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'The Tree of Life'

3. Juni 2011 in Aktuelles, keine Lesermeinung
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„Der Film wirkt. Wie? Das ist bei jedem verschieden“ – Die neueste Produktion von Terrence Malick, dem Regieausnahmegenie aus Hollywood, wurde neulich in Cannes preisgekrönt. Von Franziskus v. Ritter-Groenesteyn


München (kath.net) Es gab selten einen Film auf den ich mich so gefreut habe wie auf diesen. Terrence Malick, das Regieausnahmegenie aus Hollywood; ein Regisseur, mit dem die großen Stars des Films zumindest einmal in ihrem Leben gearbeitet haben wollen, diesmal Brad Pitt und Sean Penn; ein Filmemacher, dessen schöpferische Schaffenskraft sich in nur sechs Filmen verdichtet (z.B.: Badlands, Glut des Südens, Der schmale Grat, Die neue Welt); ein Kompositeur und Arrangeur von Farben, Emotionen und Momenten. Und nun hat Terrence Malick sogar das intellektuelle und von Sozialdramen gesättigte Cannes erobert: Die Goldene Palme für „The Tree of Life“.

Als ich im dunklen Kinosaal sitze, eine freudig, aufgeregte, schwatzende junge Filmstudentengemeinde vor mir, muss ich an die Eröffnungsszene eines seiner anderen Filme denken: Der schmale Grat. Ein (Anti) Kriegsfilm, der damit beginnt, dass über einem einzigen Orgelton, ein Krokodilkopf ganz langsam in sumpfigem Gewässer untertaucht. Die Macht des Bösen und ihre perfide Strategie des unterschwellig Verborgenen wurde nie eindringlicher dargestellt.

In „The Tree of Life“ geht es Malick, wie der Titel schon andeutet, um die ganz großen Fragen menschlicher Existenz: Wer bin ich? Wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Gibt es Gott? Wo lebt er? Warum lässt er das Leid zu? Schaut er zu? Was macht er?

Wer sich auf einen Malickfilm einlassen möchte, muss Kinoaktion, schnelle Schnitte, komplizierte Plots, Klaumauck und Popkorn vergessen. „Seine Arbeitsweise ist rätselhaft und gleichzeitig eindrucksvoll“ so Pohland, einer der Produzenten des Films. Malicks Filme sind der komplette Gegenentwurf zu unserer hektisch getriebenen Videoclip und Mobilescroll Generation.


Die Stimmen vor mir werden leiser, das Rascheln des Popcorns verstummt. „The Tree of Life“ hat begonnen und es beginnt mit einer Vision von Licht: Minutenlang sehen wir Lichtschwaden, die in celestial langsamen Rhythmus, begleitet von sphärischer Musik, den Raum von Leinwand zum Herzen zu durchpulsen scheinen.

Ein Bibelzitat aus Hiob folgt, Hiob 38,4: „Wo warst du als ich die Fundamente der Erde legte?“ Eine Frage, die einem sofort ins Herz geht, als habe Gott selber zu einem gesprochen. Überhaupt hat man immer wieder in dem Film den Eindruck als handele es sich um einen sehr persönlichen Dialog zwischen Gott und Mensch und nicht um eine Geschichte fürs Kino.

Malick arbeitet viel mit inneren Stimmen (voice over). Der äußere Dialog folgt dem inneren. Und der eigentliche Dialog spielt sich in der Mimik der Schauspieler ab. Natürlich gibt es eine äußere Geschichte; sie wird in Rückblenden erzählt; doch sie erschließt sich einem nicht sofort. Es ist die Geschichte einer Familie, den O’Briens, in den 50er Jahren und zugleich ein Plädoyer für die einfachen Dinge im Leben. Scheinbar einfach, scheinbar unbedeutend, doch die eigentliche Quelle menschlichen Glücks: Familie. Familie in ihren schlichten Momenten gelebten Alltags, Familie in trauten Augenblicken von Vertrautheit, Geborgenheit und Liebe.

„Malick sucht nach den geheimnisvollen Phänomenen, die sich ganz spontan ergeben, wenn die Kamera läuft.“

Familie aber auch in den spannungsvollen Situationen, wo menschliches Verhalten sich wider eigenen Willen immer tiefer im Rollenverhalten verirrt. Es sind traurige Momente gescheiterten Dialogs. Momente, die wir alle aus dem eigenen Leben kennen. Momente, die an unsere Grenzen gehen, weil wir es besser machen wollen, es aber nicht können, weil wir hier als Kinobesucher auf das Schauen fokussiert sind.

„The Tree of Life“ ist ein epischer Film. Manchmal geraten die Sequenzen zu lang, werden unerträglich in ihrer Monotonie, doch vielleicht ist das Absicht. Ein Malick Film erschließt sich einem nicht gleich beim ersten Mal. Man muss ihn öfter sehen. Sich im Geäst des Lebensbaums verlieren, zu dem sich die Kamera immer wieder aufschwingt. Ein Malickfilm wirkt durch die Macht seiner Bilder, Seelenbilder sind es, Bilder kosmischer Dimension, die eine Seite in uns zum Erklingen bringen, die schlichtweg Sehnsucht heißt.

Der Trailer erzählt von der Gabe der inneren Schau des jungen Jack O’Brien. Im Film ist davon nicht viel zu erkennen. Und man tut gut daran, nicht nach dieser äußeren Handlung zu suchen. Überhaupt sollte man sich lösen von der Konvention herkömmlich erzählter Kinodramaturgie. „The Tree of Life“ ist eine Seelenreise zu den Tiefen des eigenen Ichs. Und der Schlüssel zu dieser Reise ist dieser Satz aus dem Mund von Jacks Mutter:
„Es gibt zwei Wege im Leben, den Weg der Natur und den Weg der Gnade; man muss sich entscheiden, welchen man gehen möchte.“

Ja, es ist ein Film, der uns im Innersten anrührt und dort etwas freisetzt, wo etwas unserem Leben neue Impulse geben kann, eine neue Richtung. Es ist ein Film über Gott und seine Reflexion in den Augen seiner Kinder.

Es gibt keine vorgefertigten Antworten, keine Vorgaben christlicher Tradition, nur einen Wegweiser an den entscheidenden Kreuzungen des Lebens selbst. Die Filmstudenten verlassen langsam und schweigsam den Kinosaal. Der Film wirkt. Wie? Das ist bei jedem verschieden.

Der Film kommt am 16. Juni in unsere Kinos. Daumen hoch!

Der Trailer zu diesem Film auf kathTube:




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