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| (Selbst-) Tötung als Therapie?22. Mai 2017 in Deutschland, keine Lesermeinung Im Interesse der Rechtsklarheit täte der Gesetzgeber gut daran im BtMG ausdrücklich zu regeln, dass die Erteilung einer Erlaubnis des Erwerbs von Betäubungsmitteln zum Zweck der Tötung ausgeschlossen ist. Gastkommentar von Bernward Büchner Berlin-Freiburg (kath.net) Bereits Anfang März hat das Bundesverwaltungsgericht ein Urteil verkündet, wonach die zuständige Behörde verpflichtet sein soll, einem Suizidwilligen im Fall einer extremen Notlage den Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung zu erlauben. Dieses Urteil (vom 2. März 2017 BVerwG 3 C 19.15) hat vielfach Kritik gefunden. Inzwischen liegt es mit schriftlicher Begründung vor. Ein Kommentar von Bernward Büchner. Die Ehefrau des Klägers (Frau K.) litt infolge eines Unfalls an einer hochgradigen Querschnittslähmung. Im November 2004 beantragte sie beim zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, ihr zum Zweck der Durchführung eines begleiteten Suizids den Erwerb von 15 g Natrium-Pentobarbital zu erlauben. Eine schmerzfreie Selbsttötung sei für sie nur mit dem beantragten Mittel möglich. Das Bundesinstitut lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass der Erwerb eines Betäubungsmittels zu dem genannten Zweck mit dem des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, nicht zu vereinbaren sei. Mit medizinischer Versorgung seien ausschließlich lebenserhaltende oder fördernde Verwendungszwecke gemeint. Hiergegen erhoben Frau K. und ihr Ehemann, der Kläger, Widerspruch. Noch ehe über diesen im März 2005 entschieden wurde, hat sich Frau K. in der Schweiz mit Unterstützung eines Vereins für Sterbehilfe selbst getötet. Laut Bericht in der Presse war sie bereits bald nach ihrem Unfall Mitglied dieses Vereins geworden. Nachdem das Bundesinstitut den Widerspruch der Frau K. als unbegründet und den des Klägers als unzulässig zurückgewiesen hatte, hat dieser beim Verwaltungsgericht Köln Klage auf Feststellung erhoben, dass die ergangenen Bescheide rechtswidrig gewesen sind und die Beklagte (d. h. das Bundesinstitut) verpflichtet gewesen ist, die beantragte Erlaubnis zu erteilen. Nachdem das Verwaltungsgericht und auch das OVG Münster diese Klage zunächst für unzulässig befunden hatten, wandte sich der Kläger an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mit der Folge, dass das Verwaltungsgericht Köln erneut über die Klage zu entscheiden hatte, die es nunmehr als unbegründet abwies. Auch die Berufung hiergegen blieb erfolglos. Wie das Bundesinstitut vertraten die Gerichte in beiden Instanzen im Wesentlichen die Auffassung, dass die einschlägige Vorschrift des Betäubungsmittelgesetzes eine Erwerbserlaubnis zur Selbsttötung zwingend ausschließe. In seiner Revisionsentscheidung folgt das Bundesverwaltungsgericht den Vorinstanzen insoweit als es ebenfalls die Auffassung vertritt, der Kläger könne nicht die Feststellung beanspruchen, das Bundesinstitut sei zur Erlaubniserteilung verpflichtet gewesen. Ohne die sich aufdrängende Frage zu erörtern, ob der Kläger, nachdem seine Frau bereits vor 12 Jahren verstorben ist, noch in eigenen Rechten verletzt sein kann oder mit seiner Klage nicht vielmehr Interessen eines im Hintergrund stehenden Vereins für Sterbehilfe vertritt, ist das Bundesverwaltungsgericht jedoch der Auffassung, die ablehnenden Bescheide des Bundesinstituts seien rechtswidrig gewesen. Denn die ihnen zugrunde liegende Annahme, der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG habe der Erlaubniserteilung ausnahmslos entgegengestanden, sei rechtsfehlerhaft. Zwar sei danach der Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung grundsätzlich nicht erlaubnisfähig. Ein ausnahmsloses Verbot des Erwerbs zu diesem Zweck greife jedoch in das grundrechtlich geschützte, vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasste Recht schwer und unheilbar kranker Menschen ein, selbstbestimmt darüber zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt ihr Leben enden soll. Der Einzelne könne zwar grundsätzlich nicht verlangen, dass der Staat Rahmenbedingungen und Strukturen schafft, die die Selbsttötung ermöglichen oder erleichtern. Eine Verdichtung zu einer konkreten Schutzpflicht für die Selbstbestimmung komme aber in Betracht, wenn sich ein schwer und unheilbar Kranker wegen seiner Erkrankung in einer extremen Notlage befinde, aus der es für ihn selbst keinen Ausweg gebe. Im Hinblick auf den grundrechtlichen Schutz des Selbstbestimmungsrechts sei § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG deshalb dahin auszulegen, dass in einem solchen Fall der Erwerb eines Betäubungsmittels für eine Selbsttötung mit dem Zweck des Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung sicherzustellen, ausnahmsweise vereinbar ist. Gegen eine solche, angeblich grundrechtskonforme Gesetzesauslegung bestehen jedoch erhebliche Bedenken. Wie das Bundesverwaltungsgericht selbst ausführt, findet die verfassungskonforme Auslegung eines Gesetzes ihre Grenzen dort, wo sie dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers widersprechen würde. Das ist jedoch hier der Fall. Nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG ist es Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Gemeint ist damit, so auch das Bundesverwaltungsgericht, ein Betäubungsmitteleinsatz zu Therapiezwecken. Ein Einsatz zum Zweck der (Selbst-) Tötung widerspricht zweifellos dem herkömmlichen Verständnis von Therapie, von dem auch der Gesetzgeber offenbar ausgegangen ist. Es widerspricht deshalb dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers, den Begriff der notwendigen medizinischen Versorgung in § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG dahin auszulegen, dass auch die Anwendung eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung ausnahmsweise als therapeutischen Zwecken dienend angesehen werden kann. Deshalb verbietet sich die vom Bundesverwaltungsgericht für geboten gehaltene Gesetzesauslegung. Im Interesse der Rechtsklarheit täte der Gesetzgeber gut daran im BtMG ausdrücklich zu regeln, dass die Erteilung einer Erlaubnis des Erwerbs von Betäubungsmitteln zum Zweck der Tötung ausgeschlossen ist. Wenn das Bundesverwaltungsgericht einen solchen Ausschluss in dem genannten Ausnahmefall für grundgesetzwidrig hält, müsste es die Streitfrage in einem etwaigen gleich gelagerten Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegen (Art. 100 Abs. 1 GG). Der Verfasser ist Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht a. D. Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! LesermeinungenUm selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen. Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. | Mehr zuSterbehilfe
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