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| Der ermordete Gott und die leeren Kirchen, oder: Zeichen des verdunstenden Glaubens. Die Hoffnungvor 20 Stunden in Aktuelles, 3 Lesermeinungen Una, Sancta, Catholica et Apostolica Ecclesia. Die Botschaft von Papst Benedikt XVI. ist klar: Es gibt keinen Grund zur Resignation. Die Verdunstung des Glaubens ist keine unausweichliche Realität, sondern ein Ruf zur Erneuerung. Von Armin Schwibach Rom (kath.net/as) Tja… Der emeritierte Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat zu mehr Kreativität bei der „Umnutzung von Kirchen“ aufgerufen, meldete die katholische Nachrichtenagentur „KNA“ am Mittwoch, den 27. November 2024. „Ich würde zum Beispiel auch ein Restaurant nicht ablehnen, wobei es zwischen einer Kneipe und einem Restaurant Unterschiede gibt“, meinte Schick gegenüber dem Kölner Internetportal „domradio.de“. Vieles sei mit dem Sinn von Kirchengebäuden vereinbar. „Medizin, psychotherapeutische Praxen, Gemeinschaftspflege, Musik, Theater“, so Schick weiter. Was Gemeinschaft stifte, passe zum Sinn von Kirchen. „Kreativität“ sei vor allem angesagt, aber Kreativität „mit Grenzen“: „In einer Kirche kann es keinen Sexshop geben“, so der Erzbischof. Das sei mit dem Sinn des Gebäudes unvereinbar. Immerhin. Aber die Tragik zeichnet sich deutlich ab. „Gott ist tot. Gott bleibt tot. Und wir haben ihn getötet“ - Mit diesem Satz zeichnete Friedrich Nietzsche schon im Jahr 1882 in seiner „Fröhlichen Wissenschaft“ nicht nur eine scharfsinnige Diagnose über die Moderne, sondern offenbarte prophetisch eine Krise, deren Tragweite wir heute deutlicher denn je erkennen: Die Entfremdung der Gesellschaft von Gott und Glauben, eine Entfremdung, die gerade der ehemals abendländisch genannten Welt zu schaffen gibt. Das religiöse Fundament, das christliche Fundament, das einst Kultur, Moral und Gemeinschaft Europas trug, scheint zusehends zu verdunsten – ein langsamer, beinahe lautloser Prozess, der sich in leerstehenden Kirchen, schwindenden Gottesdienstbesuchern und der sakramentalen Verwahrlosung zeigt. Von Gotteshäusern zu Konsumtempeln? Es ist kein Geheimnis: Die Zahl der katholischen Gläubigen in unseren Breiten sinkt rapide. Jahr für Jahr schließen Kirchen ihre Türen. Manchmal werden sie abgerissen, häufiger jedoch umgewidmet. Dort, wo einst sich der Altar erhob und der Mensch vor dessen Stufen kniete, bevor er sich ihm nähern konnte, laden heute auch Supermarktregale zum Konsum ein. Bereits in Nebenräumen entsorgte Tabernakel weichen nun endgültig Tanzflächen, und Glockentürme können zu Signaturen moderner Hotels oder anderem werden. Die sakralen Räume, die einst Stätten des Gebets und der sublimen Transzendenz waren, des wahrhaft demütigen Lobes Gottes und seiner mystischen Gegenwart, verwandeln sich in Orte der Weltlichkeit. Der Kniefall vor dem Allerheiligsten wird zum Kniefall vor dem materiellen Gut in jeglicher Hinsicht. Einst erklangen das „Te Deum laudamus“, das „Symbolon“, das „Credo in unum Deum, in „Unam, Sanctam, Catholicam et Apostolicam Ecclesiam“. Heute wird nur allzu gern ein Credo auf dem Registriercomputer einer Kasse mit ihren „Biep“ gespielt und eine neue „Ekklesiologie“ des verelendeten Kirchenraumes aufgeführt. Dieser Wandel ist mehr als nur eine „wirtschaftliche“ Anpassung an die Realität schwindender Mitgliederzahlen. Er ist dramatisches und tragisches Zeichen für die von Päpsten wie Pius X., Johannes Paul II. und Benedikt XVI. diagnostizierten großen Apostasie, für einen Glaubensabfall und einen Glaubensverfall, der nicht plötzlich, sondern schleichend erfolgte. Die Kirchengebäude selbst werden zu den „Grabdenkmälern des toten Gottes“, zu Zeugen einer spirituellen Wüste, die sich ausbreitet, weil die Grundpfeiler des Glaubens – Schrift, Tradition, Lehramt und damit Rom als universaler Anker und „katéchon“– immer mehr aus dem Bewusstsein verschwinden. Nietzsche: Prophet eines Niedergangs Friedrich Nietzsche hatte in der „Fröhlichen Wissenschaft“ (Nr. 125) erkannt oder vielmehr erspürt, dass der „Tod Gottes“ keine zufällige Entwicklung ist, sondern eine Konsequenz des menschlichen Strebens nach Autonomie, nach der Befreiung von jeglicher Autorität und absoluter Wahrheit. Seine Worte – „Wir haben ihn getötet“ – sind dabei nicht als Triumph, sondern als Warnung zu verstehen. „Habt ihr nicht von jenem tollen Menschen gehört, der am hellen Vormittage eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: Ich suche Gott! Ich suche Gott!“, lässt Nietzsche rufen. Ja, der „tolle Mensch“ ist unterwegs und schreit um Gottes willen: „Wir alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir dies gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Weg von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittage angezündet werden? Hören wir noch nichts vom Lärm der Totengräber, welche Gott begraben? Riechen wir noch nichts von der göttlichen Verwesung? – auch Götter verwesen! Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder? Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt bisher besaß, es ist unter unseren Messern verblutet – wer wischt dies Blut von uns ab? Mit welchem Wasser könnten wir uns reinigen? Welche Sühnefeiern, welche heiligen Spiele werden wir erfinden müssen? Ist nicht die Größe dieser Tat zu groß für uns?“. Wo der Glaube an eine transzendente Ordnung erlischt, bleibt ein moralisches und geistiges Vakuum zurück. Die Einsamkeit und Verzweiflung des tollen Menschen- durch nichts können sie wirklich gefüllt werden. Die moderne Gesellschaft des Abendlandes im Abgesang und in dieser eine sich selbst verheutlichende Kirche scheinen diesen prophezeiten Vakuumzustand nun zu durchleben. Ohne den Blick auf das Absolute zerfällt die Einheit von Sinn und Gemeinschaft. Pluralismus, Multipolarität, Relativismus und die Loslösung von objektiven Wahrheiten verstärken den Zerfall. Und so verdunstet der Glaube nicht nur in den Kirchen, sondern auch in der Gesellschaft selbst, die daher zunehmend orientierungslos wird. Die Verdunstung des Glaubens Warum ist der Glaube am Verdunsten? Ein wesentlicher Grund liegt in der Entfremdung von den Fundamenten der katholischen Kirche. Die Missachtung der Tradition, die Verwässerung der authentischen Schriftinterpretation, der Bruch mit dem Lehramt aufgrund dessen Verflüssigung und die Erosion Roms als Wesenszentrum der „Ecclesia universalis, una, sancta et apostolica“ haben dazu geführt, dass viele Gläubige sich im Glaubensleben nicht mehr orientieren können. Wo einst klare Worte und „nicht verhandelbare Werte“ standen, herrscht heute Verwirrung, und wo einst der Blick auf das Ewige dominierte, hat sich eine Fixierung auf das Zeitliche eingeschlichen. So verspürte Benedikt XVI. im September 2011 in Deutschland die Notwendigkeit, auf die Notwendigkeit einer radikalen Entweltlichung zu verweisen. Das 20. und nun 21. Jahrhundert haben gezeigt, dass die Anpassung der Kirche an den Zeitgeist keine Lösung ist, der tolle und heute „woke“ Mensch - er ist nichts anderes als eine Chimäre. Vielmehr führt sie zu einer Verwässerung, die den Glauben selbst entkräftet. Die Verdunstung des Glaubens ist das Ergebnis eines Mangels an Rückbesinnung auf die ewigen Wahrheiten, die die katholische Kirche seit Jahrhunderten bewahrt und für die Gegenwart in ihrem Bedürfnis nach Heil und Hoffnung ausschüttet. Die Idee als Ideologie ersetzt die Wirklichkeit. Der Wille zur Macht versucht, sich zum alleinigen Kriterium zu erheben. Aber er scheitert. Mit dem Ergebnis: entmenschlichender Verheerungen. Hoffnung in der Wirklichkeit des „kleinen Rests“ „Nah ist und schwer zu fassen der Gott. Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“ (Friedrich Hölderlin): Doch trotz aller Düsternis ist nun nicht alles verloren, hat der Herr der Kirche doch verheißen, dass er sie nicht verlassen wird und dass die Gewalten der Unterwelt und des Bösen nicht den Sieg davon tragen werden: die Kirche ist eine und allein gestiftet von Christus, ihr Leben ist auf die Ewigkeit hin ausgerichtet, sie lebt menschlich in der Dimension des „schon“ und des „noch nicht“ - dies gerade in der nunmehr anbrechenden Zeit der Erwartung des Kommens des Herrn. Gott bricht in die Geschichte ein, der ewige Logos nimmt Fleisch an, er, der Gott ist von Anfang an, wird ganz Mensch. Der Opfertod Gottes am Kreuz - dem Angel-und Drehpunkt der Schöpfung - ist die universale und endgültige Gabe, zu der das Geschöpf berufen ist. Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, es war auf ihn hin gerichtet, und das Wort war Gott: der Apostel Johannes führt in das göttliche Licht hinein, denn: „das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst“. Nun denn, inmitten des allgemeinen Niedergangs gibt es einen „kleinen Rest“ – eine Gemeinschaft von Gottgefälligen und Glaubenden, die treu zu den Fundamenten des Glaubens stehen. Sie suchen nicht nach Anpassung, sondern nach Authentizität; nicht nach weltlicher Relevanz, sondern nach ewiger Wahrheit. Dieser kleine Rest zeigt, dass die Rettung der Kirche nicht durch äußere Reformen, sondern allein durch eine innere Rückkehr zur Quelle des Glaubens möglich ist. Vielleicht ist die Krise des Glaubens und der Kirche, die wir erleben, ein notwendiger Schritt (erneut sei auf die Freiburger Konzerthaus-Rede Benedikts XVI. verwiesen), um das Wesen des Glaubens neu zu entdecken. Die Entleerung der Gotteshäuser und die Entfremdung der Gesellschaft können ein Ruf zur Umkehr sein – ein Ruf, der uns erinnert, dass der Glaube nicht im Nichts verschwinden muss und kann, wenn wir ihn auf das Absolute gründen. Nietzsche mag recht gehabt haben, dass der Tod Gottes ein epochales Ereignis ist. Doch ebenso wahr bleibt: Wo der Glaube treu gelebt wird, da kann selbst ein ermordeter Gott (den wir getötet haben, indem wir seinen wahren Opfertod weder erkennen noch glauben noch leben) wieder lebendig werden. Inmitten der beschriebenen Krise weist uns das Denken Joseph Ratzingers-Benedikts XVI. einen Weg der Hoffnung, der auf einer Rückbesinnung auf die Wahrheit und Tiefe des christlichen Glaubens beruht. Der Papst erinnerte stets daran, dass der Glaube keine bloße kulturelle Konvention sei, sondern die Antwort auf die Begegnung mit dem lebendigen Gott. In seiner Enzyklika „Deus Caritas Est“ schrieb er: „Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt“ (1). Die Krise des Glaubens, wie sie in leerstehenden Kirchen und der Entfremdung von sakralen Werten sichtbar wird, ist in den Augen Benedikts eine Einladung, zu dieser lebendigen Begegnung zurückzukehren. Der Glaube darf nicht auf soziale Projekte oder auf eine bloße Tradition der Gewohnheit reduziert werden. Vielmehr ist er die Quelle von Hoffnung und Heil, die sich in der lebendigen Beziehung zu Christus zeigt. Der „kleine Rest“ und die „kreative Minderheit“ als Keimzelle der Erneuerung Benedikt XVI. betonte immer wieder die Bedeutung eines glaubensstarken Kerns, den er als „kleine Gemeinschaft“ oder „kleine Herde“ bezeichnete. In einer vielbeachteten Radiobotschaft aus dem Jahr 1969 sprach der damalige Theologe Ratzinger prophetisch über die Zukunft der Kirche: „Die Kirche wird kleiner werden, sie wird viele ihrer sozialen Privilegien verlieren, aber sie wird eine tiefere Kirche werden, eine Kirche des Glaubens und des Gebets, eine Kirche, die ihre innere Mitte in Christus findet.“ Dieser „kleine Rest“, der sich nicht vom Zeitgeist, sondern vom Geist Christi leiten lässt, ist keine Ansammlung von Resignierten, sondern ein Same der Hoffnung. Hier zeigt sich die Wahrheit der christlichen Botschaft in ihrer Reinheit und Unverfälschtheit. Benedikt erkannte, dass in der Krise eine Chance zur Vertiefung des Glaubens liegt, eine Gelegenheit, den Glauben an die nächste Generation weiterzugeben – nicht als leere Tradition, sondern als gelebte Erfahrung. Auch in Freiburg betonte Benedikt XVI., dass die Kirche durch „Entweltlichung“ zu ihrer wahren Mission zurückfinden muss. Dabei geht es nicht um den Rückzug aus der Welt, sondern um die Befreiung von falschen Bindungen an Macht, Wohlstand und Anerkennung. Er sagte: „Die eigentliche Krise der Kirche in der westlichen Welt ist eine Krise des Glaubens. Wenn wir nicht zu einer wirklichen Erneuerung des Glaubens finden, wird alle strukturellen Reformen wirkungslos bleiben.“ Hierin liegt die wahre Hoffnung: Nicht die äußeren Strukturen oder die Zahl der Kirchenbesucher sind entscheidend, sondern die Wiederentdeckung der tiefen Wahrheit des Evangeliums. Es ist die Liebe Christi, die in der Krise neue Anfänge ermöglicht, die Kraft zur Umkehr gibt und das Leben der Kirche erneuert. Ein Glaube verwandelt die Welt. Der Kirchenlehrer Benedikt XVI. wusste, dass die Kirche nur dann Hoffnung ausstrahlen kann, wenn sie selbst eine lebendige Hoffnung in sich trägt. Diese Hoffnung entspringt der Verheißung Jesu: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20). Die Sakralität der Kirchenräume ist nicht verloren, wenn sie von glaubensstarken Gemeinschaften neu belebt werden, wo ebendiese Gemeinschaften das ewige Mysterium feiern und ihr Leben aus diesem schöpfen. Wo der Glaube treu gelebt wird, kann der „verdunstete“ Glaube wieder zu einer Quelle lebendigen Wassers werden. Die Botschaft Benedikts ist klar: Es gibt keinen Grund zur Resignation. Die Verdunstung des Glaubens ist keine unausweichliche Realität, sondern ein Ruf zur Erneuerung. Die Kirche wird nicht durch äußere Reformen oder Anpassung an den Zeitgeist gerettet, sondern durch den Glauben an den, der gesagt hat: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“ (Joh 11,25). Die Kirche wird nicht durch Masse, Applaus, „demokratische Strukturen“, „synodale“ Phantasien und beliebige Show-Effekte gerettet, sondern durch Glaubenstreue. Die Rettung liegt nicht in der Anpassung an den Geist der Zeit, sondern in der Rückkehr zu dem Geist, der alle Zeiten trägt: in der Rückkehr zum Königtum Christi. Der „tolle Mensch“ - er wird nicht siegen. Das nunmehr anbrechende Heilige Jahr der Gnade fordert und bietet anderes. Es führt den glaubenden Menschen hinein in die himmlische Liturgie, in die ewige Anbetung Gottes. Sie ist Vorgeschmack auf die himmlische Herrlichkeit. Die Kirche auf Erden nimmt an dieser Anbetung teil, hineingenommen in das Geheimnis des eucharistischen Opfers. Das ist der Kern aller Hoffnung. Introibo ad altare Dei. Ad Deum, qui laetificat juventutem meam.
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