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Der Traum vom gemeinsamen Ostern – Chancen und Probleme1. Juli 2025 in Chronik, 19 Lesermeinungen Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden
1700 Jahre nach Nizäa: Wie Christen heute das Osterfest gemeinsam feiern könnten - Die Problematik ist weniger theologischer als vielmehr kalendarischer Natur.
Von Archimandrit Dr. Andreas-Abraham Thiermeyer
Eichstätt (kath.net) Ein seltenes Ereignis fiel in diesem Jahr mit einem bedeutenden Jubiläum zusammen: 2025 feierten Christen weltweit am selben Tag das Osterfest und zugleich erinnern sie sich an das Erste Ökumenische Konzil von Nizäa im Jahr 325, dessen 1700. Jahrestag begangen wird. Das Konzil legte unter anderem die einheitliche Berechnung des Osterdatums fest, ein Vorhaben, das bis heute in der Praxis scheitert. Die Frage drängt sich auf: Ist es nicht an der Zeit, 1700 Jahre nach Nizäa das gemeinsame Osterfest Wirklichkeit werden zu lassen?
Der Ursprung: Einheit in der Vielfalt
Die Frage nach dem Osterdatum gehört zu den ältesten Streitpunkten in der Kirchengeschichte. Bereits im 2. Jahrhundert kam es zu Meinungsverschiedenheiten: Während man in Kleinasien und Palästina das Osterfest am 14. Nissan, dem jüdischen Passahfest, beging, betonten die Gemeinden in Rom und Alexandrien die Feier an einem Sonntag, unabhängig vom jüdischen Kalender. Diese Spannung zwischen jüdischer Wurzel und christlicher Eigenständigkeit mündete schließlich in das Konzil von Nizäa.
Das Konzil von 325, das als erstes ökumenisches Konzil der Christenheit gilt, war bestrebt, Einheit zu stiften, sowohl im Bekenntnis (mit dem Credo von Nizäa) als auch in der Praxis (etwa durch die Vereinheitlichung des Osterdatums). Die Konzilsväter einigten sich darauf, Ostern am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond zu feiern, ein Kompromiss zwischen östlicher und westlicher Tradition, der damals als große Einigung empfunden wurde.
Kalenderstreit als Kirchentrenner?
Mit der Einführung des Gregorianischen Kalenders 1582 durch Papst Gregor XIII. verschärfte sich die Situation: Die katholischen und später auch die evangelischen Kirchen übernahmen den präziseren Sonnenkalender. Die orthodoxen Kirchen blieben hingegen, aus theologischen wie politischen Gründen, beim Julianischen Kalender oder führten modifizierte Berechnungssysteme ein. Die Folge: Bis heute feiern Ost- und Westkirchen Ostern meist an unterschiedlichen Terminen, obwohl beide die gleiche Regel von Nizäa anerkennen.
Die Problematik ist also weniger theologischer als vielmehr kalendarischer Natur. Und sie wird durch innerorthodoxe Spannungen noch verschärft: In der orthodoxen Welt besteht keine vollständige Einigkeit, wie mit dem Kalender umzugehen sei. Einige orthodoxe Kirchen (z. B. Griechenland, Rumänien, Bulgarien) haben den sogenannten revidierten Julianischen Kalender eingeführt, sie feiern Weihnachten also am 25. Dezember, halten aber für Ostern und alles, was damit zusammenhängt (von der Vorfastenzeit bis zum Allerheiligenfest, Sonntag nach Pfingsten) weiterhin am alten System fest. Andere, etwa die russische, serbische, jerusalemer und georgische Kirche, ebenso die altorientalisch-orthodoxen Kirchen (Kopten, Äthiopier, Syrer und Armenier) nutzen durchgehend den Julianischen Kalender. Dies und einige interorthodoxe politische Auseinandersetzungen erschweren bereits innerhalb der Orthodoxie eine Einigung über ein gemeinsames Festdatum, dazu kommt, dass ein ökumenisches Vorgehen mit Rom von einigen orthodoxen Hardlinern zusätzlich als erschwerend erachtet wird.
Ein ökumenischer Testfall
Ein gemeinsames Osterdatum wäre jedoch nicht nur ein längst fälliges Zeichen christlicher Einheit nach außen, es wäre auch ein geistlicher Fortschritt nach innen. In konfessionell gemischten Familien, ökumenischen Gemeinschaften, in Schulen und öffentlichen Feiertagen bringt die geteilte Osterfeier praktische Schwierigkeiten mit sich. Vor allem aber wird ein gemeinsames Osterfest immer mehr zum Prüfstein für den ökumenischen Ernst. 
Schon 1920 schlug das Ökumenische Patriarchat in seiner bahnbrechenden Enzyklika „An alle Kirchen Christi überall“ vor, einen einheitlichen Kalender für die großen Feste zu etablieren. Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras I. griffen die Idee in den 1960er-Jahren erneut auf, ohne nachhaltigen Erfolg. Auch das Zweite Vatikanische Konzil bekundete in Sacrosanctum Concilium (Nr. 110) die Bereitschaft zu einem gemeinsamen Osterdatum. Und die Päpste Benedikt XVI., Franziskus und jetzt Leo XIV. sowie Patriarch Bartholomäus I. haben mehrfach signalisiert, dass sie zur Verständigung und einer gemeinsamen Lösung bereit wären.
Stimmen der Versöhnung – auch aus der Geschichte
Kirchengeschichtlich gab es bereits Vorbilder für eine solche Einigungsbereitschaft. Der heilige Papst Leo der Große etwa akzeptierte im Jahr 455 die Berechnung der alexandrinischen Kirche, obwohl das römische Osterdatum anders lautete. Statt auf Rom zu pochen, setzte Leo auf Konsultation, Demut und Einheit. Seine Bereitschaft zur Verständigung könnte auch heute als ökumenisches Vorbild dienen.
Die innerorthodoxe Debatte hat zuletzt 2016 auf dem „Heiligen und Großen Konzil“ von Kreta einen Rückschlag erlitten: Die Frage des gemeinsamen Osterfestes wurde zwar angesprochen, aber nicht entschieden. Zu stark waren die innerkirchlichen Vorbehalte, zu groß die Angst, die eigene Identität aufzugeben. Manche Kirchen sehen im Gregorianischen Kalender einen Ausdruck westlicher Dominanz und fürchten eine Preisgabe der eigenen Tradition.
Wege zur Lösung – Vorschläge für die Zukunft
Mehrfach wurde in den letzten Jahrzehnten versucht, die Osterfrage zu lösen. 1997 schlug eine internationale ökumenische Konsultation in Aleppo vor, das Osterdatum künftig auf wissenschaftlicher Basis zu berechnen – anhand exakter astronomischer Daten, ohne Rückgriff auf konfessionell geprägte Kalender. Rom signalisierte Zustimmung, die orthodoxe Seite blieb zögerlich.
Auch heuer (2025) ist wieder ein Anlass, solche Lösungen neu zu bedenken. Die 1700-Jahr-Feier von Nizäa bietet einen symbolträchtigen Moment. Es wäre der ideale Zeitpunkt für eine kirchliche Initiative, nicht als Schnellschuss, sondern als wohlüberlegte Verpflichtung zu einem schrittweisen ernsthaften Wandel.
Ein Vorschlag könnte sein, das Jahr 2025 als Ausgangspunkt zu definieren, um dann, etwa ab 2030, verbindlich ein gemeinsames Osterdatum einzuführen. Der Weg dahin müsste ökumenisch vorbereitet, innerkirchlich abgestimmt und pastoral gut begleitet werden. Ein solcher Prozess braucht Zeit, aber er ist bereits überfällig und duldet keinen Aufschub mehr.
Fazit: Zeichen setzen in einer zerrissenen Welt
Ein gemeinsames Osterfest ist mehr als eine technische Kalenderfrage. Es wäre ein geistliches und kirchenpolitisches Ereignis der Hoffnung in einer Zeit der Fragmentierung. Während in vielen Regionen der Welt Christen verfolgt, Kirchen zerstört und Gesellschaften polarisiert werden, wäre gerade ein gemeinsames Osterdatum ein leuchtendes Zeichen des Friedens, der Einheit und der Überwindung von Spaltungen.
Nicht aus politischer Strategie oder pragmatischem Kalkül, sondern weil der Glaube an die Auferstehung alle Christen verbindet und Ostern allen gehört. 1700 Jahre nach dem Konzil von Nizäa ist die Zeit gekommen, diesem Glauben auch gemeinsam Ausdruck vor der Welt zu verleihen.
„Die Auferstehung Christi darf nicht einseitig konfessionell vereinnahmt werden.“ (Grigorios Larentzakis)
Infos:
Die Osterregel von Nizäa (325):
Ostern soll am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühlingsbeginn gefeiert werden.
Kalendersysteme heute:
- Julianischer Kalender: von Orthodoxen Kirchen verwendet
- Gregorianischer Kalender: weltweit Standard in Katholizismus und Protestantismus
- Revidierter Julianischer Kalender: Kompromisslösung in einigen orthodoxen Kirchen
Vorschläge zur Einigung:
- Aleppo-Dokument (1997): astronomische Berechnung ohne konfessionelle Bindung
- Nächster gemeinsamer Ostertermin nach 2025: 2038
Kurzbiographie von Archimandrit Dr. Andreas-Abraham Thiermeyer: geb. 1949 in Altdorf/ Titting;1977 Priesterweihe; 1977-1985 Abtei Niederaltaich; Studien (Diplom, Lizentiat, Doktorat): Eichstätt, Jerusalem, Griechenland, Rom; 1991-1998 Pfarrseelsorge; 1998-2008 Gründungsrektor des Collegium Orientale in Eichstätt; 2002 Erzpriester-Mitrophor; 2010 Archimandrit; 2004-2012 Päpstl. Konsultor für die Ostkirchen/Rom; 2008-2015 Rektor der Wallfahrt und des Tagungshauses Habsberg; 2011-2015 Umweltbeauftragter und 2014-2017 Flüchtlingsseelsorger der Diözese Eichstätt; seit 2017 Mitarbeit in der außerordentlichen Seelsorge.
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