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| Sebastian Molls „Bruder Franz lebt im Hier und Heute“17. Dezember 2020 in Aktuelles, 3 Lesermeinungen „Ja, es gibt sie noch, die guten Kriminalromane. Sebastian Moll hat einen solchen geschrieben: Bruder Franz und der Tote auf der Treppe“. Buchtipp von Franz M. Fröhlke München (kath.net) Ja, es gibt sie noch, die guten Kriminalromane. Sebastian Moll hat einen solchen geschrieben: Bruder Franz und der Tote auf der Treppe, Bernardus – Verlag, Mainz 2020. Bruder Franz – und Bernardus – Verlag; das klingt sehr katholisch, und der Leser denkt unwillkürlich an die lange Liste von Kriminalromanen, die sich der Klosteratmosphäre bzw. des „Gottesmannes“ bedienen, um eine gewisse Verfremdung in ihre Erzählung zu bringen. Bei Chesterton war es der sanftmütig wirkende katholische Priester, Father Brown, der mit gesundem Menschenverstand und einer pfiffigen Beobachtungsgabe seine Fälle löst; Umberto Eco entfacht in „Der Name der Rose“ ein Feuerwerk wissenschaftstheoretischer Probleme des Mittelalters und der Neuzeit und rückt ganz nebenbei das Mittelalter wieder in den Blickpunkt eines größeren Publikums. Die Klosterbibliothek in diesem Roman wird geradezu ein Labyrinth von philosophischen Gedanken aus 2000 Jahren; das Buch erlangte einen Kultstatus in den achtziger Jahre. Wenn William am letzten Tag nach der Katastrophe resümiert: „Es gab keine Intrige, und ich habe sie aus Versehen aufgedeckt“, fragt sich der Leser, ob er überhaupt einen Kriminalroman in den Händen hält. Ellis Peters machte es sich in den achtziger Jahren in der Nachfolge Ecos mit seinen Kriminalromanen um Bruder Cadfael in der Abtei von Shrewsbury im Mittelalter „gemütlich“ und hat sich damit, wie die zahllosen Fortsetzungen verraten, eine begeisterte Leserschaft gesichert, die sie an den originellen Fällen und dem historischen Kolorit erfreut. Warum ich das alles erwähne? Weil der potentielle Leser angesichts dieser und anderer Vorgänger vielleicht aufstöhnt: „Bitte nicht schon wieder Kloster und Mittelalter!“ Und genau das liefert Moll – zum Glück – nicht. Sein Bruder Franz lebt im Hier und Heute und dazu noch „in den beeindruckenden Räumlichkeiten eines historischen Klosters inmitten der brandenburgischen Prärie“. Das trifft ihn hart, der „das heilige Österreich gegen das kalte protestantische Preußen eintauschen“ muss. Sein geistiger „Gegenspieler“ ist der Abt der Klosters, Thomas, „bekannt für seine groß angelegten Projekte, die nicht selten die Rekatholisierung des gesamten Kontinents innerhalb eines Vier-Jahres-Plans vorsahen. Hätte er einen Online – Handel statt eines Klosters zu leiten, er würde für das kommende Jahr bereits die Übernahme von Amazon planen.“ Diese zugegebenermaßen etwas schnoddrige Diktion verleiht der Erzählung ihren unverwechselbaren Reiz. Dazu direkt eine weitere Probe: „Der Frühling ist die Zeit der Wiedergeburt und des Aufbruchs. - Natürlich brauchte der Abt keine besondere Jahreszeit, um sich in Aufbruchsstimmung zu befinden. Novemberblues oder Winterdepressionen waren diesem Mann so fremd wie Luzifer die Demut.“ Moll ist studierter Theologe, streut gekonnt mit leichter Hand sarkastische? bissige? ironische? Bemerkungen über den Kloster- und Theologiebetrieb in die Kriminalhandlung ein mit der Folge, dass der Leser auf der Suche nach solchen Apercus kein Ende mit der Lektüre findet. Wie schön! Doch nun zur Handlung selbst: Eigentlich geht es nur darum, dass das Kloster ein modernes, integriertes Computersystem erhalten soll. Schon platzt es aus Franz heraus: „Bei der schier unüberschaubaren Fülle unserer Mitglieder und den alle tausend Jahre wechselnden Gebetszeiten ist das ohne Zweifel hochgradig erforderlich.“ Doch am anderen Morgen steht der junge Computerspezialist vor der Klosterpforte, und die Verwicklungen beginnen. Am Anfang steht ein Disput zwischen dem Techniker, der seine Aufgabe, wie er meint, darin sieht, technische Hilfsmittel zu entwickeln, die den Menschen das Leben erleichtern, und Franz, der diesen Mitteln skeptisch gegenüber steht: „ Ein Hilfsmittel, mein junger Freund, ist etwas, das dem Menschen zur Verfügung steht und das er nach Belieben gebrauchen kann. Wenn wir hingegen anfangen, uns von den Maschinen sagen zu lassen, was wir wann zu tun haben, sind wir ihre Untertanen.“ Hier zeigt sich ein Grundzug von Franz: Er kann sich einfach keiner Autorität unterordnen. Doch kurz darauf ist es so weit: Franz hört einen markerschütternden Schrei, der Computerfachmann liegt tot vor der Klosterpforte. Da Franz der erste bei der Leiche ist und sich vorher mit dem Mann gestritten hatte, liegt es für den Abt nahe, dass Franz als möglicher Täter in Frage kommt. Will Moll damit auf das simple Gemüt des Abtes verweisen? Doch das Gemüt des Kommissars, der jetzt selbstverständlich die Bühne betritt, weist auch keinen größeren Tiefgang auf; denn auch für ihn kommt Franz aus denselben Gründen als Täter in Frage. Also muss Franz in eigener Sache ermitteln. Und damit beginnen die Komplikationen. Franz sucht die Wohnung des Opfers auf und steht vor der Freundin des Verstorbenen: „Es kam nicht oft vor, dass es unserem Bruder die Sprache verschlug, aber sie war eine dieser Frauen, bei denen man vor Gott auf die Knie fallen wollte, um ihm dafür zu danken, dass er so viel Schönheit in diese Welt gebracht hatte.“ Der Bruder der Freundin ist auch anwesend, der Kreis der Verdächtigen weitet sich aus. Hinzu kommen noch ein Computer und ein Notebook. Auf dem Computer – wohlgemerkt auf dem des Klosters – befinden sich pornographische Dateien. Dass ich jetzt die Inhaltszusammenfassung abbreche, liegt nicht daran, dass mein zartes Gemüt pornographischen Inhalten hilflos gegenüber steht, sondern gerade bei Kriminalromanen darf man bekanntlich nicht alles verraten , weil sonst der Leser keinen Anreiz mehr hat, das Buch selbst zu lesen. Ich schließe deshalb – stilecht – mit einem Satz des Augustin: Nimm und lies! Oder besser: Kauf und lies! Es lohnt sich in jedem Falle. kath.net-Buchtipp:
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