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Toleranz einfordern, Intoleranz leben?

27. Oktober 2015 in Kommentar, 5 Lesermeinungen
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„Ich bin selbst schwul", schreibt Dennis Riehle, erläutert dann aber: „Warum ich aus dem Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) ausgetreten bin - und mich für eine Interessenpolitik kritischer Homosexueller stark mache“.


Konstanz (kath.net/pm) „Ich bin selbst schwul – und stehe deshalb nicht im Verdacht, einen Verband zu kritisieren, der überhaupt nicht mein Klientel repräsentieren würde und von dem ich keine Ahnung hätte. Im Gegenteil: Ich sehe mich als Verfechter für die Anliegen Homosexueller. Und trotzdem bin ich nun aus dem Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) ausgetreten. Warum?“ Dies schreibt Dennis Riehle in einem persönlichen Bekenntnis, das er in einer Pressemeldung an die Öffentlichkeit gab. Der 30-Jährige lebt in Konstanz.

kath.net dokumentiert die Äußerungen von Dennis Riehle in voller Länge:

Mehr Rechte hier, mehr Gleichstellung dort: Interessenverbände vertreten die Anliegen ihrer Mitglieder. Zweifelsohne dürfen sie das, doch kritisch wird ein solcher Einsatz immer dann, wenn er den Eindruck erweckt, für eine ganze Gruppe sprechen zu wollen – oder ideologisch einseitige Forderungen zu stellen. Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) hat es sich zur Aufgabe gemacht, Homosexuellen in Deutschland weitere Gleichberechtigung zukommen zu lassen. Mit Nachdruck und Engagement werden nahezu täglich neue Missstände aufgezeigt und Appelle gegen die angeblich noch immer stark ausgeprägte Diskriminierung Schwuler und Lesben gerichtet.

Ich bin selbst schwul – und stehe deshalb nicht im Verdacht, einen Verband zu kritisieren, der überhaupt nicht mein Klientel repräsentieren würde und von dem ich keine Ahnung hätte. Im Gegenteil: Ich sehe mich als Verfechter für die Anliegen Homosexueller. Und trotzdem bin ich nun aus dem LSVD ausgetreten. Warum? Ich formulierte es vor kurzem mit einer schon nahezu abgedroschenen Floskel: „Nicht die, die besonders laut schreien, müssen immer Recht haben“. Denn diesen Eindruck erweckt der Lesben- und Schwulenverband seit Jahren auf mich. Nahezu das Mitleid von Politik und Bevölkerung, Menschenrechtlern und Antidiskriminierungsstellen provozierende Aussagen sind nicht das, was für mich eine gute Interessenvertretung ausmacht.


Ein Mitstreiter erklärte mir vor einiger Zeit, es müsse das Ziel der Schwulen- und Lesbenbewegung sein, mindestens die gleichen Rechte für Homosexuelle zu erreichen wie für die restliche Bevölkerung. Mindestens genauso viele Rechte wie für andere Bürger? Nein, ich möchte nicht „besser“ behandelt werden wie der Heterosexuelle aus der Nachbarschaft – denn ich habe keine besondere Fürsorge nötig. Strukturelle Folter und Gewalt gibt es gegenüber Homosexuellen in Deutschland glücklicherweise schon seit längerem nicht mehr. Und trotzdem beschleicht mich die Wahrnehmung, dass gerade eine zugespitzte, weit übertriebene Darstellung der Dinge Verantwortliche in der Gesellschaft unter Druck setzen soll. „Seht her, wie schlecht es uns Schwulen und Lesben doch geht“, könnte man die Eindrücke zusammenfassen, die man beim Lesen von Veröffentlichungen des LSVD erhält.

Ich frage mich, wie ein Miteinander funktionieren soll, wenn jeder Interessenverband der vielen Minderheiten in Deutschland derart offensiv seine Sichtweisen vertreten würde, wie es der LSVD tut. Es geht nicht schnell und weit genug, was die Politiker beschließen. Es reicht nicht aus, was an großen Schritten bereits erreicht wurde. Ob „Homo-Ehe“, Steuergleichheit oder Adoptionsrecht – wenn es nach dem LSVD ginge, wäre all das schon vorgestern umgesetzt worden. Ohne Rücksicht darauf, dass eine Gesellschaft auch Zeit benötigt, Veränderungen anzuerkennen. Das Grundgesetz garantiert uns allen Würde und sichert auch zu, niemanden zu benachteiligen. Natürlich ist der Status von Schwulen und Lesben in verschiedenen Bereichen noch nicht der, den Heterosexuelle ganz selbstverständlich erreichen. Aber können wir von einer strukturierten und gar systematischen Herabwürdigung sprechen, die Homosexuellen quer durch die Lande zuteilwird? Und was verstehen wir eigentlich unter Nichtachtung? Ist beispielsweise das Festhalten an der verschiedengeschlechtlichen Ehe als Idealtypus des Zusammenlebens und des Ortes von Fortpflanzung gleichzusetzen mit einer Diskriminierung homosexueller Partnerschaften?

Wir sind heutzutage rasch dabei, uns über Ausgrenzung zu beschweren. Dort, wo nicht alles gleich ist, scheinen zwangsläufig Schmähungen zu herrschen. Ich weiß nicht, ob der LSVD tatsächlich für alle Lesben und Schwule in Deutschland spricht, wenn er einerseits Toleranz einfordert – andererseits gerade Homosexuelle aber selbst am besten wissen, wie intolerant es in den eigenen Reihen zugeht. Oberflächlichkeit prägt oftmals das Miteinander. Der Körperkult entscheidet über den Wert eines Menschen. Und beim CSD betreiben wir eine Sexualisierung – von einer politischen Demonstration sind nackte Oberkörper und der Wettbewerb um das schönste Kostüm geblieben. Nein, nicht nur die ältere Generation nimmt daran Anstoß – auch ich stehe immer wieder irritiert am Straßenrand, wenn sich mitten im Sommer vermeintliche Karnevalszüge an mir entlang rauschen. Schwule und Lesben wollen ein gleichwertiger Teil der Gemeinschaft sein – und setzen dennoch immer wieder darauf, Vorurteile zu bedienen und eine Parallelwelt (die bekannte und unter Homosexuellen gleichsam verpönte wie geliebte „Szene“) aufrecht zu erhalten.

Man schreibt mir die Eigenschaft zu, in vielen Fragen „konservativ“ zu sein. Und ja: Ich halte durchaus an Traditionen fest – und habe zumindest Verständnis dafür, dass Normvorstellungen nicht von jetzt auf nachher wandlungsfähig sind. Gerade der LSVD spricht immer wieder von der Vielfalt – in Wirklichkeit verfolgt er nicht nur eine Gleichmacherei, sondern den Versuch, seiner Sicht eine pauschale und unumstößliche Verbindlichkeit zu verleihen. Kritische Meinungen über das Konzept des Verbandes sind nicht willkommen. Die Mitarbeit von Mitgliedern, die nicht „auf Linie sind“, scheint nicht gewollt. Sprachlosigkeit gegenüber differenziert Denkenden ist auch eine Form der Missachtung. Und sie habe ich im LSVD so erlebt: Zurücksetzung gerade dort, wo die Freiheiten der Demokratie bis auf das Letzte ausgereizt werden sollen. Ein Verband, der über seine Weltanschauung nicht zu reflektieren bereit ist und keinen Hehl aus seiner eindeutigen politischen Gesinnung macht, braucht aus meiner Sicht ein Gegengewicht. Denn ich weiß, dass ich nicht der einzige „bürgerliche Schwule“ in diesem Land bin…


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Lesermeinungen

 Tisserant 28. Oktober 2015 

Ich kann dieses Banner von "Ich bin schwul und das ist ja sooo toll" nicht mehr lesen noch hören!

Diese ständige, ich bin somit was besseres, weil elitär und somit höher anzusehen als du Hete!

Wer ständig Toleranz einfordert, gehört meistens zu den Intoleranten!
Die Damen und Herren des LSVD sollten sich einmal mit dem Islam beschäftigen, seltsam da hört man nichts, auch zu den ermordungen von Homosexuellen in islamischen Ländern!
Dort sind offizielle Todesurteile ergangen, für mich sind das eiskalte Morde!

Es gibt bei mir eine ganz einfache Handhabung:
1. Wie es in den Wald hineinschallt so schallt es heraus!
2. Die Kirche hat zu diesem Thema sich schon erschöpfend genug geäußert!
3. Homosexuelle Menschen achte ich, weil sie Menschen sind!
4. Das ständige herumhacken auf uns Katholiken bin ich endgültig satt, besonders von Homosexuellen die nichts mit uns am Hut haben und in ihrer bunten Toleranz Hass versprühen!
5. Fordere ich die Homosexuellen auf, meine Lebensweise zu achten!


6
 
 Antas 28. Oktober 2015 
 

Finde es mutig von Herrn Riehle hier Fahne zu bekennen und als homosexueller gegen die Radikalität der LSVD zu protestieren. Hut ab! Davon können sich einige Hirtenführer in Deutschland eine Scheibe abschneiden.
@goegy
Finde ihr Beispiel sehr interessant. Ich sehe es eben auch nicht so, dass die Pfarrer gleich anfangen mit dem Weihwasser um sich zu werfen, wenn sie mit homosexuellen Menschen konfrontiert werden, oder gar am gleichen Tisch sitzen. Auch wenn das von den Mainstreammedien gerne so dargestellt wird. Gutes Beispiel ist aktuell die Runde im "perfekten Dinner" um 19 Uhr auf Vox. Hier sind sowohl Pfarrer und ein homosexueller am Donnerstag, bzw. am Freitag Gastgeber. Finde es gut, dass die Pfarrer sich auch trauen "raus zu gehen" und zu vorzuleben. Zwei Damen aus der Runde haben schon gesagt, dass sie sich vorgenommen haben, wieder in die Kirche zu gehen...ob das jetzt Spaß war oder hier eine Bekehrung stattgefunden hat bleibt vorerst offen...


3
 
 goegy 28. Oktober 2015 
 

Vergangener Sonntag: Abend Messe in einer Kirche im Londoner Westend. Intelligente Predigt, begeisterte Choristen/innen, gekonnte musikalische Begleitung. Einheimische Familien, Schwarzafrikaner, Inder, Ostasiaten etc.

Nach der Messe lädt der Priester zu einem Umtrunk. Es gibt Kaffee, Thé, Gebäck. Auch einen Bücher u. Zeitschriften Stand. Die Gäste sind zu einem grossen Teil homosexuelle Männer und Frauen verschiedener Altersgruppen, auch aus der dritten Welt.
Der Priester unterhält sich angeregt mit ihnen. In Gruppen wird diskutiert. Die Stimmung ist unverkrampft, einnehmend, warmherzig kurz: ausgesprochen positiv. Niemand scheint sich ausgegrenzt zu fühlen. Auch dies ist gelebte Kirche, ohne grossen Tam-Tam und medialen Rummel.
Ich nehme an, dass sich diese Leute nicht von radikalisierten, auf Polemik ausgerichteten Organisationen einspannen lassen.
Herrn Riehle gratuliere ich zu seiner Courage; ich wünsche ihm alles Beste!


4
 
 Scotus 27. Oktober 2015 

Alles Gute, Dennis Riehle!

Damit haben Sie sich sehr weit hinausgelehnt. Einerseits haben Sie der "Szene" Ihre Meinung gesagt. Dafür gilt Ihnen höchster Respekt! Und genau diesen dürfen Sie jetzt wahrscheinlich nicht erwarten: weder vom LSVD, noch - und das ist meine persönliche eher leidvolle Erfahrung - von der Kirche.


4
 
 Devi 27. Oktober 2015 
 

iCH BIN sCHWUL:


3
 

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