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"Bin immer so ein bisschen dagegen, dass man die Kardinäle in zwei Gruppen einteilt"

7. August 2025 in Aktuelles, 7 Lesermeinungen
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Kard. Anders Arborelius zum Konklave: "Ich denke, dass wir alle gefühlt haben: Hier ist das Arbeitsfeld des Heiligen Geistes" - Situation in Schweden: "Nichts unversucht lassen, Migranten zu integrieren". Interview von Hartmut Salzmann/Bonifatiuswerk


Paderborn-Stockholm (kath.net/Bonifatiuswerk) Er war schon einmal "Schwede des Jahres", ist Bischof von Stockholm und erster und einziger Kardinal seines Heimatlandes: Anders Arborelius. Der 75-Jährige leitet das Bistum Stockholm seit 1998. Im vergangenen Jahr hat er sein Rücktrittsersuchen eingereicht. Rom nahm es zwar an, im Amt ist Kardinal Arborelius immer noch. Über seine Nachfolge wurde bislang nicht entschieden. Zukunftspläne hat Anders Arborelius trotzdem. Im Interview mit dem "bonifatiusblatt" – dem Magazin des Bonifatiuswerkes – spricht er über seinen Ruhestand, Papst Leo XIV. und die Situation der Kirche in Schweden. Die Fragen stellte Hartmut Salzmann.

Bonifatiusblatt: Herr Kardinal Arborelius, Sie wurden eine Zeit lang als möglicher Nachfolger von Papst Franziskus gehandelt. Eine große deutsche Tageszeitung schrieb dazu: "Er gilt als besonnener Mensch und als gleichermaßen beliebt unter Konservativen wie Progressiven." Stimmen Sie zu?

Kardinal Anders Arborelius: Ich bin immer so ein bisschen dagegen, dass man die Kardinäle in zwei Gruppen einteilt. Denn in manchen Fragen sind wir ja als Christen sehr traditionell, sehr konservativ vielleicht, und in anderen Fragen nicht. Ich habe immer versucht, mich nicht in diese Art Parteigruppen einteilen zu lassen. Es ist das Beste, dass wir uns in der Kirche dieser politischen Terminologie nicht zu oft bedienen. Denn sonst werden wir davon mehr geprägt. 

Sie gehören zu den Kardinälen, die unseren Papst wählen durften. Wie haben Sie die Atmosphäre im Konklave erlebt und was haben diese Eindrücke mit Ihnen gemacht? Einen Papst wählt man schließlich nicht so oft…

Kardinal Arborelius: …ja, das ist wirklich wahr. Es war für mich nur einmal im Leben möglich, dieses Privileg und diese Gnade zu erfahren. Aber natürlich war es auch sehr spannend und sehr interessant zu sehen, wie gut alles organisiert war. So viele Leute waren da, um uns zu helfen. In der Sixtinischen Kapelle ging es sehr feierlich zu. Und ich denke, dass wir alle gefühlt haben: Hier ist das Arbeitsfeld des Heiligen Geistes. Es sind nicht wir, die einen Kandidaten finden, sondern es ist Gott, der durch den Heiligen Geist uns hilft, denjenigen zu wählen, der zuvor schon von Gott erwählt worden war.


Sie kennen Robert Francis Prevost sicherlich aus der Zeit vor seiner Wahl zum 267. Bischof von Rom. Wie haben Sie ihn als Menschen erlebt?

Kardinal Arborelius: Ich kannte ihn von einigen Begegnungen im Bischofs-Dikasterium, dessen Präfekt er war. Er hat unsere Diskussionen sehr gut geleitet hat. Er hat allen zugehört und war immer eher zurückhaltend. Er wollte seine Ansichten nie ins Zentrum stellen. Man hat ihn kennengelernt als eine tiefgläubige und demütige Person, die gleichzeitig sehr große Fähigkeiten hat und die Menschen kennt. Wir alle waren davon begeistert. Nach seiner Wahl kam der Papst zu uns ins Dikasterium, um sich noch einmal bei uns zu bedanken. Ein sehr, sehr guter Mensch.

In meinem Umfeld erlebe ich viel Zustimmung für unseren Papst. Er wird deutlich als Botschafter des Friedens wahrgenommen. Welche Hoffnung verbinden Sie persönlich mit dem Pontifikat von Papst Leo VIX. –  und welche Erwartungen haben Sie an ihn?

Kardinal Arborelius: Er hat gesagt, dass er die Einheit in der Kirche fördern möchte. Gleiches gilt sicherlich auch für sein eigenes Land, die Vereinigten Staaten von Amerika, wo es eine offene Polarisation in der Gesellschaft gibt. Papst Leo VIX. ist ein Mann des Dialogs. Ich denke also, dass er viele Möglichkeiten hat, den Dialog innerhalb der Kirche und in der Gesellschaft voranzubringen. Er hat ja schon vieles getan, um gute Beziehungen zu stärken – zum Beispiel zum Judentum. Und er hat den Vatikan als Ort für Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine angeboten. Ich sehe bei ihm viele Gaben, viele Charismen, die ihm helfen werden, sich für die Einheit in der Welt, für den Frieden und für das Gespräch einzusetzen. In dem Sinne bin ich sehr hoffnungsvoll.

Sie sind in einem lutherischen Umfeld groß geworden. Im Altern von 20 Jahren konvertierten Sie zum römisch-katholischen Bekenntnis. Was waren die Gründe dafür? 

Kardinal Arborelius: Ich bin in Schweden aufgewachsen, jedoch in der Schweiz geboren. Meine Familie pflegte eine Freundschaft mit den Birgitta-Schwestern in Lugano, und ich hatte während meiner Kindheit und Jugend viel mit diesen Schwestern zu tun. Ich denke, dass ich sehr geprägt wurde von ihrer Güte und Frömmigkeit. Ich war nie aktiv in der lutherischen Kirche in Schweden. Ich bin dort getauft und gefirmt worden, aber ich hatte einen eher allgemeinen christlichen Glauben. Ganz allmählich habe ich dann verstanden, dass die katholische Kirche die Kirche ist, die Christus gegründet hat und zu der ich gehöre. Man kann also sagen: Ich bin nicht von etwas weg-konvertiert, sondern ich bin zur katholischen Kirche hin-konvertiert.

Hat dieser Teil Ihrer Biografie Ihre Einstellung zur Ökumene geprägt? Wenn ja: In welcher Weise?

Kardinal Arborelius:  Ich kann nicht behaupten, dass ich die lutherische Kirche hierzulande gut kenne. Aber es ist für mich sehr erfreulich zu sehen, dass es viel Gemeinsames gibt. Gleichzeitig gibt es auch Unterschiede, dogmatischer und ethischer Art. Aber wir müssen uns freuen über das, was wir in Jesus Christus gemeinsam haben. Es ist sehr, sehr wichtig in unserer Zeit, dass wir zusammen als christliche Kirchen den Menschen helfen, Jesus kennenzulernen und das Evangelium zu empfangen. Deswegen versuche ich mich für die Ökumene einzusetzen. Hierzulande und anderswo.

Die katholische Kirche in Schweden wächst. Binnen 15 Jahren ist die Zahl der registrierten Katholikinnen und Katholiken von 40.000 auf 131.000 gestiegen. Wo sehen Sie die Gründe? 

Kardinal Arborelius:  Wir sind auch heute noch eine Minderheit. Die Anzahl der Konvertierungen ist ziemlich begrenzt – etwa 100 jährlich. Aber die Kirche wächst durch die Einwanderung. Das ist deutlich. Die Migranten, die zu uns kommen, bringen ihre Traditionen und ihre Gewohnheiten mit. Und da ist es für uns sehr wichtig, dass wir sie in unsere Gemeinschaft aufnehmen und dafür sorgen, dass sie sich wohl fühlen und etwas beitragen können. Denn meistens, wenn man als Migrant kommt, fühlt man sich ein bisschen zweitrangig, zweitklassig. Und darum dürfen wir nichts unversucht lassen, um die Migrantinnen und Migranten in den Gemeinden zu integrieren, damit sie auch uns helfen können, unseren Glauben zu leben.

Erreichen Sie die eingewanderten Glaubensschwester und -brüder denn so einfach? Welche Barrieren gibt es?

Kardinal Arborelius: Es gibt viele Einwanderer, die sehr eifrig sind und die Kirchen immer aufsuchen. Aber wir haben hierzulande nicht so viele katholische Gotteshäuser. Es ist nicht so einfach, zum Gottesdienst zu kommen. Die Verhältnisse sind ganz andere als in Deutschland. Ein weiteres Phänomen ist, dass viele der Einwanderer nur zur Messe kommen, wenn diese in ihrer Muttersprache gehalten wird – also auf Polnisch, Arabisch, Kroatisch, Spanisch und so weiter. Das ist aber kaum möglich. Wir versuchen deshalb, die Migranten davon zu überzeugen, die schwedischsprachigen Gottesdienste mit uns zu feiern. Sie werden dadurch ja auch in die Gesellschaft integriert. 

Sie sprachen die geringe Anzahl von katholischen Kirchen in Schweden an. Das ist letztlich ein infrastrukturelles Problem, das die Weitergabe des Glaubens erschwert. Welche Rolle spielt da die Unterstützung durch das Diaspora-Kommissariat der deutschen Bischöfe? 

Kardinal Arborelius: Das ist eine sehr große Hilfe. Das Bonifatiuswerk und das Diaspora-Kommissariat tun alles, um uns zu helfen. Nicht nur um neue Kirchen zu bauen, auch um pastorale Einsätze zu ermöglichen – zum Beispiel in der Jugendarbeit oder bei missionarischen Initiativen. Und sie geben Geld für die Löhne der Priester. Die Hilfe, die wir bekommen, geht aber deutlich darüber hinaus. Wir werden oft nach Deutschland eingeladen – wir als Bischöfe, aber auch verschiedene kirchliche Gruppen. Diese persönlichen Beziehungen sind außerordentlich wertvoll und stärken uns im Glauben.

Bereits 2024 haben Sie bei Papst Franziskus Ihr Rücktrittsersuchen eingereicht. Sie sind 75 Jahre alt. Wenn Sie mir die Bemerkung erlauben: Für einen Kardinal ist das noch zu früh für den Ruhestand. Was sind Ihre Pläne für die kommenden Jahre?

Kardinal Arborelius: Der Rücktritt wurde angenommen, aber ich muss noch bleiben. Ich werde mich gedulden, bis der Heilige Vater einen Nachfolger für mich gefunden hat. Im Augenblick ist es also nach wie vor meine hauptsächliche Aufgabe, das Bistum Stockholm zu leiten. Ich hoffe, dass ich danach irgendwann ins Karmeliterkloster in Norraby hier in Südschweden zurückkehren darf. Dort, wo ich damals eingetreten bin und lange gelebt habe. Aber zuerst muss ich von Rom informiert werden, wann ich mich zurückziehen darf. Ich werde also warten auf das "Wann, Wo und Wie".

Foto Kardinal Arborelius (c) Patrick Kleibold/Bonifatiuswerk


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