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| "Gemeinsam am Tisch des Herrn" - eine persönliche Stellungnahme20. Jänner 2021 in Kommentar, 7 Lesermeinungen "Als im Herbst vorvergangenen Jahres das Votum „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ seitens des Ökumenischen Arbeitskreises der Öffentlichkeit präsentiert worden war, war ich sehr alarmiert." Gastbeitrag von Klaus Obenauer Bonn (kath.net) 1. Meine private Intervention Als im Herbst vorvergangenen Jahres das Votum „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ seitens des Ökumenischen Arbeitskreises der Öffentlichkeit präsentiert worden war, war ich sehr alarmiert. Dies umso mehr, als die Befürwortung von Bischof Bätzing für mein Empfinden mit einem aggressiven Unterton an die Adresse Roms versehen war. Sehr besorgt, machte ich eine briefliche Eingabe, die an drei römische Dikasterien zugleich gerichtet war: die Glaubenskongregation, die Gottesdienst- und Sakramentenkongregation und die Bischofskongregation; Bischof Bätzings verstörende Geschäftigkeit ließ ich nicht unerwähnt. Eine Bestätigung erhielt ich allerdings nur von der Sakramentenkongregation. Kurzum: Dass die öffentlich gewordene Intervention der Glaubenskongregation etwas mit meiner Eingabe zu tun hat, kann ich nicht ganz ausschließen, halte es jedoch für ziemlich unwahrscheinlich. Denn offensichtlich wurde man, folgt man der Darstellung im Brief von Kardinal Ladaria, über das Protokoll der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz auf die Angelegenheit (nachhaltig jedenfalls) aufmerksam, und zwar seitens der Bischofskongregation, von wo aus das Ganze dann seine Wege nahm; ersuchte doch die Bischofskongregation die Glaubenskongregation um eine Beurteilung. Und so reibe ich mir nicht darüber die Hände, da was losgetreten zu haben – was ja hochwahrscheinlich auch nicht der Fall gewesen ist –, wie ich allerdings Genugtuung darüber empfinde, dass meiner Eingabe materiell doch noch Rechnung getragen worden ist. 2. Meine Motive – meine andere Perspektive Warum lasse ich das nun die Öffentlichkeit wissen? Bei dem Dokument „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ geht es mir nicht in erster Linie um die angezielte praktische Konsequenz der Interkommunion, wiewohl ich die schon als ruinös genug ansehe (ganz besonders mit Blick auf die gutgeheißene Teilnahme von Katholiken beim protestantischen Abendmahl). Was mich in erster Linie verstört, ist, dass da eine Art Magna Charta eines „ökumenisch tragfähigen“ Verständnisses des Altarsakraments formuliert wurde, welche durch Nivellierungen (besonders in puncto Realpräsenz) und mehr oder minder direkte Angriffe (besonders in puncto Opfercharakter der Messe und Amtspriestertum) die Integrität des katholischen Glaubens beeinträchtigt, ja gar an dessen Substanz rührt. Die konkrete Gefahr sehe ich mit dem quasi-offiziösen Charakter dieses Dokumentes gegeben, zumal kraft der Protektion seitens eines Bischofs, der inzwischen Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist. Besonders betroffen macht mich hierbei, dass man Desiderate an sich herantragen lässt oder gar willkommen heißt, welche die durch den Glauben normierte liturgische Praxis betreffen: In erster Linie denke ich dabei an den Opfercharakter der Messe, wie er sich besonders in den Hochgebeten ausspricht (5.4.6, 5.5.4 u. 8.4). Aber ebenso wenig ist es hinnehmbar, dass wir uns das Kommunizieren unter beiderlei Gestalt als „stiftungsgemäße Weise“ vorschreiben lassen (5.6.2 u. 8.4): wenn damit das Kommunizieren „sub una“ als „stiftungsungemäß“ bzw. dem „Willen Jesu“ entgegen (vgl. 8.4) denunziert werden soll, wäre die Grenze zur utraquistischen Häresie überschritten bzw. hätte man sich auf deren Postulationen eingelassen.1 In 5.3.6 heißt es: „Viele Glaubende in den christlichen Gemeinden … haben kaum noch Verständnis für ausdifferenzierte theologische Begründungen, die daran hindern, als Familie dem gemeinsamen christlichen Bekenntnis auch in der Feier von Abendmahl/Eucharistie Ausdruck zu geben. Die Wahrnehmung der Stimmen der glaubenden Menschen ist für die ökumenische Theologie von Bedeutung und soll als Ausdruck des sensus fidelium Gehör finden.“ Es drängt sich der Eindruck auf, dass mit dem inzwischen ohnedies extrem überdehnten Begriff des „sensus fidelium“ eine Art basisdemokratische Instanz etabliert werden soll. Allein, wenn man sich – im Sinne einer bloßen methodischen Konzession – auf die Gewichtigkeit der Stimme der „Basis“ einlässt: Wer stellt diese Basis? Und da möchte ich erst einmal ansetzen, um mich hier zum Sprecher einer ganz anderen Basis zu machen: Was ist eigentlich mit denen, die in kleinen, aber geistlich durchaus lebendigen Gruppen ihren Eucharistieglauben praktizieren, und zwar intensiv praktizieren als Säulen der Werktagsmessen-Gemeinde und der eucharistischen Anbetung? Und dies ganz selbstverständlich im Sinne des überlieferten Glaubens der Kirche, so dass sie sich in „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ ganz bestimmt nicht wiederfinden können. Bringt sich nicht gerade hier der ‚sensus fidelium‘ erst- und vorrangig zum Ausdruck? Ich be-mühe hier keineswegs einen Topos, sondern greife auf augenscheinlich Erlebtes zurück, wonach eine lautstark sich artikulierende und hofierte Basis, die auf (zumal ökumenische) „Fortschritte“ drängt, eine ganz andere Gruppe von Gläubigen marginalisiert, die in ihrem Tun innerhalb und außerhalb des Gottesdienstes ungleich basaler ist für eine glaubende und hoffende und liebende und bei all dem betende Kirche. In bestürzter Ohnmacht muss ich zusehen, wie sich in der Kirche in Deutschland ein ideologischer Avantgardismus breit macht dahingehend, dass sich eine Amtskirche mit an ihrer vordersten Stelle zusammen mit den tonangebenden Zirkeln der akademischen Theologie zunehmend mehr von einer margi-nalisierten Gläubigenkirche abhebt. Einer Gläubigenkirche, die man unzulässigerweise auf eine Herde „klotzköpfiger Traditionalisten“ reduzieren würde, es sei denn, man wollte alles Treu-Gläubige, weil es einem im Wege ist, so etikettieren. Und dabei droht man, an jener Instanz vorüberzugehen, in der sich der ‚sensus fidelium‘ erstrangig bewährt. Alle Bischöfe, die meinen, in ihren Wortmeldungen zugunsten von „Lehrmodifikationen“ etc. der „Basis“ Ausdruck geben zu sollen, seien dazu aufgefordert, bei ihren Visitationen etc. nicht nur bei den Pfarrgemeinderäten u.ä. die Honneurs zu machen, sondern auch einmal eine Werktagsmesse vor Ort aufzusuchen, um da mit den Leuten zu sprechen, was sie über dies oder jenes so denken. 3. Auseinandersetzung anhand ausgewählter Thematiken Nun hatte die Glaubenskongregation ja schon die entscheidenden Ausstände formuliert. Trotzdem meine ich, auf den einen und anderen Punkt noch einmal etwas ausführlicher eingehen zu sollen, dies umso mehr, als dem Papier hohe fachliche Kompetenz zugebilligt wurde. Es lohnt sich schon, wie ich meine, der Solidität der Argumentation etwas auf den Zahn zu fühlen. Ich beschränke mich dabei auf einzelne Inhalte, die mir besonders aufgefallen sind, vornehmlich auf solche, in denen ich mich selbst als Theologe sachkundig und präsent weiß. Da ich einigermaßen gründlich sein will, muss ich geneigte Leserinnen und Leser um Verständnis dafür bitten, dass die eine oder andere Ausführung etwas auf Kosten der Allgemeinverständlichkeit gehen mag. Realpräsenz und Transsubstantiation So ist schon das Referat unter 5.1.2 zur Lehre des heiligen Thomas unbefriedigend. Bereits die Formulierung „die Gegenwart Christi ereignet sich dadurch, dass das Sakrament eine Repräsentation des Geschehens am Kreuz ist“, klingt irgendwie komisch, nicht untypisch für die fehlende Exaktheit an zahlreichen Stellen. Es verdient hier erwähnt zu werden, dass das ‚ad secundum‘ desselben Locus, auf den sich die Verfasser hier berufen 2, klarstellt, die Eucharistie sei „das vollkommene [/ vollendete] Sakrament des Herrenleidens als den gelitten-habenden Christus selbst enthaltendes“. Mindestens mit großem Unbehagen sehe ich die Lehre des heiligen Thomas auch mit folgendem Satz referiert: „Christus ist nicht abgrenzbar und nicht räumlich unter den eucharistischen Elementen, sondern auf eine sakramentale Weise gegenwärtig, deren Sinn in ihrer Wirkung liegt, den Menschen zu einem Leben aus Gnade zu bewegen“. Abgesehen, dass die katholische Standardformulierung wie auch die des heiligen Thomas „unter den Gestalten lautet“, so sehe ich im zeitgenössischen deutschsprachigen Diskurs, in den sich GTH ja einschreibt, die dringende Gefahr, dass diese „Unräumlichkeit“ der sakramentalen Gegenwart Christi, und zwar gerade nach der Lehre des hl. Thomas, unsachgemäß überdehnt wird, ein Eindruck, der in Bezug auf den vorliegenden Text durch das vorangestellte „nicht abgrenzbar“ verstärkt wird. Von daher sehe ich zumindest eine Klarstellung angezeigt: Der hl. Thomas lehrt gleichwohl 3, dass Christus bzw. dessen Leib (bzw. Blut) im Altarsakrament nicht ist „so wie am Ort“ („sicut in loco“) bzw. „örtlich“ („localiter“): und damit will nur gesagt sein, dass er (/es) unter den Gestalten bzw. an deren Ort ist nicht durch Zumessung von Ausdehnung an Ausdehnung (sondern kraft der Wandlung der Substanz von Brot bzw. Wein in diejenige dieses Leibes bzw. Blutes und daher nach Weise der, als solche vorquantitativen, Substanz unter den Gestalten, ohne von deren Ausdehnung affiziert zu werden). Während somit das Sakrament bzw. dessen Ort den Leib Christi selbst nicht umschreibt („non circumscriptive“), wie Christi Leib auch nicht auf das Sakrament bzw. dessen Ort als Ort seiner Anwesenheit festgelegt ist („non definitive“), ist durch die Wandlung von Substanz in Substanz unter Verbleib der Gestalten, allem voran der Ausdehnung, sehr wohl die sakramentale Gegenwart Christi (für ihre Einzelheit) umschrieben wie festgelegt: im Rahmen dieser Gegenwart ist sein Leib nicht außerhalb der Oberfläche (!) des Sakraments noch an anderer Stelle des Altars anwesend.4 Das Aufhören der ganzen Substanz des Brotes nicht in das Nichts hinein, sondern in die Substanz des Leibes Christi, und zwar bei Verbleib der Ausdehnung des Brotes (wie der übrigen Akzidentien), besagt, dass kraft dieser göttlichen Wandlung aus der Substanz des Brotes unter der eigenen Ausdehnung der Leib Christi unter der Ausdehnung des Brotes und so der Leib Christi am Ort des vorherigen Brotes wird (ohne dass die bleibende Ausdehnung des Brotes den Leib Christi affiziert, wie sie vorher das Brot affiziert hat).5 – Es verdient noch Erwähnung Thomas‘ „Responsio de 36 articulis“: Darin geht er auf Anfragen betreffs des richtigen Verständnisses seiner akademischen Lehre ein. Im dreiunddreißigsten Artikel heißt es: „Der dreiunddreißigste Artikel ist, dass der Leib Christi in diesem Sakrament nicht am Ort [‚in loco‘] ist. – Dieses ist nicht wahr. Es ist nämlich wahr zu sagen, dass der Leib Christi am Ort des Altars [‚in loco altaris‘] oder im Gotteshaus [‚in ecclesia‘] ist. Aber das ist wahr, [nämlich] dass der Leib Christi nicht im Sakrament wie [!] am Ort ist; nicht nämlich verhält er sich zum Sakrament wie das Verortete zum Ort, da er ihm nicht zugemessen wird gemäß den eigenen Ausdehnungen.“ Thomas wehrt also ganz entschieden der spiritualistischen Verflüchtigung seiner eigenen Lehre, wonach der Gegenwart Christi im Sakrament durch das „non ut in loco“ die ortsindexikalische Benennbarkeit („hier, in diesem Tabernakel ist er“) genommen wäre: ganz in Entsprechung dazu, dass, wie gesehen, Christi substantiale Gegenwart im Sakrament für Thomas exakt räumlich umschrieben (eben durch die Ausdehnungen der Gestalten) ist, mithin das „nicht abgrenz-bar“ aus GTH, wenn es eben das An-wesend-Sein Christi unter den Gestalten kennzeichnen soll, Thomas‘ Lehre sachlich falsch wiedergibt; entsprechend ist (entgegen 5.3.5) eine „lokal zu erfassende Gegenwart Jesu Christi“ in der Eucharistie, als Lehre des heiligen Thomas, keineswegs ein Missverständnis. Überdies hat für Thomas die Gegenwart von Leib und Blut Christi unter dem Sakrament die Dignität des Enthalten-Seins: so wie nämlich die Substanz unter der Ausdehnung enthalten ist, sei es nämlich unter der eigenen, sei es unter der jener Substanz, die in sie gewandelt worden ist.6 Schließlich umfasst dieses Enthalten den ganzen Christus, der nach allem, was ihm innerlich zugehört, ganz unter jeder Gestalt und jedem ihrer Teile enthalten ist.7 Die an sich zu Recht angeführte „Unräumlichkeit“ der sakramentalen Gegenwart Christi (im Sinne des „non localiter“) nach Thomas darf nicht überdehnt werden, dass man die formelle Äquivalenz zu einer räumlichen Anwesenheit verkennt, die besagte Gegenwart in Thomas‘ Verständnis greifbar auszeichnet. Entsprechend geht der Lehre des heiligen Thomas jede Anschlussfähigkeit zugunsten spiritualisierender Verflüssigungen ab, und seien diese im ökumenischen Diskurs noch so willkommen. Ein tendenziöses Referat ist mehr noch für die tridentinische Dogmatisierung der Transsubstantiation zu monieren. Wörtlich GTH (5.1.7): „Das Eucharistiedekret … bestätigte die Realpräsenz Christi unter den Gestalten von Brot und Wein[,] und zwar aufgrund der auf dem IV. Laterankonzil formulierten Lehre von der Transsubstantiation. Es schloss eine begrifflich anders gefasste Deutung des Abendmahlsgeschehens aber nicht kategorisch aus, indem es den Begriff der Transsubstantiation als aptissime (äußerst angemessen) bezeichnete, um dieses Glaubensgeheimnis zu beschreiben, und diesen Begriff damit für künftige theologische Reflexion offenhielt.“ Es liegt hier eine, intellektuell nicht sehr redliche (wie ich jedenfalls meine), Vermengung von „Begriff“ und „Terminus“ vor: Das Konzil 8 verpflichtet sehr wohl, abgesichert durch das Anathem, auf den Begriff von „Transsubstantiation“, insofern es auf die gläubige Anerkennung des damit bezeichneten Sachverhaltes der Totalkonversion der Substanz des Brotes bzw. Weines in die des Leibes bzw. Blutes Christi (bei bloßem Verbleib der Gestalten von Brot und Wein) als eines im An-sich verwirklichten verpflichtet, um von diesem Begriffsgehalt im beigefügten Relativsatz von Canon 2 (und damit in der Tat wohl nicht im selben Maße letztverbindlich) zu erklären, er werde von der Kirche „aptissime“ mit „transsubstantiatio“ benannt. Letzteres ist die eigene Sanktionierung einer Terminologie, nachdem in begrifflich exakter Weise der damit gemeinte Sachverhalt als verwirklicht zu glaubender verbindlich gemacht worden ist. In der Tat ist damit der Terminus „transsubstantiatio“ nicht als absolut unersetzlicher sanktioniert, wiewohl sich eventuelle Substitutionen oder Supplemente an besagter Totalkonversion als Gehalt des Dogmas stets werden messen lassen müssen. Überdies: Ihr Vorbild hat diese Abhebung des Sachverhaltes der Totalkonversion von dessen eigentümlicher terminologischer Belegung mit „transubstantiatio“ schon beim hl. Thomas, der auch diesbezüglich für das Tridentinum Pate gestanden haben dürfte.9 Die zentrale Stellung der Leuenberger Konkordienformel in GTH ist schon den Verfassern der „Lehrmäßigen Anmerkungen“ (Glaubenskongregation) aufgefallen. Besonders auffällig ist hier 5.4.2. Es heißt dort: „Die Kontroversen über die Gegenwart des Herrn bei der Feier des Mahls können in dem Maße überwunden oder wenigstens in ihrer kirchentrennenden Reichweite begrenzt werden, wie man den zum Mahl einladenden Christus, der sich in seiner Person vergegenwärtigt und schenkt, als das handelnde Subjekt der Mahlfeier versteht und dieser Sichtweise die Frage nach dem Wie der sakramentalen Vergegenwärtigung Christi nachordnet. Rückt das Moment der personalen Selbstvergegenwärtigung Jesu Christi in den Vordergrund, so wird erkennbar, dass seine Gegenwart das ganze Mahlgeschehen umgreift (Personalpräsenz) und er selbst sich uns so mit Brot und Wein schenkt.“ Ich kann mich nun des Eindrucks nicht erwehren, dass sich hier die suggestive Kraft der „geistreichen“ Formulierung über die Sperrigkeit der Sache hinwegsetzen will. Und zumal der letzte der zitierten Sätze kommt mir als eine Art Remake der lutherischen Ubiquitätslehre vor: Das Ganze ist „sowieso“ von Christi „Personalpräsenz“ umgriffen, auf dass die Gegenwart unter „Brot und Wein“ gar nicht mehr groß Thema zu sein braucht. Dabei scheint insgeheim mit der schillernden Unklarheit von „personaler Selbstvergegenwärtigung“ gearbeitet zu werden: Irgendwie soll sie an die Dignität der substantialen Anwesenheit heranreichen, um zugleich als eine doch nur „personale“ Gegenwart, im Unterschied etwa zu einer „somatischen“ (wie es sich inzwischen terminologisch weithin etabliert hat), die interkonfessionelle Strittigkeit der substantialen ‚praesentia sub‘ (traditionell wenigstens auch zwischen Lutheranern und Reformierten) zu umsegeln. Einmal abgesehen davon, dass die Rede von einem „Sich-Schenken Christi mit Brot und Wein“, jedenfalls dem urgierten Wortsinn nach, katholischerseits unannehmbar ist: Christus ist gegenwärtig, ja enthalten unter den Gestalten kraft jener Wandlung, die Brot und Wein substantiell nicht fortbestehen lässt, auch nicht „zusammen mit“ Christi Leib und Blut 10. Mit dem obigen Zitat geht es mir nicht nur darum, entgegen der vindizierten fachtheologischen Solidität von GTH beträchtliche Unzulänglichkeiten in der Argumentationsführung offen zu legen. Für solche, für die der katholische Eucharistieglaube zum Herzen ihrer persönlichen Gläubigkeit gehört und mit den zentralen Referenzpunkt ihrer religiösen Praxis bildet, ist der damit anvisierte Minimalkonsens unannehmbar, die postulierte Zweitrangigkeit des Wie der Gegenwart Christi ein schweres Ärgernis. Das, was wir unser Allerheiligstes nennen, wird damit sekundär. Was unaufgebbar zum Glaubensgut gehört und im Zentrum unserer liturgischen Praxis steht, kann niemals als derart „nachgeordnet“ zugunsten einer Wie-auch-immer-Gegenwart Christi behandelt werden, wie es GTH vorschlägt; obendrein dann, wenn die vorgeschlagene Konsensformel auch noch dogmatisch falsch ist. Eine solche Gemeinsamkeit am Tisch des Herrn ohne Allerheiligstes ist für uns gegenstandslos. Die überlieferte Lehre und Theologie sieht die Einheit der Kirche als des mystischen Leibes Christi als die „res tantum sacramenti“ (in kollektiver bzw. umfassender Dimension); dies jedoch in Entsprechung zum wahren Leib und Blut Christi unter den Gestalten als der „res et sacramentum“ 11. Wie der hl. Bonaventura 12 schön ausführt: der substantial gegenwärtige Leib Christi evoziert die Liebe zueinander als Glieder des einen Leibes, um diese Liebe durch seine sakramentale Gegenwart gerade zu bewirken. Wenn ich hier entschieden für den überlieferten Eucharistieglauben und dessen lehramtliche Formulierung, zumal durch das Tridentinum, eintrete, heißt dies nicht – wie ich hier noch angezeigt haben will –, dass ich dies un-angefochten von jedem Problembewusstsein täte. Was nämlich zumal die Transsubstantiation angeht: Inwieweit ereignet sich hier die Wandlung (spezifisch) einer Substanz in die des Leibes bzw. Blutes Christi? Was hier gerade die mikrophysikalischen Anfragen angeht, so denke ich, dass das entscheidende Problem die Bestimmung der ‚quantitas continua‘ ist, welche nämlich für eine Substanz nicht mehrfältig sein kann. Hier könnte man daran denken, dass die Kontinuität dieser Quantität eben nicht als unterbrechungslose Geschlossenheit zu denken ist, sondern eher funktional (als Kohäsion im Aus-ein-ander). Ich erwähne dies nur, um anzudeuten, dass ich gleichwohl um sich aufdrängende Schwierigkeiten weiß, jedoch durchaus Lösungspotential sehe; entsprechend ist und bleibt es sinnvoll, ja geboten, trotz der mikrophysikalischen Gegebenheiten auf der makrophysikalischen Ebene substantiöse Einheiten anzusetzen. Amtspriestertum und dessen Vollmacht Unter 3.5.3 lesen wir: „Bei der Weisung steten Gedächtnisses [also im Sinne des sog. Anamnesebefehls] handelt es sich nicht um einen Befehl zur Wiederholung der Worte Jesu, der sich gar nur an seine Jünger bzw. die Zwölf … als Vorbilder späterer Amtsträger richtet. Die [im Imperativ und] in der 2. Person Plural formulierten Weisungen bei Paulus haben alle an der gegenwärtig vollzogenen Mahlfeier Beteiligten im Blick.“ Natürlich mache ich eine starke, aber für einen katholischen Theologen doch legitime Voraussetzung, wenn ich die lehramtliche Auslegung von Schriftstellen, jeder fachexegetischen Vergewisserung oder Absicherung vorweg, als normativ ansehe. Und hier kann ich kaum anders, als in den zitierten Worten einen Affront gegen das Tridentinum zu sehen; dort heißt es im zweiten Anathem zur Messopferlehre: „Wenn jemand sagt, mit jenen Worten: ‚tut dies zu meinem Gedächtnis‘ habe Christus nicht die Apostel als Priester eingesetzt oder nicht angeordnet, dass eben sie und die anderen Priester seinen Leib und sein Blut darbrächten: der sei im Banne.“ 13 Was das Konzil allerdings nicht sagt, ist, dass sich der Gedächtnisbefehl exklusiv an die Apostel und deren Nachfolger im Priesteramt richtet, was mit der paulinischen Formulie-rung unter 1 Kor 11,25sq. in der Tat kaum vereinbar wäre. Im Gegenteil: Auch das Konzil kennt eine Ausführung des Gedächtnisbefehls eben durch den Empfang des Sakraments und so eben seitens aller Sumierenden: „Unser Erlöser also … setzte dieses Sakrament [der Eucharistie] ein … und befahl, dass wir im Empfang von jenem [Sakrament] sein Gedächtnis begehen und seinen Tod verkünden, bis dass er selbst kommt, um die Welt zu richten“ 14. Gedacht ist hier zumal an 1 Kor 11,24-26. Entsprechend kann der neuscholastische Theologe Eduard Hugon in seinem berühmten Manual folgendermaßen erläutern: „Dasselbe [nämlich, dass die Erwachsenen kraft göttlichen Gebotes zum Eucharistieempfang gehalten sind] steht fest aus den Worten der Einsetzung. Indem er nämlich ‚tut dies zu meinem Gedächtnis‘ sagte, legte er das Gebot, nicht nur zu zelebrieren, sondern auch zu kommunizieren, auf, wie das Konzil von Trient lehrt: ‚befahl er, dass wir im Empfang von jenem sein Gedächtnis begehen …‘“ 15 Diese Distinktion ist schließlich zurückzuverfolgen bis auf Thomas selbst: Auch letzterer stützt das Gebot, überhaupt kommunizieren zu müssen, auf das Mandat Christi, festgemacht an den Worten des Gedächtnisbefehls „Tut dies zu meinem Gedächtnis“.16 Dies hindert Thomas in keiner Weise, wenig später 17 festzustellen, dass jemand kraft der Priesterweihe, die allein zur Bereitung („confec-tio“) des Eucharistiesakraments, und zwar „in persona Christi“, bevollmächtigt, in den Rang derer versetzt wird, denen vom Herrn das „tut dies zu meinem Gedächtnis“ gesagt ist. Während also das Dogma darauf verpflichtet, dass der Gedächtnisbefehl sich an die Apostel und deren Nachfolger im Priesteramt richtet als jener, die dadurch die ‚potestas consecrandi et offerendi‘ 18 innehaben – in welcher Richtung der Gedächtnisbefehl in der Tat exklusiv ist –, so kennt die Lehre der Kirche ebenso wie die beste Theologie ein Ausführen des Gedächtnisbefehls auch seitens der das Sakrament empfangenden (und auf ihre Weise mitopfernden) Gläubigen diesseits des Ranges des Amtspriestertums. An dieser hoch- bis höchstverbindlichen Norm gemessen, können die Ausführungen von GTH schlicht nicht bestehen. Inhaltlich bewegt man sich damit wenigstens am Rande zum Getroffen-Sein vom tridentinischen Anathem. In diesem Kontext noch etwas zur Sonderstellung des Bischofsamtes in der Weihehierarchie (mit Relevanz für die Frage der sog. „Ämteranerkennung“): Unter 6.2.10 heißt es: „Über lange Zeit hatte die theologische Überzeugung Bestand, dass sich das Amt der Presbyter und das Amt der Bischöfe nur im Bereich der Jurisdiktion unterscheiden“: als Zeugen werden dafür u.a. die Heiligen Thomas und Bonaventura benannt. Und mit Blick auf diese beiden kann ich mit Bestimmtheit feststellen, dass der zitierte Satz schlicht falsch ist. Thomas lehrt klar, dass der Bischof zwar keinen Ordo über den einfachen Priester hinaus hat, was die Eucharistie angeht, mithin keinen höheren Ordo, der Sakrament wäre, dass jedoch die Höherstellung des Bischofs sehr wohl eine solche des Ordo kraft der Konsekration ist, um nicht auf eine Höherstellung in der Jurisdiktion reduziert werden zu können. 19 Bonaventura führt 20 aus, dass der, durch die Konsekration vermittelte, Episkopat zwar kein neuer Ordo sei, mithin keine Einprägung eines neuen Charakters mit sich bringe, jedoch eine herausragende Stellung („eminentia“) im Sinne der Vollmachtserweiterung, welche zusammen mit dem Charakter der Priesterweihe immer bleibt, auch wenn die Jurisdiktion genommen ist. Beide Theologen sprechen dem Episkopat also auf ihre Weise das Maximum zu, das ihm möglich ist im Rahmen jener Konzeption, die einen sakramentalen Ordo jenseits des Presbyterates nicht kennt, auf dass die Höherstellung des Bischofs gegenüber dem Presbyter alles andere als auf die Jurisdiktion reduziert werden kann. Sie unterschreiten darin nicht das später von Trient Gelehrte, welches Konzil seinerseits bekanntlich darauf verzichtet hat, den Episkopat als eigene und höchste Stufe des Weihesakramentes auszuweisen. Letzteres hat es bekanntlich dem Vaticanum II überlassen, dessen einschlägige Lehre als faktisch irreformabel gelten kann. Opfercharakter der Eucharistie Schließlich sind besonders anstößig die Ausführungen zum Opfercharakter der Eucharistie. Zentral sind zum einen die Aussagen unter 5.4.6: „Die diese Redeweise [scil. vom ‚Pascha-Mysterium‘ im Rahmen der heutigen ‚römisch-katholischen Auffassung‘ von der ‚Einmaligkeit des Sühnopfers Christi am Kreuz‘] auszeichnende starke Christo- und Staurozentrik lässt keinen Raum für den Gedanken, dass Christus in der Mahlhandlung als ‚Messopfer‘ dargebracht werde. Daher bleiben Formulierungen bedenklich, die den Opfergedanken dadurch erhalten wollen, dass sie die Eucharistie als stellvertretend für die Welt dargebrachtes Lobopfer der Kirche oder gar das Lebensopfer Jesu Christi als Opfer der Kirche verstehen wollen, wenn nicht hinreichend deutlich wird, dass hier Christus als ihr Haupt Subjekt des Opfervorgangs ist und bleibt.“ Letztere Feststellung, rein in sich und dabei nicht exklusiv genommen, ist unproblematisch, wo doch schon Trient festhielt: „idem nunc offerens sacerdotum ministerio, qui se ipsum tunc in cruce obtulit“ 21 Da aber, laut anschließender Erläuterung in GTH, die Rede vom Opfer der Kirche nur sinnvoll sein soll (wörtl.: „ist dann sinnvoll“) im Sinne der Mahnung des heiligen Paulus, wonach alle Getauften sich zu einem gottgefälligen Opfer machen lassen sollen (nach Röm 12,1), erscheint eben doch das Opfer der Kirche problematisiert, nämlich als jene wahre und sichtbare kultische Begehung sakrifiziellen Charakters, die sich auf den in den Gestalten gegenwärtigen Christus als Opfergabe bezieht. Und damit wäre sehr wohl die Substanz des tridentinischen Dogmas angetastet (vgl. auch die „Lehrmäßigen Anmerkungen“). Entsprechend empfinde ich es als extrem Ärgernis erregend, ja empörend, um nicht zu sagen: unverfroren, wenn die Verfasser unter 8.4 dann folgendes Postulat formulieren: „Einzelne liturgische Gebete sind auf ihre Missverständlichkeit bezüglich des Opferbegriffs hin zu prüfen; es darf nicht der Eindruck entstehen, als opfere die Gemeinde Jesus Christus für Gott, denn es ist vielmehr Gott, der die Gaben der Gemeinde – materiale wie geistige – würdigt, sie zur Feier der Lebenspreisgabe Jesu Christi dienen zu lassen. In der Ökumene der Zukunft wird es hilfreich sein, sich auf eine verbindliche Präzisierung zu verständigen und sich auf bestimmte Grundregeln der liturgischen Praxis zu einigen.“ Einmal abgesehen davon, dass man zwischen den Zeilen die Aufforderung an Zelebranten herauslesen kann, die Hochgebete an entsprechender Stelle zu manipulieren, so ist im Gegenzug sehr wohl darauf zu bestehen, dass sich in dieser gemeindlichen Versammlung als Vertretung der ganzen Kirche eben das Darbringen Jesu Christi, seines Leibes und Blutes, als Opfer ereignet: beziehungsweise Christus selbst ist der prinzipal Opfernde, aber im rituellen Tun der Kirche vor Ort, und das wiederum gemäß der hierarchischen Gliederung der Kirche. Während der Vollzug des Sakramentes, näherhin die Konsekration, also sehr wohl in sich selbst Opferhandlung ist, so dennoch nur unter Bezug auf das einmalige historische Opfer am Kreuz 22. Man hätte also, so meine Auffassung des dringenden theologischen Anschlusspostulats, die Essenz des Messopfers dahingehend auf den Begriff zu bringen, dass das vergangene Ereignis am Kreuz, das in Christus, seinem verklärten Leib und Blut, aufgehoben bleibt 23, weder wiederholt noch ergänzt wird 24, vielmehr sich für die Zeit der sichtbaren Kirche in seiner „End-gültigkeit“ so bewährt, dass es sich in das kultische Begehen (konkret: der Konsekration) hineinprolongiert, auf dass letzteres dadurch in sich selber Opfer ist wie das Kreuzesereignis, wie letzteres das „propter quod“ der kultischen Begehung, sprich: des Messopfers, als eines Opfers ist und bleibt. Damit bin ich sicher auch nahe dran an der lehramtlichen Formulierung aus jüngerer und jüngster Zeit: „perpetuatio“ („beständiges Fortdauern-Lassen“).25 Entsprechend bleiben spekulative Bemühungen einer Messopfertheorie sinnvoll. Ich habe mich schon gefragt, ob nicht eventuell in folgende Richtung zu denken wäre: Demnach würden jene Bestimmungen, welche das (wie näher hin auch immer zu denkende) bleibende Qualifiziert-Sein Christi, seines Leibes und Blutes zumal, durch den Perfekt der Passion bedingen, in der Wandlung kraft der eucharistischen Gestalten „über-setzt“ in unsere, für uns sichtbare Um-Welt hinein. Wage ich es nämlich zu unterstellen – ohne dies hier eingehender darlegen zu können –, dass die Akzidentien von Brot und Wein Christi Leib und Blut zwar nicht inhärieren (was sie auch niemals können), jedoch Christi Leib und Blut als Zielpunkte der Wandlung die Funktion der Brot- und Weinsubstanz, Inhärenzsubjekte dieser Akzidentien zu sein, jenseits solcher Inhärenzsubjektivität, superäquivalent dazu, auffangend ersetzen, „supplieren“ – was ich allerdings nur jener endlichen Substanz zuerkennen möchte, die (wie Christi Leib und Blut) von göttlicher Seinsgültigkeit ist, um deshalb auch allein Terminus eines totalen Selbst-Verlustes einer anderen in sie hinein sein zu können 26 –, andererseits die In-härenzsubjektivität von Christi Leib und Blut für die eigenen Akzidentien nicht bezugslos neben der Suppletion der Inhärenzsubjektivität für die Brots- und Weinsakzidentien stehen kann 27: lässt sich dann nicht auch sinnvoll denken, dass Christi Leib und Blut ihre akzidentellen Bestimmungen, und zwar näherhin als das Qualifiziert-Sein durch den Perfekt der Passion bedingende, in die als sie enthaltende Zeichen übernommene Brots- bzw. Weinsgestalt hinein „übersetzen“ (womit schon von der Natur der Sache her nicht jede Materie für die eucharistische Wandlung in Frage kommt) 28, worin schließlich die Passion ihre innere Fortsetzung in die Sichtbarkeit des Christus enthaltenden Sakraments hinein erfährt? Christi Opfer in der Messe, näher hin in der Konsekration, bestünde also darin, dass er die Ver-setzung seiner selbst (nach seinem Leib und Blut) in den Leidens- und Todeshabitus der Gestalten wirksam will als besagte innere Fortsetzung sei-ner ihn in der Weise des Perfekt immer noch bestimmenden Passion, und dies eben will als opferkonstitutiver Ausdruck seiner (ihm als Mensch eignenden) Unterwerfungsgesinnung Gott gegenüber. Und da er seine Unterwerfungsgesinnung opferkonstitutiv so ausdrückt, dass er darin besagtermaßen seine Passion innerlich fortsetzt, ist in Entsprechung dazu auch sein aktives Sich-Opfern durch das sichtbare Tun der Kirche bzw. seiner geweihten Vertreter innere Fortsetzung seiner (ihn ebenso noch im Modus des Perfekt bestimmenden) sakrifiziellen Kreuzeshingabe (wohinein man letztere auch immer verlegen mag). Entsprechend wäre Christi Opferhandlung bei der Einsetzung der Eucharistie zu denken als Destination seines Leibes und Blutes zur künftigen Passion mittels des Passionshabitus der Gestalten (und so Vorwegnahme der sakrifiziellen Kreuzeshingabe, wenn diese nicht gar durch die sakramentale Handlung am Leidensvorabend konstituiert ist, was hier nicht entschieden werden soll); dass „das“, sprich: das unter der Gestalt des Brotes aus Weizenkörnern (vgl. Joh 12,24) Enthaltene, (vermöge wirklichkeitssetzender Erklärung) jetzt „mein Leib ist“ 29, und zwar der, „der für euch hingegeben wird“: genau damit ist jetzt dieses Hingegeben-Sein in der rituellen Vorwegnahme (welche Vorwegnahme künftig Fortsetzung sein wird). Was den Passionshabitus der Gestalten angeht, so kommt ihnen in ihrer Doppelheit gerade auch die Funktion zu, im besagten Sinne die Trennung von Leib und Blut Christi am Kreuz beim postmortalen Efflux innerlich fortzusetzen, dadurch, dass sie die nicht mehr aktuell bestehende, jedoch im Perfekt „aufgehobene“ Trennung von Leib und Blut Christi als solche „übersetzen“ (welche Übersetzung als die der aktuell ja nicht mehr bestehenden Trennung das Enthalten-Sein des ganzen Christus und so mit Leib und Blut unter jeder der beiden Gestalten gewährleistet). Mithin könnte man bei dem so skizzierten Theorieansatz von einer Fortschreibung der Theorie Billots von der „mactatio mystica“ zur „Perpetuationstheorie“, im Sinne des Messopfers qua innerer Fortsetzung der Passion und der opfernden Selbsthingabe Christi zur Passion, sprechen; dies in Entsprechung zur lehramtlichen Entfaltung der Thematik.30 Das Voranstehende ist freilich reichlich spekulativ. Hier gehen natürlich viele Voraussetzungen ein, wie sich daran jede Menge Anfragen heften können, von Seiten der scholastischen Schultheologie bis hin seitens der kritischen Exegese. Hier ist denn auch nur eine Intuition andeutungsweise auf den Begriff zu bringen gesucht, worin um eine materialsignifikative Füllung dessen gerungen wird, was oben als Wesen des Messopfers (qua Formalsignifikat) postuliert wurde: das historisch einmalige Opfer am Kreuz prolongiert sich so in das kultische Geschehen hinein, dass letzteres in sich selber wahres Opfer ist, wie umgekehrt das Kreuzesopfer das „propter quod“ desselben als eines Opfers ist und bleibt. Ich will jedoch noch ergänzt haben, dass dieses Anliegen, Kreuzes- und Messopfer besagtermaßen ineinander zu sehen, über die jüngeren Dokumente hinaus schon in der tridentinischen Magna Charta der Messopferlehre anklingt, wie diese Sicht auch in der Messliturgie der Kirche greifbar wird. So formuliert das Konzil von Trient: „Und da ja in diesem göttlichen Opfer, das in der Messe vollzogen wird, genau jener Christus enthalten ist und unblutig geopfert wird, der auf dem Altar des Kreuzes ‚sich selbst ein [einziges] Mal blutig dargebracht hat‘, lehrt die heilige Synode, dass dieses Opfer wahrhaft ein Sühnopfer ist“ 31. Und es ist gerade das dritte Hochgebet der forma ordinaria, das ein solches Ineinander von Messopfer und Kreuzesopfer zum Ausdruck bringt mit den Worten: „Respice, quaesumus, in oblationem Ecclesiae tuae et, agnoscens Hostiam, cuius voluisti immolatione placari, concede …“ / „Blicke, wir bitten Dich, auf das opfernde Darbringen Deiner Kirche und, indem Du darin die Opfergabe [wie-der]erkennst, durch deren Hinopferung Du versöhnt werden wolltest, gewähre …“ Die katholische Intuition, wenn ich es einmal so sagen darf, lebt also ganz von der positiv-inklusiven Endgültigkeit des Kreuzesopfers Christi: weil es „ein für alle Mal“ ist, deshalb will es im stets neuen rituellen Begehen der Kirche fortdauern, ein echtes Fortdauern im rituellen Begehen, das dieses in sich selbst wahrhaft zu einem Opfer macht, um das Kreuzesopfer als „propter quod“ seines Opfercharakters zu behalten. Diese inklusive Perspektive deutet sich auch schon im ersten Kapitel der tridentinischen Messopferdoktrin greifbar an.32 Ja, die Lebendigkeit des glaubend-hoffend-liebenden Anschlusses an den Christus, der sich am Kreuz für uns dahingegeben hat, ist durch die andächtige Mitfeier des heiligen Messopfers nicht versperrt, sondern gerade gewährleistet. Es kommt vielleicht nicht von ungefähr, dass man dort, wo man Schwierigkeiten mit der Messopferlehre artikuliert, um sich dazu auf die Einmaligkeit des Kreuzesopfers zu berufen, bei näherem Hinsehen Schwierigkeiten mit dem Kreuzestod als einem stellvertretenden Sühnopfer überhaupt hat. So sind denn auch die Formulierungen in GTH unter 5.5.3 nicht ganz unbezeichnend; offenbaren sie doch die weitgehende Verlegenheit zeitgenössischer Theologie angesichts der Heilsbedeutung des Todes Jesu Christi als eines Sühnopfers. Es zeigt sich: Nicht in der Exklusivität, sondern der Inklusivität des einen Opfers Christi am Kreuz, hinsichtlich der vielen Messopfer, bewährt sich die lebendige Präsenz des Ein-für-alle-Mal der Kreuzestat Christi. Gemäß besagter Perpetuation, die dem Kreuzesopfer gerade keine Konkurrenz macht, ist Christus unter den eucharistischen Gestalten sehr wohl wahrhaft Opfergabe der Kirche in ihrem rituellen Tun gemäß ihrer hierarchischen Struktur. Deshalb gibt es an den Darbringungsworten der Hochgebete nichts zu retuschieren, um angebliche Missverständnisse zu beseitigen. Dass man ein solches Postulat an sich herantragen lässt bzw. seitens der Bischofskonferenz als Wunsch von der protestantischen Seite bzw. den ökumenischen Theologen her wohlwollend aufgreift, ist für mich ein ungemeines Ärgernis, etwas, das mich sehr betroffen und auch empört macht. Ähnliches gilt auch für die Kritik an der Kommunion unter nur einer Gestalt, als mehr oder weniger „nicht stiftungsgemäß“ oder dem „Willen Christi“ nicht entsprechend. Dieser Skandal darf nicht gerechtfertigt, er muss unzweideutig wieder gutgemacht werden. An der Stelle möchte ich mir noch eine Bemerkung erlauben auf einem Feld, auf dem ich mich zugebenermaßen nicht fachkundig weiß, nämlich der Liturgiegeschichte: Wenn, Bezug nehmend auf mehrere Forschungsarbeiten in jüngerer Zeit, unter 5.5.4 behauptet wird, die „Offerimus“-Aussagen in den Hochgebeten bzw. Anaphoren hätten ihrem genuinen Sinn nach eigentlich nur die Bedeutung, die Naturalgaben von Brot und Wein Gott vor Augen zu stellen, damit er sie uns „als von Gottes Geist geheiligte Gaben wiederum schenkt“, wobei auch der römische Kanon diese Struktur aufweise, so kann ich hier nicht aus meinerseitiger liturgiehistorischer Kompetenz gegenhalten. Aber so viel glaube ich, doch dazu bemerken zu können: Die „Offerimus“-Aussagen des römischen Kanons vor dem „Supplices te rogamus“ (auf welche Abfolge man ja wohl abstellt) nehmen sich, jedenfalls mit Blick auf die Endgestalt dieses Kanons, wie sie uns allen bekannt ist, als viel zu redundant und pointiert aus, als dass sich ihr Sinngehalt auf die quasi-technische Funktion, die „Gaben von Brot und Wein“ vor Gottes Angesicht zu bringen, damit Er sie heilige o.ä., reduzieren ließe. Das „heilige Brot ewigen Lebens“ und der „Kelch des immerwährenden Heils“ werden doch als „reine, heilige, makellose Opfergabe“ dargebracht. Überdies wird gebetet, Gott möge auf dieses Brot des Lebens und diesen Kelch des Heiles qua Opfergabe mit „geneigtem und heiterem Blick“ blicken und das annehmen wie die Gaben Abels und das Opfer Abrahams sowie das des Melchisedek. Ich sehe wirklich nicht, wie solche pointierte Darbringungs- und Opferaussagen sich auf ein bloßes Vor-Gottes-Angesicht-Bringen, damit Er die Gaben heilige, reduzieren lassen sollen. Im anschließenden „Supplices te rogamus“ sehe ich daher eher die Bitte darum, dass Gott dem anamnetisch-sakrifiziellen Tun der Kirche vor sich Gültigkeit verleiht (wie den Genuss des Leibes und Blutes Christi segensreich sein lässt): was deshalb nicht heißt, dass von Gott die erst nachträgliche Ratifikation erwartet wird, sondern dass das rituelle Tun der Kirche nur durch die innere Erfülltheit von Gott sakrifizielle Bedeutung vor ihm hat, welche Erfülltheit zwar von vornherein garantiert ist, aber eben nur im Rahmen dessen, dass die Kirche bleibend darum bittet. So geht es denn auch nicht an, den römischen Messkanon gegen die neuen Hochgebete (III und IV) dahingehend auszuspielen, als leisteten gerade letztere mit ihren pointierten Formulierungen („offerimus tibi eius Corpus et Sanguinem“: IV) „erst so richtig“ einem angeblichen Missverständnis der Darbringung Christi unter den Gestalten durch die Kirche Vorschub. Wenn auch meine liturgietheologische Einlassung hier gewagt bleibt (da ich nicht über eingehende liturgiehistorische Kenntnisse verfüge), so muss ich einfach vor dem Hintergrund der in eine ganz andere Richtung weisenden und dabei letztverbindlichen Lehrtradition der Kirche, wie sie allem voran in Trient greifbar wird, darauf bestehen, dass hier kein Missverständnis vorliegt und gerade die jüngeren Hochgebete (III und IV) aus dem Missale Pauls VI. den Glauben der Kirche authentisch und unmissverständlich dokumentieren. Hier gibt es keinen Bedarf einer „ökumenisch sensiblen“ Korrektur. 4. Resümee Was das inhaltliche Anliegen von GTH angeht: Zentrale Wahrheiten des katholischen Eucharistieglaubens werden, wie im Falle von Wandlung und Realpräsenz, nivelliert bis enerviert, beziehungsweise sie werden, wie im Falle von Priestertum bzw. Weihesakrament und Messopfer, sogar wenigstens versteckt angegriffen, auf dass man die eine oder andere Passage u.U. als nur schwer verhohlene Bestreitung lesen kann. Das ist für einen katholischen Christen, der im überlieferten Glauben seiner Kirche verwurzelt ist, schlicht nicht hinnehmbar. Ich selber kann, mich auf meine ohnmächtigen Worte beschränken müssend, dazu nur sagen: Ich distanziere mich in aller Form vom Votum „Gemeinsam am Tisch des Herrn“; in keiner Weise kann ich mich darin wiederfinden. In dem Maße, in dem diesem Dokument offiziöse Valenz zuwächst, es gar zu einer Magna Charta des faktischen Eucharistieglaubens (in Deutschland) wird, sehe ich durch solche Art der Beschwörung von „Gemeinsamkeit am Tisch des Herrn“ in Wahrheit das Tischtuch zwischen einer eigenmächtigen deutschen Amts- und Theologenkirche und der Kirche derer, die im Kleinen treugläubig sind, zerschnitten. Noch ein Letztes zu bemerken, ist mir hierbei wichtig: Trotz aller subjektiven Betroffenheit, die ich nicht verhehle, setze ich auf Sachlichkeit und nicht stumpfe Polemik. So dient auch nachstehender Hinweis nicht der Scharfmacherei, jedoch der entschiedenen Problemindikation. In dem Maße GTH offiziösen Charakter erhält, es gewissermaßen zur „amtskirchlichen“ Magna Charta des Eucharistieglaubens in Deutschland würde, auf dass man auch den sakramentalen Gottesdienst unter das Vorzeichen dieser Deutung gestellt weiß, sehe ich am Horizont langsam, aber sicher die ernsthafte Frage nach dem defectus intentionis heraufziehen. Mir ist wohl bekannt: Unter dem Stichwort „intentio faciendi quod ecclesia facit (et non quod ecclesia intendit)“ (als der notwendigen Bedingung zum gültigen Vollzug der sakramentalen Handlung) gibt man sich konventionell Rechenschaft darüber, dass irrige Überzeugungen über die sakramentalen Handlungen und deren Inhalt bzw. Wirksamkeit seitens des Zelebranten bzw. Spenders diese Handlungen noch nicht verungültigen. Es genügt nicht das theoretische Urteil (beispielsweise: „die Eucharistie ist doch kein Opfer“), es muss schon das praktische sein („das, was ich hier zelebriere, soll kein Opfer sein“), damit der Vollzug der sakramentalen Handlung (konkret: die Konsekration) ungültig wird. Nur bin ich mir nicht ganz so sicher, dass so eine Magna-Charta-Funktion ohne Auswirkung auf das relevante praktische Urteil der Zelebranten, sprich: deren (zur Gültigkeit erforderliche) Intention, bliebe. (Analoges gälte auch für das Weihesakrament!) Man mag das als ziemlich weit hergeholt empfinden, wie ich keineswegs unnötig anschärfen will: Aber in aller Deutlichkeit will ich damit mein Unbehagen darüber zum Ausdruck bringen, dass – wie es jedenfalls im Gefälle von GTH und seiner offiziösen Rezeption seitens erheblicher Teile der Bischofskonferenz liegt – die Kirche in Deutschland ihren Gottesdienst unter ein Vorzeichen stellt, das sie dem unveränderlichen Glauben der Gesamtkirche entfremdet, ja Postulate aufgreift und rezipiert, wonach man sich in der Ausformulierung der liturgi-schen Gebetstexte von der überlieferten katholischen Lehre vom Opfercharakter der Eucharistie distanzieren soll. PD Dr. theol. Klaus Obenauer gehört zur kath.-theol. Fakultät der Uni Bonn. Sein Forschungsschwerpunkt liegt in scholastischer Theologie und Philosophie. Fußnoten: 1 Vgl. DS 1725sqq.
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