normen durchgeführt werden, d. h. durch Inkorporation, durch die eine Pfarrei in einer anderen aufgeht, da sie von ihr absorbiert wird und ihre ursprüngliche Besonderheit und Rechtspersönlichkeit verliert; oder auch durch eine echte Fusion, durch die eine neue Pfarrei entsteht mit der Konsequenz, dass die vorher existierenden Pfarreien samt Rechtpersönlichkeit aufgehoben werden; oder schließlich durch eine Teilung einer Pfarrgemeinde in mehrere selbständige Pfarreien, die neu entstehen[57].
Darüber hinaus ist die Aufhebung von Pfarreien durch eine Zusammenlegung mit aufhebender Wirkung legitim, wenn Gründe vorliegen, die eine bestimmte Pfarrei direkt betreffen. Hingegen sind beispielsweise keine angemessenen Gründe der bloße Mangel an Klerikern in einer Diözese, deren allgemeine finanzielle Situation oder andere Bedingungen der Gemeinde, die voraussichtlich kurzfristig verändert werden können (z. B. die Zahl der Gläubigen, die fehlende finanzielle Unabhängigkeit, städtebauliche Veränderungen des Gebietes). Damit Maßnahmen dieser Art rechtmäßig sind, müssen die Gründe, auf die man sich bezieht, mit der betroffenen Pfarrei in direkter und organischer Weise in Verbindung stehen. Sie dürfen nicht auf Überlegungen allgemeiner, theoretischer und „prinzipieller“ Art beruhen.
49. Bezüglich der Errichtung und der Aufhebung von Pfarreien ist daran zu erinnern, dass jede Entscheidung durch ein formales schriftlich ausgefertigtes Dekret getroffen werden muss[58]. Folglich entspricht eine singuläre Maßnahme, die auf der Basis eines einzigen Rechtsaktes, allgemeinen Dekretes oder diözesanen Gesetzes auf eine Neuordnung allgemeiner Art hinsichtlich der ganzen Diözese, eines ihrer Teile oder mehrerer Pfarreien abzielt, nicht dem kanonischen Recht.
50. Wenn es um die Aufhebung von Pfarreien geht, muss das Dekret insbesondere in klarer Weise unter Bezugnahme auf die konkrete Situation angeben, welche Gründe vorliegen, die den Bischof dazu veranlasst haben, die Entscheidung zu fällen. Sie müssen daher detailliert angegeben werden. Ein allgemeiner Verweis auf das „Heil der Seelen“ ist nicht ausreichend.
Mit dem Rechtsakt über die Aufhebung einer Pfarrei muss der Bischof schließlich auch die Übertragung ihrer Güter gemäß den kanonischen Normen vorsehen[59]. Wenn nicht schwerwiegende gegenteilige Gründe vorliegen und der Priesterrat gehört worden ist[60], muss die Kirche der aufgehobenen Pfarrei weiterhin für die Gläubigen zugänglich sein.
51. Im Zusammenhang mit dem Thema des Zusammenschlusses von Pfarreien und ihrer eventuellen Aufhebung besteht bisweilen die Notwendigkeit, Kirchen zu profanieren[61]. Diese Entscheidung kommt nach der verpflichtenden Anhörung des Priesterrates dem Diözesanbischof zu[62].
Auch in diesem Fall sind für die Entscheidung über die Profanierung der diözesane Klerikermangel, die Abnahme der Bevölkerung und die schwerwiegende finanzielle Krise der Diözese keine legitimen Gründe. Wenn das Gebäude sich hingegen in einem für die Feier der Liturgie unbrauchbaren irreparablen Zustand befindet, ist es möglich, es gemäß dem kanonischen Recht zu profanieren.
VII.b. Das Dekanat
52. Es ist vor allem daran zu erinnern, dass «um die Seelsorge durch gemeinsames Handeln zu fördern, mehrere benachbarte Pfarreien zu besonderen Zusammenschlüssen, z. B. zu Dekanaten, vereinigt werden können»[63]. Je nach Ort und Gegend werden sie als „Dekanate“, „Archipresbyterate“, als „Seelsorgezonen“ oder „Präfekturen“ bezeichnet[64].
53. Der Dekan muss nicht notwendigerweise ein Pfarrer einer bestimmten Pfarrei sein[65]. Damit das Dekanat seiner Bestimmung gerecht werden kann und nicht nur eine lediglich formale Einrichtung ist, hat der Dekan außer anderen Befugnissen die vorrangige Pflicht, «die gemeinsame pastorale Tätigkeit im Dekanat zu fördern und zu koordinieren»[66]. Darüber hinaus ist er «verpflichtet, gemäß der vom Diözesanbischof getroffenen Bestimmung die Pfarreien seines Bezirkes zu visitieren»[67]. Um seine Aufgabe besser erfüllen zu können und um noch mehr die gemeinsamen Aktivitäten zwischen den Pfarreien zu fördern, kann der Bischof dem Dekan weitere Befugnisse übertragen, die im konkreten Zusammenhang als angemessen betrachtet werden.
VII.c. Die pastorale Einheit
54. Wenn es die Umstände wegen der Größe des Dekanats oder der hohen Anzahl der Gläubigen erfordern, und es deshalb notwendig ist, die organische Zusammenarbeit unter benachbarten Pfarreien zu unterstützen, kann der Bischof ausgehend von ähnlichen Zweckbestimmungen und nach Anhörung des Priesterrates[68] auch den beständigen institutionellen Zusammenschluss mehrerer Pfarreien innerhalb des Dekanats[69] unter Berücksichtigung einiger konkreter Kriterien beschließen.
55. Vor allem wird darauf zu achten sein, dass die Zusammenschlüsse („pastorale Einheiten“[70] genannt) auch vom soziologischen Blickwinkel aus in möglichst homogener Weise definiert werden, damit eine wirkliche Gesamtpastoral[71] in missionarischer Hinsicht verwirklicht werden kann.
56. Darüber hinaus muss jede Pfarrei dieses Zusammenschlusses einem Pfarrer oder auch einer Gruppe von Priestern solidarischanvertraut werden, die sich um alle Pfarrgemeinden kümmern[72]. Sofern es der Bischof für angemessen hält, kann der Zusammenschluss alternativ auch aus mehreren Pfarreien zusammengesetzt und ein und demselben Pfarrer anvertraut sein[73].
57. In Anbetracht der den Priestern geschuldeten Aufmerksamkeit, die nicht selten den Dienst verdienstvoll und mit Anerkennung vonseiten der Gemeinden verrichtet haben, und wegen des Wohls der Gläubigen, die ihre Hirten schätzen und ihnen dankbar sind, soll der Diözesanbischof bei der Errichtung eines bestimmten Zusammenschlusses auf keinem Fall mit dem gleichen Dekret beschließen, dass in mehreren vereinten und nur einem Pfarrer anvertrauten Pfarreien[74] eventuell andere vorhandene Pfarrer, die noch im Amt sind[75], automatisch zum Pfarrvikar ernannt oder faktisch ihres Amtes enthoben werden.
58. Außer im Falle einer solidarischen Amtsübertragung kommt es dem Diözesanbischof hierbei von Fall zu Fall zu, die Funktionen des moderierenden Priesters dieser Zusammenschlüsse von Pfarreien und das Dienstverhältnis zum Dekan des Dekanats[76], in dem sich die pastorale Einheit befindet, festzulegen.
59. Wenn der Zusammenschluss von Pfarreien – Dekanat oder „pastorale Einheit“ – gemäß dem Recht errichtet ist, wird der Bischof nach Lage der Dinge festlegen, ob in diesem alle Pfarreien einen Pastoralrat haben müssen[77] oder ob es besser ist, dass diese Aufgabe einem Pastroalrat für alle betroffenen Gemeinden anvertraut wird. Auf alle Fälle müssen die einzelnen Pfarreien des Zusammenschlusses, da sie ihre Rechtspersönlichkeit und -fähigkeit behalten, ihren Vermögensverwaltungsrat beibehalten[78].
60. Um das gemeinsame missionarische Handeln und die Seelsorge effektiver zur Geltung zu bringen, erscheint es angemessen, dass sich gemeinsame pastorale Dienste für bestimmte Bereiche (z. B. für die Katechese, die Caritas, die Jugend- oder Familienpastoral) für die Pfarreien des Zusammenschlusses mit der Teilnahme aller, die zum Volk Gottes gehören, d. h. der Kleriker, der Gottgeweihten, der Mitglieder des apostolischen Lebens und der Gläubigen, bilden.
VII.d. Die pastorale Zone
61. Mehrere „pastorale Einheiten“ können ein Dekanat bilden. In gleicher Weise können vor allem in flächenmäßig großen Diözesen mehrere Dekanate vom Bischof nach Anhörung des Priesterrates[79] zu „Bezirken“ oder „pastoralen Zonen“[80] vereint werden. Sie werden von einem Bischofsvikar[81] geleitet, der über die Spezialvollmachten hinaus, die der Diözesanbischof ihm von Fall zu Fall geben will, über ordentliche ausführende Gewalt für die pastorale Verwaltung der Zone im Namen des Diözesanbischofs und unter seiner Autorität und in Gemeinschaft mit ihm verfügt.
VIII. Ordentliche und außerordentliche Formen der Übertragung der Hirtensorge
für die Pfarrgemeinde
62. Wegen ihres Hirtendienstes sind der Pfarrer und die anderen Priester zusammen mit dem Bischof an erster Stelle der grundlegende Bezugspunkt für die Pfarrgemeinde[82]. Der Pfarrer und die Priester pflegen den Austausch und die priesterliche Brüderlichkeit und feiern die Sakramente für die Gemeinde und zusammen mit ihr. Ihre Aufgabe besteht darin, die Pfarrei so zu leiten, dass sie ein überzeugendes Zeichen christlicher Gemeinschaft ist[83].
63. In Bezug auf die Mitarbeit und die Sendung der Priester in der Pfarrgemeinde verdient das gemeinsame Leben besonderer Erwähnung[84]. Can. 280 empfiehlt es, obwohl es sich nicht um eine Verpflichtung für den Diözesanklerus handelt. Diesbezüglich ist an den grundlegenden Wert des Gemeinschaftssinnes, des gemeinsamen Gebets und pastoralen Handelns der Kleriker[85] im Hinblick auf ein echtes Zeugnis der sakramentalen Brüderlichkeit[86] und eines wirksameren missionarischen Handelns zu erinnern.
64. Wenn das Presbyterium die Gemeinschaft pflegt, wird die priesterliche Identität gestärkt, die materiellen Sorgen verringern sich und die Versuchung zum Individualismus weicht der Förderung der persönlichen Beziehung. Das gemeinsame Gebet, das gemeinsame Nachdenken und Studium, die im priesterlichen Leben nie fehlen dürfen, können in der Bildung einer priesterlichen Spiritualität, die im Alltag verwurzelt ist, eine große Hilfe sein.
Auf alle Fälle wird es angemessen sein, dass der Bischof gemäß seinem Urteil und im Rahmen des Möglichen die menschliche und geistliche Nähe unter den Priester, denen er eine Pfarrei oder einen Zusammenschluss von Pfarreien anvertrauen will, berücksichtigt und sie zu einer großzügigen Offenheit für die neue pastorale Sendung und für Formen des gemeinsamen Lebens mit den Mitbrüdern einlädt[87].
65. In einigen Fällen, vor allem dort, wo es kein Pfarrhaus gibt oder wo dieses aus verschiedenen Gründen nicht als Wohnung für den Priester zur Verfügung steht, kann es sein, dass dieser in die Herkunftsfamilie zurückkehrt, die der ursprüngliche Ort der menschlichen Formung und der Berufungserfahrung ist[88].
Diese Unterbringung erweist sich einerseits als positiver Beitrag für das alltägliche Leben des Priesters, da ihm eine ruhige und beständige häusliche Umgebung gewährleistet wird, vor allem wenn die Eltern noch leben. Andererseits soll vermieden werden, dass die familiären Beziehungen den Priester innerlich abhängig machen und zeitlich einschränken oder dass sie eine ausschließende – anstatt ergänzende – Alternative zur Beziehung mit dem Presbyterium und der Gemeinschaft der Gläubigen sind.
VIII.a. Der Pfarrer
66. Das Amt des Pfarrers dient der umfassenden Seelsorge[89]. Daher muss ein Gläubiger die Priesterweihe[90] empfangen haben, damit er gültig zum Pfarrer ernannt werden kann. Wer sie nicht hat, kann, auch nicht im Falle des Priestermangels, weder den Titel noch die entsprechenden Funktionen erhalten. Da der Hirte und die Gemeinde sich kennen und einander nahe sein müssen, kann das Amt des Pfarrers auch nicht einer juristischen Person anvertraut werden[91]. Ausgehend von den Bestimmungen des can 517 §§ 1-2, ist besonders darauf hinzuweisen, dass das Amt des Pfarrers nicht einer aus Klerikern und Laien bestehenden Gruppe übertragen werden kann. Daher sind Bezeichnungen wie „Leitungsteam“, „Leitungsequipe“ oder ähnliche Benennungen, die eine kollegiale Leitung der Pfarrei zum Ausdruck bringen könnten, zu vermeiden.
67. Da der Pfarrer der «eigene Hirte der ihm übertragenen Pfarrei» [92] ist, vertritt er von Rechts wegen die Pfarrei bei allen Rechtsgeschäften[93]. Er ist der verantwortliche Verwalter des pfarrlichen Vermögens, das als „kirchliches Vermögen“ den entsprechenden kanonischen Normen unterliegt[94].
68. Gemäß dem Zweiten Vatikanischen Konzil «müssen die Pfarrer in der Pfarrei jene Beständigkeit im Amt besitzen, die das Heil der Seelen erfordert»[95]. Generell gilt daher, dass der Pfarrer «auf unbegrenzte Zeit zu ernennen»[96] ist.
Dennoch kann der Diözesanbischof Pfarrer für eine bestimmte Zeit ernennen, wenn dies durch Dekret der Bischofskonferenz beschlossen worden ist. Da der Pfarrer eine echte und wirksame Beziehung zu der ihm anvertrauten Gemeinde aufbauen muss, sollen die Bischofskonferenzen für die Ernennung auf bestimmte Zeit keine zu kurze Dauer, d. h. nicht unter fünf Jahren, festlegen.
69. Auf jeden Fall müssen die Pfarrer, auch wenn sie auf „unbestimmte Zeit“ ernannt worden sind, oder vor dem Ende der „festgelegten Zeit“ für eine eventuelle Versetzung in eine andere Pfarrei oder auf ein anderes Amt bereit sein «wenn das Heil der Seelen oder die Notwendigkeit oder der Nutzen der Kirche es erfordern»[97]. Es ist daran zu erinnern, dass der Pfarrer der Pfarrei dient und nicht umgekehrt sie ihm.
70. Im Allgemeinen ist es, sofern möglich, gut, wenn der Pfarrer die pfarrliche Sorge für eine Pfarrei hat. «Wegen Priestermangels oder anderer Umstände kann aber die Sorge für mehrere benachbarte Pfarreien demselben Pfarrer anvertraut werden»[98]. „Andere Umstände“ sind beispielsweise die Geringfügigkeit des Territoriums oder der Bevölkerung, sowie auch die Nähe der betroffenen Pfarreien. Wenn demselben Pfarrer mehrere Pfarreien übertragen werden, soll der Bischof sorgsam sicherstellen, dass dieser in voller und konkreter Weise als echter Hirte das Pfarramt aller ihm anvertrauten Pfarreien ausüben kann[99].
71. Wenn er ernannt worden ist, bleibt der Pfarrer mit allen Rechten und mit der gesamten Verantwortung im vollen Besitz der ihm anvertrauten Funktionen bis er sein pastorales Amt rechtmäßig beendet hat[100]. Hinsichtlich seiner Amtsenthebung oder Versetzung vor dem Ende des Mandats müssen die entsprechenden kanonischen Verfahren beachtet werden, derer sich die Kirche bedient, um zu entscheiden, was im konkreten Fall angemessen ist[101].
72. Auch wenn keine anderen Gründe für die Beendigung vorliegen, soll der Pfarrer, der 75 Jahre alt geworden ist, die Einladung des Diözesanbischofs, auf die Pfarrei zu verzichten, annehmen[102], wenn es das Wohl der Gläubigen erfordert. Der Amtsverzicht im Alter von 75 Jahren[103] ist als moralische, wenn nicht gar als kanonische Pflicht zu betrachten. Sie bedeutet aber nicht, dass der Pfarrer automatisch sein Amt verliert. Das Amt endet nur, wenn der Diözesanbischof dem betroffenen Pfarrer schriftlich die Annahme des Amtsverzichts mitgeteilt hat[104]. Andererseits soll der Bischof den Amtsverzicht eines Pfarrers wohlwollend in Erwägung ziehen, auch wenn er lediglich wegen der Vollendung des 75. Lebensjahres eingereicht worden ist.
73. Um eine funktionalistische Auffassung des Dienstes zu vermeiden, wird der Diözesanbischof auf jeden Fall klug alle Umstände der Person und des Ortes, wie beispielsweise das Vorliegen gesundheitlicher oder disziplinärer Gründe, den Mangel an Priestern, das Wohl der Pfarrgemeinde und andere Gesichtspunkte dieser Art, in Erwägung ziehen und den Verzicht bei Vorliegen eines gerechten und angemessenen Grundes annehmen[105].
74. Wenn es die persönliche Situation des Priesters erlaubt und es pastoral angemessen und ratsam ist, soll der Bischof andererseits die Möglichkeit in Betracht ziehen, ihn im Amt des Pfarrers zu belassen, und ihm vielleicht eine Hilfe zur Seite stellen und die Nachfolge vorbereiten. Darüber hinaus «kann der Bischof entsprechend der Sachlage einem Pfarrer, der auf sein Amt verzichtet hat, eine kleinere Pfarrei anvertrauen»[106] oder ihm eine andere pastorale Aufgabe, die seinen konkreten Möglichkeiten entspricht, übertragen. Falls es notwendig sein sollte, soll er ihm zu verstehen geben, dass er eine Versetzung dieser Art keinesfalls als „Degradierung“ oder „Bestrafung“ betrachten soll.
VIII.b. Der Pfarradministrator
75. Wenn es nicht möglich ist, sofort den Pfarrer zu ernennen, muss die Ernennung eines Pfarradministrators[107] in Übereinstimmung mit den kanonischen Normen erfolgen[108].
Es handelt sich um ein Amt, das naturgemäß nicht beständig ist und in Erwartung der Ernennung des neuen Pfarrers ausgeübt wird. Es ist daher illegitim, dass der Diözesanbischof einen Pfarradministrator ernennt, ihn länger als ein Jahr oder gar in beständiger Weise in dieser Position belässt und keinen Pfarrer ernennt.
Erfahrungsgemäß wird eine solche Lösung oft gewählt, um die rechtlichen Vorgaben über die Beständigkeit des Pfarrers im Amt zu umgehen. Diese Rechtsverletzung beschädigt die Sendung des betroffenen Priesters wie auch die der Gemeinde, die wegen der Unsicherheit der Präsenz des Hirten missionarische Vorhaben größeren Ausmaßes nicht planen kann und sich auf eine Pastoral der Bewahrung beschränken muss.
VIII.c. Solidarische Übertragung
76. Weiterhin «kann die Hirtensorge für eine oder für verschiedene Pfarreien zugleich mehreren Priestern solidarisch übertragen werden, wo die Umstände dies erfordern»[109]. Eine solche Lösung kann gewählt werden, wenn nach dem Ermessen des Bischofs die konkreten Umstände dies insbesondere wegen des Wohls der betroffenen Gemeinden oder wegen der Förderung des Gemeinschaftssinnes unter den Priestern durch ein gemeinsames wirksameres pastorales Handeln erfordern[110].
In diesen Fällen agiert die Gruppe der Priester zusammen mit den anderen Mitgliedern der betroffenen Pfarrgemeinden auf der Basis gemeinsamer Entscheidung. Der Moderator ist gegenüber den anderen Priestern, die Pfarrer in jeder Hinsicht sind, primus inter pares.
77. Es wird sehr empfohlen, dass jede Gemeinschaft von Priestern, der solidarisch die Seelsorge einer oder mehrerer Pfarreien anvertraut worden ist, eine interne Ordnung ausarbeitet, damit alle Priester besser ihre Aufgaben und Funktionen, die ihnen zukommen, erfüllen können[111].
Der Moderator leitet die gemeinsame Arbeit in der Pfarrei oder in den Pfarreien, die der Gruppe anvertraut sind. Er vertritt sie rechtlich[112], koordiniert die Ausübung der Befugnis zur Eheassistenz und die Gewährung der Dispensen, die den Pfarrern zukommen[113] und verantwortet vor dem Bischof alle Aktivitäten der Gruppe[114].
VIII.d. Der Pfarrvikar
78. Innerhalb der oben dargelegten Lösungen kann bereichernd die Möglichkeit hinzukommen, dass ein Priester zum Pfarrvikar ernannt und mit einem besonderen pastoralen Bereich beauftragt wird (Jugendliche, alte und kranke Menschen, Vereine, Bruderschaften, Erziehung, Katechese, etc.), um seinen Dienst entweder vollumfänglich oder einen bestimmten Teil davon „pfarreiübergreifend“ oder in einer der Pfarreien auszuüben[115].
Solle der Pfarrvikar für mehrere Pfarreien, in denen verschiedene Pfarrer zuständig sind, beauftragt worden sein, empfiehlt es sich, im Ernennungsdekret die Aufgaben, die ihm in Bezug auf jede einzelne Pfarrgemeinde, anvertraut worden sind, und ebenso das Dienstverhältnis mit den Pfarrern in Bezug auf den Wohnsitz, die Versorgung und die Feier der heiligen Messe genau zu umschreiben.
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