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„Wenn Gott in der ‚Fülle der Zeit‘ seinen Sohn gesandt hat, dann ist jede Zeit unmittelbar zu Gott“

24. Dezember 2023 in Spirituelles, 7 Lesermeinungen
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„Jesus kann nicht überholt werden durch den Wechsel der Zeiten, weil Gottes Ewigkeit alle Epochen der Geschichte und die Biographie jedes einzelnen Menschen umgreift…“. Gedanken zum Weihnachtsfestkreis. Von Gerhard Card. Müller


Vatikan (kath.net) Liebe Brüder und Schwestern in "Jesus dem Christus, dem Sohne Gottes (Mk 1,1).
Als Christen wissen wir, dass wir in Jesus Christus, dem Einzigen, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht“ (Joh 1, 18) alle zusammen Gottes geliebte Söhne und Töchter sind. Denn "ER hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel." (Eph 1, 3).

Als Katholiken verbinden wir unser Wohlwollen für die Mitmenschen mit der wunderbaren Erfahrung, dass alles Vergangene, Gegenwärtige und Zukünftige im Licht Gottes einen Sinn hat. Wenn in der hl. Messe das Opfer Christi für das Heil der Welt sakramental gegenwärtig wird, "sagen wir Gott, dem Vater, jederzeit Dank für alles im Namen unseres Herrn Jesus Christus." (Eph 5, 20). Wir danken Gott, dass er die Welt erschaffen hat und uns alles gibt, was wir zum Leben brauchen. Wir danken ihm, dass er um unseres Heiles willen Mensch geworden ist und dass er uns den Heiligen Geist geschenkt hat. Wir danken ihm für die Kirche, die im Glauben unsere Mutter geworden ist. Sie ist der Leib Christi, in den wir durch die Taufe und die Firmung und das Bekenntnis des katholischen Glaubens eingegliedert worden sind. Wir danken ihm für die Familie, in der wir heranwachsen durften und für unsere Freunde, die uns im Leben treue Begleiter sind. Und wenn Gott uns zur Lebensform der Ehe berufen hat, danken wir für unseren Ehepartner und die Kinder, die wir lieben, weil sie Gottes Geschenk an ihre Eltern und die ganze Kirche Gottes sind.

Wir Christen haben ein musikalisches Lebensgefühl. In unserem Herzen singt und klingt das Danklied der Erlösten. Seine Melodie ist die Liebe und seine Harmonie ist die Freude an Gott. Wir glauben nicht in einem oberflächlichen Optimismus, dass ein blindes Fatum uns immer hold bleibt. Und wir verfluchen nicht wie die hoffnungslosen pessimistischen Anti-Natalisten den Tag, an dem wir geboren sind. Gerade wir, die wir an unsere Erlösung von Tod und Sünde durch die Passion und das Kreuz Christi glauben, wissen, dass keiner vom Leid dieser Welt verschont bleibt, jeder in der Nachfolge sein Kreuz zu tragen hat.

Ein wahrer Jünger Christ setzt vielmehr in Arbeit und Erholung, in Glück und Leiden, ja im Leben und im Sterben seine ganze Hoffnung allein auf Gott. "Denn wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alles zum Besten gereicht."  (Röm 8, 28). Wie aus einer Quelle das Wasser aufsprudelt und zu einem lebendigen Strom wird, der sogar eine Wüste zum Blühen bringt, so ist unsere Freude an Gott der Same auf dem Acker unseres Lebens, der hundertfach gute Früchte hervorbringt. Das ist unsere Gottesverehrung im Geist Christi: "unseren Leib Gott als lebendiges, heiliges und ihm wohlgefälliges Leben darzubringen" (Röm 12, 1). Unser Leben ist ein Opfer für Gott nach dem Vorbild Jesu, der auf dem Altar des Kreuzes sein Leben hingab zur Vergebung der Sünden. Aber es ist derselbe Christus, der uns durch seine Auferstehung das Tor zum ewigen Leben geöffnet hat. Das ist unser Glaube.

Doch mit tiefer Besorgnis fragen sich viele Christen, ob angesichts der Krise der christlich geprägten Gesellschaften des Westens und sogar der Skandale in der Kirche, das Christentum überhaupt noch in unsere Zeit passt. Wankt der Fels, auf den Jesus seine Kirche gebaut hat?


Die von Menschen gemachte Krise ist in der Kirche entstanden, weil wir uns bequem dem Zeitgeist eines Lebens ohne Gott anpassten. Deshalb ist so viel Unerlöstes in unseren verwundeten Herzen, das nach Ersatzbefriedigungen verlangt. Doch wer glaubt, braucht keine Ideologie. Wer hofft, greift nicht zu Drogen. Wer liebt, sucht nicht die Lust der Welt, die mit ihr vergeht. Wer Gott und den Nächsten liebt, findet sein Glück im Opfer der Selbsthingabe. Er wird froh und frei, wenn er im Geist der Liebe die Lebensform annimmt, zu der Gott ihn ganz persönlich berufen hat: in der sakramentalen Ehe, im zölibatären Priestertum oder im gottgeweihten Leben nach den drei evangelischen Räten der Armut, des Gehorsams und der ehelosen Keuschheit um des Himmelreiches willen.

Erinnern wir uns an eine berühmte Weihnachtspredigt des hl. Papstes Leo des Großen. Mitten im Chaos der Völkerwanderung und des Zusammenbruchs aller Ordnungen als das römische Reich unterging, spricht er jeden Katholiken in seinem persönlichen Glauben an. Und seine Worte sollen ins Ohr eines jeden Katholiken gelangen, der unsicher geworden ist in der gegenwärtigen Krise der Kirche: "Christ, erkenne deine Würde! Kehre nicht, nachdem du der göttlichen Natur teilhaftig geworden bist, durch verwerfliche Sitten zur alten Erniedrigung zurück. Denke daran, welchen Hauptes und welchen Leibes Glied du bist! Vergegenwärtige dir, dass du der Macht der Finsternis entrissen und in Gottes lichtvolles Reich versetzt worden bist! Durch das Sakrament der Taufe wurdest du zu einem Tempel des Heiligen Geistes. Vertreibe nicht durch schlechte Handlungen einen so hohen Gast aus deinem Herzen!" (Sermo 21,3).

Dem tödlichen Gift der Schlange entkomme ich nicht, wenn ich Freundschaft mit ihr schließe, sondern wenn ich mich klug von ihr fern halte oder für alle Fälle immer das Gegengift griffbereit habe. Das Gift, das die Kirche lähmt, ist die falsche Meinung, man müsse sie dem Zeitgeist anpassen, die Gebote Gottes relativieren und die Glaubenslehre umdeuten. Man will aus der "Kirche des lebendigen Gottes, die Säule und Grundfeste der Wahrheit" (1 Tim 3, 15) ist, eine bequeme Zivilreligion machen. Die Zustimmung einer nachchristlichen Gesellschaft und der antichristlichen Meinungsmacher in den Mainstream-Medien zu dieser Selbstsäkularisierung der Kirche verwechseln selbst höhere kirchliche Autoritäten mit der Zustimmung zum Glauben an Jesus den Christus. Nicht wer um den Vatikan herumschleicht, um den Papst für die Agenda 2030 vom Klimawandel bis zur Homo-Segnung einzuspannen, kommt wieder nahe an die Kirche heran, sondern nur wer mit Petrus auf Jesus schaut und bekennt: "Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes." (Mt 16,18).

Das Gegengift gegen die Verweltlichung der Kirche ist die "Wahrheit des Evangeliums" (Gal 2,14) und "das Leben aus dem Glauben an Jesus Christus, den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich dahingegeben hat." (Gal 2,20).

Das Zauberwort des Versuchers ist die notwendige Modernisierung, so dass jeder der dieser Ideologie entgegentritt als ihr Feind bekämpft und des Traditionalismus bezichtigt wird. Nur wenige Beispiele für die Perversion der Logik seien genannt: Man diffamiert den Schutz des Lebens von der Empfängnis bis zum Tod als eine mittelalterliche Position, während man die Tötung eines unschuldigen Kindes im Mutterleib und wie die rechtsradikalen Nazis die Euthanasie für ein Menschenrecht hält und wie die linksradikalen Bolschewisten die Entmenschlichung und Ausschaltung der Andersdenkenden für ein geschichtlich notwendiges Opfer hält, das die Partei für den Fortschritt verlangen kann. In der Politik und den Medien geht es um die Macht über die Köpfe und das Geld in unseren Taschen. Darum muss man die Menschen mit den Kampfparolen von konservativ oder zeitgemäß konditionieren. Im Glauben an Gott geht es hingegen um den Gegensatz von wahr und falsch und in der Ethik geht es um  die Unterscheidung von gut und böse. Der Kurs, der die Titanic vor der tödlichen Kollision mit dem Eisberg bewahrt, ist nicht die Ideologie der politischen Linken und Rechten, sondern die Wahrheit des Evangeliums, die uns in Christus, dem Sohn des Vaters, aufgeleuchtet ist. „Und Jesus sagte zu den Juden, die an ihn glaubten: Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wirklich meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Joh 8, 31f).

Kardinal Martini soll gegen die katholische Kirche kurz vor seinem Tod den zweideutigen Vorwurf erhoben haben, sie hinke 200 Jahre hinter der Zeit her. Auf dieses Diktum berufen sich die Atheisten rechthaberisch und schadenfroh. Die progressiven Katholiken spielen hingegen die Musterschüler der Aufklärung und versprechen die versäumten Lektionen vom Tod Gottes, der trans- und posthumanistisch zwangsläufig den Tod des Menschen nach sich zieht, schnell nachzuholen.  

War mit diesem Slogan gemeint, dass die Kirche sich die Ablehnung der geschichtlichen Offenbarung Gottes in Jesus Christus zu eigen machen müsse? Bleibt die Kirche ihrem Grund und Gründer treu, wenn sie zu einer Humanitätsreligion mutiert?

Die friedlichen Agnostiker von heute dagegen, die dem einfachen Volk die Illusion einer Religion gönnen, würden sich gerne des sinnstiftenden Potentials der Kirche bedienen. Denn wenn sie den geoffenbarten Glauben auch nicht für wahr halten, möchten sie ihn dennoch als Baumaterial für eine Welteinheitsreligion verwenden. Der Preis für den Eintritt der Kirche in die Internationale der Weltreligionen sei lediglich der Verzicht auf ihren Wahrheitsanspruch. Der Relativismus lehnt sowieso die Erkennbarkeit der Wahrheit ab und präsentiert sich als Garanten des Friedens aller Religionen und Weltanschauungen. Und in der Tat: Ein Katholizismus ohne Dogmen und Sakramente und das unfehlbare Lehramt ist die Fata Morgana, nach der nicht wenige Kirchenfürsten lechzen, die sich so den Frieden mit einer Welt ohne Gott erkaufen wollen.

Wenn Gott aber in der "Fülle der Zeit" seinen Sohn gesandt hat, der von einer Frau geboren wurde (Gal 4, 4), und den die Hirten von Betlehem finden als "das Kind, das in der Krippe lag" (Lk 2, 16), dann ist jede Zeit unmittelbar zu Gott. Jesus kann nicht überholt werden durch den Wechsel der Zeiten, weil Gottes Ewigkeit alle Epochen der Geschichte und die Biographie jedes einzelnen Menschen umgreift und ihm eine unendliche Wichtigkeit zuspricht. Gegen die neuerungssüchtigen Gnostiker aller Zeiten, die meinen sich durch ihre eigene endliche Vernunft selbst aufklären und erlösen zu können, sagte schon der bedeutendste Kirchenlehrer des 2. Jahrhunderts, Irenäus von Lyon: „Solltet ihr aber auf die Idee kommen, zu fragen: Was hat der Herr denn dadurch Neues gebracht, dass er kam?, so nehmt zur Kenntnis, dass er nur Neues brachte, in dem er der Angekündigte sich selbst brachte. Gerade das wurde nämlich angesagt, dass Neues kommen würde, um den Menschen zu erneuern und zu beleben.“  (Gegen die Häresien IV 34, 1).

In dem konkreten Menschen Jesus von Nazareth ist die universale Wahrheit Gottes konkret jetzt und hier gegenwärtig – im Raum und in Zeit der Geschichte. Jesus Christus ist nicht die Veranschaulichung einer überzeitlichen Wahrheit oder die Symbolisierung einer moralischen Idee oder das Programm eines menschengemachten Paradieses, sondern "der Weg und die Wahrheit und das Leben" in Person (Joh 14, 56). "Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Einer ist Gott, Einer auch Mittler zwischen Gott und den Menschen; der Mensch Jesus Christus." (1 Tim 2, 4f)

Die Kirche geht mit der Zeit in ihren gesellschaftlichen Veränderungen und sie reagiert auf die kulturellen Herausforderungen. Und die Theologie formuliert im Dialog mit dem modernen Weltbild der Wissenschaften und Technik die Vereinbarkeit von Glauben und Vernunft. Sie stellt heraus, dass der Glaube eine Erkenntnis der Wahrheit Gottes ist und ein Licht, in dem wir uns selbst und die Welt in ihrem innersten Ursprung und Ziel verstehen. Diese Erkenntnis verdankt sich aber nur dem Wort Gottes, das Fleisch geworden ist, und das unter uns gewohnt hat (Joh 1, 14). Doch die Wahrheit des geoffenbarten Glaubens kann weder durch innerweltliche Vernunftgründe bewiesen noch widerlegt werden. Die Kirche weiß, dass wir  ohne das Evangelium Christi verloren sind. Maria hat in ihrem Schoß Gott selbst empfangen, der aus ihr geboren werden wollte: Jesus Christus -wahrer Gott und wahrer Mensch, der einzige Retter der ganzen Welt.

Und so beten wir am Hochfest der Gottesmutter Maria: Barmherziger Gott, lass uns auch im Neuen Jahr immer und überall die Fürbitte der gnadenvollen Mutter erfahren, die uns den Urheber des Lebens geboren hat, Jesus Christus, deinen Sohn unseren Herrn und Gott, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit. Amen.


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Lesermeinungen

 clavigo 26. Dezember 2023 
 

@hängematte

ein Großteil meiner Studenten ist der Meinung: .."im Vatikan sitzt der Teufel...."
DIES gesagt von jungen Menschen an einer Berliner UNI...
ohne Worte


0
 
 Hängematte 25. Dezember 2023 
 

Der amerikanische Freund meiner jüngsten Tochter -

24 Jahre - hat gesagt, dass dieses Dokumenten aus Rom unverantwortlich ist!!!


0
 
 clavigo 24. Dezember 2023 
 

was fuer eine heilende wundervolle Predigt, DANKE dafür!!!sie heilt von den Unertraeglichkeiten aus dem Vatikan kommend.
Bergolio, Tuche, Hoellerich, Kaspar, Marx, dieser Baetzing, usw sollten DAS lesen und umsetzen damit unsere Wunden geheilt werden koennen
Dank fuer diese Worte


4
 
 mimamo 24. Dezember 2023 
 

Schwarzbrot

Ja, danke für diese Predigt ... wohltuend und stärkend.


2
 
 SalvatoreMio 23. Dezember 2023 
 

"Die Fülle der Zeiten"

Wirklich, eine sehr wertvolle, inhaltsreiche Predigt, in der man das ganze Jahr über wertvolle Gedanken finden kann. - Mir gefällt besonders das Wort des Irenäus von Lyon (2. Jh.) hinsichtlich neuerungssüchtiger Gnostiker: "Solltet ihr auf die Idee kommen, zu fragen: Was hat der Herr denn dadurch Neues gebracht, dass er kam?, so nehmt zur Kenntnis, dass er nur Neues brachte, in dem er, der Angekündigte, sich selbst brachte".


2
 
 Johannes14,6 23. Dezember 2023 
 

Danke für diese Predigt, mehrfach zu lesen !!!

"Nicht wer um den Vatikan herumschleicht, um den Papst für die Agenda 2030 vom Klimawandel bis zur Homo-Segnung einzuspannen, kommt wieder nahe an die Kirche heran.."

Die Agenda 2030 und das "Null" CO2-Ziel mit ihrem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen wird nach Schätzungen zum Hungertod von ca 4 Milliarden Menschen führen. (Dr. Peter Mayer, tkp.at)
"Der Preis für den Eintritt der Kirche in die Internationale der Weltreligionen sei lediglich der Verzicht auf ihren Wahrheitsanspruch.." So ist es. Darum ist das Festhalten an Jesus Christus, Weg, WAHRHEIT, Leben überlebenswichtig.(Joh 14,6)


3
 
 Hängematte 23. Dezember 2023 
 

Wow, diese Predigt hat es in sich!

Keine Kuschelpredigt............
Sie ist es wert angeschaut und durch dacht zu werden!!!!!!!


4
 

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