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Eucharistie – Maria und der Priester

15. März 2009 in Spirituelles, keine Lesermeinung
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Vortrag von Pfarrer Dr. Gerhard Maria Wagner zum Priestereinkehrtag am 21. Mai 2007 in Scheffau – Teil 2.


Scheffau (www.kath.net)
4. Ohne Priester gibt es keine Eucharistie.

Die Gemeinde kann sich die Eucharistie nicht selbst geben. In der Bindung an das Christus repräsentierende Amt wird deutlich, dass die Eucharistie nicht in der Verfügung der Gemeinde steht, sondern dass Christus selbst Gastgeber und Gabe ist. Für den Priester selbst bedeutet die Verortung im sakramentalen Dienst eine heilsame Entlastung und Relativierung. Er feiert ja „die heiligen Geheimnisse als Diener dessen, der sein priesterliches Amt durch seinen Geist allezeit für uns in der Liturgie ausübt“ (PO 5). Darum muss sich der Priester in der Liturgie nicht selber groß machen, sondern nur gewissenhaft das weitergeben, was er vom Herrn empfangen hat (vgl. 1 Kor 11,23). Dass das heute viele Priester nicht mehr wissen, dass sie meinen, sie müssten sich am Altar durch Kreativität und Experimentierfreude beweisen, ist Ausdruck einer tief sitzenden Rollenunsicherheit, wenn nicht mangelnden Glaubens. Das hat schlimme Konsequenzen.

Das, was den katholischen Gottesdienst seit jeher ausgezeichnet und groß gemacht hat, die universale Einheit der Liturgie, ist vielerorts mutwillig zerstört worden. Liturgie ist heute ja oft Werk von Pastoralteams und Liturgiekreisen. Und das mag schon die Wurzel des Problems sein. Denn Liturgie ist vom Wesen her objektiv vorgegeben und nichts Selbstgestricktes und Selbstgebasteltes. Für die Vorrangigkeit, den Primat des Seins vor dem Machen steht das Zeichen der Priesterweihe. Dieses Sakrament ist notwendig, um der Kirche vor Augen zu führen, dass sie nicht in sich selbst gründet und sich nicht selbst macht, sondern zuerst ein Werk der Gnade ist.

Weil die Kirche nicht einfach nur eine menschliche Gemeinschaft ist; nicht ein Apparat von Funktionären und Mitgliedern, die meinen, sich ihren Platz in der Kirche erkämpfen zu müssen; auch nicht ein perfekter Dienstleistungsbetrieb; sondern weil die Kirche in Jesus Christus gründet, gibt es in ihr ein Amt, das sakramental gespendet wird und eine sakramentale Sendung beinhaltet. Das ist auch der tiefste Grund, warum Gemeindeleitung und Vorsitz in der Eucharistie miteinander verknüpft sind und nie, auch nicht in der heutigen Zeit des Priestermangels, voneinander gekoppelt werden dürfen.

Der Priester ist sakramental ordiniert und gesandt, weil er sichtbar darstellt, dass Christus mit seiner Kirche ist, dass Christus seine Kirche führt und dass alles in der Kirche von Christus abhängt. Der Priester bekennt mit der Weihe, dass er selbst empfangen muss, was er nicht selbst besorgen und machen kann, dass das, was er tut, nicht aus ihm allein kommt und dass es folglich darauf ankommt, dass Gott im Wirken des Priesters erfahrbar wird. Dazu hat der Priester mit seinem Leben und mit seinem ganzen Sein einzustehen. Bei all unserer Beschäftigung und Aktivität kommt der Herr mit seiner Gnade unserem Tun zuvor.

Diese Einsicht führt zu einer Haltung, die einfach die Hände ausstrecken lässt und auf das Geschenk der Gnade vertraut: so wie wenn jemand einem anderen eine Schale hinhält und hofft, dass sie gefüllt wird. Christus hat sein Priestertum vor allem und in wirkmächtiger Weise am Kreuz vollzogen. Das Dienstamt in der Kirche ist ein „Privileg“: Es ist das Privileg des Priesters, in der Nachfolge des Gottesknechtes die Hände auszubreiten und sich von einem anderen gürten und führen zu lassen. Es ist das Privileg einer besonderen Teilhabe am Gekreuzigtsein des Herrn. Dazu braucht es eine geeignete Spiritualität. Wir müssen in einer lebendigen Beziehung zu Christus leben.

Dazu brauchen wir den vertrauten Umgang mit Christus und seinem Wort, und dazu müssen wir in die Nachfolge Jesu Menschen des Gebetes sein, Menschen der betenden Zwiesprache mit dem einzigen und ewigen Hohenpriester, Menschen, die ihr Gebet vom Wort Gottes her bestimmen lassen. Persönlich ist für mich der Rosenkranz ein sehr heilsames Gebet, wo ich mich, die „Schnur“ an der Hand, an Maria binde, um mich zu Jesus führen zu lassen. In Anbetung und innerem Gespräch vor dem Guten Horten müssen wir verweilen, der im allerheiligsten Sakrament des Altares gegenwärtig ist. Ohne diesen ständigen Austausch mit Christus wird die Christusfreundschaft verkümmern.

Ohne den ständigen Austausch mit dem Herrn entleert sich das Handeln des Priesters zur Betriebsamkeit. Das Gebet muss die pastorale Priorität sein, die weit größer ist als jedwede andere. Wir müssen diese Priorität verwirklichen, um nicht innerlich auszutrocknen und um sich nicht in ein ausgetrocknetes Flussbett zu verwandeln, das niemand mehr etwas geben kann. Deshalb muss der Priester sich immer wieder fragen: „Ist in mir noch die Flamme des Gebetes lebendig? Lasse ich mich noch in Bann ziehen von Christus als der Herzmitte meiner Persönlichkeit? Geht es mir darum, dass ich alles tue, was nur gerade möglich und machbar ist, oder kommt es mir darauf an, dass ich auf die Welt der Gnade hin durchsichtig, transparent bin und dass der Herr durch mich wirkt?“

Das Wort, das von Gott kommt, muss im Leben des Priesters Fleisch werden, denn nur der Priester, der das Priestertum in tiefer Verbundenheit mit Christus lebt, hat Strahlkraft und ist für die Menschen ein fortwährender Aufruf, sich in ihrem Leben auf Gott hin zu öffnen. Mancher könnte nun denken: Wird hier nicht der Passivität, der Untätigkeit und Bequemlichkeit das Wort geredet und zum Rückzug in die Innerlichkeit geblasen? Wo bleibt der Dienst an den Menschen? Sicher, das Gebet ersetzt nicht das Tun, aber es ist die Voraussetzung dafür, dass unser priesterliches Handeln nicht im Tun aufgeht und zusehends oberflächlich wird. Unser Tun ist wichtig und unersetzbar, doch es ist nicht alles. Wer nur noch außen lebt und nicht mehr zuerst in der Welt Gottes, in der Welt der Gnade atmet, dem wird auch sehr bald die Luft in seinem Dienst an den Menschen ausgehen.

Die Fruchtbarkeit unseres Wirkens als Priester entspringt aus dem Reichtum unseres inneren Lebens. Es entspringt der Einsicht, dass – wie uns das Evangelium nach Johannes und der 2. Brief an die Korinther bezeugen – wir getrennt vom Herr nichts vollbringen können (vgl., Joh 15,5); dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt (vgl. 2 Kor 4,7).

Was die Menschen heute von uns besonders erwarten, ist nicht, dass wir von Aktion zu Aktion hetzen und so schließlich das Herz verlieren – die Mitte und das Entscheidende -, unsere Mitmenschen erwarten, dass wir leidenschaftliche Gottsucher sind, die den Mut haben, immer wieder auch in die Stille zu gehen „Maria bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.“ (Lk 2,19) Dass wir Menschen sind, die andere auf den Weg zu Gott locken und sie auf diesem Weg als „Männer der Gnade“ begleiten, damit sie eine persönliche Gotteserfahrung auf ihrem Weg machen können. Dazu braucht auch Gott uns Priester. Er braucht in dieser Welt der Macher und Funktionäre überzeugende „Gottesmänner“, die seine Gegenwart im Heute provozieren.

Deswegen soll der Priester ausschließlich ein Mann Gottes sein und den Gedanken von sich weisen, in Bereichen glänzen zu wollen, in denen die anderen Christen ihn nicht nötig haben. Der Priester ist kein Psychologe, kein Soziologe und kein Anthropologe. Er ist ein anderer Christus, Christus selbst, und hat sich um die Seelen der Menschen zu kümmern. Christus braucht uns Priester als Zeugen der Gnade, die für das stehen, was die Welt nicht geben kann.

Immer wieder ist auch vom Priester als Funktionär die Rede. Der Priester als Funktionär unterscheidet sich dann vom Priester im traditionellen Sinn (Sendung und Weihe durch Christus) dadurch, dass Person und Amt keine Einheit mehr bilden; er hat einen Privat- und Zivilbereich- im Beruf den Interessen der Pfarre zu dienen, verschiedene Strömungen in ihr wahrzunehmen und auszugleichen. Nun versteht sich der Funktionalismus als Überwindung der ontologischen Betrachtungsweise.

Fragt diese nach dem Wesen einer Sache, nach ihrem An-Sich, was etwas ist, so geht es dem Funktionalismus pragmatisch vor allem um das „Wofür“ und „Wozu“, um Nützlichkeit und Effektivität eines Sozialsystems. Funktionär und Funktionalismus sind bestimmt durch das Motiv des Interesses und der Bedürfnisse; ändert sich die Interessenlage, verliert eine Sache ihre Bedeutung und muss ausgewechselt werden. Wenn nun auch die Effektivität nicht von vornherein abgelehnt werden kann – jeder sucht effizientere Seelsorgsmethoden -, erweist sie sich aber angesichts des hintergründigen Erfolgs des scheinbar erfolglosen Kreuzes als wenig hilfreich.

Theologisch untragbar ist der Ansatz beim gesellschaftlichen Interesse statt bei der Sendung durch Christus. Die Funktionalisierung des Amtes erledigt zuerst den character indelebilis: Es gibt keine bleibende seinshafte Bestimmung und Prägung durch Christus. Es ist der „character indelebilis“, der als bleibende Zusage Gottes und zugleich als „Demutszeichen“ des Menschen verstanden muss. Ferner wird aus dem funktionalistischen Ansatz gefolgert, dass die traditionelle Dreigliederung des Weiheamtes und ihre Aufgabenzuteilung entsprechend den Erfordernissen der Zeit umgeformt und ausgefaltet werden müsste.

Der Priester ist nach Gottes Willen Lehrer, Ausspender der Geheimnisse Gottes und als Hirt für die anderen bestellt. Die Würde des Priestertums ergibt sich aus der Größe Gottes, aus der Größe der göttlichen Wahrheit, aus der Herrlichkeit der Gnade und der Sakramente, nicht zuletzt aus der gewaltigen Aufgabe, an der Heiligung der Menschen mitzuarbeiten. Die Kirchenväter hielten an „Christus“ als „dem ewigen Hohepriester“ und „dem Sohn Gottes“ (Polykarp) fest. Weil Christus von Ewigkeit her Hohepriester ist, deswegen hat der Sohn Gottes „sein Priesteramt nicht vorübergehend inne, der nicht erst in der Zeit angefangen hat, Priester zu sein, den auch niemand ablöst in der hohenpriesterlichen Würde“ (Cyrill von Jerusalem).

In Christus hat die Unauslöschlichkeit des Priesterseins – für alle Ewigkeit – seinen letzten Grund. Christus verleiht also den Priestern „ein unauslöschliches Siegel …, durch das sie, mit einer angemessenen Vollmacht ausgestattet, die sich aus der höchsten Machtfülle Christi herleitet … Das Fortbestehen dieses Charakters, … ist vom Konzil von Florenz gelehrt worden und wurde vom Tridentiner Konzil … bekräftigt. Auch jüngst hat das 2. Vatikanische Konzil mehr als einmal darauf hingewiesen, … dass das Fortbestehen des priesterlichen Charakters während des ganzen Lebens zur Glaubenslehre gehört.“ (Kong. für die Glaubenslehre gegen einige Irrtümer, 13. Juli 1973). Sogar trotz „menschlicher Schwachheit“ bleibt dieser priesterliche Charakter „beständig und dauerhaft“ (Pius XI., Enzyklika „Ad catholici sacerdotii“, 20. Dezember 1935, Denz. 3756). Daher müsste der Priester es verstehen, alles, was er tut, immer als Priester zu tun.


Wie der heilige Johannes Bosco sagt, ist er Priester am Altar und im Beichtstuhl, wie auch in der Schule, auf der Straße und überall. Mitunter sind wir Priester in verschiedenen Situationen verleitet, gleichsam zu denken, dass sich unser Amt am Rande des Lebens abspielt, während es sich in Wirklichkeit in dessen Herzen selbst befindet, denn es besitzt die Fähigkeit zu erleuchten, zu versöhnen und alles neu zu machen.

Großartig, was Johannes Maria Vianney, der Patron der Pfarrer (ich habe ihn in meinem Büro hoch erhoben stehen!) über den Priester sagt:
„Wenn man die Religion zerstören will, greift man zuerst den Priester an. Denn wo es keinen Priester mehr gibt, gibt es kein heiliges Opfer mehr, und wo es kein heiliges Opfer mehr gibt, stirbt die Religion. Der Priester soll vor allem ein Mann des Gebetes sein. Welch ein Unheil: ein Priester ohne Innenleben! … Aber dazu gehört Ruhe, Schweigen, Einsamkeit. O, was ist es doch Großes um einen Priester! Erst im Himmel wird man ganz verstehen, was ein Priester ist. Das Priestertum offenbart uns die Liebe des Herzens Jesu. Das Priestertum ist die Herzensliebe Christi. Wenn ihr einen Priester seht, denkt an unseren Herrn Jesus Christus!“

Vielleicht haben wir uns als Priester manchmal gefragt, womit wir so viel Liebe Gottes erwidern können. Die Lösung ist einfach und jeder Gläubige kann sie verwirklichen: in Liebe die Heilige Messe mitfeiern, in der heiligen Messe lernen, Gott zu begegnen; denn in diesem Opfer ist alles erhalten, was der Herr von uns will. Der Priester muss ein Mensch für die Menschen sein. Ich muss ehrlich sagen: Was mich gegenwärtig beunruhigt und bedrängt, ist der Mensch. Der Mensch außen, dem wir vielleicht zwar begegnen, zu dem wir aber immer weniger Zugang haben, und der Mensch, der uns nicht mehr glaubt. Und der Mensch innen, der sich selbst nicht glaubt, weil er zu wenig Liebe erlebt und gelebt hat. Die Probleme des Menschen müssen unsere Probleme sein.

Die christliche Brüderlichkeit muss tief in unserer Seele wurzeln, kein Mensch darf uns gleichgültig sein. Maria, die Mutter Jesu, die den Herrn zur Welt brachte, die aber auch die Nöte der Menschen kennt, wird uns helfen, Jesus zu entdecken, Jesus, der nahe an uns vorübergeht, der in den Nöten unserer Brüder und Schwestern, der Menschen, gegenwärtig ist. Wir müssen die Augen offen halten und umherschauen, um den unaufhörlichen Anruf Gottes wahrzunehmen, den er durch die Menschen, die uns umgeben, an uns richtet. Die Menschen dürfen uns nicht gleichgültig sein; wir dürfen uns nicht einschließen in unserer eigenen kleinen Welt. So hat Jesus nicht gelebt. Immer wieder spricht das Evangelium von seiner Barmherzigkeit, von seiner Fähigkeit, am Leid und an den Bedürfnissen seiner Mitmenschen Anteil zu nehmen: Er hat Mitleid mit der Witwe von Naim (Vgl. Lk 7,11-17).

Er weint über den Tod des Lazarus (vgl. Joh 11,35). Er kümmert sich um die Menge, die ihm nachfolgt und nichts zu essen hat (Vgl. Mt 15,32). Er erbarmt sich vor allem auch der Sünder, jener, die durch die Welt gehen, ohne das Licht und die Wahrheit zu kennen: „Als er ausstieg und die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange“ (Mk 6,34). Eine „menschliche Seelsorge“ kann in einer oft unmenschlichen Welt „Menschen leben helfen“.

Das Lebenszeugnis als Dynamik des priesterlichen Dienstes

Gibt es in der Welt eine größere Verwirklichung unseres Menschseins, als jeden Tag in persona Christi das Erlösungsopfer wieder zu vollziehen, dasselbe Opfer, das Christus am Kreuz vollbracht hat? Warum braucht man, um Priester zu sein, eine Weihe? Der Schlüssel zu einer Antwort liegt im Einsatz, den Gott selbst in Jesus für den Menschen gewagt hat, und in der Weise, wie dieser Einsatz in jeder Zeit neu deutlich werden muss.
Gottes Dienst an der Welt besteht doch genau darin, dass er in Jesus deutlich macht, was ihm der Mensch wert ist: nämlich den eigenen Höchsteinsatz. Denn in Jesus zeigt Gott der Welt nicht bloß etwas von sich, er gibt sich selber. Nichts anderes als dieser Dienst der Selbsthingabe Gottes muss von der Kirche immer wieder neu dargestellt und verwirklicht werden, sonst ist es kein Gottes – dienst.

Am Zeugnis des Priesters soll Gottes Einsatz für die Welt deutlich werden. So lässt sich sagen: Der Priester ist „in Person“ der bleibende Verweis darauf, dass die Kirche und jede konkrete Pfarrgemeinde ihren Grund in Jesus Christus hat. Der Priester soll bei allem, was er tut – bei der Feier der Eucharistie, im Mühen um die Verkündigung, im Dienst der Versöhnung, immer wieder erfahrbar machen, dass Jesus hier und heute „da“ ist. Dazu genügen nicht bloß bestimmte Funktionen – (auf Funktionen möchte man den Priester reduzieren) – das ganze Leben des Priesters muss ein dauernder Hinweis darauf sein, dass und wie Jesus in seiner Kirche am Werk ist. In der Priesterweihe wird diese bleibende Ausrichtung des Priesters auf diese „Für – Sorge“ Jesu deutlich.

Weihe als Sakrament will zunächst einmal sagen: Auf das, was da geschieht, habe ich von mir aus keinen Anspruch. Um in dieser Aufgabe leben zu können, braucht es ständig den Geist. So macht die Handauflegung, die schon im NT bezeugt ist, deutlich, dass der Priester zuallererst ein „ergriffener“, ein „begeisterter“ Mensch sein muss, den die Leidenschaft für Gott aus der Begegnung mit Jesus heraus zu den anderen führt. In der Weiheliturgie folgt dann das Gebet des Bischofs, das dieses „Ergriffensein“ ins Wort bringt: als Bitte an Gott um seine wirksame Gabe zur Erfüllung seiner Aufgabe, die wiederum nur als Offensein für die Hingabe Jesu zu leben ist.

Deshalb ist die ganze Weihehandlung auch in das Zentralste hinein genommen, was den Dienst des Priester kennzeichnet: in der Feier der Eucharistie. Das ist nichts Beliebiges, was auch austauschbar wäre, sondern Verbindung zum Wesentlichen, Unaufgebbaren – anders, „billiger“, geht es nicht. Denn Christus nimmt den Dienst des Priesters dabei so in Anspruch, dass er in dessen Tun für die Welt „greifbar“ werden will – er nimmt den Menschen so ernst, dass er sich ihm im eucharistischen Brot buchstäblich in die Hand ausliefert. Christus sucht sich für diesen Dienst seiner Hingabe, die sich im ganzen Leben fortsetzen muss, immer wieder konkrete Menschen aus, weil das Geheimnis seiner Nähe auch darin besteht, dass diese Nähe zwar unsichtbar, aber doch nie anonym ist. Für diesen „Dienst seiner Nähe“ braucht Jesus Menschen, die ganz „mit ihm sein“ wollen (vgl. Mk 3,14).

Was wir in der Priesterweihe beginnen, kostet unser Herz. Gebe Gott, dass wir es nie billiger tun. Wir müssen uns verschenken, auch unsere Armseligkeit müssen wir verschenken. Da liegt in der Tat eine Zu-mutung, aber eine Zumutung in völlig anderem Sinn, als wir das Wort gemeinhin verstehen. Hier kommt eines der zentralen Worte bei der Priesterweihe ins Spiel: „Stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes.“ Es geht nicht darum, dass wir etwas zum Kreuz erklären, um nicht alles tun zu müssen. Ich betone immer wieder, dass wir verändern müssen, was verändert werden kann, und tragen müssen wir, was wir nicht verändern können.

Im Kreuz Jesu Christi zeigt Gott, wie viel ihm der Mensch bedeutet: nämlich so viel, dass er in Jesus für die Menschen sogar in die letzte Armseligkeit von Leiden und Sterben hineingeht, und da geht seine Mutter mit. So ist alles in seine Liebe hineinzogen, und es gibt keine Situation mehr, die von vornherein seiner Liebe entzogen wäre. In seiner Verkündigung erfährt der Priester das Geheimnis des Kreuzes täglich neu. Da sind zunächst die Schatten, die dieses Kreuz wirft: es gibt die Stunden und Tage innerer Leere, die dieser Beruf auch kennt – Stunden und Tage, in denen man nach Enttäuschungen fragt: Wozu das alles? Da sind die Augenblicke, wo der Priester spürt, dass es in seinem Tun keine menschliche Erfolgsgarantie gibt.

Gottesdienstbesucher gehen verloren trotz aller Anstrengungen, und wie geht es uns am Bett eines unheilbar Kranken und an den Gräbern der Verstorbenen, wo man manchmal am liebsten auch stumm bleiben würde? Was ist es, dass bei vielen Seelsorgern das Selbstwertgefühl besonders belasten? Es ist der Eindruck, den wir Priester haben, dass wir immer weniger ausrichten mit allem, womit wir uns einsetzen. Viele Priester verausgaben sich bis zum Letzten, aber fast nichts bewegt sich. Es hat den Anschein, als lohne sich die Mühe nicht. Gleichzeitig müssen wir in einem Klima leben, wo wenig Lob und viel Kritik in der Kirche zu hören ist.

Die säkularisierte Welt um uns herum sagt uns laut und deutlich: Wir brauchen euch nicht, wir können für uns selber sorgen. Ihr seid nicht kompetent, wir brauchen auf praktische Fragen keine religiösen Antworten mehr … in einem solchen säkularisierten Klima kommen wir uns als Seelsorger immer entbehrlicher und immer mehr als Randfigur vor, wie bestellt und nicht abgeholt. Wir fragen uns, wie soll es weiter gehen? All das sind Zumutungen, und sie wären unerträglich, wenn es sich dabei um bloße Forderungen handelte. Aber Gottes Zu – mutungen sind noch mal anders: In ihnen spricht er immer wieder Mut zu, den eigenen Einsatz als Christ und Priester im Zeugnis des Glaubens zu wagen, weil er zuvor mit Christus selbst alles gewagt und sein eigenes Leben eingesetzt hat.

Im „amtlichen“ Dienst des Priesters soll gewissermaßen dieser Höchsteinsatz Gottes immer neu zur Geltung kommen. So ist der Druck vom Priester genommen; denn er braucht und darf sich nicht selbst darstellen, sondern auf den verweisen, der unser Tun erst ermöglicht: Jesus Christus. Bloße Effektivität ist unfruchtbar, sie kann auch auf Kosten anderer gehen. Leben aus dem Geheimnis des Kreuzes macht das, was ich tue – auch in seiner scheinbaren Erfolglosigkeit erst sinnvoll.

So ist das Ausmaß der Liebe Gottes bedrückend und beglückend zugleich. Bedrückend, weil vor dieser „Liebe bis ans Ende“ (Joh 13,1) die eigene Vorläufigkeit und Ohnmacht zunächst noch radikaler erscheinen muss. Noch mehr aber ist die Nähe Gottes zur Welt beglückend, weil sie immer wieder neu spüren lässt, wie aus dieser Zu –mutung heraus die Kraft wächst, den Mut zum Glauben auch anderen vorzuleben.

Der Priester kann so Helfer zu einer Freude sein, die nicht von momentanen und sehr rasch wechselnden Stimmungen abhängt, sondern sich gerade in Schwierigkeiten bewähren wird und dadurch bewahren lässt. Denn aus der Freude darüber, dass Gott in Christus alles mit uns geteilt, sich uns mit – geteilt hat, aus dieser Freude erwächst dann bei dem, der sie weiterschenken darf, jene einladende Gelassenheit, die nur den kennzeichnen kann, der weiß, dass er seit Jesus Christus von Gott nie mehr alleingelassen ist. Wohl nicht zuletzt deshalb findet sich auf dem Primizbildchen vieler Neupriester der Satz aus dem 2. Korintherbrief (1,24): „Wir sind nicht Herren über euren Glauben, wir sind Helfer zu eurer Freude.“ Anders möchte ich das auch noch formulieren: Wir sollen als Seelsorger nicht der Versuchung erliegen, unentbehrliche Menschen sein zu wollen, die in allem kompetent sind und die deshalb unbedingt gebraucht werden.

Sondern wir sollen Menschen werden, die im Gebet auf die Liebe Gottes hören. Warum? Damit alles, was wir sagen oder tun, aus einem Herzen kommt, das mit Gott tief vertraut ist. Was müssen wir also tun? Wir müssen von „Machern“ zu Mystikern werden.

Eucharistische Lebenskultur

Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass der Priester täglich zelebriert. Im Unterschied zum Kodex von 1917 (can. 805), der den Priester lediglich verpflichtete, mehrmals (3 bis 4 mal – vgl. Jone) während des Jahres zu zelebrieren, wird dem Priester von Codex von 1983 die tägliche Zelebration „eindringlich empfohlen“ (vgl. 904). „Die Priester, immer eingedenk, dass im Geheimnis des eucharistischen Opfers das Werk der Erlösung fortwährend begangen wird, haben häufig zu zelebrieren; ja nachdrücklich empfohlen wird die tägliche Zelebration, die, auch wenn die Anwesenheit von Gläubigen nicht möglich ist, ein Handeln Christi und der Kirche ist, in dessen Vollzug die Priester ihren vorzüglichsten Dienst erfüllen.“ – Routine, oder auch bis an äußerste gehen, verschiedene Argumente. Nun kann der Priester in allem, was er ist und tut, immer nur darauf verweisen, dass es auf Jesus Christus ankommt. Diese immer wieder neu nötige „Ortsbestimmung“ des priesterlichen Dienstes wird am dichtesten in der Eucharistie spürbar, wo dieser Begründungszusammenhang zwischen dem Tun Jesu und der Ermöglichung des eigenen Einsatzes in der Relation von Gabe und Aufgabe stets neu deutlich wird:

Jesu Hingabe, seine Pro – existenz, sein Dasein für andere, ermöglicht, ja fordert erst meine Zuwendung und entlastet mich gleichzeitig von dem unerträglichen Druck, ich müsse Kirche „schaffen“. Communio erwächst im letzten nur aus dem Wirken Jesu an Kirche und Welt, das der Priester in seinem Dasein und Tun jeweils ganz persönlich bezeugen darf. Und da ist Maria mit den Aposteln im Obergemach versammelt, um zu beten. Bei der Durchdringung des Geheimnisses der Eucharistie kommt uns die seligste Jungfrau Maria, mit dem Erlöser vereinigt, zu Hilfe. Denn, so sagt Papst Johannes Paul II. bei einer Einführung zur Heiligen Messe am Gedenktag der Madonna von Tschenstochau, „wenn wir die Heilige Messe feiern, steht die Mutter des Sohnes Gottes in unserer Mitte und führt uns in das Geheimnis seines Erlösungsopfer ein.

Auf diese Weise wird sie zur Mittlerin der Gnaden, die von dieser Opfergabe für die Kirche und für alle Gläubigen entspringen.“ Und dann hat Johannes Paul II. bei einer Mittwochkatechese am 30. Juni 1993 gesagt: „ Tatsächlich „wurde Maria auf einzigartige Weise mit dem priesterlichen Opfer Christi verbunden, da sie seinen Willen, die Welt durch das Kreuz zu retten, teilte. Sie war der erste und vollkommenste geistliche Teilnehmer an seiner Hingabe als Sacerdos et Hostia. Als solche kann sie denen, die auf der Ebene des Dienstamtes am Priestertum ihres Sohnes teilhaben, die Gnade des Antriebs erhalten und schenken, immer mehr den Anforderungen der geistlichen Hingabe zu entsprechen, die das Priestertum mit sich bringt: insbesondere die Gnade des Glaubens, der Hoffnung und der Beharrlichkeit in den Prüfungen, die als Anregungen zu einer großherzigen Teilnahme am Erlösungsopfer erkannt werden.“ Mit einfachen Worten gesagt: Wenn wir die Heilige Messe feiern, steht Maria neben uns.

Eucharistie als Lebensschule

Die Eucharistie ist der „innerste Punkt“ im Tagesgeschehen, der Bezugspunkt, auf den alles einzelne Tun des Priesters hingeordnet ist und von dem her es erst möglich und sinnvoll wird. Denn sonst drohen Einzelaktivitäten beziehungs – los zu werden, indem offizielles Tun und persönliches Handeln auseinanderdriften, weil die Eucharistie als innerster Punkt nicht mehr in dauerhafter Verbindung mit all dem steht, was doch eigentlich erst aus der dort gefeierten Hingabe Jesu heraus möglich wird: Gemeinschaft in den verschiedensten Lebensbereichen. Es kommt darauf an, dass all das, was ich amtlich an Christi Statt tue, in mein Leben und durch mein Leben übersetzt wird.

Dass diese Übersetzung häufig Fragment bleibt, dass sie nicht bruchlos gelingt und täglich neu aus der Umkehr lebt, ist dabei eher noch ein verstärkender Hinweis auf die Wichtigkeit, sich immer wieder des Ursprungs jener vergebenden Liebe zu vergewissern, aus der allein Neuanfang und Versöhnung möglich wird. In der Eucharistie wird dieser Neubeginn, mit dem Gott in Jesus Christus aufs Ganze geht, im besten Sinn des Wortes „alltäglich“. Der erschreckende Auftrag der Eucharistie besteht darin, dass der Priester mit dem Ich Christi sprechen darf. Priester werden und Priester sein ist immerfort ein Zugehen auf diese Identifikation. Damit werden wir nie fertig, aber wenn wir sie suchen, sind wir auf dem rechten Weg: auf dem Weg zu Gott und zum Menschen, auf dem Weg der Liebe.

Dienen will gelernt sein

Der Priester, alter Christus, ist in der Kirche der Diener der wesentlichen Heilstaten. In Maria, der Mutter des Ewigen Hohenpriesters, wird sich der Priester bewusst, dass er Werkzeug der Heilsvermittlung zwischen Gott und den Menschen ist, wenn auch auf verschiedene Weise: die heilige Jungfrau aufgrund der Menschwerdung, der Priester aufgrund der Vollmacht des Ordo. Wer den Mut zum Dienen aufbringt, darf keine falschen Berührungsängste kennen. Eine Erschließungshilfe gibt mir dabei der lateinische Ausdruck „humilis“. Er heißt übersetzt nicht nur „demütig“, sondern bedeutet vom Wortsinn her „erdnah“. In Jesus Christus verwirklicht sich die „Erdnähe“ Gottes selbst bis dahin, dass er auch vor dem Schmutz menschlicher Konflikte nicht zurückschreckt, sondern sich mitten hinein begibt.

Christliches Dienen hat darin seinen zentralen Maßstab und ist deshalb stets auch an seiner „Bodenhaftung“ erkennbar; an der Bereitschaft, mit beiden Händen an der Wirklichkeit festzuhalten und sie anzunehmen. Wir brauchen Priester, die niemals „abheben“, sondern stets auf dem Boden der Tatsachen bleiben und im besten Sinn „zupackende“ Menschen werden. Die Realität annehmen kann aber nur, wer weit blickend ist. Für mich besagt das: Dienender Glaube ist stets auf „Horizonterweiterung“ angewiesen und darf nie die eigene Befindlichkeit zum Maß alles Empfindens und Handelns machen. Manche Wegleidigkeit in der Kirche hat da ihre Ursachen. Wer dient, wird sich mit dem Erreichten nicht zufrieden geben. Nur so bleibt kirchliches Dienen in Bewegung und erliegt nicht der Gefahr, zum klerikalen Management zu verkommen. Der Priester braucht Maria, er braucht die Nähe der Gottesmutter als eine tatkräftige Gegenwart, mit welcher zusammen die Kirche das Geheimnis Christi leben will.

Dienst der Versöhnung

Im Schreiben von Papst Johannes Paul II. an die Priester zum Gründonnerstag 2001 taucht eine Formel auf, die helfen kann, den Dienst des Priesters zu erfassen: Es kommt darauf an – so der Papst -, dass wir die Gnade des Priestertums als ein Übermaß an Barmherzigkeit empfinden. Ohne Barmherzigkeit schlichtweg mit Versöhnung gleichzusetzen, dürfen wir das Wesen des priesterlichen Dienstes als Dienst der Versöhnung entdecken. Barmherzigkeit ist das Entgegenkommen Gottes und die Vergebung, die Gott dem Menschen niemals verweigert: Gottes versöhnendes Handeln. Versöhnung des Menschen mit Gott ist das Ziel des göttlichen Heilshandelns selbst. Wenn wir Einheit im Sinne von Versöhnung verstehen, dann wird offenbar: Dienst der Einheit und der Dienst der Versöhnung sind im strengen Sinn dasselbe. Versöhnung heißt, dass der Einzelne eins ist mit sich selbst. Aber mit sich eins kann er nur sein, indem er eins ist mit Gott und mit den anderen. Die barmherzige Liebe des Vaters versöhnt in Christus die Welt mit sich, sodass Paulus auf dieser Grundlage den apostolischen Dienst als Dienst der Versöhnung versteht.

Die Versöhnung erfolgt um des Lebensopfers Christi willen, der als Gott und Mensch zwischen Gott und den Menschen eintritt und sein Leben zur Sühne gegeben hat. Nun ist der Kirche dieser Dienst der Versöhnung übergeben. Der Inhalt ihrer Botschaft für die Menschen heißt: Lasst euch mit Gott versöhnen (vgl. 2 Kor 5,20). Dieses Pauluswort bleibt die gültige Definition der Grundform und des Grundauftrags priesterlicher Existenz in der Kirche des Neuen Bundes. Dies ist eine wichtige Aussage, weil sie lehrt, dass diese für das Versöhnungsgeschehen notwendige Verkündigung nicht einfach aus menschlicher Einsicht kommt, sondern von Gott selbst stammt und durch ihn autorisiert ist. Die im Kreuz Jesu gewährte und für alle Welt offenkundig gewordene Liebe Gottes hat in der Kirche ihren Raum der Versöhnung gefunden. Im Mahl der Versöhnung feiert die Kirche die Erinnerung an die Versöhnungstat Jesu Christi.

Jesus selbst war ganz und gar Diener der Versöhnung zwischen Gott und den Menschen. Gott aber hat „als erste Gabe für alle, die glauben, den Heiligen Geist gesandt, der das Werk (seines) Sohnes auf Erden weiterführt und alle Heiligung vollendet“ (Viertes Hochgebet). Es ist ein umfassender und notwendiger Dienst, den die Kirche tun darf. Inmitten einer ihm durch die Sünde entfremdeten und in Feindschaft geratenen Welt hat er das Wort von der Versöhnung ausgerichtet. Aus dem Dienst der Versöhnung Jesu Christi leitet sich der Dienst der Versöhnung in der Kirche und durch die Kirche ab. Diese Versöhnung wird wirksam durch Glaube und Umkehr, durch die Feier der Sakramente, besonders der Taufe und des Sakramentes der Versöhnung. Aus der Versöhnung kommt es zu einem neuen Anfang, erwachsen Mut und Kraft für ein neues Miteinander.

Als „Diener der Versöhnung“ sind in besonderer Weise die Bischöfe als Nachfolger der Apostel und die Priester als Mitarbeiter der Bischöfe beauftragt. Als Priester haben wir dafür zu sorgen, dass Versöhnung im Leben der Pfarrgemeinde erfahrbar ist: in der gelebten Versöhnung des alltäglichen Miteinanders, in der ausdrücklichen Verkündigung der Frohen Botschaft von der Versöhnung, in den vom Geist der Versöhnung geprägten Gottesdiensten, in der Feier des Bußsakramentes. Sie sollen dazu anstiften, Versöhnung in den verschiedensten Lebensbereichen der Menschen zu verwirklichen. Obwohl dieser Dienst der Versöhnung ganzen Kirche und allen Gläubigen aufgetragen ist, soll er in besonderer Weise aber Gestalt gewinnen durch das Leben und Wirken des Priesters, in seiner geistlichen Existenz und in seinem Einsatz für Versöhnung; in Verkündigung, in der Diakonie und in der Liturgie, besonders in der Feier der Umkehr und im Bußsakrament sowie in seiner Tätigkeit als geistlicher Begleiter und Seelsorger der Menschen.

Es ist die Botschaft: das Leben wird gelingen, wo Menschen sich bekehren und versöhnen. Der Dienst der Versöhnung nimmt das Handeln Gottes in den Blick. Jeder Tag ist angefüllt mit Wohltaten und Großtaten Gottes. Wer in der Versöhnung lebt, kann diese nicht übersehen. Das Licht der Versöhnung bewirkt, die Großtaten Gottes besser wahrzunehmen und sich in Freude und Dankbarkeit darüber zu ergehen. Der Dienst der Versöhnung braucht authentische Sprecher, und das Sakrament der Buße muss sozusagen immer wieder die glühende Kohle der Reinigung sein, von der der Prophet Jesaja in seiner Berufungsvision spricht (6,6); es muss die Kraft die Versöhnung sein, die uns immer wieder aus allem Gegeneinander vom Herrn her ins Miteinander führt.

Beachtenswert ist, dass der Codex die häufige Praxis des Bußsakramentes erwähnt. Dadurch wird dem Pfarrer empfohlen, bei der Festlegung der Beichtzeiten in der Pfarre in Erwägung zu ziehen, welchen die günstigsten Zeiten für die Mehrheit der Gläubigen seien. Ganz besondere Sorge müssen die Pfarrer auf die Einzelbeichte gemäß dem Geist und der von der Kirche festgesetzten Form legen. Außerdem wird daran erinnert, dass die Beichte verpflichtend der Erstkommunion der Kinder vorausgeht (Can. 914). Darüber soll man sich bemühen, „das Empfinden der Pönitenten bezüglich der Wahl der Art der Beichte zu respektieren, d.h. ob von Angesicht zu Angesicht oder durch das Gitter des Beichtstuhls“ (Ansprache von Papst Johannes Paul II. an die Pönitentiarie am 27. März 1993).

Auch der Beichtpriester kann pastorale Gründe haben, den Gebrauch des Beichtstuhls mit Gitter vorzuziehen (vgl. Can. 964 §3). Über allem aber bemerkenswert ist, wer wir sind: Vom Charakter und von der Gnade des Weihesakramentes befähigt sind wir Diener und Zeugen der göttlichen Barmherzigkeit. Wie wichtig ist der Beichtdienst im Leben eines Priesters. Gerade im Beichtstuhl wird jeder Priester zum Zeugen der großartigen Wunder, welche die göttliche Barmherzigkeit in der Seele wirkt, die die Gnade der Umkehr annimmt.

Kooperative Seelsorge – es geht nur gemeinsam

Der Priester dient der Gemeinde, wird aber auch von seiner Gemeinde getragen. Der Priester, insofern Teilhaber an der Leitungstätigkeit Christi, des Hauptes und Hirten, über seinen Leib, ist auf besondere Weise befähigt, auf pastoralem Gebiet, der „Mann der Gemeinschaft“ (Direktorium für das Leben der Priester, 31. Jänner 1994, Nr. 30), der Leitung und des Dienstes an allen zu sein. Er braucht den Beitrag der Laien, nicht nur für die Organisation und Verwaltung seiner Gemeinde, sondern auch für den Glauben und die Liebe. Papst Johannes Paul II. spricht in seinem Buch „Geschenk und Geheimnis“ – zum 50. Jahr meiner Priesterweihe – von den Laien als einem „einzigartigen Geschenk“.

Ich sehe eine Art Osmose zwischen dem Glauben des Priesters und dem Glauben der anderen Gläubigen. Auch wenn wir heute die Gefahr der „Klerikalisierung“ der Laien und der „Säkularisierung“ der geistlichen Amtsträger sehr klar sehen müssen, können wir trotzdem nicht umhin, festzustellen: Wir leben in einer Gemeinschaft des Teilnehmens und – gebens; wir sind getragen und gehalten von vielen Frauen und Männern, letztlich jedoch von Jesus Christus, der „um unseres Heiles willen“ Mensch geworden ist. Dies betone ich gerade auch im Blick auf unsere kooperative Seelsorge, bei der für uns alle gilt: „Dient einander als gute Verwalter der vielfältigen Gnade Gottes, jeder mit der Gabe, die er empfangen hat“ (1 Petr 4,11). Diese Aufforderung des Apostels liegt auch einem Dokument zugrunde, der Römischen „Instruktion zu einigen Fragen über die Mitarbeit der Laien am Dienste der Priester“, die zunächst bekämpft wurde, bis heute aber längst vergessen ist. Diese Instruktion hat nichts Neues gebracht, sondern nur die bisherigen Normen in Erinnerung gerufen, die vom kirchlichen Gesetzbuch von 1983 festgelegt wurden.

Ich halte fest, dass wir Priester ein eindeutiges und ermutigendes Ja zur Mitarbeit aller Christgläubigen sprechen müssen. Dann müssen wir aber auch von der Verschiedenheit der Dienste reden. Klarheit in dieser Frage ist Voraussetzung dafür, dass alle in der Kirche sinnvoll und vertrauensvoll zusammenarbeiten können. Der Dienst des Priesters, der durch das Sakrament der Weihe übertragen wird, gehört nach katholischem Verständnis zum Wesen der Kirche. Er ist unaufgebbar und nicht durch andere Dienste zu ersetzen. Es gibt eine Mitarbeit aller, wie sie zum Wesen der gemeinsamen Berufung gehört, und es gibt eine Mitarbeit der Laienchristen am prieserlichen Amt, die durch den Priestermangel bedingt ist; diese ist nicht Wirken aus eigenem Recht.

Gleichzeitig müssen wir betonen, dass die Mitarbeit der Laienchristen auch bei Schwinden des Priestermangels ihre eigenständige Bedeutung behält und deshalb nicht eine „Notlösung“ oder nur einen „Lückenbüßerdienst“ darstellt. Auch die kooperative Seelsorge, die zur Entfaltung kommen soll, bedarf einer ausreichenden Zahl von Priestern. Wir brauchen also den Priester. Er kann nur durch den Priester ersetzt werden. Sein Leitungsdienst begründet jedoch keine All- und Alleinzuständigeit. Nicht alle Aufgaben, die zur Leitung einer Pfarrgemeinde gehören, müssen vom Priester wahrgenommen werden.

Das 2. Vatikanische Konzil spricht davon, dass Laien über die in der Taufe begründete Teilnahme an der Sendung der Kirche hinaus auch berufen werden können zu unmittelbarer Mitarbeit mit dem Amt in der Kirche und dass sie befähigt sind zu gewissen kirchlichen Ämtern, die geistlichen Zielen dienen. Das bezieht sich auf liturgische Dienste, im Seelsorgsbereich und im caritativ – diakonischen Bereich. Eine adäquate Entwicklung der verschiedenen Aufgaben und Dienste kann nur im Rahmen des gesamten Auftrags der Kirche erfolgen. Die einzelnen Dienste leisten ihren Beitrag zum Ganzen, insofern jeder das übernimmt, was der Heilige Geist ihm als eigene Begabung, als eigenes Charisma schenkt (vgl. Eph 4,7).

Die unterschiedlich akzentuierten Dienste machen den Reichtum der Kirche aus, sodass die Kirche von der Vielfalt der Dienste lebt. Das besagt auch: Nur im Miteinander kann das gemeinsame Priestertum und das Weihepriestertum ausgeübt und die Kirche aufgebaut werden. Bei diesem Zusammenwirken der Haupt- und Ehrenamtlichen kommt es dem Priester zu, Christus als Haupt der Gemeinde zu repräsentieren.

Überlegung zum Ende

„Euer Herz lasse sich nicht verwirren“ (Joh 14,1). So wendet sich Jesus an seine Jünger und versucht sie zu ermutigen. Sein Wort erinnert an die Aufforderung, die so oft in der Bibel vorkommt: „Fürchtet euch nicht“. Die Jünger sollen sich durch das, was auf sie zukommen wird, nicht verwirren lassen. Und doch enthält auch unsere Zeit alles, was uns verwirren kann: Zweifel, Furcht, Unglaube, Angst und Schrecken. Unser Herz soll die Ruhe bewahren. Und Jesus sagt den Jüngern, wie diese Ruhe möglich ist: „Glaubt an Gott, und glaubt an mich!“

Die Anfechtung für den Glauben ist nicht nur zeitbedingt für die Jünger in der Frühzeit des Christentums gewesen. Diese Anfechtung gehört zur geschichtlichen Situation des Glaubens als solchem; sie lässt sich nicht nur aus menschlicher Schwäche erklären, sondern noch viel mehr aus dem Zusammenstoß von Welt und Offenbarung Gottes, von Satan und Christus.

Und in diesen Zusammenstoß, in diesen Kampf zwischen Licht und Finsternis sind wir als Priester hineingestellt. Wir müssen längst wach werden, denn der Kulturkampf ist schon lange im Gange.
Sieben sind die pastoralen Prioritäten, die das Schreiben Novo millenio ineunte vom 6. Jänner 2001 aufgezeigt hat:
• die Heiligkeit,
• das Gebet,
• die sonntägliche Eucharistiefeier,
• das Sakrament der Versöhnung,
• der Vorrang der Gnade,
• das Hören des Wortes und
• die Verkündigung des Wortes.

Mit diesen Prioritäten können wir zur pastoralen Wiederbelebung der Kirche und der Pfarrgemeinden antreten, wohl wissend um die geistlichen Quellen und auch im Bewusstsein, dass der Herr uns wirklich nie verlässt, weil er immer bei uns ist.
Und Maria steht neben jedem Priester. „O Mutter der Priester, Beistand und Mittlerin aller Gnaden“.


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