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| Gott ist anders18. September 2005 in Schweiz, keine Lesermeinung Martin Meier-Schnüriger kommentiert den Hirtenbrief der Schweizer Bischöfe zum Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag von heute Sonntag. Altendorf (www.kath.net) Das ebenso liebevolle wie andauernde Bemühen des verstorbenen Papstes Johannes Pauls II. und seines Nachfolgers Benedikts XVI. um die Kirche Schweiz ist nicht ohne gute Früchte geblieben. Noch vor zehn Jahren wäre ein so klares Bekenntnis zur Weltkirche durch die Schweizer Bischöfe, wie es im Bettagshirtenbrief zum Ausdruck kommt, ebenso undenkbar gewesen wie etwa der Aufruf zur eucharistischen Anbetung. Das Abdriften der Kirche Schweiz auf einen nationalen Sonderweg scheint vorderhand, jedenfalls was die Kirchenspitze angeht, gestoppt. Die so genannte und selbst ernannte Basis wird sich entscheiden müssen, ob sie den Hirten folgen oder in Eigenregie den Sonderweg weiter verfolgen will; letzteres würde aber die endgültige Spaltung nach sich ziehen, die faktisch vielerorts - Röschenz lässt grüssen - schon verwirklicht ist. Die Bischöfe stehen am Beginn ihres Hirtenbriefes dazu, dass in der heutigen Zeit viele Menschen, auch gläubige Christen, mit der Kirche nicht klar kommen. Sie wollen aber dazu ermutigen, den Kopf nicht hängen zu lassen, sondern im Hier und Heute Gottes Anruf zu entdecken und unsere Berufung als Christinnen und Christen überzeugend zu leben. Nur in der Umkehr können wir Gott entdecken. Selbstkritisch meinen sie: Wir alle müssen uns fragen, ob nicht auch wir mitschuldig sind an der gelähmten Situation der Kirche in unserem Land auch wir Bischöfe. In einer Zeit, die auf unser Zeugnis in besonderer Weise wartet, verlieren wir sehr viel an Glaubwürdigkeit mit internen Schwierigkeiten und der Weise, wie wir mit diesen umgehen. Wie viel Energie und Einsatz brauchen wir, um gegeneinander zu kämpfen oder interne Angriffe abzuwehren! Dass unsere eigentliche Aufgabe und der Auftrag, den wir durch die Taufe erhalten haben, darunter leiden, müssen wir beschämt feststellen. Hier wird die gleichermassen beschämende und lähmende Spaltung der Kirche Schweiz in Progressive und Konservative offen thematisiert. Beide Seiten werden zu Recht zu einem christlichen Umgehen miteinander aufgefordert. Gerade die Bischöfe selbst leiden unter dieser Spaltung sehr, werden doch von beiden Seiten grosse Erwartungen an sie herangetragen, denen sie oft nicht oder jedenfalls nicht sofort entsprechen können. In diesem Zusammenhang betonen sie, dass Gott anders ist, und zwar im folgenden Sinn: Gott ist anders, als er im Religionsunterricht oder daheim von den Eltern dargestellt wurde. Gott ist anders, als er in vielen Drohpredigten gezeichnet wurde und vielleicht gelegentlich immer noch wird. Gott ist aber auch anders, als ich ihn mir vorstelle oder eine auch noch so große Mehrheit. Man kann sich fragen, wie geschickt es ist, den immerhin durch die Bischöfe selbst letztverantworteten Religionsunterricht und die Glaubensunterweisung in der Familie in Zweifel zu ziehen, doch muss man ehrlicherweise zugeben, dass heute sowohl im Religionsunterricht als auch zu Hause nicht selten merkwürdige und einseitige Gottesvorstellungen vermittelt werden, indem etwa Gottes Güte und Barmherzigkeit betont, seine Gerechtigkeit aber verschwiegen wird, was dann zum Fasnachtslied-credo führt: Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel, weil wir so brav sind! Der tägliche Blick in die Zeitung sollte uns eigentlich zeigen, dass wir eben nicht alle immer so brav sind. Die deutliche Absage an die simplifizierten Gottesbilder der Mehrheit macht klar, was Sache ist: Gott lässt sich nicht nach unseren Wünschen zurechtbiegen, er passt sich auch nicht dem Geschmack des Zeitgeistes an und lässt über seine Gebote nicht basisdemokratisch abstimmen. Die Bischöfe fahren weiter: Dass Gott anders ist, als wir ihn uns vorstellen, birgt neben allem Schmerzlichen die Möglichkeit in sich, dass wir uns immer neu aufmachen und diesen Gott wirklich suchen. Gott ist anders. Und das Leben mit Gott ist viel spannender, als wir es oft als Kirche bezeugen. Papst Johannes Paul II. hat bei seinem Besuch anlässlich des nationalen Jugendtreffens in Bern den jungen Menschen zugerufen: Nicht Was ist Wahrheit?, sondern Wer ist Wahrheit? muss es heissen (...). Die Wahrheit ist Jesus Christus, der in die Welt gekommen ist, um uns die Liebe des Vaters zu offenbaren und zu schenken. Wir sind aufgerufen, mit unserem Wort und vor allem mit unserem Leben diese Wahrheit zu bezeugen! Allein schon die Tatsache, dass hier Papst Johannes Paul II. zitiert wird, ist bemerkenswert. Die verschiedenen Weltjugendtage und besonders die Begegnung des Papstes mit der Schweizer Jugend im Juni 2004 hat auch unsere Bischöfe zur Einsicht gebracht, dass diese Kirche und ihre Exponenten bei den Jungen durchaus ankommen. Das stärkt ihnen den Rücken bei ihrer schweren Aufgabe, das Schifflein Kirche Schweiz vom bisherigen Schlingerkurs wieder ins rechte Fahrwasser zu steuern. Inhaltlich rufen uns die Bischöfe dazu auf, unsern Glauben konkret zu leben, ihn - gerade in einer scheinbar glaubenslosen Zeit - als eine spannende Herausforderung zu empfinden, keinesfalls aber als stumpfes Ritual, das es ohne innere Anteilnahme abzuspulen gilt. Sie ermutigen mit diesen Zeilen all jene Katholikinnen und Katholiken, die mehr wollen als den sonntäglichen Kirchgang, dem oft keine werktäglichen Taten folgen. Die neuen kirchlichen Bewegungen etwa - von progressiven Kreisen und den ihnen dienstbaren Medien mit Argusaugen beobachtet und überkritisch bewertet - dürfen aus diesen Zeilen des Hirtenbriefes die bischöfliche Bestätigung der Richtigkeit ihres Tuns entnehmen. Im Hirtenbrief heisst es: Jesus Christus können wir nicht einfach haben. Wir können mit Ihm immer vertrauter werden, wenn wir die Begegnung mit Ihm suchen. Papst Johannes Paul II. spricht immer wieder davon, dass es darum geht, das Antlitz Christi in unserem Alltag zu entdecken: in seinem Wort, in den Sakramenten, in der Kirche, in jedem Menschen, besonders im Armen, Leidenden und Bedürftigen. Man braucht den Blick des Glaubens, um Christus zu erkennen. Zwei Weisen der Christusbegegnung möchten wir hier besonders in Erinnerung rufen. Die Betrachtung des Wortes Gottes ist ein wichtiger Weg der Gottsuche. (...) In besonderer Weise begegnen wir dem Geheimnis Jesu Christi in der Anbetung vor dem Tabernakel. Im anbetenden Dasein vor Gott erfahren wir seine Nähe, aber auch sein Anderssein. Hier lassen wir unser Gottesbild korrigieren, hier lassen wir uns immer wieder neu von Gott überraschen. Das Besondere, um nicht zu sagen Sensationelle an dieser Textpassage ist die ausdrückliche Wertschätzung der eucharistischen Anbetung. Dass Christus uns in seinem Wort und in den Mitmenschen begegnet, wird auch von progressiver Seite nicht geleugnet, sondern im Gegenteil als die beiden einzigen möglichen Arten der Christusbegegnung dargestellt. Die Begegnung mit Ihm in den Sakramenten und namentlich im allerheiligsten Sakrament des Altares jedoch wird gerne verdrängt, belächelt, als überholter Mystizismus verunglimpft. Dass sich nun die Schweizer Bischöfe ohne Wenn und Aber hinter die eucharistische Anbetung stellen, kann deshalb nicht hoch genug veranschlagt werden. Es gibt in unserem Land Priester, die seit Jahren nie mehr die Aussetzung des Allerheiligsten und dessen Anbetung gepflegt haben. Es ist zu hoffen, dass die Worte des Hirtenbriefes sie diesbezüglich zu einer Änderung Ihrer Praxis veranlassen. Viele Gläubige würden es mit Freude begrüssen! Gott ist anders. Darum unterscheiden sich oft auch die Antworten, die wir Christinnen und Christen auf Fragen der Zeit geben. Glaubenssinn ist nicht Resultat eines Mehrheitsbeschlusses, sondern Frucht tiefer Verbundenheit mit dem lebendigen Gott, heisst es weiter. Wer denkt bei diesen Worten nicht gleich an die Renner der Kirchenkritik wie Sexualmoral, Priesterzölibat, Stellung der Frau in der Kirche, Geschiedenenpastoral, Abtreibung, Beichte und vieles mehr? Ohne diese Bereiche im Einzelnen zu nennen, machen die Schweizer Bischöfe klar, dass die Kirche in vielen Dingen nicht nach Massgabe des Zeitgeistes oder schlicht der Bequemlichkeit handeln und entscheiden darf, sondern ausschliesslich im Blick auf ihren Herrn und Meister. Der Hirtenbrief kommt in seinem letzten Abschnitt auf das Verhältnis der Kirche Schweiz zur Weltkirche zu sprechen. Auch hier erfahren wir aus der Feder unserer Bischöfe klare Aussagen: Es ist uns Bischöfen ein besonderes Anliegen, dass wir die Katholizität der Kirche wieder neu entdecken und bewusst und dankbar die Gemeinschaft mit der Weltkirche pflegen. Nur so können wir auch zu einem fruchtbaren Miteinander gelangen: Wir dürfen von anderen Ortskirchen sehr viel empfangen und dürfen auch viel von unseren Erfahrungen und Reichtümern weiterschenken. Zur Pflege dieser Beziehung ist die gute Kommunikation und Information wichtig. Wir alle haben heute die Möglichkeit, uns an der Quelle über kirchliche Belange zu informieren. Wir können Dokumente und Initiativen der Kirche direkt einsehen und sind nicht auf Informationsträger angewiesen, die die Anliegen notgedrungen verkürzt und nicht selten auch entstellt weitergeben. Neben der unmissverständlichen Absage an nationale Sonderzüge fällt die ungewohnt scharfe Kritik an den Medien auf, denen zu Recht vorgeworfen wird, dass sie kirchliche Anliegen verkürzt oder gar entstellt weitergeben. Wer etwa die Berichte und vor allem die Kommentare des Zürcher Tagesanzeigers zum Weltjugendtag in Köln mitverfolgte, konnte über den lieblosen Unsinn, der dort zusammengeschrieben wurde, nur den Kopf schütteln. Die Bischöfe haben nun diesem Kopfschütteln eine prominente Stimme verliehen, die nicht ohne weiteres überhört werden kann. Andererseits machen unsere Oberhirten die Gläubigen darauf aufmerksam, dass es heute, im Zeitalter des Internet, viel mehr Möglichkeiten gibt, die authentische Stimme der Kirche zu vernehmen, als das früher der Fall war. Mit dem Zitat aus dem Matthäusevangelium Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt (Mt 28,20) und der Aufforderung, den Kopf auch dann nicht hängen zu lassen, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht - die Bischöfe haben den Hirtenbrief vermutlich schon vor den Hochwasserkatastrophen der vergangenen Wochen verfasst, sonst wären sie sich der makabren Aktualität ihrer Worte bewusst gewesen und hätten auf diese Passage verzichtet -, endet der Bettagshirtenbrief 2005. Er darf füglich als einer der besten der letzten Jahre beurteilt werden, weil er zum positiven Stehen zum Glauben und zur Kirche aufruft. KATH.NET hat über den Hirtenbrief berichtet. Ihnen hat der Artikel gefallen? 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