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„Glücklicherweise kandidierte Jesus bei keiner Wahl“

27. September 2020 in Aktuelles, 2 Lesermeinungen
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Erzbischof Michel Aupetit/Paris: „Jesus hat die Menschen im Sinne von Gleichheit/Gleichförmigkeit nicht gleich behandelt“ – Aupetit kritisiert Vorschläge zur Erweiterung der künstlichen Befruchtung. Gastbeitrag von Juliana Bauer


Paris (kath.net) Am Gleichnis „von den Arbeitern im Weinberg“ (Mt 20, 1-16) scheiden sich die Geister. Auch ich hatte meine Schwierigkeiten, diese Parabel Jesu zu verstehen. Obwohl ich mir auch früher bereits sagte: Gottes Reich, das in diesem Gleichnis aufscheint, ist eben nicht das Reich der irdischen Welt. Sind in unserem täglichen Umfeld, unserer Gesellschaft die Kriterien des Himmelreichs, wie sie hier dargestellt werden, überhaupt zu verwirklichen? Ja, es wäre in der Tat möglich, in manchen prekären Situationen diese Maßstäbe anzulegen – an manche alltäglichen Dinge, an manche in Politik und Berufswelt, schlichtweg an manche für ein menschenwürdiges Dasein und Zusammenleben. Das sagte Michel Aupetit, Erzbischof von Paris, am vergangenen Sonntag in seiner Predigt über das Gleichnis Jesu in Saint-Germain l’Auxerrois.

Eine außergewöhnliche, eine unkonventionelle Predigt, in der er anhand des Gleichnisses die irdische Welt mit ihren für den Menschen vielfach (wenn auch nicht immer) berechtigten Gesetzen den Werten des Reiches Gottes gegenüberstellte. Es war wieder eine ausdrucksstarke, reiche Bilder-Predigt, eine Homélie à la Aupetit, die wie schon so oft erweiterte Perspektiven von Alltag und Glaube aufzeigen kann.

„Mehr arbeiten, um mehr zu verdienen!" ruft der Erzbischof in die voll besetzte Kirche St. Germain. Nur, es waren nicht seine Worte, er zitierte einen der ehemaligen französischen Staatspräsidenten. Er zitierte den „Wahlkampfslogan, der Monsieur Nicolas Sarkozy zum Präsidenten der Republik machte. Glücklicherweise“, fährt Michel Aupetit dann mit erheitertem Lächeln fort, „kandidierte Jesus bei keiner Wahl. Mit einem Gleichnis wie diesem hätte ihn mit Sicherheit niemand gewählt! Letztlich aber muss man sagen“, – Erzbischof Aupetit sieht die Realität des menschlichen Alltags, der menschlichen Arbeitswelt und vieler seiner rechtmäßigen Gesetze deutlich vor sich – „dass uns dieses Evangelium schockiert. Leute, die nur eine Stunde gearbeitet haben, erhalten denselben Lohn wie die, die den ganzen Tag über arbeiteten. Natürlich schockiert uns das. Auch sagte Jesus: ‚Ich werde dir geben, was gerecht ist‘ (Mt 20,4). Für uns ist das gerecht, was fair ist…


Ist das fair, dass einer, der den ganzen Tag arbeitet, das Gleiche bekommt wie der, der weniger arbeitet? Klar, sind wir geschockt… Wir geben ein Gehalt, das auf der geleisteten Arbeit basiert. Findet mir nur eine einzige Firma, nur eine einzige, welche das praktiziert, was Jesus sagt ... … In der Tat gründet unsere Gesellschaft auf Fairness, auf juristischer Gerechtigkeit. Und dieser Wert der Fairness formt unser Rechtswesen. Nicht so bei Christus.“

Im weiteren Kontext stellt Aupetit die Frage nach der Gleichheit: „Der andere Wert, um den es geht, ist die Gleichheit.“ Er zählt die Parole auf, die den Wahlspruch der französischen Republik darstellt und auf die Revolution von 1789 zurückgeht: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. „Es ist ganz klar“, so der Erzbischof weiter, „dass uns Gleichheit wichtig ist, für die wir auch kämpfen… Auch hier berühren wir ein Fundament unserer Gesellschaft, das in unserer Konstitution festgeschrieben ist: ‚Alle Menschen sind mit den gleichen Rechten geboren.‘ Im Namen dieses Gesetzes sind wir dazu bereit, alles zu beanspruchen. Alle Menschen sollen gleich behandelt werden, alle sollen die gleichen Rechte haben. Wir müssen jedoch Acht haben! Diese Gleichheit kann uns nämlich zur Gleichförmigkeit führen: Wir wären dann alle gleichgemacht…

Ich nenne mal ein ganz triviales Beispiel“ – ein Beispiel, mit dem Michel Aupetit eine verbale Karikatur zeichnet: „Unter den hier Versammelten sitzt ein Herr, der 1,90 m groß ist, ein anderer Herr ist nur 1,60 m groß. Im Namen der Gleichheit müssten wir nun Leuten mit 1,90 unterhalb des Knies ihre Beine amputieren, damit auch sie 1,60 m werden. Oder Prothesen von 30 Zentimetern auf die Beine der kleineren Leute pfropfen, um den Unterschied auszugleichen.“ Michel Aupetit geht nochmals auf jenes Verständnis von Gleichheit ein, welches alle Menschen gleichförmig machen würde, ohne deren unterschiedliche Natur zu beachten.

Dann führt er ein „konkretes“, ein „eklatantes Beispiel“ aus Politik und Gesellschaft an: „die PMA für alle“ (PMA=Procréation Médicalement Assistée, d.h. die medizinisch unterstützte Befruchtung, welche die Nationalversammlung am 1.August dieses Jahres für Single-Frauen und lesbische Paare beschloss). „Zwei Frauen, die miteinander leben oder eine alleinstehende Frau beanspruchen sie im Namen der Gleichheit… Man behauptet, alleinstehende Frauen und weibliche Paare würden diskriminierend behandelt. Das ist nicht richtig… (Er fügt ein Zitat aus einer Entscheidung des französischen Staatsrats von vor 2 Jahren ein) … Die Frauen sind nicht diskriminiert, weil Frauenpaare und alleinstehende Frauen bezüglich der Fortpflanzung nicht in der gleichen Situation sind wie ein Paar von Mann und Frau… Das heißt Gleichheit bedeutet nicht, dass alle (in allem) gleich sind.“ (In der schriftlichen Predigt-Fassung verweist Aupetit zudem eindringlich auf die „wirkliche Ungleichheit“, welche das neue Bio-Ethik-Gesetz „mit Sicherheit“ … „zwischen den Kindern schaffen wird“).

Erzbischof Aupetit kommt nun auf Jesus zurück. „Jesus hat die Menschen im Sinne von Gleichheit/Gleichförmigkeit nicht gleich behandelt… In Wirklichkeit müssen wir nur in unserem Kopf das Paradigma oder, wie wir heute sagen würden, die Software ändern. Hier, in unserer Welt, sehen wir immer alles auf der Ebene des Vergleichs und auch des Wettbewerbs. Dieses Vergleichen aber birgt das Risiko, den anderen mit bösen Blicken zu bedenken. Und dieser böse Blick heißt Eifersucht. Präsent in den 10 Geboten.“ Erzbischof Aupetit erinnert dann an Kain, der seinen Bruder Abel aus Eifersucht tötete. Er weist auf die vielen Taten hin, die aus Rache verübt werden, auf die vielen Kriege, die aus diesen Gründen entstehen, weil der eine voller Bosheit auf den anderen schaue, sich mit dem anderen eifersüchtig vergleiche. Doch habe das nichts mit Gleichheit und Gleichwertigkeit zu tun, folgert Michel Aupetit daraus.

„…Auch hat jeder seine Begabung, jeder seine Berufung, jeder hat das, was Gott ihm in seiner Gnade geschenkt hat… Über das wir uns freuen können… Im Weinberg des Vaters werden wir durch die Gnade bestimmt, nicht durch den Vergleich. Die Gnade aber bedeutet Fülle. Sie teilt sich nicht.“ Dann nimmt der Erzbischof in enger Anlehnung an die Seligpreisungen deren Anfangsworte auf und verheißt den Nicht-Missgünstigen Gottes Gnade: „Heureux ceux qui… Selig sind, die sich freuen, dass die Gnade, die sie erhalten haben, allen ihren Brüdern zuströmt.

In diesem Gleichnis dürfen wir nicht auf die Arbeiter schauen, wir müssen auf den Meister blicken. Jesus sagt uns, dass er voll Güte ist. Das bedeutet, dass der Meister reichlich gibt. Er gibt nicht nach der geleisteten Arbeit, sondern nach der Art und Weise, wie jemand dieser Arbeit begegnete. Dieses Gehalt ist ausgesprochen großzügig und steht für viel mehr als für einen Tag Arbeit. Der heilige Augustinus erinnert uns daran: Die Silbermünze ist das ewige Leben. Es wird nicht nach unseren Verdiensten in Scheiben aufgeteilt, wir können das Leben bei Gott in keiner Weise verdienen… Wir sind durch die Gnade bestimmt… Die Geschichte des „guten“ Schächers zeigt es uns, eines Mannes, der seine kriminellen Taten erkennt, der erkennt, dass er durch seine Verbrechen, die er beging, das ewige Leben nicht verdient …“

Erzbischof Aupetit führt den zahlreich versammelten Gläubigen diese allbekannte Geschichte von Golgota vor Augen und beschreibt den großen Vertrauensakt, in welchem sich der Schächer Jesus zuwendet, der ihm das Paradies verheißt. Und er verweist auf die Paradieses-Verheißung für jeden Menschen, der auch im letzten Augenblick seines Lebens sich voll Glauben an Jesus wende.

„Das ist keine Frage von Gleichheit oder Fairness. Das ist eine Frage der Liebe!“

Umfassende Auszüge aus: Homélie de Mgr Michel Aupetit. Messe à Saint-Germain l’Auxerrois – Dimanche 20 septembre 2020, in: Homélies - Diocèse de Paris. L’église catholique à Paris und Messe du St. Germain l‘Auxerrois, Dimanche 20 septembre 2020, KTOTV (Télévision Catholique). Übersetzung: Dr. Juliana Bauer für kath.net

Archivfoto Erzbischof Aupetit (c) Erzbistum Paris

 


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