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| So ist Beichte!11. August 2020 in Spirituelles, 2 Lesermeinungen „Ich bringe nichts als meine Sünden, und Gott freut sich, weil ich wieder zu Ihm komme, weil ich durch nichts mehr von Ihm getrennt sein will.“ kath.net-Beitrag von Claudia Sperlich Berlin (kath.net) Beichte, Buße und Sühne – wenn Sie gegenüber einem eher kirchenfernen Menschen diese Worte aussprechen, wird er düstere, vielleicht gar grausame Assoziationen haben. Wenn er dann noch mitbekommt, dass im grauen Spätherbst Bußgottesdienste stattfinden (in der Nähe von Halloween und Totengedenken!), hält er Sie vielleicht schon für ein wenig irre – denn natürlich sprechen Sie diese Worte mit einem glücklichen Lächeln, es geht ja um Befreiung.
Beichte
Man stelle sich vor: Ich gehe ohne Anmeldung zu einem König und bitte um eine Privataudienz, und zwar jetzt gleich. Vielleicht muss ich überhaupt nicht warten, vielleicht kurze Zeit, keinesfalls lange, und keinesfalls ist der König ungehalten – im Gegenteil, er freut sich, dass ich komme. Ich bin wirklich allein mit ihm, kein Sekretär und kein Sicherheitsmann ist dabei.
Und dann knie ich vor dem König, lege als Geschenk einen Haufen Müll vor seine Füße (ein Teil davon schon gammelig und stinkend) und sage: „Herr, bring das bitte zur Mülltonne.“
Und daraufhin ist der König nicht etwa empört, sondern sagt ganz freundlich: „Gerne, Tochter. Hast du noch mehr Müll? Immer her damit – ich will ihn ganz!“
So ist Beichte. Ich bringe nichts als meine Sünden, und Gott freut sich darüber wie über eine erlesene Kostbarkeit. Nicht darüber, dass ich gesündigt habe! Aber darüber, dass ich bereue und Ihn um nichts weniger bitte, als unser durch die Sünde gestörtes Verhältnis vollständig zu heilen. Gott freut sich, weil ich wieder zu Ihm komme, weil ich durch nichts mehr von Ihm getrennt sein will.
Ich knie nicht vor dem Priester, sondern vor dem Herrn, dessen Werkzeug der Priester ist. Der Priester betet für mich, und ich darf davon ausgehen, dass er auch immer wieder darum betet, ein guter Beichtvater zu sein. Er hört mich an, und er wird mir vielleicht sachliche Fragen stellen über Grund und Anlass meiner Sünde, darüber, was ich tun kann, um Schaden wieder gut zu machen und Sünde zu meiden. Er wird mir vielleicht einen Rat geben oder mich ermahnen, und er wird mir eine Buße aufgeben, in der Regel ein Gebet oder eine gute Tat. Soweit habe ich es mit einem Menschen zu tun. Es kann sein, dass er nicht einmal ansatzweise begreift, warum ich gesündigt habe, oder dass er etwas sagt, was ich nicht nachvollziehen kann, oder dass er mir ein Bußwerk auferlegt, das weder mit mir noch mit der Tat erkennbar zu tun hat – das kommt vor, wenn auch meiner Erfahrung nach selten, und dann habe ich auch das anzunehmen. In der Lossprechung aber ist Gott durch Seinen Diener am Werk, da gibt es kein Missverständnis, nicht umsonst ist die Absolution eine feste Formel, und sie geschieht „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Jesus selbst sagt mir Seine Vergebung durch den Priester zu.
Manchmal sitzen wir uns auch in einem Beichtgespräch gegenüber; ich finde, beide Formen, der Beichtstuhl und das Beichtgespräch in einem Zimmer haben ihre Berechtigung. Mir ist allerdings das Knien in den letzten Jahren immer lieber geworden als angemessene Haltung. In den Nightfever-Gottesdiensten und in den Gottesdiensten der Charismatischen Erneuerung sitzt der Beichtvater in einer Kirchenbank oder auf einem Stuhl im hinteren Bereich der Kirche, man beichtet also bei den allgemein sehr gut besuchten Gottesdiensten – vor aller Augen –, aber doch ein Stück weit weg von den anderen und durch die Gebete und Gesänge der Gemeinde nicht nur getragen, sondern auch übertönt – das Beichtgeheimnis bleibt gewahrt. Es kostet beim ersten Mal Überwindung, so „auf dem Präsentierteller“ zu beichten – aber es gibt der Beichte auch eine Art Normalität. Durch die so sichtbare Beichte wird klar, dass wir keine Angst haben müssen, dass es uns nicht peinlich sein muss zu beichten. Wir sind alle Sünder, und die Sichtbarkeit der Beichte ist auch eine Ermutigung zur Beichte.
Ob ein Mensch kniend, sitzend, stehend (wie ich es bei Orthodoxen gesehen habe) oder auf dem Krankenbett liegend beichtet, ist nicht das Wichtigste; jede dieser Haltungen hat ihren Sinn. Wichtig ist, dass er es überhaupt tut und dabei vollkommen ehrlich ist. Eine unaufrichtige Beichte ist, wie wenn ich meine Wohnung aufräume und den Biomüll stehenlasse: Wirkt schön, aber schon am nächsten Tag stinkt es.
Pius XII empfahl den häufigen Empfang des Sakraments der Versöhnung: „Wird doch durch ihn die Selbsterkenntnis gefördert, die christliche Demut vertieft, die sittliche Schwäche an der Wurzel gefasst, die geistliche Nachlässigkeit und Lauheit bekämpft, das Gewissen gereinigt, der Wille gestärkt, eine heilsame Seelenleitung ermöglicht und kraft des Sakramentes die Gnade vermehrt.“ (Encyclica Mystici Corporis Christi)
Buße
„Zur Buße beten Sie ein Vaterunser, beten es ganz bewusst, machen sich klar, was Sie beten.“
Einen Augenblick frage ich mich: Ist das nicht sehr wohlfeil? Da ist auf der einen Seite mein ganzer Hochmut, meine Gedanken und Worte, mein Tun und Unterlassen – und auf der anderen ein kurzes Gebet, ein bisschen Konzentration dabei und sonst nichts?
Nein – auf der einen Seite sind meine Sünden und auf der anderen Seite ist Jesus. Er hat mir ja vergeben, der Priester hat es gesagt, indem er mir die Absolution erteilte. Jesu Kreuz überbrückt den Graben. Ich darf wieder aufblicken. Das bedeutet nicht, dass ich meinen Hang zur Sünde leichtnehmen darf, und auch nicht, dass das Geschehene konsequenzenlos bleibt. Verletzungen werden auch durch aufrichtige Reue und Buße nicht heil; ich kann nichts ungeschehen machen. Aber das ist auch nicht der Sinn der Buße!
Sicher, es kann zur Buße gehören, angerichteten Schaden wenigstens teilweise zu ersetzen, einen Geschädigten um Verzeihung zu bitten. Aber zum einen ist das nicht immer möglich, und zum anderen geht es oft gar nicht um materiellen Schaden, sondern um die Kluft, die durch die Sünde zwischen Gott und Mensch entsteht und die nur Jesus überbrücken kann.
Die Buße ist keine Bezahlung – sie ist Dank für die Vergebung, und durch die Buße arbeiten wir nicht die Sünde ab, sondern arbeiten darauf hin, Sünde zu vermeiden. Insofern kann man sie Wiedergutmachung nennen – sie macht nicht den Schaden wieder gut, sondern den Sünder besser. Denn wir sind und bleiben zwar Sünder, aber mit Gottes Hilfe ist eine gewisse Selbsterziehung möglich. Eigene Hartherzigkeit bekämpfen wir am besten durch Werke der Barmherzigkeit, eigene Trägheit in Gebet und Bibelstudium durch Gebet und Bibelstudium.
Paulus vergleicht das christliche Leben mehrmals mit dem Leben eines Sportlers. Wenn der Sportler faul wird und nicht mehr trainiert, erschlaffen die Muskeln, seine Fähigkeiten lassen nach. Nur durch beständiges Training kann er seinen Beruf ausüben und – vielleicht – einen Sieg erringen. Christen, die aufhören zu beten, aufhören, nach Kräften Gutes zu tun, aufhören, Gottesdienste zu besuchen, werden irgendwann schlaff im Glauben. Die Gefahr esoterischer Beliebigkeit ist groß, und der Selbstbetrug „Ich bete Gott in der Natur an“ (gemeint ist: „Ich habe keine Lust zur Kirche und gehe sonntags lieber in den Stadtpark“) führt zum Glaubensverlust. Buße ist Training, und ebenso wie ein lässig gewordener Sportler, der das Training wieder ernstlich aufnimmt, erst einmal mit Muskelkater und Atemnot zu tun hat, kommt sich der lässig gewordene Christ, der nach einer guten Beichte das regelmäßige Gebet wiederaufnimmt, vielleicht komisch vor, langweilt sich ein bisschen. Aber wenn beide dranbleiben, wird der Sportler wieder Freude am Sport und gute Ergebnisse haben, und der Christ wird die Schönheit der Heiligen Schrift und des Gebetsschatzes neu entdecken.
Es gibt nur einen Unterschied. Wenn der Sportler nach zwanzigjähriger Abwesenheit vom Sport als alternder Mensch beschließt, das Training wiederaufzunehmen, wird es ihm vielleicht Freude machen, aber sonderlich erfolgreich wird er damit nicht mehr. Wenn der Christ nach sechs, sieben Jahrzehnten Abwesenheit von der Kirche umkehrt, wird er vielleicht nicht mehr allzu viel Glaubenswissen dazulernen – aber er ist mit Gott versöhnt und wird, wie Paulus sagt, den Siegeskranz erhalten.
Gott braucht unsere Buße nicht. Aber wir brauchen es, etwas zu tun, um die Versöhnung mit Ihm zu unterstreichen, dafür zu danken und uns selbst in der Spur zu halten, auf die Er uns durch die Vergebung wiedergebracht hat.
Sühne
Sühnen heißt, für die Schuld eines anderen einzustehen. Das hat Jesus am Kreuz getan – für alle Menschen, auch die, die nach Seinem Tod geboren wurden.
Warum kann, warum sollte irgendein Mensch dann noch sühnen?
Füreinander einstehen ist ein Zeichen der Solidarität. Wenn wir sagen, wir sind alle Sünder, dann können wir auch für andere Sünder Sühne leisten, ohne dass uns ein Zacken aus der Krone bricht. Christen wissen um den Sinn des fürbittenden Gebets.
Ich weiß, dass auch andere für mich beten und dass sie dies auch und gerade dann tun, wenn ich eine Sünde begangen habe. Sühne ist eine Hilfeleistung, zu der wir schon deshalb verpflichtet sind, weil Jesus für uns alle Sühne geleistet hat und wir Ihm danken und Ihn nachahmen sollen.
Eltern, die etwas bezahlen, was ihr Kind kaputtgemacht hat, oder Freunde, die zusammenlegen, um einem Freund aus den Schulden herauszuhelfen, leisten Sühne auf eine ganz weltliche Art. Gott gegenüber können und sollen alle Christen Sühne leisten – das ist eine ganz wesentliche Aufgabe des Christentums.
Angenommen, eine schwere Sünde wird begangen von jemandem, der kein Bewusstsein davon hat, der sich völlig von Gott abgekehrt hat. Ich denke an zwei schlimme Untaten, die im Oktober 2016 an einem Tag verübt wurden – ein Hostienfrevel und ein Attentat auf Christen.
Die Täter bitten nicht um Vergebung, weil sie das für unsinnig halten. Sie können so lange gar nicht aufrichtig um Vergebung bitten, wie ihnen die Schuld nicht klar ist und sie die Erlösungstat Jesu Christi nicht angenommen haben. Nun ist Sühne nicht deshalb nötig, weil Gott ein Krämer wäre, der Seine Gaben und unsere Sünden auf die Schuldseite unseres Kontobuches schreibt und unsere Gebete und guten Werke auf die Habenseite, sondern weil jede böse Tat die Welt aus dem Gleichgewicht bringt. Sie ist notwendig, weil wir Menschen als eine Gemeinschaft von Sündern leben. Wir sind auch eine Gemeinschaft Bedürftiger, und jeder versteht, dass die weniger Bedürftigen den Ärmeren materiell zu helfen haben. Ganz genau so hat jeder, der überhaupt imstande ist, den Sühnegedanken zu verstehen, eben für die Sühne zu leisten, die das nicht tun – also jeder vernunftbegabte Christ für andere Sünder.
Sühne ist auch die Antwort auf Jesu Wort „Komm, folge mir nach“. Jeder Märtyrertod (deren es heute viele gibt) ist Sühne, aber auch jede Zeit, die man im Gebet für andere verbringt, jede gute Tat, die man an Stelle eines anderen vollbringt.
Christus lässt Seine Kirche nicht allein – und Er lässt sie auch nicht passiv sein. Wir können und sollen an Seinem Heil mitwirken durch dies so düster wirkende und so licht machende „wahrhaft schaudererregende Mysterium“, wie Pius XII. es nannte – die Sühne. kath.net-Buchtipp: Von Petra Lorleberg Preis 9.80 Euro Mehr dazu auf kathtube:Bestellmöglichkeiten bei unseren Partnern:
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