Etwa 32.000 Menschen nahmen an der Seligsprechung der durch Nazi-Hand ermordeten Familie Ulma in Polen teil, 1.200 Priester, 6 Kardinäle und 80 Bischöfe teil. Doch von deutschen Bischöfen und Politikern keine Spur! Gastkommentar Elmar Lübbers-Paal
Markowa (kath.net)
Etwa 32.000 Menschen nahmen an der Seligsprechung der durch Nazi-Hand ermordeten Judenretter-Familie Ulma in Polen teil. An dem Gottesdienst am Sonntag beteiligten sich 1.200 Priester, sechs Kardinäle und 80 Bischöfe. Doch von deutschen Bischöfen und Politikern keine Spur!
Eilert Dieken (1898-1960) aus Esens wird im besetzten Polen Oberleutnant und Leiter der Gendamerie von Łańcut im Karpartenvorland. Als solcher befielt er unter anderem die Ermordung der gesamten Familie Ulma einschließlich der hochschwangeren Mutter, weil sie Juden Unterschlupf gewährt hatte.
Nach dem Krieg wird Dieken durch die Entnazifizierungsbehörden als „entlastet“ eingestuft und in Esens (Kreis Wittmund) schließlich Polizeikommissar. Dabei hat er nie verschwiegen, dass er in den Jahren 1940 bis 1944 Leiter der Gendamarie des Krakauer Bezirks war. Seine Verbrechen in Polen blieben ungesühnt, da er am 23. September 1960 starb, noch bevor das Ermittlungsverfahren wegen seiner Zeit als Leiter der Gendarmerie im Krakauer Bezirk zum Abschuss kam.
Sein Gehilfe Kokott wurde in der Tschechoslowakei gefasst, an Polen ausgeliefert und zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Er starb 1980 in der Haft.
Wäre es nicht angesichts der bestialischen Morde an der polnischen Familie Ulma und der Juden, die bei ihr Unterschlupf erhielten, eine versöhnliche Geste gewesen, wenn die Deutsche Bischofskonferenz – wenn auch nicht durch alle amtierenden Oberhirten, so doch wenigstens durch eine Abordnung der hohen Geistlichkeit aus Deutschland – vertreten gewesen wäre?
Reaktion der Deutsche Bischofskonferenz
Auf diese Frage antworte mir die Deutsche Bischofskonferenz:
„Tatsächlich waren keine deutschen Bischof bei der Feier der Seligsprechung der Familie Ulma anwesend. Der Grund lag nicht in mangelndem Interesse, sondern war dem Faktum geschuldet, dass die Bischofskonferenz erst ca. zwei Wochen vor dem Ereignis eine Einladung erhalten hat. Warum das so war, wissen wir nicht.
Ich vermute, bei einer frühzeitigen (oder jedenfalls frühzeitigeren) Einladung wäre es gelungen, eine Vertretung des deutschen Episkopats zu entsenden. Dies wäre auch im Interesse der Entwicklung der polnisch-deutschen Kirchenbeziehungen, die wir eng zu gestalten zu suchen, gewesen.“
Für manch einen wird sich diese Aussage befremdlich anhören, denn die Deutsche Bischofskonferenz muss seit etwa 2 Jahren von der anstehenden Seligsprechung gewusst haben.
Zudem ist wiederholt in den Vatikan-Medien detailliert die anstehende Beatifikation berichtet worden. So hätte auch die Deutsche Bischofskonferenz im Sinne des guten Nebeneinander selbst nachfragen können, ob eine Teilnahme in Polen gewünscht sei.
Antwort des Auswärtigen Amtes
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte mir gegenüber auf die Frage, ob deutsche Politiker zur Seligsprechung der Familie Ulma nach Polen gereist seien:
„Deutschland steht zu seiner historischen Verantwortung für die durch deutsche Truppen und auf deutschen Befehl begangenen Verbrechen, die unermessliches Leid und millionenfachen Tod über Europa, unter anderem über die Bevölkerung Polens, gebracht haben. Wir möchten die deutsch-polnischen Beziehungen im vollen Bewusstsein der Vergangenheit gestalten. Die Erinnerung an die Verbrechen wachzuhalten und der Opfer zu gedenken ist Teil der ewigen deutschen Verantwortung. Bei der Seligsprechung der Familie Ulma war der Leiter der Kulturabteilung der Deutschen Botschaft Warschau anwesend.“
Ob die Familie Ulma, ja die polnische Nation nicht mehr hätte erwarten dürfen angesichts des unermesslichen Leids, das willige Vollstrecker Hitlers über ihr Land brachten?
Es dürfte klar sein, dass mit einer großen deutschen Beteiligung an dieser Seligsprechung die von deutscher Seite gewünschten Kirchen- und Staatsbeziehungen zwischen Deutschland und Polen positiv hätten beeinflusst werden können.
Beide Fotos aus der Seligsprechung der Familie Ulma (c) Polnische Bischofskonferenz
Hinweis: kath.net verfolgt die Seligsprechung der Familie Ulma seit längerer Zeit intensiv. Weiter kath.net-Artikel finden sich unter dem Stichwort "Ulma", siehe Link.
Ein Lied über die Familie Ulma - sowohl mit historischem Bildmaterial wie auch mit nachgestellten Videoszenen:
die im Sterben ihr 7. Kind gebar! Warum hat nicht wenigstens Beate Gilles als Frau und Generalsekretärin der DBK die deutschen Frauen hier vertreten und das unendliche Mitgefühl kundgetan, dass jede Frau hier zeigen muss? Diese funktionärs-Leute haben doch überhaupt nicht ihr Ohr am Puls der Zeit und an den Notwendigkeiten des historischen Augenblicks. So schade!
1
Adamo 16. September 2023
RICHTIGSTELLUNG: Gerhard Kardinal Müller war bei der Seligsprechung anwesend!
In der neuesten Meldung über "Eine beispiellose Seligsprechung" von kath.net kann man nachlesen, dass der Kardinal Müller bei der Seligsprechung der polnischen Familie ULMA dabei war!
1
SalvatoreMio 16. September 2023
Seligsprechung Familie Ulma und Kardinal Woelki
Manche hätten sich gewünscht, dass wenigstens Kardinal Woelki hingefahren wäre. - Ich kenne ihn persönlich nicht, doch ist es nicht wohl so, dass vielerlei Schergen seit geraumer Zeit versuchen, ihn den Kalvarienberg hochzuzerren und nur etwas suchen, um ihn anzugreifen? Das Bistum ist sehr groß, und dieser Mann ist doch auch nur ein Mensch!
1
Fischlein 16. September 2023
Bischof Schick fehlte
meiner Meinung nach am meisten. Er ist (war?) nämlich der Vertreter der DBK in Kontakten mit Polen.
0
Chris2 15. September 2023
"ewige deutsche Verantwortung"
Also doch ewige Kollektivschuld auch der Urururururenkel? Stellt man die moralintriefende Stellungnahme des Außenamtes der Tatsache gegenüber, dass die Regierung (vor allem SPD und "Grüne") buchstäblich alles tut, damit die eigentlich aussterbende Judenfeindlichkeit im Land wenigstens durch Zuwanderung aus islamischen Weltgegenden wieder gestärkt wird (was man besonders bei den Gewalttaten gegen Juden merkt), wird einem klar, wie hohl und verlogen diese Phrasen längst geworden sind. Das "nie wieder" wird von Linken längst als universal verwendbare Waffe gegen Andersdenkende missbraucht, während man selbst auf seinem hohen moralischen Ross unangreifbar ist und sogar die nationalsozialistischen Verbrechen verharmlost, indem man jeden nach Belieben (und stets ohne Beleg und ohne Angst vor Strafe) "Nazi" nennen darf. Mögen diese Rösser ebenso stürzen, wie Merkels Reiterstandbild...
0
Hanno.B. 15. September 2023
@physikus
Kardinal Woelki und die von mir genannten Bischöfe gehören der DBK an. Sie hätten zeigen können, wie man es besser macht.
2
lajkonik 15. September 2023
Auf Kard. Müller ist Verlass
Einer war doch dabei, nämlich kard.Müller, der war allerdings aus Rom angereist.
4
physicus 15. September 2023
Der Zustand der DBK unter Vorsitz Bischof Bätzings
Dem Autor sei gedankt für diesen wichtigen Hinweis, der einmal mehr Bände spricht über den aktuellen Zustand der DBK unter Vorsitz von Bischof Bätzing. Die erhaltene Antwort lässt sich nur als schwache Ausrede werten.
@Hanno.B. Bitte nicht mit Trollattacken versuchen, Verwirrung zu stiften. Hier war die DBK gefordert.
5
Hanno.B. 15. September 2023
Ich habe geglaubt, daß wenigsten Kardinal Woelki oder einer der Bischöfe Oster, Voderholzer, Hanke daran teilnimmt. Aber weit gefehlt! Schwach!
3
Dolomiti 15. September 2023
Diese Familie ist ein Beispiel für uns alle und insbesondere für die deutschen Bischöfe
Vater und Mutter Ulma haben ihr Leben eingesetzt für die Liebe zum Nächsten.
Unsere deutschen Bischöfe haben dies nicht bei der Seligsprechung mit ihrer Präsenz gewürdigt, können dies jedoch immer noch reichlich in den eigenen Diözesen nachholen, indem Sie Beispielweise ein besonders Pontifikalamt zusammen mit den Zahlreichen polnischen Christen Ihrer deutschen Diözesen feiern.
Die Heilige Theresa von Avila sagte: 'Der Herr schaut nicht so sehr auf die Größe der Werke, als vielmehr auf die Liebe mit der sie getan werden.'
2
SalvatoreMio 15. September 2023
Die Liebe unter Mitbrüdern ...
@Elisabetta: und Bischof Bätzing erteilte dann dem polnischen Episkopat auch eine Abfuhr - auf die ihm eigene diplomatische Art.
3
kleingläubiger 15. September 2023
Die meisten deutschen Bischöfe wissen doch gar nicht mehr, was Heiligkeit eigentlich ist. Von den wenigen halbwegs konservativen hätte man jedoch etwas anderes erwarten können. Dass unsere moralinsauren Politiker sich nicht dafür interessieren, überrascht nicht, wähnen diese sich doch im alleinigen Besitz höchstwertiger Moral. Da duldet man keine verstaubte katholischen Märtyrer neben sich.
6
elisabetta 15. September 2023
insgesamt 65 Bischöfe
gibt es lt. Google (Stand Sept. 2023) in Deutschland. Dass sich - wenn auch kurzfristig - keiner für die Seligsprechung freimachen konnte, ist mehr als unglaubwürdig. Da steckt für das Fernbleiben sicher ein anderes Motiv dahinter, vielleicht dass sich der polnische Episkopat mehrmals negativ zum deutschen Synodalen Weg geäußert hat. Gut nachbarliche katholische Beziehungen schauen anders aus.
7
Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.
Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net) kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.