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Wirklichkeiten: ein Blick auf 2019

27. Dezember 2019 in Kommentar, 12 Lesermeinungen
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2019 war auch das Jahr der Amazonassynode, inklusive der Versuchung, mit Karl Kraus (vgl. Beginn der „Dritten Walpurgisnacht“) zu sagen „Mir fällt zur Amazonassynode nichts ein“ - BeneDicta am Freitag von Gudrun Trausmuth


Wien (kath.net)
2019 als das Jahr, in dem in der Karwoche die Kathedrale „Notre Dame“ brannte, in dem am Ostersonntag auf Sri Lanka 253 Menschen in Kirchen und Hotels durch islamistische Bombenanschläge ums Leben kamen. Bilder, die sich einbrennen. Wirklichkeit des Bösen und Bedrohlichen.

Demgegenüber war 2019 aber auch ein Jahr dramatischer Worte und Inszenierungen: Greta Thunberg, die Ikone einer als Jugendbewegung aufgesetzten, globalisierten Panik um den Verlust unserer materiellen Lebensgrundlage. Was mobilisiert die smartphoneabhängige Generation? - Eine jugendliche Heldin, durch ihren Autismus radikal und unangreifbar zugleich. Ein Höhepunkt an Verstörung war die Droh- und Zornesrede („How dare you …?“) der als Person immer bedauernswerteren 16Jährigen am UN-Klimagipfel, zu dem Greta mit riesigem Aufwand per Segelschiff reiste. Voilà das Narrativ des menschheitsbedrohenden Klimawandels – das alles schlagende Thema, Schibboleth der p.c.-Zugehörigkeit.

Klima, das Thema, mit dem man aktuell Wahlen gewinnt. Deshalb tut man als politisches Genie und Karrierist natürlich gut daran, eine – wenn auch gesellschaftspolitisch brisante - Koalition mit den Grünen, als der Umweltpartei einzugehen. Dass die Umweltfreundlichkeit der Grünparteien bei der eigenen Spezies, dem ungeborenen Menschen, an ihre Grenze kommt und gerade die Grünparteien oft die liberalste Abtreibungspolitik befürworten, ist offenbar egal.


Egal auch, dass Türkis und Grün in Österreich bisher in puncto Einwanderungspolitik gänzlich unterschiedliche Konzepte verfolgten. Eines ist aber sicher: eine derartige Allianz beinhaltet per se jede Menge Sprengstoff, sollte auch sie wiederum vor der Zeit scheitern, wird es auch für einen politischen Superhelden allmählich eng werden, nicht zuletzt mangels koalitionswilliger Partner … Natürlich, die Neos gibt es da schon noch, zugleich aber auch zunehmend die Frage, ob eine ganz neue, konsequent wertekonservative Partei (die es ja in Österreich längst nicht mehr gibt!) nicht mindestens ebenso viele Wählerstimmen auf sich vereinen könnte …

2019 war auch das Jahr der Amazonassynode, inklusive der Versuchung, mit Karl Kraus (vgl. Beginn der „Dritten Walpurgisnacht“) zu sagen „Mir fällt zur Amazonassynode nichts ein“. Tatsächlich ist Unsägliches passiert: Eine Verschränkung von Themen (vgl. oben) und Intentionen, Vermischung und Funktionalisierung unvergleichlichen Ausmaßes. In Erwartung der päpstlichen Antwort auf das Abschlussdokument der Synode bleiben das Gebet und Notwendigkeit einer Treue zur Kirche, die auch dort nicht endet, wo Liebe sich mit Leid mischt. Als Ermutigung sei auf die Predigt des Nationaldirektor der Missio Österreich, P. Dr. Karl Wallner OCist verwiesen: „Diese fünf Punkte werden die Kirche retten“, https://www.youtube.com/watch?v=uTx5ZPDuMeg
2019 ist das Jahr der Geschichten.

Jahrtausende haben die Menschen nach der Wahrheit gesucht, jetzt sucht man Narrative, motivierende Kurzbotschaften. Am meisten erschüttert hat mich in diesem Jahr der Vortrag einer Geschichte im Dom zu St. Stephan im Kontext eines Aids-Benefizkonzerts. Eine „Legende“ (mglw. auch eine „urban legend“) über zwei in flagranti ertappte schwule Männer, die von der Dorfgemeinschaft in Winterskälte nackt an einen Baum gebunden, von der Madonna von Montevergine vor dem Erfrieren gerettet und daraufhin von der Dorfgemeinschaft akzeptiert wurden. Sine glossa, doch legte der Zusammenhang der Lesung eine Lesart im Sinne der LGBT-Aktivisten nahe. – Mir machte das Verkünden besagter Legende deutlich, dass es innerhalb der vielen Stimmen, innerhalb der jeweils tonangebenden Narrative, eine große Versuchung für die Kirche gibt: jene der Ambivalenz und jene der Angst. Doch wenn die Bindung an Wahrheit und Klarheit fehlt, trennen wir uns von der allergrößten und allerwirklichsten Geschichte, der Heilsgeschichte. Die größte wirkliche (nicht fiktive) Erzählung, oder besser: das größte Drama, ist, dass Gott aus Liebe zu uns Menschen seinen Sohn auf die Erde geschickt hat, der für uns gekreuzigt wurde und auferstanden ist. Der Grund unserer Hoffnung, der Sieger über Sünde und Tod. Das ist die Botschaft, die wir der Welt bringen müssen, und an der sich unser Sprechen ausrichten muss. Mit allem, was wir sonst so erzählen könnten, gehen wir am Wesentlichen vorbei und führen womöglich in die Irre.

A propos Wahrheit, noch einmal zurück zum Klimawandel: Irgendwann wird die Erde an ihr Ende kommen, die biblische Botschaft vom Ende der Zeiten – das wir nicht kennen und das natürlich kein Vorwand für respektlosen Umgang mit der Schöpfung ist – sollten wir uns manchmal vor Augen führen. Genauso aber auch, dass uns „ein neuer Himmel und eine neue Erde“ verheißen sind (Off 21, 1).

Der hl. Papst Johannes Paul II., der 2020 seinen 100. Geburtstag hat, möge uns führen. Sein erstes Wort als Papst brauchen wir heute mir denn je: „Fürchtet euch nicht!“


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