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| Der Tod. Meditationen über einen Lebensweg - Leseprobe 317. April 2021 in Buchtipp, 1 Lesermeinung Diese Betrachtungen sind eine Botschaft der Hoffnung. Leseprobe 3 des neuen Buches von Erzbischof Michel Aupetit Linz (kath.net) Diese Pandemie, die die Welt erschüttert hat, lässt uns eine außerordentliche Zeit erleben und einen ganz neuen Blick auf den Sinn unseres Lebens werfen und auf unser Verhältnis zu seiner Endlichkeit, die wir Tod nennen. In unserer „Moderne“ herrschte die Überzeugung vor, dass der einzige absolute Wert in dieser irdischen Episode, die wir gerade erleben, zu finden sei. Für das individualistische Denken ist der Tod lediglich eine Endstation des Lebens ohne irgendwelche Bedeutung. Früher war der Tod eine im Menschsein integrierte Wirklichkeit. Doch der Respekt, den man den Toten erwies, hat sich verflüchtigt bis hin zu dem Punkt, dass man die Verstorbenen aus den üblichen Bekundungen der Gesellschaft ausschließt. Der Tod ist anstößig geworden. Keine Trauer, keine öffentlichen Bekundungen mehr, die an den ungehörigen Knochenmann erinnern könnten.
Wir treffen wieder auf die archaischen Ansichten, von denen bereits Paulus sprach, als er den Korinthern schrieb: „Wenn Tote nicht auferweckt werden, dann lasst uns essen und trinken; denn morgen sterben wir“ (1 Kor 15,32). Auch viele unserer Zeitgenossen stellen sich ihr Leben als eine begrenzte Zeit vor, dessen fatales Ende sie zur verzweifelten Suche nach äußerstem Lebensgenuss führt.
Deshalb stehen wir im Augenblick des Todes vor einer schrecklichen Alternative. Der Tod muss hingenommen werden. Für eine hedonistische Gesellschaft ist das unerträglich. Daher muss man seinen Tod selbst wählen können, was in unseren Gesellschaften zu einer Förderung des assistierten Selbstmords und der Euthanasie führt. Tatsächlich gibt es einen anderen Weg, der uns erlaubt, so zu sein, wie wir sind, und der lange Zeit ein universaler Weisheitsweg war. Dabei geht es weder um den Tod, der nur hingenommen, noch um den Tod, der selbst gewählt wird, sondern um den akzeptierten Tod. Nur er ermöglicht uns, den Tod ins Leben zu integrieren. Dann erst werden die ganz besonderen Augenblicke des Abschieds zu einem Ort größter Aufmerksamkeit, Feinfühligkeit und Zärtlichkeit der Angehörigen, die aufrichtig ihre Liebe und Zuneigung zum Ausdruck bringen können.
Manche meinen, dass das, was wir soeben durch die Pandemie erleben, unseren Blick verändern und uns wachrütteln kann über den Zustand der Welt. Die Frage, die sie stellen, ist die folgende: Werden wir die Alarmglocke hören? Nichts ist weniger sicher. Das Beispiel von Aids zeigt, dass unsere Gesellschaften angesichts einer neuen übertragbaren Pandemie eher versuchen werden, sich zu schützen, als ihr Leben zu verändern.
Man sieht dies heute am Coronavirus, bei dem wiederum der erste Reflex darin bestand, sich gegenüber den anderen zu schützen. Das große Gebot der Liebe, das Christus uns übergeben hat: „Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben“ (Joh 13,34), wurde abgelöst von der Anordnung: „Schützt euch voreinander.“
Was bei uns jetzt geschehen ist, kann dazu beitragen, unser Verhältnis zur Natur überprüfen. Es gibt eine sehr reale Geringschätzung der Gegebenheiten der Schöpfung, die sich in der zerstörerischen Ausbeutung des Planeten äußert und in der Illusion, alle Bereiche des Lebens und seiner Entstehung beherrschen zu können. Nehmen wir als Beispiel die Trennung der geschlechtlichen Vereinigung vom Entstehen des Kindes, das nicht mehr das Ergebnis eines Liebesaktes, sondern einer „geplanten Elternschaft“ ist. Die Weitergabe des Lebens ist etwas, was uns übersteigt und uns eintreten lässt in sein großes Geheimnis. Wir haben daraus eine kleinkarierte Projektion unserer narzisstischen Wünsche gemacht.
Die Monate der Pandemie sind nicht nur eine Zeit der Bestürzung, sie ermöglichen uns auch, die Dinge wieder nach ihrem richtigen Wert einzuordnen. In Bezug auf die Bedeutung der Arbeit für den Erhalt des Lebens, ist ein Landwirt wichtiger als ein Fußballprofi, obwohl zwischen ihren Einkünften ein enormer Unterschied besteht. Die Berufe im Bereich der Fürsorge und Pflege haben sich als wichtiger erwiesen als jene der Produktion der Konsumgüter.
Noch eklatanter ist die abstrakte Leere zutage getreten, die der Individualismus, der zur abgöttischen Liebe der Konsumgüter geführt hat, hervorzubringen vermochte. Wie können wir diesen Mangel ausgleichen und ernsthaft über eine Anthropologie nachdenken, die sowohl auf die Realität als auch auf die transzendente Dimension des Menschen und seine Berufung zur ewigen Seligkeit in der Liebe gegründet ist?
Einem Menschen, der nicht glaubt, bleibt der Sinn des Todes verborgen. In Christus wurde der Tod zum Ort der innigsten Intimität mit dem Göttlichen, zur Selbsthingabe an den Vater. In einer Gesellschaft ohne Gott hat der Tod keinen Platz mehr. Deshalb erscheint es auch schwierig, dem Geschenk des Lebens wirklich zuzustimmen!
Der Tod als solcher stellt uns vor eine Sackgasse. Er bedeutet, dass der Mensch nicht aus eigener Kraft seine Erfüllung finden kann. Das menschliche Wesen gelangt nur vollkommen zu dem, was es eigentlich ist, zur Einheit seiner Person (Leib und Seele), dank der Beziehungen, genauer gesagt dank jener grundlegenden Beziehung, die sein Wesen begründet: die Beziehung zum Schöpfer und Retter, der Quelle des Lebens. Durch die Annahme unserer Menschennatur hat der Sohn Gottes uns mit dem gesamten sichtbaren und unsichtbaren Universum der Lebenden und Toten in Verbindung gebracht. Daher kann man nur wirklich sterben, wenn man sich Gott und den Händen der Menschen überlässt. Man kann nur sterben, wenn man Gott liebt mit seinem ganzen Herzen, seiner ganzen Seele und seiner ganzen Kraft und seinen Nächsten wie sich selbst. Ich kann nur sterben, wenn ich bis zum Ende liebe. Somit gibt es ein Aushauchen des Lebens, das zur Quelle des ewigen Lebens wird. Das ist das schönste Erbe derjenigen, die uns vorangegangen sind.
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