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Die Unfähigkeit zum Gehorsam deutet auf Psychopathie

10. September 2012 in Spirituelles, 9 Lesermeinungen
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Prominenter Psychiater zeigt gegenüber „pressetext“ die Normalität von Gehorsam im Alltag auf. Vertrauen in Kompetenz anderer lässt über sich selbst hinauswachsen. Beratungsresistenz hingegen verhindert Wachstum.


Wien (kath.net/pte) Können sich Menschen niemals ein- und unterordnen, ist das häufig ein Anzeichen für psychische Probleme. Das erklärt Raphael Bonelli (Foto), Organisator der Tagung "Selbstverwirklichung und Gehorsam", www.gehorsam.org , die am 7. Dezember 2012 in Heiligenkreuz bei Wien stattfindet. "Prinzipielle Unfähigkeit, auf andere zu hören, ist ein Merkmal narzisstischer Störungen", sagt der Wiener Psychiater und Psychotherapeut im Interview mit pressetext.

Ein Sportler braucht zum Gewinnen die Einsicht, dass er nicht alles besser weiß, nur weil er schnell läuft, legt der Experte dar. Bei Teamsportarten wie Fußball komme die Komponente des Gehorsams gegenüber dem Trainer hinzu. "Ein beratungsresistentes technisches Talent ist hier unbrauchbar", sagt Bonelli. Der Trainer-Input von außen hilft, sich selbst objektiver zu sehen. "Keiner ist sich selbst ein guter Ratgeber, da man oft den Wald vor lauter Bäumen nicht erkennt. Darum boomt die Coaching-Branche auch außerhalb des Sports derart."


Der Mensch lebt als soziales Wesen von Geben und Nehmen, was bei Narzissten, die auf das Nehmen fixiert sind, oft aus der Balance geraten ist. Das anzustrebende Teamspiel findet jedoch nicht nur zwischenmenschlich, sondern auch auf Ebene der Einzelperson statt. Bonelli lehnt sich hier an das Modell des "inneren Teams" des Psychologen Friedemann Schulz von Thun. "Der Mensch entscheidet mit seinem Willen, ob er blind den Trieben, dem eigenen Gewinn oder dem Gewissen folgt - also sinnbildlich dem Bauch, dem Kopf oder dem Herz."

Jede dieser drei Ebenen folge anderen Gesetzen: Der "Bauch" sucht etwa sehr egoistisch Lust und Spaß, oder er reagiert auf Ängste. "Speziell unsichere und abhängige Personen haben Sehnsucht, sich jemandem zu unterwerfen, der sagt, wo es langgeht. Dieser getriebene, unhinterfragte Gehorsam war in der NS-Zeit hoch im Kurs." Egozentriert kann auch der Vernunftgehorsam ("Kopf") sein: Dann, wenn er in berechnenden Opportunismus und Gewissenlosigkeit abgleitet und nur nach dem Nutzen entscheidet. In seiner positiven Form ist er freilich unabdingbar: Verkehrsregeln funktionieren nur, da Nichtbefolgung gefährlich wäre.

Als dritte Form nennt Bonelli den intrinsisch motivierten Gehorsam, für den das Herz Symbol steht. "Er dient aus selbstloser, reflektierter Überzeugung einem äußerem Ziel und erlaubt es, über Egozentrik und Bedürfnisse hinauszuwachsen, ohne sich selbst zu verlieren." Notwendig für dieses eigene Überlassen sei ein Vorschuss an Vertrauen - etwa jenes der Fußballspieler gegenüber den fachlichen Qualitäten ihres Trainers, des Patienten gegenüber Arzt und Medikament oder erst recht zwischen Liebenden.

Frage der Führung im inneren Team

Damit das Herz allerdings über das "innere Team" herrscht und somit sich gegen Unlust durchsetzt, ist einiges an Training nötig. "Erst ständige Schulung des Gewissens bringt die Tugend, das Gute mit Leichtigkeit zu tun - während Bauch und Kopf keine rechte Freude am Gehorsam finden", sagt Bonelli. Als Gewinn winkt ein Zuwachs an innerer Freiheit, der sich manchmal sogar körperlich zeigt. "Patienten, die sich an Ratschläge des Arztes halten, auch wenn sie nicht 'schmecken' - die sogenannte 'Compliance' - geht es gesundheitlich deutlich besser als jenen, die sich nichts sagen lassen und alles besser wissen."

Weiterführendes kathTube-Video: Vortrag Raphael Bonelli und Dorothea Schlee: Jugend und Sexualität



Foto (c) Raphael Bonelli


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