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Die Wahrheit als Maßstab – welch ein Anspruch

5. Mai 2014 in Deutschland, 4 Lesermeinungen
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Publizist Martin Lohmann bei Vortrag in Bonn über Erwartungen an den Qualitätsjournalismus in Zeiten der Skandalisierung und was passiert, wenn man im Interview zu differenzieren versuchte in Sachen Tebartz-van Elst


Bonn (kath.net)
Der katholische Publizist Martin Lohmann hat am 1. Mai bei einer Veranstaltung des Instituts für Gesellschaftswissenschaften Walberberg in Bonn einen Vortrag gehalten. Kath.net dokumentiert die Rede "Erwartungen an den Qualitätsjournalismus
in Zeiten der Skandalisierung" im Wortlaut:

Bekenntnisse zum Qualitätsjournalismus gibt es viele. Aber der sogenannte Qualitätsjournalismus hat es heute schwer. Auch, weil gar nicht klar zu sein scheint, was eigentlich Qualität im Journalismus ausmacht, worauf man achten sollte und was man zu meiden hat oder hätte. Und als Mitglied er Zunft weiß ich sehr wohl: Wer nach der Qualität im Journalismus fragt, betritt ein Minenfeld. Es wird berichtet, dass selbst in kirchlichen Pressestellen Mitarbeiter immer wieder ängstlich gewarnt werden: Bloß keine Medienkritik! Bloß keine Medienschelte! Und wer dann noch in der Themengebung gar Kritisches andeutet, indem er von Erwartungen an – sagen wir es konkret – die Journalisten spricht und Zeiten der Skandalisierung markiert, provoziert und stört. Denn dann ist Unerhörtes schon programmiert. Denn dann wagt man sich – so scheint es – in heilige Räume neuer Unfehlbarkeit, reitet eine unerlaubte Attacke gegen eine Zunft, in der manche Vertreter sich selbst die Aura der Unantastbarkeit zu genehmigen scheinen. Doch das kann, bei Licht besehen, nicht wirklich abschrecken.

Und weil es so vieles von so vielen zu sagen gäbe, weil ja jeder mitzureden können glaubt, bitte ich Sie um Nachsicht: Meine Anmerkungen sind lediglich der Versuch, einige wenige Skizzen zu zeichnen. Vollständigkeit ausgeschlossen und unmöglich! Diskussion hingegen erwünscht. Und: Widerspruch gerne ebenfalls. Also:

- Was ist Qualitätsjournalismus?
- Was passiert bei einer Skandalisierung?
- Was bedeuten Wort und Bild für uns alle?
- Was können und müssen wir erwarten dürfen?

Einen Hinweis möchte ich voranstellen: Medien haben eigentlich die Aufgabe, die Primärwirklichkeit zu transportieren, abzubilden als Sekundärwirklichkeit für die Rezipienten. Und zwar so, dass sich die Empfänger ein möglichst maßstabsgetreues Bild von der abgebildeten Ertstwirklichkeit machen können. Und weil vielfach gilt, dass nicht im Denken und überhaupt im Bewusstsein vorkommt, was nicht in den Medien zugegen ist, sei die Frage hier nur gestellt: Was prägt heute mehr – die Primärwirklichkeit die Sekundärwirklichkeit oder längst umgekehrt?

Nachdem die Grenzen zwischen Boulevard und sogenannten Kopfmedien sich mehr und mehr auflösen und eine kooperative Masse im mentalen Spielfeld verkaufsträchtiger Skandalsehnsüchte zu entstehen scheint, werden die Grenzen der Definitionsversuche immer schwieriger. By the way: Würde es nicht durch Kaufen honoriert, sähe manches anders aus. Qualität im Journalismus hat auch etwas mit den Nutzern der Medien zu tun. Auch hier gibt es so etwas wie Verantwortung.

Es ist nicht kühn zu behaupten, dass jedes Medium je nach Genre und Publikationsrhythmus sowie im Blick auf die Zielgruppen seine eigenen Qualitätsansprüche hat. Logisch. Und vermutlich wird jeder gute Verleger und erst recht jeder gute und verantwortliche Chefredakteur bei der Beschreibung „seines“ Qualitätsjournalismus von Mut und Unabhängigkeit reden. Originalität, Verständlichkeit, Transparenz, Objektivität, handwerkliche Sauberkeit, Informationssicherheit – all das sind Begriffe, die man dann hören oder lesen kann. Und gelegentlich wird hier dann auch das Wort „Medienethik“ strapaziert, und wenn es ganz feierlich werden soll, fällt auch schon mal so etwas wie „Moral“ der Journalisten.

Ach ja, nicht zu vergessen der Begriff der Freiheit, den manche – wenigstens theoretisch – noch mit dem Begriff der Verantwortung zu verbinden wissen. Und selbstverständlich verweist man gelegentlich darauf, dass guter Journalismus beides kann: möglichst objektiv zu informieren und möglichst subjektiv zu kommentieren. Aber eben sauber getrennt. Ob Verleger, Politiker, Theologieprofessor, Bischof oder Publizist: Immer wieder wird die Notwendigkeit und auch die Wichtigkeit der aufklärenden Funktion der Medien betont. Wenn ich jetzt, nachdem wir die Fälle Mixa, Limburg und Wulff hinter uns haben, eher zufällig das Wort Fairness vergessen habe, dann ist das vielleicht ein beabsichtigter Zufall.

Es ist halt alles etwas komplizierter geworden, wenn durch das Internet in einer nie dagewesenen Schnelligkeit jeder gleichsam journalistisch tätig werden kann und dank dieses Mediums innerhalb von Minuten falsche Informationen um die Welt sausen – ohne dass jemand Zeit oder Neigung hatte, die Richtigkeit zu prüfen. Die Badewanne eines Bischofs erhält dann einen Wahrheitswert jenseits aller Recherche bis auf die andere Seite des Globus. Aber: So eine „Nachricht“ passt dann wunderbar in vorbereitete und verbreitete Klischees – und erst recht in die Regieanweisungen des Skandalstückes für einen „Protzbischof“, den man vor allem wegen seiner theologischen Ausrichtung loswerden wollte.

Die Monopolstellung des Agenda-Settings haben die Leitmedien durch das Internet und die immer aktiver werden Blogs weitgehend verloren. Skandale entstehen auch durch den Auftritt des einzelnen, es gibt so etwas wie die neue Macht des reizbaren und ausdrucksbereiten Amateurs, des empörten Journalismus-Laien. Und auf den greifen dann Journalisten unter Zeit- und Gelddruck – ein nicht zu unterschätzender Aspekt (!) – mehr und mehr unkritisch zurück. Eine wahrlich bedenkliche Entwicklung.


Es kommt also – wie auch früher, jetzt aber umso wirksamer – darauf an, ob der einzelne ein Koordinatensystem der Freiheit in Verantwortung und der Verantwortung in Freiheit beherrscht, ob er noch weiß, dass es neben richtig und falsch auch gut und böse gibt. Es kommt darauf an, ob er noch ein Menschenbild kennt und umsetzt in seiner Arbeit, das von Respekt und Fairness gekennzeichnet ist. Es kommt darauf an, ob die Würde des einzelnen noch eine Chance hat – oder nicht, weil sie als störend empfunden wird im vielfach ausschließlich BWL-gesteuerten Weltbild heutiger Manager.

Da macht es jetzt Freude oder Kummer, auf einige Beispiele hinzuweisen, um zu sehen, wie eine Skandalisierung erreicht wird und was journalistisch dabei passiert. Beginnen wir bei dem Kölner Klinik-Skandal, der als Medienkampagne längst dokumentiert ist und bis weit über den Auftritt eines heutigen Referenten zur Pille danach in einer ARD-Talksendung reicht. Nachzulesen ist übrigens die komplette Doku auf kath.net vom 14. Januar 2014. Die Fakten, dort entnommen, im Schnelldurchgang:

Am 16. Dezember 2012 wurde eine vermutlich vergewaltigte Frau in einer Kölner Notfallambulanz erstbetreut. Die diensthabende Ärztin stellte ihr nach Notfall-Erstversorgung und Beratung ein Rezept für die ‚Pille danach’ aus. Anschließend suchte sie telefonisch nach einem Krankenhaus, wo eine gerichtsverwertbare Spuren-Sicherung vorgenommen werden könnte. Es gibt seit Sommer 2012 in Köln fünf Kliniken, in denen die heute übliche forensische Untersuchungen zur sogenannten „Anonyme Spuren-Sicherung“ (ASS) vorgenommen werden. Bei solchen gynäkologischen ASS-Untersuchungen werden alle medizinisch-kriminologisch relevanten Daten dokumentiert und archiviert, ohne dass das Opfer sofort Anzeige erstatten muss.

Da der Betreiber des ASS-Netzwerkes, der Verein „Frauen gegen Gewalt“ will, dass die entsprechenden Krankenhäuser auch die Abtreibungspille danach verschreiben, mussten die beiden kirchlichen Häuser Vinzenz-Hospital und Hl. Geist im Sommer 2012 die Spurensicherungs-Praxis aufgeben. Die ASS-Untersuchungssets wurden aus den beiden Krankenhäusern abgeholt . Die beiden kirchlichen Kliniken haben am 7. November 2012 eine Richtlinie verabschiedet, nach der alle Präparate mit abtreibender Wirkung, zu der auch die ‚Pille danach’ gerechnet wird, nicht verabreicht werden dürfen, da der Mensch von Anfang an ein Recht auf Lebensschutz habe. Alle anderen Heilbehandlungen und medizinischen Untersuchungen werden gewährleistet. Unter dem Prinzip der „Autonomie“ sollen Patientinnen nach Wunsch auch zur ‚Pille danach’ beraten werden, aber sie wird eben nicht verschrieben.

Was dann passierte, war ein Gemisch aus Halbwahrheiten und antikirchlichen Vermutungen, die nachzulesen ich Ihnen sehr ans Herz lege. Zunächst traten „besorgte“ Beobachter in einem Lokalfenster des öffentlich-rechtlichen Fernsehens auf. Das Thema begann, sich zu entwickeln. Denn obwohl oder gerade weil sich die Verantwortlichen in den katholischen Kliniken korrekt verhalten hatten, fehlte ja lange der Skandal. Man brauchte also eine Dynamisierung. Jetzt begann genau diese.

Nebenbei: Könnte es einen Zusammenhang mit der Tatsache geben, dass jetzt, nachdem man die Kirche vorführte und diese sich auch vorführen ließ, ein Mordsgeschäft mit der seither viel mehr verkauften ,Pille danach’ entstanden ist – worauf Hildegard Stausberg in der „Welt“ am 22. Januar 2014 hinwies? Zitat: „Die Pille danach kommt so leicht wie ein Smartie daher.“ Dieses Ziel wurde mit der Medienkampagne und unter Missbrauch der Kirche und ihrer Hirten genial erreicht.

Der Kölner Stadtanzeiger löste dann, weil die gewollte Empörung sich ja zunächst nicht einstellen wollte, eine erste Medienwelle im Blätterwald ausund publizierte am 16. Januar 2013 einen skandalisierenden Artikel. Der Beitrag stützte sich allein auf die subjektive Sicht und Bewertung der behandelnden Notfallärztin. Recherche? Gegenchecken? Überprüfen? Vermeintlich Beschuldigte befragen? Fehlanzeige. Das hätte ja den ganzen Skandal verunmöglicht.

Dabei war aber schon die – faktisch schlichtweg falsche – Überschrift hilfreich: „Kirche setzt Ärzte unter Druck“. Es wurde dann überall fleißig abgeschrieben – weil es so schön passte. Und allein schon in den Überschriften weiter skandalisiert im angeblichen Hilfe-Verweigerungsdrama:
„Katholische Krankenhäuser lehnen Vergewaltigungsopfer ab“
(Tagesspiegel’ am 17. 1.);
„Katholische Ärzte weisen Vergewaltigte ab“
(Mitteldeutsche Zeitung);

Fehlte nur noch das Qualitätsmedium SPIEGEL, mit einer weiteren Drama-Drehung nach oben: „Abweisung in Gottes Namen“. Jetzt war der Skandal wirklich da. Sekundiert wurden all diese Skandalisierungsstufen von erwiesenen Nichtwissern, die sich ohne Kenntnis kenntnisreich zu Wort meldeten – und ungeprüft und unergänzt durch journalistische Helfershelfer veröffentlicht wurden.

Die SPD-Kirchenbeauftragte "wusste" etwas von "unterlassener Hilfeleistung" der Kliniken. Die Kölner CDU-Dame Heinen-Esser behauptete, dass "der Frau die Untersuchung verweigert wurde". Die Grünen im Bundestag wollten gleich mal das kirchliche Arbeitsrecht auf den Prüfstand stellen. Bei Donum Vitae sprach die NRW-Landesvorsotzende spitz von einer "rigiden Haltung der katholischen Kirche zur Pille danach", und im Katholikenausschuss Köln hatte jemand eine "Atmosphäre der Angst" im "Umgang mit Opfern sexueller Gewalt" gewittert. Wenig verwunderlich, dass ,pro familia' erklärte, die "Pille danach sei gar keine Abbruchmethode, sondern eine Nachverhütung".

Auf das gnadenlose TV-Tribunal gegen die Kirche in der Sendung ‚Günther Jauch’ will ich nur kurz eingehen, weil ich mittendrin war und live und persönlich erlebte, dass das Urteil für den alles andere als fairen und unparteiischen Moderator bereits feststand und meine Faktenbeiträge nichts als störten. Vor allem aber meine logischen Fragen, ob es denn tatsächlich eine ,Pille danach’ gebe, die nur die Befruchtung verhindere, auf keinen Fall aber abtreibe. Doch eine echte Diskussion, eine wirkliche Suche nach Klarheit war ja nicht gewollt – weil man das Urteil längst gesprochen hatte.

Mit Qualitätsjournalismus hatte das nichts mehr zu tun. Es verstieß übrigens auch gegen die ARD-Richtlinien, in denen Journalisten zu einer „unabhängigen Berichterstattung in Ausgewogenheit und Unparteilichkeit verpflichtet“ werden. Fairness und Anstand aber erwiesen sich als geradezu störend in dieser Sendung, in der alle die Kirche „entlastenden“ Fakten, die inzwischen hinlänglich bekannt waren, verschwiegen wurden und unter Strafe – siehe Gast Lohmann – nicht gesagt werden sollten, während alle Klischees und Falschheiten perpetuiert wurden.

Papst Franziskus scheint das nicht zu passen. Er warnte jetzt vor Werteverfall und Qualitätsverlust in den Medien. Desinformation, Verleumdung und Rufmord seien ihre „drei größten Sünden“. Die größte Gefahr gehe hierbei von der Desinformation aus.Verleumdung und Rufmord seien zwar „Todsünden“, so Franziskus. Grundsätzlich könnten sie jedoch von Mediennutzern als unsachgemäße Information erkannt werden. Desinformation heiße hingegen, nur die halbe Wahrheit zu sagen. Dadurch sei es für Fernsehzuschauer und Radiohörer unmöglich, sich ein ausgewogenes Urteil zu bilden. Vor allem die großen Sender behandelten wichtige Themen oft ohne „den gebotenen Respekt für die betreffenden Personen und Werte“.

Franziskus beschrieb das „mediale Ökosystem“ als bedroht durch eine Art von „Umweltverschmutzung“: „Leider haben sich die Leute daran gewöhnt, durch das Radio und das Fernsehen verschmutzte Luft einzuatmen, die nicht gut tut“, so der Papst. Katholische Medien müssten hingegen erste recht anders sein und den Menschen „Sauerstoff für Geist und Seele“ geben. Dafür sei neben handwerklicher Professionalität auch eine Haltung nötig, die im anderen den Nächsten sehe.

Na denn. Wurde das bei Walter Mixa eingehalten? Wohl kaum. Haben wir irgendwo gelesen, und zwar in selber Schlagzeilengröße, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und rufschädigenden Vermutungen sich als haltlos erwiesen haben? Aber: Warum sollte man das auch noch lesen müssen, nachdem der unbequeme Bischof, der zum Beispiel so konsequent an der kirchlichen Ehelehre festhielt und die Wahrheit von der Unantastbarkeit des Lebens von seiner Zeugung bis zum natürlichen Tod verkündete, „erfolgreich“ entsorgt hatte?

Oder der frühere Bischof von Limburg – hatte er noch eine wenigstens kleine Chance, als Mensch und Person wahrgenommen zu werden, nachdem er doch so praktisch mit dem allein bestimmenden Schimpfwort des „Protzbischofs“ überzogen worden war? Moderne mediale Scheiterhaufen unterscheiden sich da in keiner Weise von den mittelalterlichen, deren Flammen eben auch keinen Unterschied machten und nichts auswählten. Der ganze Mensch musste verbrannt werden. Das ist heute wohl nicht anders. Nur perfider.

Damit Sie mich richtig verstehen: TvE hat viele Fehler gemacht und zu verantworten. Aber diese Fehler allein machten und machen ihn doch nicht aus. Und dass viele seiner Fehler falsch waren und falsch veröffentlicht wurden, konnte man im Faktencheck-Limburg nachlesen. Doch: Wen interessiert das noch?!

Ein Kollege vom Deutschlandfunk kann berichten, was passiert, wenn man im Interview zu differenzieren versuchte in Sachen TvE. Der Hinweis darauf, dass es eben AUCH ein Fehlverhalten der Medien gab, führte prompt zu der Schlagzeile, man sehe TvE ausschließlich als Opfer einer Medienkampagne. Das war zwar nicht behauptet worden, aber es passte so schön, weil der Gesprächspartner und Journalistenkollege sich halt stets geweigert hatte, ins plumpe Prügelteam einzusteigen. Da gilt wohl, was jemand in Facebook kommentierte: „ Es ist ein Phänomen in dieser Zunft, dass man eine Mission erfüllen will und dabei die Objektivität aus dem Auge verliert. Das nennt sich dann "kreativer Journalismus". Der Pressekodex hängt da nur noch kleingeschnitten neben dem WC.“

Der Kommunikationsforscher Mathias Kepplinger sprach gar von einer „gezielten Medienkampagne“ und einer "nicht geringen Mitverantwortung" in der Medienberichterstattung. „Ein Teil der Medien hat zunächst versucht, die Differenzen zu Tebartz-van Elst in Glaubensfragen, etwa bei der Homo-Ehe, öffentlich gegen ihn zu thematisieren“, erklärt er gegenüber dem Medien-Magazin PRO. „Weil das missglückt ist, haben sie dann das Thema herausgepickt, auf das die Deutschen besonders sensibel reagieren: Geld.“

Meine Damen und Herren, ich mache mir schon Sorgen – wenn wir, die freiheitsliebenden und aufgeklärten Bürger nicht bald wachwerden und uns nicht einmischen. Erlauben Sie mir, dazu Josef Pieper, den großen Philosophen und Thomas-Kenner, zu zitieren. Wort und Sprache - und in gewisser Weise gilt das ja heute auch für den Einsatz des Bildes - seien das Medium, „in welchem die gemeinsame geistige Existenz insgesamt sich abspielt. Im Wort vor allem trägt mitmenschliches Dasein sich zu und demnach kann, wenn das Wort verdirbt“, so Piper, „das Menschsein selber nicht unberührt und unversehrt bleiben. Im Wort wird Realität deutlich“, man redet, um in der Benennung etwas Wirkliches kenntlich zu machen, kenntlich für jemanden natürlich und darin liegt der Mitteilungscharakter der Sprache.

Es stimmt schon, wird aber von uns Medienleuten allzu rasch übersehen oder gar vergessen: Die Würde des Menschen hat auch etwas mit der Würde des Wortes zu tun. Und schon Platon wusste, dass die Entartung der politischen Herrschaft untergründig zusammen hänge mit dem sophistischen Missbrauch des Wortes. Die „latente Virulenz des totalitären Giftstoffes“ könne geradezu abgelesen werden am Symptom des publizistischen Missbrauchs der Sprache. Erstaunlich, was da aus alten Zeiten an Erkenntnis zu uns herüberschwappt, oder?

Missbrauch findet auch statt, wenn Zitate erfunden, zusammengeschnitten oder zerstückelt werden – und selbst in Qualitätsmedien als Zitate gekennzeichnet werden. Das hat dann den Wahrheitsgehalt wie es jenes zusammengestellte Zitat aus der Heiligen Schrift hätte, wobei beide Teile aus der Schrift stammen, bloß nicht an der selben Stelle: „Judas ging hin und erhängte sich. Und Jesus sprach: Geh hin und tu desgleichen.“ Sauberer Journalismus, so genannter Qualitätsjournalismus sieht anders aus.

Fazit: Wir haben klare Erwartungen an die Journalisten. Zu ihren Herausforderungen gehören:

- Respekt vor der Menschenwürde eines jeden
- handwerkliche Sauberkeit, Sorgfalt, Recherchekompetenz
- Nonkonformismus
- Fairness
- Anstand
- Charakter
- Ethische Sensibilität
- Unabhängigkeit
- Gewissensbildung.

Journalisten, mit denen man das Wort Qualität verbinden kann, sind solche, die keine Angst haben vor
- aggressiven Lobbys
- der Gender-Ideologie
- perfiden Einschüchtungen der Mächtigen
- Unabhängigkeit in Kopf und Herz
- dem Mainstream
- Differenzierungen
- Kritik
- der Wahrheit.

Wo sind eigentlich die katholischen Journalistenschulen, an denen das alles eingeübt werden kann? Wo sind deren Absolventen, die auffallen dadurch, dass sie eben keine Mitläufer im medialen Zirkus der Zerstörung, der Respektlosigkeit und des Relativismus sind? Wenn es früher einmal hieß, man dürfe sich als Journalist nie gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten, so muss man heute laut fordern, dass sich Journalisten nie gemein machen dürfen mit einer bösen Sache oder mit bösem Vorgehen. Wer die Würde des Menschen inklusive seines Lebensrechtes von Anfang bis Ende nicht respektiert in seinem Handeln, kann kein Journalist sein, erst recht kein guter. Und schon gar keiner mit vorgetäuschtem Anspruch auf Qualität.

Mein Lieblingszitat aus der Heiligen Schrift ist Veritas Liberabit Vos – die Wahrheit wird euch befreien, frei machen (Joh 8,32). Dazu passt, was Papst Franziskus am 22. März 2014 italienischen Medienvertretern sagte: „Wahrheit, Güte und Schönheit, die drei Dinge zusammen. Eure Arbeit muss auf diesen drei Wegen stattfinden: auf dem Weg der Wahrheit, dem Weg der Güte und dem Weg der Schönheit. Aber Wahrheit, Güte und Schönheit, die beständig sind (...) Die Wahrheit, die Güte und die Schönheit, wie sie von Gott kommen und im Menschen sind. Und das ist die Aufgabe der Medien, eure Aufgabe.“

Die Wahrheit als Maßstab – welch ein Anspruch. Aber drunter geht es nicht. Weil es im medialen Geschäft letztlich immer um den Menschen geht, um ihn gehen sollte – der genau darauf einen Anspruch hat.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


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Lesermeinungen

 Bastet 5. Mai 2014 

Vollste Zustimmung, Herr Lohmann!
Bloß ob er von den entsprechenden Schmierfinken gelesen wird?


2
 
  5. Mai 2014 
 

Die meisten Journalisten haben kein Interesse an Wahrheit

Journalismus wird zunehmend zum Instrument der Manipulation der Massen. Nicht die Wahrheitsfindung steht im Vordergrund des journalistischen Interesses sondern die ideologische Beeinflussung breiter Schichten der Bevölkerung. Das journalistische Ethos hat sich längst ins Ideologische verschoben; ein Journalist hält sich für moralisch integer, wenn er meint, das richtige gesellschaftliche "Bewusstsein" zu vertreten. Daher auch der zuweilen aggressive Unterton von Journalisten gegenüber jedem, den sie für "Abweichler" von der Ideologischen Vorgabe halten. Wer heute im Journalismus noch an objektiver Berichterstattung festhält, stellt den Anspruch der Presse, Politik aktiv zu gestalten oder wenigstens zu beeinflussen, infrage und wird entsprechend ausgegrenzt. Wie an der medialen Hinrichtung des Limburger Bischofs gut erkennbar, richtet sich die Berichterstattung nicht auf Wahrheit, die nur störend wirkte, sondern folgt der klischeehaft ideologischen Vorgabe der Redaktionsleitung.


4
 
  5. Mai 2014 
 

Journalistenschulen?

"Wo sind eigentlich die katholischen Journalistenschulen, an denen das alles eingeübt werden kann?" - Sehr gut, weiter so, Herr Lohmann!


5
 
 Romika 5. Mai 2014 
 

Sehr wichtig

Das sind sehr wichtige Ausführungen Martin Lohmanns. Journalisten dieses Schlags sollten die Kirche publizistisch vertreten. Klare Aussagen zur Wahrheit schaffen Vertrauen und nicht das anbiedernde Verständnis für alle Attacken gegen die Kirche.


8
 

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