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| „Christsein heißt: Mit Jesus Christus leben, hier und heute!“18. November 2022 in Kommentar, 3 Lesermeinungen „Geht es deshalb in unserem Land Christen noch so gut, weil wir so wenig anstoßend sind, so wenig herausfordernd, so gut unseren Mund halten können? Mehr sterbende als werbende Glieder der Gemeinde Jesu sind?“ Gastbeitrag von Hartmut Steeb Bad Dürkheim (kath.net) kath.net dokumentiert die schriftliche Vorlage für den Vortrag von Hartmut Steeb, „Christsein im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Bedrängnis“, beim „Forum Glauben und Leben“ am 3.1.2022 in voller Länge und dankt dem emeritierten Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz für die freundliche Erlaubnis zur Veröffentlichung. Vier kräftige Begriffe sind in unserem Thema enthalten, gewaltige umfassende Begriffe, die wir natürlich in ihrer Tiefe gar nicht umfassend ausloten können. Sie wissen ja, dass das eine ganz gewichtige Bemerkung in vielen Vorträgen ist, dass die Zeit gar nicht ausreicht, um alles zu sagen, was man dazu sagen müsste. Wissen Sie eigentlich, warum das die Referenten gerne sagen? Zum einen: Wenn es nach dem Vortrag eine Aussprache gibt und dann üblicherweise moniert wird, was nicht gesagt wurde, kann sich der Referent genüsslich zurücklehnen und darauf verweisen, dass er das ja gesagt habe. – Das ist aber keine Ankündigung für uns heute hier. Sie dürfen das später gerne alles ansprechen, was ich jetzt auslasse! – Zum zweiten: Menschen, die viel an Mikrofonen reden, neigen natürlich auch etwas zur Arroganz. Sie dürfen ja immer reden und die anderen dürfen immer zuhören. Darum müssen sie natürlich auch immer wieder klar machen, dass sie natürlich noch sehr viel mehr wissen, als sie jetzt von sich geben. Also, jetzt wissen Sie Bescheid, wenn das bei Vorträgen auftaucht. Aber nun wage ich mich einfach an dieses große umfassende Thema heran, Schritt für Schritt, wie bei einer großen Bergwanderung. Vier Schritte will ich mit Ihnen gehen, um die vier Begriffe in unserem Thema etwas unter die Lupe zu nehmen. Ich beginne hinten mit dem Begriff der „Bedrängnis“. Was ist eine Bedrängnis? Eine Notlage, eine sehr verzwickte Situation, mitunter wird sie gar als ausweglos empfunden. Man fühlt sich in die Enge getrieben, in die Enge gedrängt; man hat den Eindruck, man sei in einer Falle, wo ein sinnvoller Ausweg versperrt ist. Ja, das kann auch Christen passieren, dass sie in solche Bedrängnisse kommen. Heute begeht die weltweite Evangelische Allianz einen Gebetstag für die verfolgten Christen. Ich denke, das war uns, Ihr lieben (… Familienname), gar nicht so bewusst, als wir uns auf das Thema heute vor vielen Monaten einigten. Denn jetzt könnten wir die weltweite Lage in Sachen Religionsfreiheit anschauen und in die Länder schauen, in denen wir absolute Religions- und Glaubensfreiheit haben und den anderen, in denen das Bekenntnis des Glaubens zu einer Existenzfrage werden kann, wo man bedrängt wird: Entweder kann man den Glauben aufgeben oder es geht einem an die Nieren. Heute stehen drei Länder im Fokus des Gebets: Afghanistan – auf dem sogenannten Weltverfolgungsindex hat Afghanistan Nordkorea von Platz 1 verdrängt; das heißt: Nirgendwo auf der Welt gibt es weniger Religionsfreiheit als in Afghanistan. Warum das so ist trotz 20 jährigem Engagement der internationalen Gemeinschaft und der sogenannten Westmächte und was da also offenbar ganz falsch gelaufen sein muss – das ist heute nicht unser Thema, so interessant das auch wäre. Aber es scheint jedenfalls so zu sein. Und dann steht Kolumbien auf der Liste. Wer kennt schon das Land im Norden Südamerikas? Man verbindet es vielleicht am ehesten mit Rauschgift und damit verbundenen Delikten. Es ist von der Bevölkerung her das zweitstärkste Volk in Südamerika mit ca. 50 Millionen Einwohnern; ist aber von der Fläche her dreimal so groß wie Deutschland (1,142 Millionen qkm; D 357.588 qkm). Im Wesentlichen ein christianisiertes Land, ca. 90% gehören einer christlichen Kirche an. Dazu heißt es aber im Gebetsaufruf nun: „Christen der unterschiedlichen Kirchen geraten in die Schusslinie von Kriminellen und militanten Gruppen, weil sie Korruption und Gewalt anprangern, sich für Menschenrechte und Umweltschutz einsetzen, Jugendlichen den Ausstieg aus Drogen, Banden und Gewalt ermöglichen… Öffentliche Bekundungen christlicher Standpunkte und des Glaubens treffen auf einen zunehmend aggressiven Säkularismus, besonders bei Themen, die den Lebensschutz, die Familie, Ehe und Religionsfreiheit betreffen. Schnell wird Christen angebliche Hassrede und Diskriminierung vorgeworfen.“ Soweit das Zitat aus dem kleinen Heft der Deutschen Evangelischen Allianz, das ich hinten auch ausgelegt habe. Und schließlich Katar, jetzt dann im Fokus der Fußballwelt, ein Land mit unendlichem Reichtum für die Einheimischen, aber Elend, Armut, Ausbeutung, ja Versklavung für die sogenannten Arbeitsmigranten, aber etwas zunehmender Religionsfreiheit (2,7 Mio Einwohner, 90% Migranten). Wir müssen davon ausgehen, dass weltweit ca. 200 Millionen Christen wegen ihres christlichen Glaubens in Bedrängnis leben, viele davon in Verfolgung. Aber wo fängt die Bedrängnis an und wo hört sie auf? Es ist schwer, Bedrängnis sauber zu definieren und klare Kanten zu ziehen. Ich habe bis zum Start in den Ruhestand vor 3 Jahren über 31 Jahre in der Deutschen Evangelischen Allianz gearbeitet. Sie können ausrechnen, dass damit in meine Anfangszeit auch die politische Wende in Deutschland fiel und mich auch die Fragen der Wiedervereinigung besonders berührten. Wir haben uns von West nach Ost angeschlossen und die Geschäftsstelle von Stuttgart nach Bad Blankenburg in Thüringen verlegt. Aber deshalb bin ich auch mit vielen Christen aus der DDR zusammengekommen und habe von ihnen ihre Geschichten erzählt bekommen – der prominenteste sicherlich Uwe Holmer, jener Pfarrer der nach der Wende Erich Honecker in sein Haus aufnahm, weil der nirgendwo mehr eine sichere Bleibe haben konnte. Sie sprechen im Blick auf diese Zeit nicht von Verfolgung, aber sie haben wesentliche Benachteiligungen, Bedrängnisse, erlitten, wenn sie nicht in der Mehrheitsgesellschaft dabei waren – heute würde man sagen, wenn sie nicht im Mainstream, also im Hauptstrom der öffentlichen Meinung – mitgeschwommen sind. Viele christliche Kinder wurden schon in der Schule gehänselt, an den Pranger gestellt, ausgelacht, benachteiligt. Viele konnten kein Abitur machen und darum nicht ihren gewünschten Beruf ergreifen. Holmers Kinder, er hat 10, durften in der DDR z.B. kein Abitur machen. Sie sind vorher aus der Schule geflogen. Wer eigentlich Arzt werden wollte, dem war das Studium verwehrt; er wurde eben Krankenpfleger bzw. Krankenschwester. Schon Erzieher und Lehrer konnten unerreichbare Berufe sein, von wissenschaftlichen Karrieren ganz zu schweigen, wenn sie z.B. die Jugendweihe ablehnten und nicht zu den jungen Pionieren gingen. War das schon Verfolgung? Nein, aber doch Bedrängnis, starke Benachteiligung, oder? Wären Sie bereit gewesen, Ihren Bildungsplan und Ihren Berufswunsch um des Glaubens willen aufzugeben? Oder wäre es so schlimm gewesen, eben die Jugendweihe über sich ergehen zu lassen, wenn das doch dem Fortkommen dient? Ich war bis vergangener Woche leitend im Bereich der sogenannten Lebensrechtsbewegung aktiv. In der Nacht vor dem internationalen Frauentag 2019 gab es einen kleinen Farbanschlag vor unserem Wohnhaus in der Stuttgarter Stadtmitte. In roter Farbe stand „Hier wohnt Frauenfeind Steeb“. Im Wohngebiet wurden Verkehrsschilder mit meinem Konterfei und einer Beschreibung meiner „kruden“ Ansichten behangen. Entsprechende Flugblätter wurden im Umkreis in Briefkästen verteilt. War das schon Bedrängnis oder gar Verfolgung? Nein! Aber angenehm war es auch nicht gerade. Ich sage zu solchen Vorkommnissen normalerweise: „Nicht vergnügungssteuerpflichtig!“ Natürlich war es die Absicht mich einzuschüchtern und gleich auch andere, die sich öffentlich zu solchen Themen äußern oder sich vielleicht auch nur äußern würden. Es gibt viele solcher Spannungsfelder. Vielleicht einfachere, alltäglichere. Ich nenne mal einige Situationen: Ist es günstig, sich in einer Bewerbung als Christ zu outen – oder auf der anderen Seite als Arbeitgeber deutlich zu machen, dass ich gerade sehr gerne einen Bewerber einstellen will, auch wegen seines christlichen Bekenntnisses, wegen seiner christlich begründeten Wertehaltung? Oder eben vielleicht gerade einen Bewerber ablehne, weil ich mich sehr intensiv mit dem Islam beschäftigt habe und deshalb einen bewusst lebenden Moslem nicht will? Da kann man schnell der Diskriminierung angeklagt werden! Natürlich heute vor allem auch, wenn einem die sexuelle Ausrichtung eines Bewerbers nicht so gut zu passt kommt und deshalb das kleine „d“ bei der Ausschreibung nicht benannt hat. Ich denke bei diesem Thema an einen Freund von mir, der einen gut dotierten Job an den Nagel hing, weil er die Bitte seines Chefs, die Geschäftsfreunde auch zu einem Bordell zu geleiten, nicht erfüllen wollte. Das ist schon heftiger als meine Weigerung als Auszubildender, dem Telefonanrufer zu sagen, mein Chef sei nicht da, wo er mir doch gegenüber saß und lieber x-mal das Telefon durchklingen ließ, bis mein Chef wutentbrannt das Zimmer verließ. Dann konnte ich ja sagen, dass er gerade aus dem Zimmer sei! Ja, ganz gewiss ist es ein großer Unterschied, ob ich um meines Glaubens Willen nur benachteiligt werde, nur gehänselt werde, mir manche Wege verschlossen sind, oder ob ich ins Gefängnis muss, gefoltert werde, ja auch der Tod vor Augen steht, so wie es vielen Märtyrern in der Vergangenheit erging und heute in vielen Ländern der Welt ergeht. Als Christen halten wir ja viel von der Bibel; den Geschichten im Alten und Neuen Testament, also vor der Zeit von Jesus Christus – das ist das Alte Testament – und dann aus der Zeit von Jesus Christus und danach – im Neuen Testament. Schon das Alte Testament ist voll von Geschichten der Bedrängung und Verfolgung. Sie müssen Sie nicht alle kennen! Vielleicht erinnern sich auch einige an alte Zeiten in der Kinderkirche oder Jungschar. Ich mache Ihnen jedenfalls Mut, diese Geschichten noch mal nachzulesen. Soweit Sie sie nicht kennen, nenne ich nur ein paar Appetitanreger. - Da gab es Josef, einen der Söhne von Jakob, einem der Stammväter des Volkes Israel. Er wurde aus Neid als Sklave verkauft, hat aber selbst als Zwangsarbeiter einen guten Job gemacht. Aber dann landete er im Gefängnis, weil er sich dem Ehebruch mit seiner Chefin verweigerte (1. Mose 39). - Da war Elia, einer der großen Propheten. Weil er der multireligiösen Königin Isebel und ihrem Mann Ahab widerstand, wurde er mit dem Tod bedroht. Er floh. Er wurde depressiv (1. Könige 18 und 19). - Da waren die jungen Freunde von Daniel, die ins fremde Babel verschleppt wurden. Sie weigerten sich vor dem Götzenbild Nebukadnezars niederzuknien und anzubeten. Sie gehören für mich zu den überzeugendsten Glaubenshelden. Ihnen wurde ja angedroht, bei lebendigem Leib verbrannt zu werden. Und dann antworten sie spitzenmäßig: „Siehe, unser Gott, den wir verehren, kann uns erretten aus dem glühenden Feuerofen, und auch aus deiner Hand, o König, kann er erretten. Und wenn er's nicht tut, so sollst du dennoch wissen, dass wir deinen Gott nicht ehren und das goldene Bild, das du hast aufrichten lassen, nicht anbeten werden“ (Daniel 3). - Da war Daniel selbst, der den Befehl des Königs Darius missachtete, niemand um etwas zu bitten als vom König und trotzdem darauf verzichtete, vor seinem Gebet den Rollladen zu schließen und dann in der berühmt berüchtigt gewordenen Löwengrube landete (Daniel 6). Und viele andere mehr. Der zweite Begriff: Freiheit! Was ist eigentlich Freiheit? Vielleicht klingt die Frage unvernünftig, weil es doch klar ist: Freiheit bedeutet, Tun und Lassen können, was man will. Keiner macht mir Vorschriften. Keiner verbietet mir irgendetwas. Niemand bestimmt über mich, sondern ich bestimme alleine, wann ich was, weshalb tue oder auch nicht. Das ist doch die alte Sehnsucht, die wir schon früher vor fast 50 Jahren (seit 1974) mit Reinhard Mey besungen haben „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein!“ Denn hier in dieser Welt stoßen wir halt doch schnell an die räumlichen, zeitlichen, organisatorischen, finanziellen, gesundheitlichen und sozialen Grenzen. Selbst wenn wir alles dürfen, wir können uns auch wegen dieser Begrenzungen eben nicht alles leisten. Und dann spürt man auch schnell, dass es mit der sogenannten Selbst-bestimmung, auf die wir so stolz sind und die manche schon wie eine Monstranz modernen Lebensgefühls vor sich her tragen, auch nicht so weit her ist. Denn wenn wir mal ehrlich sind: Das meiste in unserem Leben haben wir uns nicht selbst ausgesucht! Hat einer von uns sich selbst dafür entschieden, zu leben? Nein, wir leben weil unsere Eltern uns wollten; mindestens Ja dazu gesagt haben! Uns mindestens nicht verhindert haben! Und auch wenn der österreichische Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick betonte, dass man in der Auswahl seiner Eltern nicht vorsichtig genug sein könne – keiner konnte sie sich aussuchen. Und haben wir selbst gewählt, wo wir geboren sind? In welche Umstände hinein? In welches Gesellschaftssystem? Zu welcher Zeit? Wie die äußeren Bedingungen waren wie Freiheit, Frieden, Klima? Mit welchen Geschwistern wir zusammen leben mussten? An welche Nachbarn wir gerieten? Wer unsere Lehrer waren? Aber auch die genetische Komponente, also die körperliche Veranlagung: Keiner hat sie sich selbst ausgesucht! Übrigens auch nicht sein Aussehen! Und keiner hat sich die Begabungen selbst aus den Warenregalen im Kaufhaus genommen oder bei Amazon bestellt und in seinen Warenkorb gelegt. Sollte uns das nicht einfach ein wenig demütiger, zurückhaltender werden lassen? Sollte unsere Melodie des Lebens vielleicht da nicht doch stärker auf der Erkenntnis beruhen: Es ist alles nur geschenkt? Sollten wir auch ein wenig vorsichtiger mit solchen Begriffen wie Selbstbestimmung umgehen? Was ich habe, habe ich empfangen! Auf sehr viele Grundlagen meines Lebens hatte ich nicht den geringsten Einfluss. Von all diesen Dingen sind wir viel mehr abhängig als es uns vielleicht lieb ist, sie bestimmen auch viel mehr das Maß unserer Freiheit. Das geht ja bis hin zum Geld. Sie wissen ja: „Wer arm geboren ist, kann nichts dafür, aber wer arm heiratet ist selbst schuld“. Ja, es gibt ein Maß unserer eigenen freiheitlichen Selbstverantwortung. Da stellt sich die Frage, was wir daraus machen, wie wir unsere Gaben einsetzen und wie wir die Anlagen wirken lassen, wie wir mit dem umgehen, was wir empfangen haben. Ja, wir haben in vielem eine Entscheidungsfreiheit. Frei ist man freilich nur, wenn man eben nicht bedrängt wird, wenn man seine Entscheidungen ruhig hin und her abwägen kann und es nicht zwangsläufig ein Nachteil bedeutet, wenn man sich für eine Entscheidung festlegt. Klar: Man muss immer die Kosten und den Nutzen abwägen, aber wichtig ist, dass wir nicht von außen, von Dritten, fremdbestimmt werden, nicht in eine Richtung gedrängt werden. Ist der Mensch frei? Kann er tun und lassen, was er will? Ja, er kann! Er hat schier unendliche Möglichkeiten, sein Leben zu gestalten, zu verwalten, in diese Welt positiv oder negativ hineinzuwirken, sein Ich auszuleben oder auf Mitmenschen Rücksicht zu nehmen. Er kann sich selbst an die erste Stelle zu boxen versuchen oder sich einordnen in die mitmenschlichen Bezüge. Freiheit! In unserer freiheitlichen Gesellschaft, in der jeder die gleiche Würde und die gleichen Rechte hat, gibt es natürlich immer eine klare Grenze: Meine Freiheit endet immer dort, wo ich in die Freiheitsrechte anderer eingreife, wo ich die Freiheit des anderen nehmen würde. Ganz menschlich gesprochen beruht unsere Rechtsordnung darauf. Darum darf ich den Anderen nicht verletzen, ihn nicht töten, ihn nicht berauben, ihn zu Unrecht anschwärzen, ihn verleumden und dergleichen mehr. Und darauf beruhen natürlich auch in unserer Gesellschaft die sogenannten Grundrechte. Sie sind im Kern Freiheitrechte; Freiheitsrechte gegenüber dem staatlichen Handeln, der Gesellschaft. Auch diese darf im Regelfall mir die Freiheit nicht rauben, mich nicht einschränken in meinen freiheitlichen Möglichkeiten. Der Mensch hat nahezu grenzenlose Freiheit, die nur eingeschränkt ist, durch einzelne Begrenzungen der Zeit, des Raumes und der Gaben. Die entscheidende Frage ist aber: Woher kommt ihm denn dieses? Was ist eigentlich dieser Mensch, der so ungeniert frei ist? In unserem Staat hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass jeder Mensch unabhängig von seiner genetischen Veranlagung, seiner Herkunft, seinen persönlichen Vorlieben, Menschenwürde hat. Gerade nach der Katastrophe des Dritten Reiches haben unsere Verfassungsgeber deshalb als obersten Rechtsgrundsatz aufgestellt, geradezu klassisch formuliert: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Woher kommt dem Menschen diese Würde? Sie wird ihm nicht von der Gesellschaft zugesprochen sondern sie gründet nach meiner tiefen Überzeugung darin, dass Gott den Menschen geschaffen hat, als Krone der Schöpfung, ja sogar – so der biblische Bericht von der Erschaffung des Menschen – zum Bild Gottes, zum Ebenbild Gottes. Weil der Mensch letztlich – ich kenne natürlich auch die Naturgesetzlichkeiten, die zu einem neuen Menschen führen, darum sage ich „letzlich“ – letztlich Gottes Schöpfung ist, unter seinem großen Ja steht, darum ist der Mensch menschlicher Verfügungsgewalt entzogen. In Psalm 8, dem Gesangbuch der Juden und der alten Kirche, spricht der Psalmist: "Du hat ihn wenig niedriger gemacht als Gott". Der Mensch steht auf der höchsten Sprosse der Geschöpfe Gottes. In Psalm 139 spricht der Psalmist davon: "Du hast meine Nieren bereitet; du hast mich gebildet im Mutterleib. Mein Gebein war Dir nicht verborgen, als ich im Verborgenen gemacht wurde. Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war und alle Tage waren in Dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war." Der Mensch ist Gottes Geschöpf von allem Anfang an. Und weil er das besondere Geschöpf Gottes ist, hat ihm Gott auch eine unendlich große Freiheit verliehen. Und diese Freiheit ist auch eine Freiheit selbständige Entscheidungen zu treffen; der Mensch hat also echte Entscheidungsfreiheit. Der dritte Begriff: Spannungsfeld! „Spannung“ ist ja eigentlich ein Begriff aus der Physik. Wir kennen ihn alle aus dem Bereich der Elektrizität, aber auch aus dem Bereich der Wasserläufe. Immer, wo sich etwas bewegt, entstehen auch Spannungen. So ist es mehr als selbstverständlich, dass zu unserem Leben Spannungen gehören, immer. Wir haben das beim Begriff Bedrängnis schon gesehen, dass es da gilt abzuwägen. Der Begriff steht in Spannung zu anderen Begriffen. Und wir haben es bei der Erörterung des Themas Freiheit wohl gemerkt, dass es da eben auch ein Spannungsgefälle gibt. Unser menschliches Leben ist ja nicht statisch, es entwickelt sich ständig. Die Biologen und Mediziner können uns erklären, dass sich auch unsere Zellen ständig verändern, erneuern. Wachstumsprozesse und Prozesse des Älterwerdens sind darum auch Spannungsprozesse. Das macht übrigens das Leben auch interessant. Manchmal will man ja gerne anderen, gerade beim Älterwerden, auch nettes sagen: „Du hast dich gar nicht verändert!“ Das klingt mitunter gut, ist aber weder wahr noch ein Ausdruck unseres Lebens. Nein, tatsächlich verändern wir uns Tag für Tag. Kein Tag ist wie der andere, auch in unserem Körper, auch wenn ja erfreulich viel mit erfreulich wenig Instandhaltungsaufwand läuft. Ich denke überhaupt, wir sollten uns morgens nicht so sehr wundern, was uns wehtut oder vielleicht nicht mehr so gut funktioniert sondern uns vielmehr darüber wundern und uns daran erfreuen, was noch immer tut. Wir leben in Spannungen. Wir leben in Spannungsfeldern. Bleibt als vierter Begriff: Christ-Sein. Ich habe vorhin im Blick auf Kolumbien zitiert: „Öffentliche Bekundungen christlicher Standpunkte und des Glaubens treffen auf einen zunehmend aggressiven Säkularismus, besonders bei Themen, die den Lebensschutz, die Familie, Ehe und Religionsfreiheit betreffen. Schnell wird Christen angebliche Hassrede und Diskriminierung vorgeworfen.“ Das könnte man ja vielleicht auch schon für Deutschland so ähnlich formulieren. Auch in unserem Land scheint ja der christliche Glaube geradezu Schwindsucht zu haben. In Berlin schmiedet die Regierung Pläne, wie man die provozierende Aufschrift am Berliner Schloss vom Preußenkönig Friedrich IV relativieren könnte. Sie kennen den Vorgang? Das Berliner Schloss ist wieder hergestellt werden, aber die provozierende Aufschrift auf der Kuppel hat kräftige Diskussionen ausgelöst. Sie wissen, was dort steht, und was jetzt relativiert wurde, nachdem es schon nicht verhindert werden konnte? Eine Mixtur aus zwei Bibelworten, aus Apostelgeschichte 4,12 und Philipper 2, 10: „Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“ Wir wollen religiös neutral sein. Eine Tafel im Humboldt-Museum sorgt für die Relativierung, auf der steht: „Alle Institutionen im Humboldt Forum distanzieren sich ausdrücklich von dem Allgemeingültigkeits- und Herrschaftsanspruch des Christentums.“ Hat das Christentum in unserem Land ausgedient? Wir haben ja vor wenigen Tagen wieder einmal den 9. November begangen, wirklich ein Tag des Aufmerkens in Deutschland in vielen Richtungen. Ich fand es sehr interessant, dass eine Meinungsumfrage zum Thema des Mauerfalls an den Tag brachte, dass nur noch ein Viertel den Mauerfall als ein Wunder Gottes bezeichnet. Ich gehöre zu diesem Viertel, weil das alles logisch gar nicht erklärbar ist und schon das Ziel „Wiedervereinigung“ in meinen Jugendjahren einfach als ausgeschlossen galt. In der wohl atheistischer geprägten DDR hieß es: „Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein.“ Fromme Sachsen hatten dem entgegengesetzt: „Ohne Sonnenschein und Gott geht die LPG bankrott“ (die Landwirtschaftliche Produktionsgesellschaft). Aber inzwischen scheint man auch im eher christlichen geprägten Westen auch den Gottesbezug nicht mehr für wichtig zu nehmen. Beim früheren Präsidenten der USA, Obama, hieß es: „Yes, we can.“ Angela Merkel sagte 2015: „Wir schaffen das!“ Bei Olaf Scholz hieß es in der Neujahrsansprache 2022 – vor 10 ½ Monaten, das muss man sich heute angesichts der vielen Krisen, die schon da sind und derer, in die wir gerade hineinschlittern, eigentlich noch mal anhören: „Wir brechen auf in eine neue Zeit. Eine Zeit, die gut wird, wenn wir sie aktiv gestalten. Denn es macht einen Unterschied, dass wir unser Schicksal entschlossen selbst in die Hand nehmen!“ (Die Betonungen waren nicht von Olaf Scholz, der normalerweise eher monoton spricht, sondern von mir!). Offenbar haben wir vergessen und wollen vergessen und es soll uns geradezu auch amtlich vergessen gemacht werden, dass ohne den Schöpfer das Geschöpf bald erschöpft ist. Der frühere Bischof der Kirchenprovinz Sachsen, Axel Noack, hat es einmal so formuliert: „Wir haben schon vergessen, dass wir Gott vergessen haben.“ Beim G 7 Treffen der Außenminister in Münster wurde in der vergangenen Woche das Kreuz aus dem historischen Ratssaal verbannt, in dem – unter dem Kreuz – der Westfälische Friede geschlossen wurde. Zwar hat sich unsere Außenministerin Baerbock jetzt dafür entschuldigt, freilich mit der Begründung, das Kreuz sei nur aus organisatorischen Gründen abgenommen worden – die Stadtverwaltung in Münster hat aber gesagt, dass das Außenministerium die Abnahme mit der Begründung gefordert hätte, dass auch Teilnehmer aus anderen Religionen kämen, die man nicht provozieren wolle (übrigens bei G 7 war nur Japan dabei aus nicht-christlichem Kontext). Die Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, die Präses Annette Kurschus, hat in ihrem Bericht am vergangenen Sonntag vor der Synode daran erinnert, dass wir nun in Deutschland zum erstenmal – seit der Christianisierung jedenfalls – weniger als 50% Kirchenangehörige in den beiden großen Kirchen hätten. Freilich, nicht nur die Kirchenangehörigen werden weniger – ich erlaube mir den kurzen Ausflug, dass ich zwar der Evangelischen Landeskirche in Württemberg angehöre, aber mir die Kirchenmitgliedschaft alleine nicht so viel bedeutet. Was mich mehr beunruhigt ist die Situation, dass bei denen, die noch Mitglied in einer der großen Kirchen sind, die Zahl der Aktiven gegenüber den Passiven ständig abnimmt, also schon die Zahl derer, die z.B. sonntags einen Gottesdienst in einer Kirche besuchen, also von den Mitgliedern nur noch ein kleiner Bruchteil von unter 4%. Ja, auch die gläubigen Christen werden offenbar weniger. Denn ich denke, das haben die meisten schon längst begriffen, dass die Kirchenmitgliedschaft alleine einen Menschen noch nicht zum Christen macht, so wie man ja auch zum Auto werden würde, nur weil man in einer Garage geboren ist. Was ist denn eigentlich ein Christ? Was heißt Christ-Sein, wenn das nicht eben nur die Kirchenmitgliedschaft ausmacht? Vielleicht denken Sie: Ein Christ ist einer, der Liebe übt. Nun müsste man Liebe auch definieren. Ich sag mal: Einer, der nett ist zu den anderen Menschen, der geduldig ist, der alles toleriert und akzeptiert, freundlich und zuvorkommend auf andere zugeht und Menschen in Not nicht alleine lässt; vielleicht nach dem alt-bürgerlichen Motto „Tue recht und scheue niemand“. Man denkt so in diesem Zusammenhang an Nächstenliebe. Wer Nächstenliebe praktiziert, der ist ein Christ. Und die meisten halten sich ja dafür, dass sie Nächstenliebe praktizieren und deshalb auch Christen seien. Vielleicht sagen die meisten Menschen: Ich gehe zwar nicht immer in die Kirche, aber ich bin schon auch christlich. Andere Menschen sagen vielleicht, dass Christen altertümliche Gesellen wären, die erstaunlicherweise immer noch einer alten Moral nachhängen. Die haben erstaunlich alte Vorstellungen, z. B. ihre Ansicht über Sexualität, so als ob das nur etwas für die Ehe sei. Überhaupt die Zehn Gebote, an denen sie festhalten. Es sind also möglicherweise Leute, die Übriggebliebene aus alten Zeiten sind, unverbesserliche Traditionalisten. Wirklich aus dem letzten Jahrtausend, von vorgestern! Darum nennt man sie dann gerne „erz-konservativ“ oder gar „fundamentalistisch“. Oder sie sagen – und das sind vielleicht dann die „Gebildeten“ unter den Verächtern –, dass das Christentum schon viel zur derzeitigen Kultur beigetragen habe und dies auch bis heute in Form der alten Kirchengebäude tue (meine Frau und ich waren kürzlich endlich mal in Colmar und haben den Isenheimer Altar bestaunt und in Straßburg das Münster – das sind schon gewaltige Eindrücke). Auch die Zeremonien, die die Kirche anbietet, sind ja ein Teil dieser abendländischen Kultur geworden. Noch immer bringen viele Menschen ihre Kinder zur Taufe – derzeit ca. 260.000 im Jahr, also etwa ein Drittel aller Kinder. Man lässt sich eben taufen, weil das so dazugehört. Es lohnt sich auch für Jugendliche, Konfirmation bzw. Firmung zu feiern – etwa 330.000 jährlich. Wenn man z.B. die Geschenke in ihrem Geldwert zusammensetzt und auf die Konfirmandenstunden aufteilt, gibt es normalerweise ein ganz erklecklicher Stundenlohn, auf den sonst normalerweise 14-jährige kaum kommen. Wenn man schon heiratet, ist auch eine kirchliche Trauung ein schönes Ereignis. Wir feiern ja die Feste, wie sie fallen. Und trotz mancher Defizite ist eine kirchliche Traupredigt meist doch schöner, erbaulicher und individueller als Rede 27 aus dem Handbuch der Standesbeamten. Freilich, laut Statistik gibt es wohl nur noch ca. 60.000 kirchliche Trauungen in den beiden großen Kirchen jährlich. Und nicht zu vergessen ist die kirchliche Beerdigung. Mir scheint so, dass manche Leute vielleicht gerade deshalb nicht aus der Kirche austreten, weil sie doch gerne von einem Pfarrer beerdigt sein wollen. Irgendwie gehört das eben doch auch dazu, dass man auch den letzten Gang ordentlich zu Ende bringt; wobei auch hier die Raten drastisch abgenommen haben und nur noch leicht über die Hälfte der Beerdigungen von Amtsträgern der großen Kirchen übernommen werden. Man könnte natürlich noch viel darüber sagen, wie sehr der christliche Glaube unsere ganze Kultur und Gesellschaft geprägt hat. Es ist viel zu wenig bekannt, dass es im Wesentlichen Christen waren, die wesentliches zur Bildung und zur Entwicklung einer humanen Gesellschaft beigetragen haben: Schulen, Universitäten, Waisenhäuser, Hospitäler bis hin zum Roten Kreuz. Wer ist ein Christ? Es geht nicht um die Einsicht, dass dies christliches Kulturgut ist. Ich glaube an Gott, den Vater, den Schöpfer Himmels und der Erde. Ich glaube, dass es Gott ist, der die Welt geschaffen hat und dass diese Welt eben nicht aus Zufall, sondern aus Gottes Absicht entstanden ist. Mir geht es nicht um die Frage, wie das im Einzelnen vor sich ging. Aber es ist doch klar: Aus Nichts kommt nichts! Und wenn niemand etwas tut, wird nichts! Aus Chaos wird nicht plötzlich Ordnung. Und eine automatische Entwicklung zum positiven hin findet ohnehin nicht statt. Und dabei reden wir nicht von einem Gott, der irgendwo nur „hoch überm Sternenzelt“ wohnt. Nein, er will uns nahe kommen, mit uns persönlich in Beziehung treten. Er macht uns seinen Willen kund und wir dürfen mit ihm reden. Er ist unser Vater! Christen sagen: „Ich glaube an Jesus Christus““ – Das ist die Botschaft: Gott wurde Mensch! Das war göttlicher Wille und darum hat er es auch in die Tat umgesetzt. Nun gibt es da viele, die haben Probleme damit, dass wir Christen auch bekennen: „empfangen vom Heiligen Geist“ – nicht gezeugt aus der Liebe zwischen Mann und Frau heraus, „geboren von der Jungfrau Maria“. Ist das für uns aufgeklärte Zeitgenossen wirklich so schwierig zu glauben? Es ist nur die Frage, ob wir uns vorstellen können, dass es in dieser Welt Dinge gibt, die wir nicht verstehen und mit unserem beschränkten Verstand nicht verstehen können, die aber trotzdem wahr sind. Wie ist die Welt entstanden? Ich verstehe es nicht. Aber sie ist da. Wie kommt es, dass aus Samen und Eizelle ein neuer Mensch entsteht, mit Augen, Ohren, Herz, Füßen, Lunge usw. Kann man das verstehen? Nein, aber es ist wahr. Unsere Intelligenz kann man auch nicht sehen, sie ist aber doch da – hoffentlich! Und vieles andere mehr. Und dieser Jesus ist am Ende seines Lebens gekreuzigt worden, gestorben. Weshalb? Um unsere Schuld auf sich zu nehmen. Jede Schuld muss bezahlt werden. Nicht so, wie manche Politiker sagen „Ich übernehme die Verantwortung“, aber sie nehmen dann höchstens den Hut – wobei das auch aus der Mode gekommen ist! Aber was ist mit all dem Schaden, dem verlorenen Vertrauen, dem, was kaputt ging? Manche Erkenntnisse im Leben gewinnt man ja einmal und dann verliert man sie nicht mehr. Es ist schon 35 Jahre her. Da bin ich erstmals aus Europa hinaus geflogen. Nach Singapur. Ich kann Ihnen das nur für Ihren Urlaub empfehlen – falls man sich noch erlauben darf, für einen Flug zu werben! Also, im Ranking kommt Singapur gleich nach dem wunderschönen Bad Dürkheim! Singapur gilt ja als die sauberste Stadt der Welt. Aber natürlich ist diese städtische Sauberkeit nur dadurch erreicht worden und wird dadurch nur aufrecht erhalten, dass alle zwingend angehalten sind, mit um die Sauberkeit besorgt zu sein. Ein Papier wegzuwerfen zum Beispiel ist ein schlimmes Vergehen und wird mit drastischen Geldstrafen geahndet. Auf einem kleinen Schiff, das eine kleine Urlaubsinsel vor der Hauptinsel Singapur mit Singapur verbindet, fand ich das Schild: „Rauchen verboten, Strafe 5000 Dollar“. Kein Wunder, dass da niemand raucht. Zumal mit Sicherheit die Strafe auch vollzogen wird. Nun geschieht es aber in dieser Metropole natürlich doch, dass aufgrund dieser vielen Touristen an den Hauptverkehrszentren auch Dreck weggeworfen wird. Wer will das im Gedränge der Menschenmassen auch kontrollieren? Aber nun stellen Sie sich vor, dass da so ein eingeborener Singapurer sich echt erregt über diesen ganzen Dreck. Er nimmt sich eine Schubkarre und lädt den ganzen Dreck der Stadt drauf und will ihn wegfahren. Dabei – nicht beim Wegwerfen, sondern beim Zusammenräumen – wird er von einem Polizisten erwischt. Und weil für den vielen Dreck noch keine Strafe bezahlt wurde, verlangt der Polizist die Strafe von jenem, der den Dreck zusammengetragen hat und nun mit sich herum fährt. Und das Erstaunliche: Er zahlt! Es ist immer schwer, das Werk Jesu mit irgendetwas zu vergleichen. Aber so ist Jesus: Er nimmt den ganzen Dreck der Welt – und bezahlt dafür! Und wir glauben, dass Jesus auferstanden ist. Dass er den Tod überwunden hat. Dass ihn der Schöpfer des Universums herausgeholt hat aus der Verwesung und Zerstörung. Die Auferstehung ist die Quittung dafür, dass die Rechnung bezahlt ist. Und wir wissen längst, dass es nicht nur eine sichtbare sondern auch eine unsichtbare Wirklichkeit gibt. Und dorthin, zu Gott selbst, ist Jesus hingenommen worden. Ja, wir glauben an ein Leben nach dem Tod. In dem Wort Christsein geht es um ein Sein, um einen wesensmäßigen Zustand. Alle, die Jesus Christus aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, die an seinen Namen glauben (Johannes 1,12). Christsein heißt: • Die Liebe Gottes erkennen, dass er seinen Sohn in diese Welt sandte, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben (Joh. 3.16). • Ganz persönlich Ja zu dieser Liebe Gottes sagen. • Dankbar seine Versöhnungstat am Kreuz von Golgatha annehmen. Dies dankbar annehmen, heißt Christ-Sein, heißt Glauben. Dazu sind wir alle eingeladen. • Und Christ-Sein heißt, Jesus Christus einladen, von nun an die Herrschaft Gottes in seinem Leben zu übernehmen. Wir sprachen vorher über die Freiheit. Philosophen und Theologen haben sich vielfach und tief ernst mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Mensch einen wirklich freien Willen hat. Ich bin da eher einfach gestrickt. Ich verstehe mein Christsein so, dass ich meinen Willen gerne abgegeben habe an Jesus Christus und ihn gebeten habe, die Herrschaft in meinem Leben zu übernehmen. Im bekanntesten Gebet, dem Vater Unser, lehrt uns Jesus zu bitten: „Dein Wille geschehe“. Also, der Wille Gottes. Es gibt da einen alten Liedvers der heißt: „Nimm du – also gemeint ist Jesus Christus – nimm du, meinen Willen, du, dass er still in deinem Ruh!“ Also ich will gerne meinen Willen an Jesus abgeben, weil er viel besser weiß, wie das Leben gelingen kann. „Wir (der Vater und ich) werden zu euch kommen, und Wohnung bei euch machen“ (Johannes 14, 26). Christsein heißt: Mit Jesus Christus leben, hier und heute! In vier Schritten haben wir das Thema auseinandergenommen: Bedrängnis, Freiheit, Spannungsfeld, Christ-Sein. Gehen Sie noch den fünften Schritt mit, in dem wir das jetzt zusammensetzen? Christsein im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Bedrängnis. Schon Jesus Christus hat dieses Spannungsfeld erlebt. Kennen Sie die Geschichte vom Palmsonntag? Jener Sonntag, den wir eine Woche vor Ostern feiern, erinnert an den Einzug von Jesus nach Jerusalem. Das war ein Festzug, einzigartig. Das Volk war eine Woche vor dem Passahfest, dem wichtigsten jüdischen Fest der Erinnerung an die Befreiung aus der Knechtschaft in Ägypten, in Feststimmung. Tausende Pilger waren aus aller Herren Länder nach Jerusalem gekommen. Und dann kam Jesus. Jesus, der so ganz anders war als die herrschenden Religionsführer: barmherzig, den Menschen nah, heilte Kranke und Behinderte, befreite von Dämonen, tat Wunder ohne Ende – von der Verwandlung von Wasser in Wein, zur Speisung der 5000, bis hin zur Stillung des Sturmes - und ein gewaltiger Prediger, der die Leute in seinen Bann zog, ein Shooting-Star abseits vom Establishment. Und da jubelte ihm das Volk zu, als er mitten im Volk, auf einem Esel reitend, nach Jerusalem einzog. Ja, das musste der Messias sein, der große Befreier, der schon im Alten Testament angekündigt war. Da versammelte sich die Fangemeinde und jubelte ihm zu. Nicht wenige erwarteten, dass er jetzt die politische und geistliche Führerschaft in Israel übernehmen wird. Aber das geschah dann in den nächsten Tagen irgendwie doch nicht. Doch nur 5 Tage später schrien sie: „Kreuzige ihn! Weg mit diesem!“ Vom Lob zum Tod: bei Jesus in einer Woche. Jesus hat seinen Leuten kein Leben auf der Sonnenseite versprochen. Er hat klar gesagt: „Haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen.“ „Siehe ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe“. Das ist ein sehr hartes Bild: Jesus sagt nicht, dass in die Schafherde ein Wolf einbricht oder auch zwei oder gar ein Wolfsrudel – wo ja einige davon kommen könnten, weil auch ein Wolf immer nur ein Schaf nach dem anderen reißen kann. Irgendwann hat er genug. Also: Nicht einen hungrigen Wolf in eine liebliche Schafsherde. Da gibt es einige Opfer, aber viele Überlebende. Sondern wie Schafe in ein hungriges Wolfsrudel! Überlebenschance Null! Und so war das dann auch schon in der frühen Christenheit. So war es schon in Jerusalem, in den ersten Tagen und Jahren der Christenheit. Da heißt es in den ersten Tagen der Christenheit von den Christen „sie fanden Wohlwollen beim ganzen Volk“ (Apostelgeschichte 2,47) – ja das gab und gibt es auch, dass Christen hochgeachtet sind. So auch in unserem Land nach dem Ende des unheiligen Dritten Reiches; auch nach der friedlichen Revolution in der DDR vor über 30 Jahren waren die Christen gefragt. Ich denke z.B. an die Thüringer Pfarrerin Christine Lieberknecht, die dann ihre politische Laufbahn als Ministerpräsidentin abschloss – und „das Volk hielt fiel von ihnen“ (Apostelgeschichte 5,13). Grandios, wenn es Zustimmung gibt, weil Christen ihren Glauben leben. Jesus hat es ja gesagt: „An der Liebe, die ihr untereinander habt, soll die Welt erkennen, dass Ihr meine Jünger seid!“ Es ist nicht schlimm, wenn Christen an solchen Taten der Liebe erkannt werden und Zustimmung erhalten! Aber schon zwischen diesen Perioden der Hochachtung durch die Gesellschaft gab es kräftige Anfeindungen. Da wurden Petrus und Johannes verhaftet, verhört, bedroht (Apostelgeschichte 4). Da wurden die Apostel aufgefordert aufzuhören mit der öffentlichen Verkündigung von Jesus Christus, dem Heiland der Welt. Es ging nach dem Motto: „Ihr dürft ja für euch selbst diesen Unsinn von Jesus glauben. Aber hört auf, davon zu erzählen. Sonst wird es ernst“! Und es wurde ernst. Es gab die Steinigung des ersten christlichen Märtyrers nach Jesus selbst, von Stephanus, die Ermordung von Jakobus, dem Bruder von Johannes. Bedrohung, Bedrängung, Verfolgung, Gefängnis, Tod. Weshalb? Weil sie privat ihrem Glauben lebten? Nein: Weil sie daran festhielten: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Weil sie verkündigten: „Es ist in keinem anderen Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen unter dem Himmel gegeben, darin sie sollen selig werden, als allein der Name Jesu!“ Weil sie sagten und lebten „Wir können es doch nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben!“ Geht es deshalb in unserem Land Christen noch so gut, weil wir so wenig anstoßend sind, so wenig herausfordernd, so gut unseren Mund halten können? Mehr sterbende als werbende Glieder der Gemeinde Jesu sind? Die Synode der EKD hat sich in der vergangenen Woche mit gesellschaftlichen Fragen befasst, mit der vermeintlichen Klima-Krise, mit einer Solidaritätsadresse an die Aktivisten der sogenannten „letzten Generation“. Das stößt zwar bei Vielen, bei mir auch, auf totales Unverständnis. Aber weil die EKD da im Mainstream mit schwimmt, führt das vielleicht zu noch mehr Kirchenaustritten aber nicht zu Bedrängnis im Sinne unseres Themas oder gar zur Verfolgung. Eine solche Kirche fordert die Gesellschaft nicht heraus. Ganz anders damals in der Zeit der ersten Christen. Es lohnt sich, die so genannte Apostelgeschichte unter dieser Maßgabe einmal zu lesen. Ich nenne noch eine Geschichte, dies es mir in ganz besonderer Weise angetan hat. Paulus war auf seiner ersten Missionsreise. Er war gerade aus einigen anderen Städten vertrieben worden und vor der Verfolgung geflüchtet, wegen seiner Verkündigung, dass nur in Jesus Christus das Heil ist. Und machte nun eben in der Provinzstadt Lystra weiter – das ist in der heutigen Türkei. Dort predigte Paulus. Da war unter den Zuhörern auch ein gelähmter Mann, der noch nie hatte gehen können. Paulus hat dann während seiner Predigt sich diesem Mann zugewandt und zu ihm gesagt: „Stell dich aufrecht auf deine Füße!“ Und in der Apostelgeschichte 14 steht: „Und er sprang auf und ging umher.“ Von diesem Wunder war das Volk begeistert. Das hatten sie ja bisher offenbar noch nie erlebt. Sie hielten Paulus und seinen Mitarbeiter Barnabas für auf die Welt gekommene Götter und wollten ihnen zur Ehre opfern, sie also anbeten. Paulus fuhr dazwischen und hat deutlich gemacht: „Wir sind auch sterbliche Menschen wie ihr und predigen euch das Evangelium, dass ihr euch bekehren sollt von diesen nichtigen Göttern zu dem lebendigen Gott, der Himmel und Erde und das Meer und alles, was darin ist, gemacht hat“. Nur mit großer Mühe konnten sie sie abhalten, dass ihnen geopfert wurde. Aber dann, so wird uns erzählt, kam ein Mob aus der Nachbarschaft, hat Paulus angeklagt und die Massen gegen ihn mobilisiert und sie steinigten ihn zu Tode. Also: Da stockt einem doch der Atem. Paulus und Barnabas erhalten die höchste Ehre, die man sich denken kann. Ein Bundesverdienstkreuz ist nichts dagegen. Eine Goldmedaille auch nicht, die man in ein paar Wochen dem neuen Fußballweltmeister umhängen wird. Nein: Sie werden geehrt, ja als Götter verehrt. Damit werden sie herausgehoben aus der Masse der Menschen. Ihnen soll sogar geopfert werden. Nur mit Mühe können sie das Volk davon abhalten. Aber dann zeigt sich: Menschliches Lob, menschlicher Dank, menschliche Anerkennung können schneller dahinschmelzen als Eis und Schnee, schneller verlöschen als das Licht der Kerze. Innerhalb weniger Augenblicke kann aus dem „Himmelhoch jauchzend“ ein „zu Tode betrübt“ werden. Es ist atemberaubend, wie schnell und wie krass dies bei Barnabas und Paulus geschieht. Vielleicht waren da nur wenige Stunden dazwischen, vielleicht auch ein paar Tage. Aber es kommt Schlag auf Schlag. Einige Großmäuler, ein paar Besserwisser, ein paar Proleten genügen, um das Volk mit ihrer Polemik zu beeinflussen. Der Mainstream ändert sich von heute auf morgen. Aus der nicht zu Ende gebrachten Verehrung wird Hass, Streit, Steinigung, Mord. Ohne Anhörung, ohne Diskussion, ohne Prozess – sofort wird das Todesurteil praktisch vollstreckt. Freilich: Gott schenkt Paulus wieder das Leben. Die Jünger umringen ihn. Wir dürfen gewiss annehmen: Sie haben für Paulus gebetet. Und der lebendige Gott schenkt eine Spontanheilung. Paulus geht aber danach nicht in die Kur sondern in die Stadt. Er lässt sich nicht abbringen und zieht mit Barnabas in die nächste Stadt Derbe, um das Evangelium weiter zu sagen. Ich finde das eine atemberaubende Geschichte und bin doch zugleich dankbar, dass wir in etwas ruhigeren Gewässern leben. Aber das Spannungsfeld zwischen Freiheit und Bedrängnis gehört offenbar zum Christsein dazu. Das muss man auch wissen, wenn man Christ wird. Ich versuche ein paar Folgerungen aus dem allem zu ziehen: Noch leben wir in einer unsagbar großen Freiheit. Mit sehr viel mehr als verbalen Verunglimpfungen haben wir es nicht zu tun. Freilich: Wenn ich die letzten 3 Jahrzehnte überschaue, dann habe ich schon den Eindruck: Die Luft der Freiheit wird dünner. Die Gesellschaft, die für alles offen ist, mag Menschen mit christlicher Grundsatztreue und Grundsatzwerte nicht mehr. Schon 2015 hat das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil zum Schulgesetz in Nordrhein-Westfalen festgehalten, dass die Orientierung am christlichen Glauben in der Schule eine Diskriminierung anderer Glaubensrichtungen bedeute und deshalb nicht sein dürfe. In Baden-Württemberg wollte dann die damalige Landesregierung schnell im vorauseilenden Gehorsam den Gottesbezug aus dem Schulgesetz streichen. Glaube und Bibel, gesellschaftliche Orientierung am Wort Gottes gelten als rückständig. Wir wollen uns dieser Wurzeln entledigen, obwohl sie gerade es sind, die uns unseren modernen Rechtsstaat gebracht haben. Wurzelentfernung ist aber für einen Baum lebensgefährlich. Mir scheint, mir befinden uns gerade in einer solchen Phase. Über die Geschichten am Berliner Schloss und in Münster habe ich gesprochen. Das sind nur die neueren Beispiele. Wenn einem der Wind ins Gesicht bläst, ist es zwar stürmisch. Aber das ist ja nichts Ungewöhnliches. Dann gilt der Grundsatz „es gibt kein falsches Wetter, nur falsche Kleidung!“ Man mag sich zunächst daran erinnern, dass Flugzeuge gegen den Wind aufsteigen. 4 Hauptworte haben wir in unserem Thema. Ich will versuchen, mit 4 Feststellungen das Thema abzurunden: 1. Bedrängnis und Verfolgung ist der Normalfall im Christenleben Bedrängnis und Verfolgung sind nichts Neues. Schon Johannes der Täufer wurde geköpft, weil er Sünde Sünde nannte. Jesus selbst wurde aus Hass zum Tod verurteilt, gefoltert und im Eilverfahren getötet. Und er hat uns vorausgesagt, dass seinen Nachfolgern gleiches widerfahren kann. Liegt da heute die Verführung, die unser Harmoniebedürfnis, unsere Ablehnung von Streit um die Wahrheit, in dem neuen Zeitalter des post-faktischen, geschickt zu nutzen weiß? Ja, und auch die Verfolgung gehört zu den Gefahren, nicht standzuhalten. Wie schnell neigen wir schon um billiger Vorteile bzw. Vermeidung von Nachteilen willen, Maßstäbe beiseite zu lassen, die uns früher ganz wichtig waren? Ich weiß, dass man sich hier bei Beispielen heute sehr schnell selbst ins Aus schießen kann. Aber ich bin ja schon im Ruhestand und muss niemandem mehr gefallen. Es gibt ja z.B. auch in frommen Kreisen die Übung von Witwen- und Witwerpartnerschaften, die nur deshalb nicht erneut eine Ehe schließen wollen, weil sie dann ihre Witwenrente verlieren. Ich weiß, dass das ein sehr komplexes Thema ist. Aber wenn wir schon um materieller Benachteiligung willen gegebenenfalls geistlich-theologische Einsichten über Bord werfen, werden wir dann standhalten, wenn es härter kommt und es nicht mehr nur um Euros und das Auskommen geht? Der Reformator Martin Luther hat gedichtet: „Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr, Kind und Weib, lass fahren dahin, sie haben’s kein Gewinn. Das Reich muss uns doch bleiben!“ Verführung und Verfolgung, gegebenenfalls nicht Ergebung sondern Widerstand. Standhalten, auch in der Verfolgung, auch, wenn es Nachteile gibt. Und das bedeutet dann auch, dass wir eben nicht Gleiches mit Gleichem heimzahlen. Nicht zurückschlagen. Nicht den Wölfen als Wölfe begegnen „Wenn wir den Wölfen ein Wolf werden, haben die Wölfe uns besiegt“, hat der große Stuttgarter Philosoph Robert Spaemann gesagt. Nein, es gilt dann auch klug zu reagieren, nicht falsch, nicht kuschen und sich zurückziehen, aber freundlich und klar bei der Position bleiben, wie jene drei Freunde von Daniel, von denen ich vorher erzählte. 2. Die Mission geht weiter Wer bei Bayern München Fußball spielt, kann davon ausgehen: Am Ende gewinnt man doch – im Unterschied zum Fußball beim VFB Stuttgart, wo man sich im Keller-Duell einrichten muss. Aber wer in Gottes Auswahlmannschaft mitspielt, der weiß noch viel mehr, dass am Ende Jesus Christus der Sieger bleibt. Wer zu ihm gehört, der ist in der Siegermannschaft. Und darum lassen sich Christen auch nicht aufhalten, wenn der Widerstand los bricht. Sie bleiben getreu und gelassen stehen, vielleicht so, wie es die holländische Judenretterin Corrie ten Boom, die durchs Konzentrationslager gehen musste, gelebt und gesagt hat: „Im Himmel gibt es keine Panik!“ Denn: Trotz aller Verfolgung: Die Gemeinde Jesu wächst weltweit! „Das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche“ hat uns Kirchenvater Tertullian hinterlassen. Und das ist auch immer wieder so. Aber nicht nur! In manchen Landstrichen hat die Verfolgung die Gemeinde Jesu fast ausgelöscht: Denken Sie an Nordafrika oder die Türkei! Und auch im Irak sieht bald alles danach aus! Es ist kein biblisches Grundgesetz, dass die Verfolgung nie Erfolg hat. Von meinem schwedischen Freund Johan Candelin, dem früheren Beauftragten für Religionsfreiheit der Weltweiten Evangelischen Allianz, habe ich gelernt: Die Gemeinde Jesu wächst nicht automatisch dort, wo Verfolgung herrscht. Nein, die Gemeinde Jesu wird dort verfolgt, wo sie wächst! Die Gemeinde Jesu wird dort verfolgt, wo sie wächst! Die Gegnerschaft gegen den christlichen Glauben wird meist dort aktiv, wo die Gemeinde wächst, wo Menschen zum Glauben kommen, wo Menschen ihre bisherigen Religionen und Überzeugungen an den Nagel hängen und Christen werden. Soll man deshalb auf Mission verzichten? Ist es deshalb leichtsinnig oder gar unverantwortlich aktiv Missionsarbeit zu treiben? – Das wollten uns ja manche Medienvertreter einreden, wenn Christen aus Deutschland in anderen Ländern gekidnappt oder ermordet wurden oder werden, z.B. Familie Hentschel 2009 im Jemen. Und dann wird fieberhaft gesucht, ob die Entwicklungshelfer nicht doch auch Missionare gewesen sein könnten. Und? Will man damit sagen, dass sie dann ja selbst schuld sind, selbst verantwortlich für ihre Ermordung? 3. Die Freiheit nutzen Kennen Sie den TiK? Also nicht mit ck sondern nur mit k geschrieben? Das ist die Treue im Kleinen! Die ist sehr wichtig im Leben, auch im Glaubensleben. Wir sollen treu mit dem Umgehen, was uns anvertraut ist. Aber wissen Sie, dass es auch einen TiG gibt? Die Treue im Großen. „Wem viel anvertraut ist, von dem wird man viel fordern“. Uns ist sehr viel anvertraut. Wir haben Frieden, Freiheit, Wohlstand, Know How, wie wohl keine Generation vor uns. Wie gehen wir um mit dieser Freiheit? Was machen wir damit? Haben wir selbst in der Freiheit schon Sorge vor dem Anecken? Ich habe schon darüber berichtet, dass ich selbst Leitungsverantwortung hatte. Wissen Sie, wer in leitender Position steht und nicht kritisiert wird, der ist entweder tot oder bedeutungslos oder beides! Wem Freiheit gegeben ist, der muss die Freiheit auch nutzen, auch wenn es Widerstand gibt. Es ist übrigens auch die beste Form, sie zu verteidigen, zu bewahren, wenn wir frisch und frei von unserem Glauben reden, schreiben, ihn bezeugen. Lasst uns die Freiheit nützen, solange es Tag ist. Uns einbringen auch in die Gesellschaft. Der Stadt Bestes suchen, auch wenn es noch so dunkel in der Welt ist. Licht und Salz in unserer Welt sein. In der Bergpredigt ist uns von Jesus gesagt, dass wir wie eine Stadt auf dem Berg seien, Orientierung geben. Wir sollen und dürfen uns nicht verstecken, sondern sollen leuchten. Wir sollen uns nicht verkriechen sondern mit Freimut aufstehen, für den Glauben einstehen, aber auch für unsere christlichen Positionen in der Gesellschaft einstehen. Denn ich bin davon überzeugt: Die biblisch-christlichen Grundorientierungen sind nicht nur für die Christen selbst der richtige Weg. Viele sind sehr zurückhaltend, anderen den Weg mit Christus auch als den zu offerieren, der auch für sie gut und das absolut Beste ist. Ich will einen großen Schritt weiter gehen. Ich möchte am liebsten laut und unüberhörbar einladen zu einem echten internationalen Wertewettbewerb: Hat jemand besseres für ein gelingendes Leben, auch für ein gelingendes Miteinander in unserer Gesellschaft anzubieten als die biblischen-christlichen Werteordnungen? Die 10 Gebote sind als Grundlage einer zivilisierten Gesellschaft unüberbietbar. Und in der radikalen Auslegung der Bergpredigt von Jesus im Kontext seines Lebens auch in seiner Menschlichkeit und Barmherzigkeit konkurrenzlos. Nein, wir müssen uns nicht verstecken mit unserer christlichen Wertehaltung. Darf ich es darum so kurz anmerken: Ich habe noch nie verstanden, warum ein Abiturient manche fragwürdige Literatur gelesen haben muss, aber man sich erlaubt, ohne Bibelkenntnis Geschichte und Kultur verstehen zu wollen? Aus meiner Sicht müsste deshalb die Bibel Pflichtlektüre für einen Abiturienten sein. Nur: Dieser Anspruch eckt an. In unserer Multioptionsgesellschaft ist zwar alles möglich und wird alles geduldet, auch die irrsinnigsten Theorien und Gedankenspiele. Aber wenn einer kommt und von Jesus redet, dem Sohn Gottes, dem, der nicht nur eine Wahrheit verkündigt sondern selbst die Wahrheit sei, der Weg, der zu einem gelingenden Leben in Zeit und Ewigkeit führt, da hört die Toleranz der Toleranten so schnell auf. Aber darum noch 4. Gott, nicht Menschen verantwortlich. Die Geschichte von Jesus und die Geschichte von Paulus in Lystra zeigen uns sehr deutlich. Wir dürfen uns nie abhängig machen von Menschen und ihrer Meinung, von Zeitströmungen, die kommen und gehen. Ich lade ein, sich nur abhängig zu machen von Gott selbst, der das Leben ist und das Leben gibt und das ewige Leben schenkt. Denn die Mehrheit ist kein Maßstab für Wahrheit. Als kleiner Junge kam ich einmal heulend nach Hause. Meine Freunde und Spielkameraden haben mich beschimpft und mich für blöd verkauft, heute würde man sagen: Mobbing geübt. Ich weiß nicht mehr, um was es ging. Ich war todtraurig. Mein Vater fragte mich, was los sei. Ich erzählte es ihm. Und dann meinte er lapidar: „Warum regst du dich denn auf, wenn die anderen zu dir sagen, du seist blöd. Es kann doch sein, die täuschen sich!“ Der dänische Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard hat gewarnt: „Wer sich mit dem Zeitgeist vermählt, wird bald Wittwer.“ Einer meiner mir so liebgewordenen Liedverse heißt: „Lass dich nicht von Menschen leiten. Menschen sind wie Laub im Wind. Jesus schafft Persönlichkeiten, die das Salz der Erde sind.“ ‚Denn, noch einmal Sören Kierkegaard: „Gottes zu bedürfen ist des Menschen höchste Vollkommenheit“. Wer es gut meint, mit den Menschen, lebt sein Christ-Sein und redet von seinem Christ-Sein, auch entgegen dem Zeitgeist, der Mode und dem Mainstream. Archivfoto Hartmut Steeb (c) Evangelische Nachrichtenagentur idea Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! Lesermeinungen
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