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Eine Jüdin, ein Kardinal, und ein ermordetes Mädchen

13. Februar 2022 in Chronik, 7 Lesermeinungen
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NS-Opfer Gabi Schwarz (1937-1943) starb im Alter von knapp sechs Jahren. Gastbeitrag von Elmar Lübbers-Paal


Augsburg (kath.net) Auch wenn das Mädchen, über das ich hier berichte, keine sechs Jahre alt wurde, so reichen nur wenige Zeilen aus, um ihr Schicksal zu verdeutlichen. Gabi ist katholisch getauft und wird katholisch erzogen, dennoch muss sie sterben, weil sie den Machthabern als Jüdin galt. Um ihren Leidensweg mitfühlen zu können, müssen wir deshalb zunächst ihre Herkunft betrachten.

Gabis Mutter

Das jüdische Ehepaar Karl und Anna Schwarz führt in Augsburg ein Eisenwarengeschäft. Aus der Ehe gehen drei Töchter hervor. Lotte (Charlotte Margarete Eckart geb. Schwarz * 26.4.1904) ist die jüngste. 1933 heiratet sie den Hauptmann a. D. Wilhelm Eckart. Dieser stirbt jedoch nach nur einem Ehejahr an einer Atemwegserkrankung. Als junge Witwe bildet Lotte sich zur Atemlehrerin fort und arbeitet in dem Kneipp-Kurort Bad Wörishofen. 1936 geht sie als Atemlehrerin nach Liechtenstein. Dort verhandelt sie mit Pfarrer Frommelt über die Einführung von „Atemlehre“ als Unterrichtsfach. Da wird Lotte schwanger. Sie muss Liechtenstein verlassen und nach Deutschland zurückkehren.

Dort gelten inzwischen die Nürnberger Rassengesetze, die Verbindungen zwischen Juden und „Deutschblütigen“ unter Strafe stellen. Deswegen behält sie den Namen des Kindsvaters wohl zeitlebens für sich.

In Marktoberdorf im Allgäu bringt Lotte ein kerngesundes Mädchen zur Welt: Gabi (Gabriele Schwarz * 24.5.1937). Seit Jahren steht Lotte in persönlichem Kontakt zu Kardinal Michael von Faulhaber, der ihren verstorbenen Mann noch aus dem Ersten Weltkrieg kannte. Der Münchner Kardinal dokumentiert 15 Besuche von Lotte in seinem Tagebuch. Am 12.5.1937 wird Lotte auf seine Empfehlung getauft, ein Tag nach ihrer Geburt, am 25.5., auch Gabi. Der Kardinal firmt Lotte und stellt ihr am gleichen Tag eine Empfehlung für ein katholisches Komitee in Amerika aus. Lotte will zusammen mit Gabi so schnell wie möglich raus aus Deutschland. Während sie sich um die Auswanderung bemüht, vertraut sie ihre kleine Gabi der Bauernfamilie Aichele in Stiefenhofen (Westallgäu) an. Die Schwester der Bäuerin, Rosalia Häringer, die in Marktoberdorf verheiratet ist, vermittelt das Kind ihrer Schwester Therese auf den Aichele-Hof. Früher war Rosalia bei Lottes Familie in Augsburg Haushälterin. So kennt sie Lotte von Kindesbeinen. Die weiß ihre Tochter bei Aicheles in guten Händen und besucht sie, so oft sie kann. Sie bringt ihr schmucke Kleider und Spielzeug mit. Lotte hinterlässt auch einen Fotoapparat auf dem Hof. So entstehen viele Fotos von Gabi, die ihre glückliche Kindheit belegen. Welch ein Segen!


Das Scheitern

Trotz der Empfehlung Kardinal Faulhabers scheitern alle Pläne zur Auswanderung. 1941 wird Lotte verhaftet, vermutlich weil sie als Katholikin den Judenstern nicht tragen will. Sie wird ins Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück gebracht und am 8.5.1942 in der NS-Tötungsanstalt Bernburg mit Kohlenmonoxid ermordet.

Gabis Heiterkeit

Gabi ist für die Aicheles wie ein eigenes Kind. Gern spielt das Mädchen mit dem lockigen Haar mit den Nachbarskindern und den Tieren des Hofes. Ganz besonders haben es ihr Hofhund Frischle und die Hühner angetan, die sie leidenschaftlich gerne füttert. 1942 wird ein Mädchen aus Augsburg, das mit der Kinderlandverschickung auf den Aichele-Hof kommt, ihre erste Freundin. Gabis schönster Sommer.

Todesmühlen der Bürokratie

Obwohl Gabi katholisch getauft ist, gilt sie nach dem Gesetz aufgrund ihrer Abstammung als „Volljüdin“. 1939 erhält sie deshalb wie alle Jüdinnen den zusätzlichen Vornamen „Sara“. Auf dem Bauernhof ist Gabis jüdische Abstammung kein Thema: sie ist ja wie ihre Mutter getauft und wird katholisch erzogen. Jeden Tag betet man mit dem kleinen Kind, erzählt ihr von der Heiligen Schrift und feiert Weihnachten, Ostern und Namenstag mit ihr. Nach Lottes Tod kommt die Gestapo auf ihre Spur: Überweisungen des Pflegegelds an Aicheles werden Gabi zum Verhängnis. Der Ortsgruppenleiter und Bürgermeister überbringt den Befehl: Gabi muss fort.

Gabis bewegendster Satz

Als Gabi ihrer Pflegemutter, der Bäuerin Therese Aichele, für immer Lebewohl sagen muss, sagt sie: „Gell, Mama, Du betest für mich und ich bete für Euch!“

Gabis Schicksal

Schweren Herzens geben Aicheles ihre Pflegetochter ab. Sie kommt zunächst in das „Jüdische Sammellager Berg am Laim“ nach München. Dorflehrer Johann Pletzer setzt alle Hebel in Bewegung. Er spricht mit Vater Aichele in München sogar persönlich bei der Gestapo vor. Vergeblich! Ein letztes Mal sieht er Gabi in Berg am Laim durchs Schlüsselloch beim Spielen. Kurz darauf wird das Sammellager geräumt. Sämtliche Insassen werden in Viehwaggons nach Auschwitz transportiert. Vier Tage und drei Nächte dauert die Fahrt, eingepfercht, ohne Verpflegung und hygienische Einrichtungen einem unbarmherzigen Schicksal entgegen. In Auschwitz angekommen werden die Nichtarbeitsfähigen, die Alten, die Kranken und die kleinen Kinder sofort zum Krematorium II gekarrt – auch Gabi. Die Unglücklichen werden an Ort und Stelle vergast und ihre Leichen verbrannt. Es ist der 16. März 1943.

Kürzlich weihte der Augsburger Bischof, Dr. Bertram Meier, eine Gedenktafel für Gabi ein. Sie befindet sich nun an der äußeren Seitenwand der Kirche von Stiefenhofen – zur Mahnung.

Wer mehr über Gabi erfahren möchte, dem sei das Buch „Gabi (1937-1943) – Geboren im Allgäu ermordet in Auschwitz“ von Leo Hiemer, sein Film „Leni...muss fort“ sowie die Ausstellung „Geliebte Gabi“ empfohlen: www.geliebtegabi.de

Archivfoto: Gabi vor der Haustür des Aichele-Hofs in Stiefenhofen © Archiv Leo Hiemer


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