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| „Ich teile die Sorge von Papst Franziskus ganz persönlich“24. November 2023 in Interview, 12 Lesermeinungen Sr. Anna Mirijam Kaschner/Nordische Bischofskonferenz: „Ich fürchte aber, dass auch dieser Brief des Papstes mit Dank zur Kenntnis genommen wird inklusive der Versicherung, dass diese Sorgen unbegründet seien.“ kath.net-Interview von Petra Lorleberg Vatikan-Kopenhagen (kath.net/pl) „Ja, ich teile diese Sorge ganz persönlich – und ich kann da sicher auch für unsere Bischofskonferenz sprechen. Wir haben ja im Jahr 2022 diese Sorge auch in einem offenen Brief an Bischof Bätzing ausgedrückt.“ Das stellt Sr. Anna Mirijam Kaschner CPS, die Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz, im Interview mit KATH.NET fest. Die Missionsschwester vom Kostbaren Blut und Delegierte bei der Bischofssynode, die im Oktober im Vatikan stattgefunden hatte, reagiert damit auf den Brief von Papst Franziskus an vier Katholikinnen in Deutschland, darunter drei Professorinnen, kath.net hat berichtet. kath.net: Sr. Anna Mirijam, Papst Franziskus hat nun in einem aufsehenerregenden Brief eingeräumt, dass auch er sich um „die inzwischen zahlreichen konkreten Schritte“ sorgt, „mit denen sich große Teile“ der Ortskirche in Deutschland „immer weiter vom gemeinsamen Weg der Weltkirche zu entfernen drohen“. Teilen Sie – und teilt die Nordische katholische Bischofskonferenz – seine Sorge? Sr. Anna Mirijam: Ja, ich teile diese Sorge ganz persönlich – und ich kann da sicher auch für unsere Bischofskonferenz sprechen. Wir haben ja im Jahr 2022 diese Sorge auch in einem offenen Brief an Bischof Bätzing ausgedrückt (siehe Link). Dieser Brief wurde – ebenso wie Briefe anderer Bischofskonferenzen und Bischöfe aus anderen Teilen der Welt zwar zur Kenntnis genommen und irgendwie beantwortet, aber im Grunde nicht ernst genommen. Die Reaktionen waren eher abwehrend und es wurde uns unterstellt, dass wir keine Ahnung von den eigentlichen Absichten und Anliegen des Synodalen Weges hätten. Dies ist übrigens ein Narrativ, das der Synodale Weg immer wieder nutzt, wenn Kritik laut wird. Ein anderes Narrativ, das jetzt insbesondere nach der Weltbischofssynode in Rom immer wieder gesetzt wird, lautet: Die Weltbischofssynode habe gezeigt, dass die Themen des Synodalen Weges eben keine Sonderthemen, sondern überall in der Weltkirche präsent sind. Von daher habe man sozusagen den Freifahrtschein, um jetzt in Deutschland voranzugehen und all das umzusetzen, was man sich vorgenommen habe – zusammen mit einer eher überheblichen Haltung: Die Weltkirche ist lernfähig und wir fühlen uns in Deutschland bestärkt. Als Teilnehmerin an der Weltsynode in Rom kann ich zwar bestätigen, dass viele Themen, die der Synodale Weg behandelt, durchaus auch Themen sind, die in der Weltkirche präsent sind, z.B. die Rolle der Frau, der Umgang mit Menschen aus der LGBTQ Gemeinschaft, die Frage nach der Rolle der Bischöfe usw. Dies haben wir ja auch nie bestritten. Aber die Art des Umgangs mit diesen Themen ist eine komplett andere. In Rom haben wir einander zuallererst zugehört. Wir haben einander – und gerade auch denjenigen, die anderer Meinung waren – einen Raum gegeben, in dem alle sich ausdrücken konnten, ohne unterbrochen zu werden, ohne dass man ihnen ins Wort gefallen wäre. Es war eine Atmosphäre von tiefem gegenseitigen Respekt und geprägt von Gebet und der Suche nach dem Willen Gottes. Beim Synodalen Weg dagegen ging es – meiner Beobachtung nach – darum, seine Meinung durchzusetzen, Mehrheiten zu bilden, die dann die Minderheiten überstimmen konnten. Genau dies wollte Papst Franziskus bei der Weltsynode verhindern. Deshalb war die Synode wirklich ein geistlicher Prozess, bei dem Stille, Gebet und das Hören auf den Hl. Geist Priorität hatten. kath.net: Der Papst verweist in seinem Brief explizit auf seinen „Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ aus dem Jahr 2019 (siehe Link). Ist Ihr Eindruck, dass sein damaliger – offenkundig mit Herzblut geschriebener – Brief in der deutschen, vom synodalen Weg bewegten Kirche stark rezipiert oder wenigstens stark gelesen worden wäre? Sr. Anna Mirijam: Papst Franziskus hat bereits bei mehreren Gelegenheiten auf seinen Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland verwiesen – und auch bedauert, dass dieser Brief leider nicht rezipiert worden ist. Und meiner Meinung nach stimmt das auch. Das Einzige, was passiert ist, ist, dass bestimmte Ausschnitte des Briefes genutzt wurden, um die Richtung des Synodalen Weges zu bestätigen, während andere Passagen, die durchaus als Kritik am Synodalen Weg galten, ausgeblendet wurden. In seinem jetzt veröffentlichten Brief an die vier Frauen geht der Papst wieder auf diesen Brief ein, den er ja selbst entworfen und geschrieben hatte. Ich bin diesen Frauen sehr dankbar für ihren Mut, sich mit ihren Fragen und Sorgen direkt an den Papst zu wenden. In seiner Antwort betont er wieder, dass das Heil eben nicht in immer neuen Gremien zu finden ist und auch nicht darin „in einer gewissen Selbstbezogenheit immer wieder dieselben Themen zu erörtern“, sondern in der Notwendigkeit des Gebets, der Busse und der Anbetung. Diese Begriffe sucht man jedoch in den Dokumenten des Synodalen Weges vergeblich. kath.net: Der Präsident der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Gądecki, hat erst vor wenigen Tagen geäußert, dass ihm fast alle Forderungen des deutsch-synodalen Wegs „Anlass zu ernsthaften Bedenken“ geben. Er glaube, „dass sich die Kirche in Deutschland in der größten Krise seit der Reformation befindet“. Darf sich Ihrer Einschätzung nach Erzbischof Gądecki durch den neuen Brief des Papstes in seinen Sorgen bestätigt fühlen? Sr. Anna Mirijam: Ich kann mir vorstellen, dass der jüngste Brief des Papstes eine Bestätigung für den Vorsitzenden der Polnischen Bischofskonferenz ist. Allerdings gibt es meiner Meinung nach auch Unterschiede in der Bewertung des Synodalen Weges durch Erzbischof Gadecki und den Papst. Während Erzbischof Gadecki die Forderungen nach Veränderungen, die der SW stellt grundsätzlich ablehnt, scheint der Papst eher das Zustandekommen solcher Forderungen als Ergebnis von Abstimmungsprozessen einiger weniger Katholiken, also als das Ergebnis parlamentarischer Prozesse, zu kritisieren. Während der Papst beispielsweise durch die Weltbischofssynode eine Offenheit für Veränderungen in der Kirche zeigt – Veränderungen, die allerdings aus einem geistlichen Prozess heraus entstehen müssen – scheint es so zu sein, dass Erzbischof Gadecki jede Art von Veränderung als Bedrohung betrachtet. Ich stimme ihm zwar zu 100 Prozent zu, dass die katholische Lehre nicht durch Mehrheitsbeschlüsse verändert werden kann. Aber er hat sich ja ebenfalls sehr kritisch zur Weltsynode geäußert. Dort habe es keine Möglichkeit für echte Gespräche gegeben. Dies habe ich persönlich anders erfahren. Und auch viele der anwesenden Bischöfe und Kardinäle, die bereits mehrere Synoden miterlebt haben, berichteten, dass diese Synode viel mehr an Gespräch und Dialog ermöglicht hätte. kath.net: Sie selbst, Sr. Anna Mirijam, waren ja Delegierte bei der jüngsten Bischofssynode des Vatikans. Wurden unter den Delegierten – auch in den nichtoffiziellen Gesprächen – Sorgen über die Kirche in Deutschland thematisiert? Sr. Anna Mirijam: Ja, dies geschah hauptsächlich in den Pausen und außerhalb der Synodenaula. Denn in der Synodenaula war der Synodale Weg in Deutschland kein Thema. Gerade dann, wenn ich in persönlichen Gesprächen zu erkennen gab, dass ich gebürtig aus Deutschland stamme, kamen ganz oft Fragen zum synodalen Weg in Deutschland und auch Besorgnis. Dabei war die am häufigsten geäußerte Sorge, dass es zu einer Spaltung kommen könnte. Aber auch die Heftigkeit der Forderungen des Synodalen Weges, die ja fast keinen Spielraum mehr für Kompromisse oder Veränderungen lässt, stößt bei den Nicht-Europäern ebenso auf Unverständnis, wie eine gewisse Überheblichkeit der Katholischen Kirche in Deutschland. Ein afrikanischer Bischof sagte mir gegenüber sehr deutlich: „Ich verstehe nicht, warum die Weltkirche diese Forderungen übernehmen sollte. Die Kirche in Europa ist alt geworden und müde. Es gibt kaum Berufungen. Es scheint, dass es eine Kirche ist, die langsam stirbt. Bei uns handelt es sich um eine lebendige Kirche, eine junge Kirche, die wächst. Warum sollten wir die Forderungen dieser sterbenden Kirche für uns übernehmen müssen?“ kath.net: Wie stehen Sie selbst eigentlich den Zielvorstellungen des Synodalen Wegs gegenüber? Sr. Anna Mirijam: Das Ziel des Synodalen Weges ist es, einen Synodalen Rat zu errichten, um den Synodalen Weg zu verstetigen. Der jetzt in Essen gegründete Synodale Ausschuss dient dazu, den Synodalen Rat vorzubereiten. Der Synodale Rat wurde jedoch so, wie er geplant ist, als nicht im Einklang mit der sakramentalen Struktur der Kirche betrachtet und daher vom Hl. Stuhl – mit ausdrücklicher Billigung des Papstes – untersagt. Es ist mir ehrlich gesagt, unverständlich, mit welcher Überheblichkeit sich die Mehrheit der deutschen Bischöfe auch über dieses Schreiben hinwegsetzt. Ich fürchte jedoch, dass auch dieser Brief des Papstes mit Dank zur Kenntnis genommen wird inklusive der Versicherung, dass diese Sorgen doch völlig unbegründet seien. Archivfoto Sr. Anna Mirijam und Papst Franziskus (c) privat Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! Lesermeinungen
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