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| Was geschah wirklich am Blutsonntag von Kairo?11. Oktober 2011 in Aktuelles, 21 Lesermeinungen Soldaten gingen nach dem Massaker durch die Reihen der Verletzten und schauten, wer von ihnen ein Kreuz auf die rechte Hand tätowiert hatte, das Erkennungsmerkmal der Kopten - Ein Hintergrundbericht exklusiv für KATH.NET von Michael Hesemann Kairo (kath.net) 24 Stunden nach dem Blutsonntag von Kairo ist es noch immer schwierig, die Ereignisse vollständig zu rekonstruieren; zu widersprüchlich sind die Berichte, die in der ägyptischen und der internationalen Presse erscheinen. Doch wenn wir uns in erster Linie an Filmmaterial und Augenzeugenberichte halten, ergibt sich zumindest ein ungefähres Szenario. Begonnen hat alles gut 800 Kilometer südlich von Kairo, in einem Dorf namens Mirinab unweit von Edfu und seiner weltberühmten Tempel, das in der Provinz Assuan liegt. Dort war die Kirche des hl. Georg baufällig geworden und sollte renoviert werden, um auch künftig den 700 Christen des Ortes als Gotteshaus zu dienen. Das war den Moslems, die in Mirinab die deutliche Mehrheit stellen, ein Dorn im Auge; es kam zu Protesten, die immer heftiger wurden. Mit Verweis darauf, dass in Ägypten ohnehin bald die Scharia, das Gesetz des Islam, herrschen würde, verlangten sie zunächst von den Christen, dass sie auf das Anbringen von Kreuzen und Glocken verzichten sollten, dann hieß es auch noch, die (landesüblichen) Kuppeln der Kirche seien zu entfernen. Gleichzeitig wurde in den ägyptischen Medien behauptet, die Kirche sei eigentlich nur ein alter Schuppen, ja in Mirinab habe es nie ein christliches Gotteshaus gegeben. Als die Christen beim Gouverneur der Provinz Assuan protestierten, ihm Dokumente vorlegten, die seine Errichtung im Jahre 1940 urkundlich belegten, stießen sie auf taube Ohren. Stattdessen riefen die muslimischen Imame beim Freitagsgebet am 30. September 2011 in den zwanzig Moscheen von Mirinab zum Sturm auf die Kirche auf. Der Gouverneur reagierte, indem er die Sicherheitskräfte abzog, die gewöhnlich vor koptischen Kirchen in Ägypten stationiert werden müssen. So konnten 3000 aufgehetzte Muslime ungehindert die Kirche stürmen, demolieren und in Brand setzen. Auch die liturgischen Geräte, die Gewänder der Priester und die Ikonen wurden mit Füßen getreten. Als die Feuerwehr kam, wurde sie von den Demonstranten erst durchgelassen, nachdem die Kirche bereits so schwer beschädigt war, dass sie abgerissen werden musste. Der Polizeichef des Dorfes hatte bei den Ausschreitungen tatenlos zugeschaut; auch dann noch, als der Mob anschließend durch das Dorf zog und die Häuser einzelner Kopten überfiel, ihre Geschäfte plünderte und ihre Autos anzündete. Anschließend von einer Moderatorin des staatlichen Fernsehens befragt, bestritt der Gouverneur der Provinz Assuan, Mustafa al-Sayed, den Gewaltakt, erklärte stattdessen wörtlich: Die Christen haben einen Fehler gemacht und die Moslems sorgten für die Beseitigung dieses Fehlers; ansonsten sei nichts passiert. Auch die ägyptische Presse spielte den Vorfall herunter oder ignorierte ihn völlig. Drei Tage später, am 3. Oktober, wurde in Elmadmar in der oberägyptischen Provinz Sohaq eine weitere Kirche von fanatischen Moslems angegriffen. Während Steine flogen, wurden Transparente mit Slogans wie Nein zur Kirche und Christen, haut ab! enthüllt. Als Mitarbeiter des Gotteshauses die Sicherheitskräfte benachrichtigten, tauchten diese zwar auf, blieben aber untätig. An den folgenden Tagen wurden auch an drei weiteren Orten in Ägypten (nämlich in Bani Mazar/Minya, Fayum und Ismailia) Kirchen überfallen, ohne dass die Behörden einschritten. In den Medien wurden diese Gewaltakte verschwiegen. Die Folge war, dass Nacht für Nacht mehr Kopten in Kairo gegen Behördenwillkür und Zensur demonstrierten. Sie begannen am legendären Tahrir-Platz, ihr Ziel war jetzt aber der Sitz des ägyptischen Staatsfernsehens am Maspero-Platz, denn das hatte die Übergriffe auf die Kopten bislang konsequent verschwiegen. Obwohl ihre Proteste stets friedlich blieben, marschierten regelmäßig die Streitkräfte auf, kam es mehrfach zu Übergriffen, bei denen koptische Demonstranten zusammengeschlagen und als ungläubige Hundesöhne beschimpft wurden. Einige von ihnen erlitten schwerste Verletzungen. Als im koptischen Fernsehsender CTV die Aufnahmen von Augenzeugen aus Mirinab gezeigt wurden und man die Behauptungen des Gouverneurs anhand von Dokumenten als Lügen entlarvte, wurden Stimmen lauter, die seine Absetzung forderten. Doch auch bei den Demonstrationen kam es zu ersten Eskalationen. Ein Augenzeuge, Pater Filopatier Gamil, berichtete: Zunächst erteilte ein General den Befehl, Warnschüsse abzufeuern und mit Schlagstöcken die koptischen Demonstranten in die Flucht zu schlagen. Um die Kopten noch mehr zu demütigen, wurde ein Priester, Pater Mathias, regelrecht zusammengeschlagen. Sie warfen ihn zu Boden und traktierten ihn mit Fäusten und Füßen, sodass seine Brille zertrümmert wurde. Vier Kopten, darunter ein Arzt in seinem weißen Kittel, wurden in ein Armeefahrzeug gezerrt und dort zusammengeschlagen. Das alles war von den schlimmsten und vulgärsten Beschimpfungen begleitet. Als der Priester anschließend Anzeige gegen den General erstattete, erhielten seine Soldaten den Befehl, ihn zu erschießen oder zu überfahren; nur mit Not konnte er schließlich seinen Verfolgern entkommen. Am Samstag, dem 8. Oktober übergab das koptische Patriarchat dem Militärrat, der momentan die Staatsgewalt in Ägypten innehat, Dokumente, die im Fall Mirinab die koptische Position bestätigen und bat um die Absetzung des verantwortlichen Gouverneurs. Gleichzeitig kündigte eine Bewegung junger Kopten, die sich Maspero-Jugend nannte, für Sonntag, den 9. Oktober, eine erneute Demonstration an: Glaubt nicht, dass wir aufhören würden, unsere Rechte zu verlangen. Morgen wird Kairo eine Demo erleben, die nie zuvor mit solchen Zahlen organisiert wurde. Mit uns marschieren einige Parteien, Menschenrechtsorganisationen und moderate, liberale Moslems. Tatsächlich beteiligten sich rund 10.000 Kopten an der Demonstration. Sie trugen nichts bei sich außer Kreuzen und Ikonen, zu den Teilnehmern gehörten zahlreiche Frauen und Kinder. Alles blieb friedlich, bis sie den Maspero-Platz erreichten, wo sie auf einen fanatischen Mob stießen. Die Angreifer warfen Steine auf die nach wie vor gewaltlosen Demonstranten, Schüsse knallten, Menschen sackten zusammen, plötzlich war überall Militär. Innerhalb von Minuten brach das Chaos aus. Ein Großteil der Demonstranten floh in Panik, ein anderer versuchte, die Angreifer aufzuhalten. Plötzlich tauchten gepanzerte Militärfahrzeuge auf, rasten in eine Gruppe von Kopten, überrollten reihenweise Menschen. 39 Demonstranten wurden dadurch getötet, über 300 schwer verletzt. Pater Filopatier: Das brennende Fahrzeug, das das ägyptische Fernsehen jetzt ständig zeigt, um zu beweisen, dass die Kopten es niedergebrannt hätten, kam ins Schleudern und explodierte, nachdem ein Soldat die Kontrolle verlor, als er einige koptische Demonstranten überfuhr. Doch damit endete die Schreckensnacht von Kairo noch nicht. Als die teilweise lebensbedrohlich Verletzten in ein koptisches Krankenhaus gebracht wurden, umringte ein muslimischer Mob die Klinik, warf Steine und Molotow-Cocktails und versetzte die ohnehin schon besorgten Angehörigen der Opfer in Angst und Schrecken. Währenddessen behauptete das staatliche Fernsehen, die Kopten hätten die Soldaten angegriffen, ihnen ihre Waffen aus der Hand gerissen. Wahrscheinlich war es Selbstschutz, dass man mit Panzerfahrzeugen in die fliehende Menge raste. Wie die muslimische Journalistin Nawara Nehm berichtete, gingen die Soldaten nach dem Massaker durch die Reihen der Verletzten und schauten, wer von ihnen ein Kreuz auf die rechte Hand tätowiert hatte das Erkennungsmerkmal der Kopten. Auf jeden Einzelnen von ihnen wurde noch einmal brutal eingetreten. Dramatische Szenen spielten sich auch am Montag nachmittag ab, als sich die Kopten in der Kairoer St. Markus-Kathedrale versammelten, um mit ihrem Papst Shenouda III. ein Requiem für die 39 Märtyrer von Maspero zu zelebrieren. Es herrschte nackte Angst, aber auch trotziger Durchhaltewille. Zuvor war in vielen Kairoer Moscheen zur Zerstörung der Kathedrale aufgerufen worden, hatte die Regierung kurzfristig das Sicherheitspersonal abgezogen, sodass die Kopten schutzlos waren. Sie mussten damit rechnen, dass sie von radikalisierten Moslems überfallen, dass auch sie jetzt zu Märtyrern wurden. Doch Gott sei Dank blieben sie unbehelligt. Während die Regierungsmedien frech die Kopten für die Eskalation verantwortlich machen, während muslimische Schläger damit prahlen, sie hätten ihre Soldaten vor den Kopten geschützt, haben diese beschlossen, nicht mit Gewalt auf Gewalt zu antworten. Dem Aufruf ihres Papstes folgend, fasten Ägyptens Christen seit Mitternacht für drei Tage und beten, dass ihre Kirche in ihrer Heimat noch eine Zukunft hat.
Koptische Christen: Massacre of Egyptian Muslim army in the right of Coptic Christians & kill them under the tanks
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